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Arbeitsrecht
21.05.2008
Arbeitsrecht
: Unmittelbare Diskriminierung eines eingetragenen Lebenspartners bei Verweigerung von Witwerrente

EuGH, Urteil vom 1.4.2008 - Rs. C-267/06 - Maruko

Leitsätze

1.      Eine Hinterbliebenenversorgung, die im Rahmen eines berufsständischen Versorgungssystems wie der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen gewährt wird, fällt in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf.

2.      Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 der Richtlinie 2000/78 steht einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren entgegen, wonach der überlebende Partner nach Versterben seines Lebenspartners keine Hinterbliebenenversorgung entsprechend einem überlebenden Ehegatten erhält, obwohl die Lebenspartnerschaft nach nationalem Recht Personen gleichen Geschlechts in eine Situation versetzt, die in Bezug auf diese Hinterbliebenenversorgung mit der Situation von Ehegatten vergleichbar ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob sich ein überlebender Lebenspartner in einer Situation befindet, die mit der eines Ehegatten, der die Hinterbliebenenversorgung aus dem berufsständischen Versorgungssystem der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen erhält, vergleichbar ist.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3        Die Erwägungsgründe 13 und 22 der Richtlinie 2000/78 lauten:

„(13) Diese Richtlinie findet weder Anwendung auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt in dem Sinne gleichgestellt werden, der diesem Begriff für die Anwendung des Artikels 141 des EG-Vertrags gegeben wurde, noch auf Vergütungen jeder Art seitens des Staates, die den Zugang zu einer Beschäftigung oder die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ziel haben.

...

(22)      Diese Richtlinie lässt die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt."

4        Art. 1 der Richtlinie 2000/78 lautet:

„Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten."

5        Art. 2 der Richtlinie bestimmt:

„(1)      Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz‘, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2)      Im Sinne des Absatzes 1

a)      liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

b)      liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, einer bestimmten Behinderung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn:

i)      diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ...

..."

6        In Art. 3 der Richtlinie heißt es:

„(1)      Im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten gilt diese Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf

...

c)      die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen und des Arbeitsentgelts;

...

(3)      Diese Richtlinie gilt nicht für Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes.

..."

7        Nach Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um dieser Richtlinie spätestens zum 2. Dezember 2003 nachzukommen, oder konnten den Sozialpartnern die Durchführung der Bestimmungen dieser Richtlinie übertragen, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen. In diesem Fall hatten die Mitgliedstaaten jedoch zu gewährleisten, dass die Sozialpartner spätestens zum 2. Dezember 2003 im Weg einer Vereinbarung die erforderlichen Maßnahmen getroffen hatten; dabei hatten die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden. Außerdem hatten sie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften unverzüglich von diesen Maßnahmen in Kenntnis zu setzen.

 Nationales Recht

 Das Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft

8        § 1 des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz) vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) in der durch das Gesetz vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3396) geänderten Fassung (im Folgenden: LPartG) sieht vor:

„(1)      Zwei Personen gleichen Geschlechts begründen eine Lebenspartnerschaft, wenn sie gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Partnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen (Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner). Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegeben werden. Die Erklärungen werden wirksam, wenn sie vor der zuständigen Behörde erfolgen.

(2)      Eine Lebenspartnerschaft kann nicht wirksam begründet werden

1.      mit einer Person, die minderjährig oder verheiratet ist oder bereits mit einer anderen Person eine Lebenspartnerschaft führt;

2.      zwischen Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind;

3.      zwischen vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern;

4.      wenn die Lebenspartner bei der Begründung der Lebenspartnerschaft darüber einig sind, keine Verpflichtungen gemäß § 2 begründen zu wollen.

..."

9        § 2 LPartG bestimmt:

„Die Lebenspartner sind einander zu Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet. Sie tragen füreinander Verantwortung."

10      § 5 LPartG lautet:

„Die Lebenspartner sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die partnerschaftliche Lebensgemeinschaft angemessen zu unterhalten. § 1360 Satz 2 und die §§ 1360a und 1360b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie § 16 Abs. 2 gelten entsprechend."

11      § 11 Abs. 1 LPartG sieht vor:

„Ein Lebenspartner gilt als Familienangehöriger des anderen Lebenspartners, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist."

 Die Regelung der Witwen- oder Witwerrente

12      Mit dem LPartG hat der deutsche Gesetzgeber das Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (im Folgenden: SGB VI) geändert.

13      § 46 SGB VI in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung bestimmt:

„(1)      Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

...

(4)      Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft."

14      Im SGB VI finden sich auch andere gleichartige Vorschriften über die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe, insbesondere § 47 Abs. 4, § 90 Abs. 3, § 107 Abs. 3 und § 120d Abs. 1.

 Die Tarifordnung für die deutschen Theater

15      § 1 der Tarifordnung für die deutschen Theater vom 27. Oktober 1937 (Reichsarbeitsblatt 1937 Teil VI S. 1080; im Folgenden: Tarifordnung) bestimmt:

„(1)      Jeder Rechtsträger eines Theaters (Theaterunternehmer) im Deutschen Reich ist verpflichtet, für die in seinem Theaterbetrieb beschäftigten Bühnenschaffenden eine Alters‑ und Hinterbliebenenversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen abzuschließen und die erfolgte Versicherung jedem einzelnen Bühnenschaffenden schriftlich mitzuteilen.

(2)      Die Versicherungsanstalt und die Versicherungsbedingungen (Satzung) bestimmt der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern. Er bestimmt auch den Zeitpunkt, von dem an die Versicherung auf Grund dieser Tarifordnung zu erfolgen hat.

(3)      Bühnenschaffende im Sinne dieser Tarifordnung sind kulturschaffende Personen, die nach dem Reichskulturkammergesetz und seinen Durchführungsverordnungen zur Mitgliedschaft bei der Reichstheaterkammer (Fachschaft Bühne) verpflichtet sind, insbesondere: Bühnenleiter, Einzeldarsteller, Kapellmeister, Spielleiter, Dramaturgen, Singchordirektoren, Repetitoren, Inspizienten, Einhelfer und Personen in ähnlicher Stellung, technische Vorstände (wie Vorstände des Maschinenwesens, des Dekorations‑ und Kostümwesens und Personen in ähnlicher Stellung, soweit sie dem Betrieb verantwortlich vorstehen), ferner künstlerische Beiräte, Mitglieder des Chors und der Tanzgruppe und Theaterfriseure."

16      § 4 der Tarifordnung lautet:

„Die Versicherungsbeiträge werden je zur Hälfte vom Theaterunternehmer und vom Bühnenschaffenden getragen. Der Theaterunternehmer ist verpflichtet, die Versicherungsbeiträge an die Versicherungsanstalt abzuführen."

 Die Satzung der VddB

17      Die §§ 27, 32 und 34 der Satzung der VddB sehen vor:

㤠27 Arten der Versorgung und allgemeine Voraussetzungen

(1)      Versorgungsfälle sind der Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, die vorzeitige Inanspruchnahme des Altersruhegeldes, das Erreichen der Regelaltersgrenze und der Tod.

(2)      Die Anstalt leistet auf Antrag ... als Hinterbliebenenversorgung ... Witwengeld (§§ 32 und 33), Witwergeld (§ 34) ..., wenn der Versicherte unmittelbar vor Eintritt des Versorgungsfalles pflichtversichert, freiwillig versichert oder weiterversichert war und wenn die Wartezeit erfüllt ist. ...

...

§ 32 Witwengeld

(1)      Anspruch auf Witwengeld hat die Ehefrau eines Versicherten oder Ruhegeldempfängers, wenn die Ehe bis zu seinem Tod bestanden hat.

...

§ 34 Witwergeld

(1)      Anspruch auf Witwergeld hat der Ehemann einer Versicherten oder Ruhegeldempfängerin, wenn die Ehe bis zu ihrem Tod bestanden hat.

..."

18      § 30 Abs. 5 der Satzung legt fest, wie sich die Höhe des Ruhegelds bemisst, auf dessen Grundlage die Hinterbliebenenversorgung berechnet wird.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

19      Am 8. November 2001 begründete Herr Maruko mit einem Kostümbildner eine Lebenspartnerschaft gemäß § 1 LPartG in der ursprünglichen Fassung.

20      Sein Lebenspartner war seit dem 1. September 1959 bei der VddB versichert und zahlte für Zeiträume, in denen er nicht pflichtversichert war, freiwillig Weiterversicherungsbeiträge.

21      Am 12. Januar 2005 verstarb der Lebenspartner von Herrn Maruko.

22      Mit Schreiben vom 17. Februar 2005 beantragte Herr Maruko bei der VddB Witwerrente. Diese lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28. Februar 2005 ab und begründete dies damit, dass ihre Satzung einen solchen Anspruch für Lebenspartner nicht vorsehe.

23      Herr Maruko erhob beim vorlegenden Gericht Klage. Er ist der Auffassung, dass die Ablehnung durch die VddB gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoße, da der deutsche Gesetzgeber seit 1. Januar 2005 eine Gleichstellung der Lebenspartnerschaften und der Ehe - insbesondere mit der Einführung des § 46 Abs. 4 SGB VI - vollzogen habe. Es würde eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung der Lebenspartner darstellen, wenn ihnen nach Versterben ihres Lebenspartners keine Hinterbliebenenversorgung entsprechend Eheleuten gewährt würde. Lebenspartner würden weniger günstig als Ehegatten behandelt, obwohl sie wie diese einander zu Fürsorge und Unterstützung sowie zu gemeinschaftlicher Lebensgestaltung verpflichtet seien und Verantwortung füreinander trügen. Zudem entsprächen in Deutschland die güterstandsrechtlichen Regelungen der Lebenspartner denen von Ehegatten.

24      Das vorlegende Gericht wirft erstens die Frage auf, ob das Versorgungssystem der VddB einem staatlichen System der sozialen Sicherheit gleichzustellen ist im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78 und ob sich dieses Versorgungssystem außerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie befindet; dabei weist es darauf hin, dass die auf gesetzlicher Grundlage bestehende Pflichtmitgliedschaft bei der VddB sowie das Nichtbestehen vertraglicher Vereinbarungen in den Theaterunternehmen für eine solche Gleichstellung sprächen. Das vorlegende Gericht führt jedoch ergänzend aus, dass Bühnenangehörige in Zeiten der Nichtbeschäftigung die Möglichkeit hätten, sich in dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Versorgungssystem freiwillig weiterzuversichern, dass dieses Versorgungssystem auf dem Kapitaldeckungsverfahren beruhe, dass die Beiträge jeweils zur Hälfte von den Theaterunternehmern und den Versicherten gezahlt würden und dass die VddB ihre Angelegenheiten in autonomer Selbstverwaltung regele, ohne dass der Bundesgesetzgeber insoweit tätig werde.

25      In Anbetracht der Organisationsstruktur der VddB und des maßgeblichen Einflusses der Theaterunternehmer und der Versicherten auf deren Tätigkeit neige das vorlegende Gericht dazu, dass die VddB kein den staatlichen Systemen der sozialen Sicherheit gleichgestelltes System im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78 sei.

26      Das vorlegende Gericht hält zweitens für fraglich, ob unter „Arbeitsentgelt" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78 die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Leistungen an Hinterbliebene zu verstehen sind, was die Anwendung der Richtlinie rechtfertigen würde. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs werde die Hinterbliebenenversorgung grundsätzlich von diesem Begriff des „Entgelts" erfasst. Dieser Auslegung stehe nicht entgegen, dass die Hinterbliebenenversorgung nicht dem Arbeitnehmer, sondern seinem überlebenden Ehegatten gezahlt werde, denn der Anspruch auf eine solche Leistung sei auf eine Vergütung gerichtet, die ihren Ursprung in der Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zu dem Versorgungssystem der VddB habe, so dass sein überlebender Ehegatte diesen Anspruch im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dessen Arbeitgeber erwerbe.

27      Das vorlegende Gericht möchte drittens wissen, ob Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 Satzungsbestimmungen wie denen der VddB entgegensteht, nach denen eine Person nach Versterben ihres Lebenspartners keine Hinterbliebenenversorgung entsprechend einem überlebenden Ehegatten erhält, obwohl die Lebenspartner in einer formal auf Lebenszeit begründeten Fürsorge- und Einstandsgemeinschaft wie Eheleute gelebt haben.

28      Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts kann sich Herr Maruko, sofern der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 eröffnet sei und eine Diskriminierung vorliege, auf die Bestimmungen dieser Richtlinie berufen.

29      Im Gegensatz zu heterosexuellen Paaren, die heiraten und gegebenenfalls in den Genuss einer Hinterbliebenenversorgung kommen könnten, hätten der Versicherte und der Kläger des Ausgangsverfahrens zudem wegen ihrer sexuellen Ausrichtung unter keinen Umständen die Voraussetzung der Ehe erfüllen können, wie sie vom Versorgungssystem der VddB für die Gewährung einer solchen Versorgung vorgesehen sei. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts könnte Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 Bestimmungen wie denen der Satzung der VddB, die diese Versorgung nur Ehegatten gewährt, entgegenstehen.

30      Für den Fall, dass Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 Bestimmungen wie denen der Satzung der VddB entgegensteht, ist für das vorlegende Gericht viertens fraglich, ob eine Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung im Hinblick auf den 22. Erwägungsgrund dieser Richtlinie zulässig wäre.

31      Dieser Erwägungsgrund sei nicht in den Text der Richtlinie aufgenommen worden. Es stelle sich die Frage, ob ein solcher Erwägungsgrund den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 einschränken könne. In Anbetracht des Stellenwerts des gemeinschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sei eine solch weitgehende Interpretation der Erwägungsgründe dieser Richtlinie nicht geboten. Es stelle sich insoweit die Frage, ob im Ausgangsverfahren die Weigerung der VddB, einer Person, deren Lebenspartner verstorben sei, eine Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, eine zulässige Diskriminierung darstelle, obwohl sie auf der sexuellen Ausrichtung beruhe.

32      Fünftens möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Hinterbliebenenversorgung wegen des Urteils vom 17. Mai 1990, Barber (C‑262/88, Slg. 1990, I‑1889), auf Zeiten ab dem 17. Mai 1990 begrenzt wäre. Die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Bestimmungen hingen von der Begriffsbestimmung des Art. 141 EG ab, und dessen unmittelbare Wirkung könne nur für Leistungen geltend gemacht werden, die nach dem 17. Mai 1990 geschuldet würden. Das vorlegende Gericht verweist in diesem Zusammenhang auf das Urteil vom 28. September 1994, Coloroll Pension Trustees (C‑200/91, Slg. 1994, I‑4389).

33      Unter diesen Umständen hat das Bayerische Verwaltungsgericht München beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Handelt es sich bei einem berufsständischen Pflichtversorgungssystem - wie im vorliegenden Fall die VddB - um ein den staatlichen Systemen gleichgestelltes System im Sinne des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78?

2.      Sind unter Arbeitsentgelt im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78 Leistungen an Hinterbliebene in Form von Witwen- bzw. Witwergeld einer berufsständischen Pflichtversorgungseinrichtung zu verstehen?

3.      Stehen Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 Satzungsbestimmungen eines Zusatzversorgungssystems der hier vorliegenden Art entgegen, nach denen ein eingetragener Lebenspartner nach Versterben seines Lebenspartners keine Hinterbliebenenversorgung entsprechend Eheleuten erhält, obwohl er ebenfalls in einer formal auf Lebenszeit begründeten Fürsorge- und Einstands­gemeinschaft wie Eheleute lebt?

4.      Falls die vorstehenden Fragen bejaht werden: Ist eine Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung aufgrund der Begründungserwägung 22 der Richtlinie 2000/78 zulässig?

5.      Wäre die Hinterbliebenenversorgung aufgrund der Barber-Rechtsprechung auf Zeiten ab dem 17. Mai 1990 begrenzt?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten, zur zweiten und zur vierten Frage

34      Mit seiner ersten, zweiten und vierten Frage, die zusammen zu beantworten sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine Hinterbliebenenversorgung, die im Rahmen eines berufsständischen Versorgungssystems wie der VddB gewährt wird, in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 fällt.

 Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

35      In Bezug auf die erste und die zweite Vorlagefrage vertritt die VddB die Auffassung, dass sie ein gesetzliches System der sozialen Sicherheit sei und die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Hinterbliebenenversorgung nicht als Arbeitsentgelt im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78 zu verstehen sei. Diese Hinterbliebenenversorgung falle somit nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie.

36      Zur Begründung dieses Standpunkts führt die VddB u. a. an, dass sie eine Anstalt des öffentlichen Rechts und Teil der Bundesverwaltung sei und dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Versorgungssystem ein obligatorisches, auf Gesetz beruhendes System sei. Darüber hinaus habe die Tarifordnung Gesetzesrang und sei zusammen mit der Satzung der VddB in den Einigungsvertrag vom 31. August 1990 aufgenommen worden; zudem bestehe die Versicherungspflicht für eine allgemein umschriebene Gruppe von Arbeitnehmern. Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Hinterbliebenenversorgung hänge nicht unmittelbar von einer bestimmten Beschäftigung ab, sondern von allgemeinen sozialpolitischen Erwägungen. Sie sei nicht unmittelbar von der zurückgelegten Beschäftigungszeit abhängig und werde in ihrer Höhe nicht nach dem letzten Entgelt berechnet.

37      Nach Ansicht der Kommission hingegen fällt die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Hinterbliebenenversorgung in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78, da sie aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährt werde, das eine Person bei einem Arbeitgeber eingegangen sei und das die Versicherungspflicht des Arbeitnehmers bei der VddB nach sich ziehe. Die Höhe dieser Versorgung bestimme sich in Abhängigkeit von der Dauer des Versicherungsverhältnisses und den gezahlten Beiträgen.

38      In Bezug auf die vierte Frage betonen sowohl Herr Maruko als auch die Kommission, dass sich der 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78 in keinem ihrer Artikel wiederfinde. Hätte der Gemeinschaftsgesetzgeber alle an den Familienstand geknüpften Leistungen vom Geltungsbereich der Richtlinie ausnehmen wollen, wäre der Inhalt des 22. Erwägungsgrundes nach Ansicht von Herrn Maruko Gegenstand einer besonderen Bestimmung dieser Richtlinie geworden. Nach Ansicht der Kommission ist dieser Erwägungsgrund lediglich Ausdruck der fehlenden Zuständigkeit der Europäischen Union für die Regelung des Familienstands.

39      Die VddB und die Regierung des Vereinigten Königreichs vertreten insbesondere die Auffassung, dass der 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78 einen klaren und generellen Ausschluss enthalte und den Geltungsbereich der Richtlinie festlege. Diese gelte weder für nationale Rechtsvorschriften über den Familienstand noch für davon abhängige Leistungen, wozu die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Hinterbliebenenversorgung gehöre.

 Antwort des Gerichtshofs

40      Die Richtlinie 2000/78 gilt nach ihrem Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und 3 für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf u. a. das Arbeitsentgelt, nicht aber für Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes.

41      Der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 erstreckt sich im Licht dieser Bestimmungen in Verbindung mit dem 13. Erwägungsgrund weder auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt in dem Sinne gleichgestellt werden, der diesem Begriff für die Anwendung von Art. 141 EG gegeben wurde, noch auf Vergütungen jeder Art seitens des Staates, die den Zugang zu einer Beschäftigung oder die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ziel haben.

42      Es ist daher zu prüfen, ob die Hinterbliebenenversorgung aus einem berufsständischen Versorgungssystem wie der VddB einem Arbeitsentgelt im Sinne von Art. 141 EG gleichzustellen ist.

43      Nach diesem Artikel sind unter „Entgelt" die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.

44      Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat (vgl. Urteile vom 6. Oktober 1993, Ten Oever, C‑109/91, Slg. 1993, I‑4879, Randnr. 8, und vom 28. September 1994, Beune, C‑7/93, Slg. 1994, I‑4471, Randnr. 21), schließt der Umstand, dass bestimmte Leistungen nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden, nicht aus, dass sie Entgeltcharakter im Sinne von Art. 141 EG haben.

45      So hat der Gerichtshof anerkannt, dass eine Hinterbliebenenrente, die in einem durch Tarifvertrag geschaffenen Betriebsrentensystem vorgesehen ist, in den Anwendungsbereich dieses Artikels fällt. Dieser Auslegung stehe nicht entgegen, dass die Hinterbliebenenrente ihrem Begriff gemäß nicht dem Arbeitnehmer, sondern seinem Hinterbliebenen gezahlt wird, da eine solche Leistung eine Vergütung ist, die ihren Ursprung in der Zugehörigkeit des Ehegatten des Hinterbliebenen zu dem Rentensystem hat, so dass der Hinterbliebene den Rentenanspruch im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zwischen seinem Ehegatten und dessen Arbeitgeber erwirbt und ihm die Rente aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses seines Ehegatten gezahlt wird (vgl. Urteile Ten Oever, Randnrn. 12 und 13, Coloroll Pension Trustees, Randnr. 18, vom 17. April 1997, Evrenopoulos, C‑147/95, Slg. 1997, I‑2057, Randnr. 22, und vom 9. Oktober 2001, Menauer, C‑379/99, Slg. 2001, I‑7275, Randnr. 18).

46      Außerdem hat der Gerichtshof hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob ein Ruhegehalt, auf dessen Grundlage sich gegebenenfalls wie im Ausgangsverfahren die Hinterbliebenenversorgung errechnet, in den Anwendungsbereich von Art. 141 EG fällt, klargestellt, dass von den Kriterien, die er je nach Maßgabe der ihm vorgelegten Sachverhalte zur Qualifizierung eines Rentensystems aufgestellt hat, nur das Kriterium, dass das Ruhegehalt dem Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses mit seinem früheren Arbeitgeber gezahlt wird, d. h. das aus dem Wortlaut dieses Artikels selbst abgeleitete Kriterium der Beschäftigung, entscheidend sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteile Beune, Randnr. 43, Evrenopoulos, Randnr. 19, vom 29. November 2001, Griesmar, C‑366/99, Slg. 2001, I‑9383, Randnr. 28, vom 12. September 2002, Niemi, C‑351/00, Slg. 2002, I‑7007, Randnrn. 44 und 45, sowie vom 23. Oktober 2003, Schönheit und Becker, C‑4/02 und C‑5/02, Slg. 2003, I‑12575, Randnr. 56).

47      Zwar kann auf dieses Kriterium nicht ausschließlich abgestellt werden, da die von den gesetzlichen Systemen der sozialen Sicherheit gewährten Renten ganz oder teilweise dem Beschäftigungsentgelt Rechnung tragen können (Urteile Beune, Randnr. 44, Evrenopoulos, Randnr. 20, Griesmar, Randnr. 29, Niemi, Randnr. 46, sowie Schönheit und Becker, Randnr. 57).

48      Jedoch können Erwägungen der Sozialpolitik, der Staatsorganisation und der Ethik oder gar den Haushalt betreffende Überlegungen, die bei der Festlegung eines Systems durch den nationalen Gesetzgeber tatsächlich oder möglicherweise eine Rolle gespielt haben, nicht entscheidend sein, wenn die Rente nur für eine besondere Gruppe von Arbeitnehmern gilt, wenn sie unmittelbar von der abgeleisteten Dienstzeit abhängt und wenn ihre Höhe nach den letzten Bezügen berechnet wird (Urteile Beune, Randnr. 45, Evrenopoulos, Randnr. 21, Griesmar, Randnr. 30, Niemi, Randnr. 47, sowie Schönheit und Becker, Randnr. 58).

49      In Bezug auf das berufsständische Pflicht­versorgungssystem der VddB ist erstens festzustellen, dass es sich auf einen Tarifvertrag gründet, der den Angaben des vorlegenden Gerichts zufolge die Sozialleistungen ergänzen soll, die nach den allgemein anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften gewährt werden.

50      Zweitens steht fest, dass dieses Versorgungssystem ausschließlich von den Arbeitnehmern und Arbeitgebern der betreffenden Branche unter Ausschluss jeder finanziellen Beteiligung seitens des Staates finanziert wird.

51      Drittens geht aus den Akten hervor, dass dieses Versorgungssystem nach § 1 der Tarifordnung für Bühnenangehörige bestimmt ist, die in einem Theaterbetrieb in Deutschland beschäftigt sind.

52      Wie der Generalanwalt in Nr. 70 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist es für einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung erforderlich, dass der Ehegatte des Begünstigten vor seinem Tod bei der VddB versichert war. Diese Versicherung erstreckt sich verpflichtend auf die an deutschen Theatern beschäftigten Bühnenangehörigen. Sie erstreckt sich außerdem auf eine gewisse Anzahl von Personen, die sich freiwillig bei der VddB versichern, was möglich ist, wenn die Betreffenden zuvor eine bestimmte Anzahl von Monaten an einem deutschen Theater beschäftigt waren.

53      Diese Pflicht- und freiwillig Versicherten bilden somit eine besondere Gruppe von Arbeitnehmern.

54      Was ferner das Kriterium betrifft, wonach die Rente unmittelbar von der abgeleisteten Dienstzeit abhängen muss, ist festzustellen, dass sich das Ruhegeld, auf dessen Grundlage die Hinterbliebenenversorgung berechnet wird, nach § 30 Abs. 5 der Satzung der VddB nach der Versicherungsdauer des Arbeitnehmers bemisst; diese Lösung ist eine logische Konsequenz der Struktur des in Rede stehenden berufsständischen Versorgungssystems, das sich, wie in den Randnrn. 52 und 53 des vorliegenden Urteils ausgeführt, auf zwei Arten der Versicherung erstreckt.

55      Die Höhe dieses Ruhegelds wird außerdem nicht durch Gesetz bestimmt, sondern gemäß § 30 Abs. 5 der Satzung der VddB auf der Grundlage der gesamten während der Zeit, in der der Arbeitnehmer versichert war, entrichteten Beiträge errechnet, die mit einem Verrentungssatz bewertet werden.

56      Folglich entspringt die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Hinterbliebenenversorgung, wie der Generalanwalt in Nr. 72 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dem Arbeitsverhältnis des Lebenspartners von Herrn Maruko und ist daher als Entgelt im Sinne von Art. 141 EG einzuordnen.

57      Dieses Ergebnis wird weder dadurch in Frage gestellt, dass es sich bei der VddB um eine öffentliche Anstalt handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil Evrenopoulos, Randnrn. 16 und 23), noch durch die Pflichtzugehörigkeit zu dem System, das den Anspruch auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Hinterbliebenenversorgung vermittelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Mai 2000, Podesta, C‑50/99, Slg. 2000, I‑4039, Randnr. 32).

58      Was die Tragweite des 22. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2000/78 anbelangt, so heißt es darin, dass die Richtlinie die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt lässt.

59      Gewiss fallen der Familienstand und davon abhängige Leistungen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, und das Gemeinschaftsrecht lässt diese Zuständigkeit unberührt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Zuständigkeit das Gemeinschaftsrecht zu beachten haben, insbesondere die Bestimmungen in Bezug auf den Grundsatz der Nichtdiskriminierung (vgl. entsprechend Urteile vom 16. Mai 2006, Watts, C‑372/04, Slg. 2006, I‑4325, Randnr. 92, und vom 19. April 2007, Stamatelaki, C‑444/05, Slg. 2007, I‑3185, Randnr. 23).

60      Ist eine Hinterbliebenenversorgung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende als Entgelt im Sinne von Art. 141 EG eingestuft worden und fällt sie aus den in den Randnrn. 49 bis 57 des vorliegenden Urteils dargestellten Gründen in den Geltungsbereich der Richtlinie 2007/78, so kann deren 22. Erwägungsgrund die Anwendung der Richtlinie nicht in Frage stellen.

61      Daher ist auf die erste, die zweite und die vierte Frage zu antworten, dass eine Hinterbliebenenversorgung, die im Rahmen eines berufsständischen Versorgungssystems wie der VddB gewährt wird, in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 fällt.

 Zur dritten Frage

62      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 der Richtlinie 2000/78 einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren entgegensteht, wonach der überlebende Partner nach Versterben seines Lebenspartners keine Hinterbliebenenversorgung entsprechend einem überlebenden Ehegatten erhält, obwohl die Lebenspartner in einer formal auf Lebenszeit begründeten Fürsorge- und Einstandsgemeinschaft wie Eheleute gelebt haben.

 Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

63      Herr Maruko und die Kommission sind der Auffassung, dass die Weigerung, überlebenden Lebenspartnern die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, eine mittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/78 darstelle, da zwei Personen gleichen Geschlechts in Deutschland nicht miteinander die Ehe schließen könnten und demzufolge auf die Hinterbliebenenversorgung, die nur überlebende Ehegatten beanspruchen könnten, keinen Anspruch hätten. Ehegatten und Lebenspartner befänden sich in einer vergleichbaren rechtlichen Situation, was es rechtfertige, die Hinterbliebenenversorgung überlebenden Lebenspartnern zu gewähren.

64      Nach Ansicht der VddB besteht keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, die Lebenspartnerschaft sozial- oder versorgungsrechtlich mit der Ehe gleichzustellen. Erstere stelle ein Rechtsinstitut sui generis und einen neuen Personenstand dar. Aus der deutschen Regelung könne keine Verpflichtung zur Gleichbehandlung von Lebenspartnern und Ehegatten abgeleitet werden.

 Antwort des Gerichtshofs

65      Nach ihrem Art. 1 bezweckt die Richtlinie 2000/78, bestimmte Arten der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, zu denen auch die Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung gehört, im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten zu bekämpfen.

66      Gemäß Art. 2 der Richtlinie bedeutet „Gleichbehandlungsgrundsatz", dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in ihrem Art. 1 aufgeführten Gründe geben darf. Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 dieser Richtlinie genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person. Gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, einer bestimmten Behinderung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

67      Aus den im Vorlagebeschluss enthaltenen Angaben geht hervor, dass die Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung von 2001, dem Jahr des Inkrafttretens des LPartG in seiner ursprünglichen Fassung, ihre Rechtsordnung angepasst hat, um Personen gleichen Geschlechts zu ermöglichen, in einer formal auf Lebenszeit begründeten Fürsorge- und Einstandsgemeinschaft zu leben. Da sich dieser Mitgliedstaat entschieden hatte, diesen Personen nicht die Möglichkeit der Eheschließung zu eröffnen, die Personen verschiedenen Geschlechts vorbehalten bleibt, hat er für Personen gleichen Geschlechts ein anderes Institut, die Lebenspartnerschaft, geschaffen, deren Bedingungen schrittweise denen der Ehe angeglichen worden sind.

68      Das vorlegende Gericht führt in diesem Zusammenhang aus, dass das Gesetz vom 15. Dezember 2004 dazu beigetragen habe, die für die Lebenspartnerschaft geschaffenen Regelungen den für die Ehe geltenden schrittweise anzunähern. Mit diesem Gesetz hat der deutsche Gesetzgeber das SGB VI geändert, indem er u. a. in dessen § 46 einen Abs. 4 eingefügt hat, wonach die Lebenspartnerschaft hinsichtlich der Witwen- oder Witwerrente im Sinne dieser Vorschrift der Ehe gleichgestellt wird. Entsprechende Änderungen sind an anderen Vorschriften des SGB VI vorgenommen worden.

69      Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass in Anbetracht dieser Annäherung zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft, die eine schrittweise Gleichstellung darstelle und sich aus den Regelungen des LPartG und insbesondere den mit dem Gesetz vom 15. Dezember 2004 erfolgten Änderungen ergebe, die Lebenspartnerschaft, ohne dass sie mit der Ehe identisch wäre, Personen gleichen Geschlechts in eine Situation versetze, die in Bezug auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Hinterbliebenenversorgung mit der Situation von Ehegatten vergleichbar sei.

70      Das vorlegende Gericht stellt jedoch fest, dass diese Hinterbliebenenversorgung nach der Satzung der VddB nur überlebenden Ehegatten gewährt und überlebenden Lebenspartnern verweigert wird.

71      In diesem Fall erfahren Lebenspartner daher hinsichtlich der genannten Hinterbliebenenversorgung eine weniger günstige Behandlung als überlebende Ehegatten.

72      Falls das vorlegende Gericht entscheidet, dass sich überlebende Ehegatten und überlebende Lebenspartner in einer vergleichbaren Situation in Bezug auf die genannte Hinterbliebenenversorgung befinden, stellt eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende daher eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung im Sinne der Art. 1 und 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 dar.

73      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass auf die dritte Frage zu antworten ist, dass Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 der Richtlinie 2000/78 einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren entgegensteht, wonach der überlebende Partner nach Versterben seines Lebenspartners keine Hinterbliebenenversorgung entsprechend einem überlebenden Ehegatten erhält, obwohl die Lebenspartnerschaft nach nationalem Recht Personen gleichen Geschlechts in eine Situation versetzt, die in Bezug auf diese Hinterbliebenenversorgung mit der Situation von Ehegatten vergleichbar ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob sich ein überlebender Lebenspartner in einer Situation befindet, die mit der eines Ehegatten, der die Hinterbliebenenversorgung aus dem berufsständischen Versorgungssystem der VddB erhält, vergleichbar ist.

 Zur fünften Frage

74      Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht für den Fall, dass der Gerichtshof entscheiden sollte, dass die Richtlinie 2000/78 einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren entgegensteht, wissen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Hinterbliebenenversorgung zeitlich zu begrenzen ist, und zwar aufgrund der Barber-Rechtsprechung auf Zeiten ab dem 17. Mai 1990.

 Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

75      Die VddB vertritt die Auffassung, dass sich die Rechtssache Barber in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vom Ausgangsverfahren unterscheide und der Richtlinie 2000/78 keine Rückwirkung auf einen Zeitpunkt vor Ablauf der an die Mitgliedstaaten gerichteten Frist zu ihrer Umsetzung zukommen könne.

76      Die Kommission ist der Ansicht, dass die fünfte Frage nicht beantwortet zu werden brauche. Die Sach- und Rechtslage in der Rechtssache Barber unterscheide sich von der des Ausgangsverfahrens, und die Richtlinie 2000/78 enthalte keine Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung. Im Gegensatz zum Ausgangsverfahren sei in der Rechtssache Barber auf die finanziellen Auswirkungen hingewiesen worden, die eine neuartige Auslegung von Art. 141 EG haben könnte. In dieser Hinsicht könne, da das LPartG erst am 1. August 2001 in Kraft getreten sei und der deutsche Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Januar 2005 eine Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe im Sozialversicherungssystem vollzogen habe, die Berücksichtigung einer solchen Gleichstellung in beruflichen Versorgungssystemen diese nicht in finanzielle Gefahr bringen.

 Antwort des Gerichtshofs

77      Nach der Rechtsprechung kann sich der Gerichtshof mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Störungen, zu denen sein Urteil im Hinblick auf in der Vergangenheit liegende Vorgänge führen könnte, ausnahmsweise dazu veranlasst sehen, die Möglichkeit für die Betroffenen zu beschränken, sich auf die Auslegung zu berufen, die der Gerichtshof einer Bestimmung im Wege der Vorabentscheidung gegeben hat. Eine solche Beschränkung kann nur der Gerichtshof selbst, und zwar in eben dem Urteil aussprechen, das über die erbetene Auslegung entscheidet (vgl. u. a. Urteile Barber, Randnr. 41, und vom 6. März 2007, Meilicke u. a., C‑292/04, Slg. 2007, I‑1835, Randnr. 36).

78      Aus den Akten geht nicht hervor, dass die Gefahr besteht, dass das finanzielle Gleichgewicht des Systems der VddB durch das Fehlen einer zeitlichen Beschränkung der Wirkungen des vorliegenden Urteils rückwirkend erschüttert würde.

79      Auf die fünfte Frage ist daher zu antworten, dass kein Anlass besteht, die Wirkung des vorliegenden Urteils in zeitlicher Hinsicht zu beschränken.

 Kosten

80      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

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