LAG Nürnberg: Streitwert – Beschäftigungsklage – leidensgerechter Arbeitsplatz
LAG Nürnberg, Beschluss vom 15.8.2024 – 2 Ta 59/24
Volltext: BB-Online BBL2024-2549-3
Leitsatz
Das allgemeine Interesse an der Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes aus medizinisch indizierten Gründen ist regelmäßig mit einer Monatsvergütung ausreichend und zutreffend bewertet.
§§ 23 Abs. 1 RVG, 48 GKG, 3 ZPO
Sachverhalt
A.
Die Parteien stritten um die Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes. Der Kläger hat einen GdB von 40 ohne einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt zu sein. Das Bruttomonatseinkommen des Klägers betrug 4.020,- €.
Das Verfahren endete durch Vergleich, in dem sich die Parteien auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einigten.
Mit Beschluss vom 02.07.2024 setzte das Arbeitsgericht den Streitwert für das Verfahren auf 4.020,- € und den Vergleichswert auf 16.080,- € fest.
Hiergegen erhob der Klägervertreter Beschwerde und macht geltend, dass der Streitwert für die Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes entsprechend dem GdB von 40 auf zwei Monatsgehälter festzusetzen sei. Dementsprechend seien der Wert für das Verfahren und der Vergleichswert zu erhöhen.
Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 22.07.2024 nicht ab und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.
Das Landesarbeitsgericht gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 13.08.2024. Auf die Schriftsätze der jeweiligen Prozessbevollmächtigten wird Bezug genommen.
Aus den Gründen
B.
I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist. Dies gilt auch bei der Beendigung des Verfahrens durch Vergleich und auch für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts (LAG Nürnberg 28.05.2020 – 2 Ta 76/20 juris; 24.02.2016 – 4 Ta 16/16 juris mwN). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- €. Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG. Der Klägervertreter kann aus eigenem Recht Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.
II. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den hier streitigen Beschäftigungsanspruch zu Recht mit einem Monatsgehalt bewertet.
1. Die seit 01.01.2020 für Streitwertbeschwerden allein zuständige Kammer 2 des Landesarbeitsgerichts Nürnberg folgt grundsätzlich den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission. Diese sind im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit niedergelegt (derzeitige Fassung vom 01.02.2024, NZA 2024, 308). Der Streitwertkatalog entfaltet zwar keine Bindungswirkung. Er stellt aber aus Sicht des erkennenden Gerichts eine ausgewogene mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Orientierung für die Arbeitsgerichte dar.
2. Der Wert einer Klage auf tatsächliche Beschäftigung ist gemäß §§ 23 Abs. 1 RVG, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Maßgebend für die Wertfestsetzung ist dabei vor allem das objektiv zu bewertende Interesse der klagenden Partei an einer tatsächlichen Beschäftigung. Der Streitwertkatalog schlägt für eine auf Beschäftigung gerichtete Klage einen Wert von einer Monatsvergütung vor (I.12 SWK). Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, hiervon ausnahmsweise abzuweichen. Mit der begehrten Beschäftigung ist weder eine Änderung des Einkommens noch ein Ortswechsel verbunden. Der Kläger ist kein schwerbehinderter Mensch oder ein ihm gleichgestellter Mensch. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob im Einzelfall ein auf § 164 Abs. 4, 5 SGB IX gestützter auf behinderungsgerechte Beschäftigung gerichteter Anspruch wie im vom LAG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 09.12.2022 – 26 Ta (Kost) 6107/22) entschiedenen Fall höher zu bewerten ist. Im vom Klägervertreter zitierten Fall des LAG Rheinland-Pfalz vom 08.12.2011 – 1 TRa 231/11 - war der Kläger ein schwerbehinderter Mensch mit einem GdB von 80. Das allgemeine Interesse an der Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes aus medizinisch indizierten Gründen nach § 241 Abs. 2 BGB ist jedenfalls auch nach Auffassung der Beschwerdekammer mit einem Monatsgehalt ausreichend und zutreffend bewertet (LAG Nürnberg 15.07.2024 – 2 Ta 50/24 n.v.).
C.
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen, § 78 Satz 3 ArbGG.
Für eine Kostenentscheidung bestand kein Anlass, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 68 Abs. 3 GKG.