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Arbeitsrecht
28.07.2022
Arbeitsrecht
BAG: Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG - Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters - Herausnahme der Beschäftigten mit Altersteilzeitregelung aus dem Geltungsbereich des Sozialplans

BAG, Urteil vom 16.12.2021 – 8 AZR 303/20

ECLI:DE:BAG:2021:161221.U.8AZR303.20.0

Volltext: BB-Online BBL2022-1785-1

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Schadensersatz wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters zu zahlen.

Die Beklagte mit Sitz in W gehört zum C Konzern und ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der C AG (im Folgenden auch C AG). Innerhalb des Konzerns gehört sie zum Unternehmensbereich „Consumer Products“ mit Verantwortung für die strategische Geschäftseinheit „S“ (im Folgenden S, im Folgenden wird auch die Beklagte so genannt).

Im Oktober 2017 erfuhren die Beschäftigten der Beklagten, dass kunden- und marktnahe Funktionen wie Produkt-Management, Marketing, Produktentwicklung, Vertrieb, Einkauf sowie Teile der Administration und des Service bei der C AG gebündelt und von der Beklagten zur C AG nach O verlagert werden sollten („Strang A“). Zudem sollten die Bereiche Teilefertigung und Vorgruppenmontage von der Beklagten an Konzerngesellschaften im Ausland ausgelagert werden („Strang B“). Bei der Beklagten am Standort W sollten etwas mehr als 100 Arbeitsplätze verbleiben.

Der 1956 geborene Kläger war seit September 1999 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Referent Training und International Supports in der von der Verlagerung betroffenen „Funktion Marketing“. Seit dem 1. Oktober 2013 befand sich der Kläger auf der Grundlage des Vertrags vom 3. April 2013 mit der Hälfte seiner früheren Arbeitszeit in Altersteilzeit (ATZ). Nach Ziff. 1 dieses ATZ-Vertrags endete das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30. September 2019. Das Bruttomonatsentgelt des Klägers betrug zuletzt 5.074,48 Euro.

Am 21. März 2018 schlossen die C AG, die Beklagte, der Konzernbetriebsrat des C Konzerns, der Betriebsrat der Beklagten sowie der Betriebsrat der C AG eine „Konzernbetriebsvereinbarung, die zugleich ein Interessenausgleich ist“ (im Folgenden KBV). In der KBV heißt es ua.:

„Präambel

Der Unternehmensbereich Consumer Products (Business Group Consumer Products, im Folgenden ‚COP‘) besteht aus der Strategischen Geschäftseinheit (Strategic Business Unit, im Folgenden ‚SBU‘) Photo/Camera Lenses, der SBU Sports Optics sowie übergreifenden Funktionen. Die SBU Camera Lenses ist derzeit organisatorisch der C AG am Standort O zugeordnet, die SBU Sports Optics bildet am Standort W die rechtlich selbständige Einheit S GmbH.

…      

Um einheitlich und mit der Stärke der Marke Z aufzutreten, werden daher kunden- und marktnahe Funktionen der COP am Standort O zusammengeführt, um eine neue, schlagkräftige Einheit COP in O aufzubauen. Am Standort O werden diese Funktionen zudem umfassender und intensiver von der Z-übergreifenden Zusammenarbeit profitieren, besonders bei der Nutzung der Chancen der Digitalisierung.

Zur Erreichung dieser Ziele bedarf es der Umsetzung der nachfolgend beschriebenen Maßnahmen, die eine Betriebsänderung im Sinne der §§ 111 ff. BetrVG darstellen. …

…      

§ 2 Geltungsbereich

Diese Vereinbarung gilt für sämtliche Arbeitnehmer (…) der SBU Camera Lenses als Teil des Betriebes der C AG am Standort O sowie für sämtliche Arbeitnehmer der S am Standort W. Sie gilt nicht für leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG und für die in § 5 Abs. 2 BetrVG genannten Personen.

§ 3 Betriebsänderung

(1)     Die Betriebsänderung besteht aus

a)    der Verlagerung der marktnahen Bereiche nach O sowie Teilen von unterstützenden Funktionen (im Folgenden ‚Strang A‘). Die Auflistung der zu verlagernden Funktionen und Abteilungen ergibt sich aus Anlage 1. Davon betroffen sind 93 Arbeitsplätze, wovon die Arbeitsplätze von 82 dieser Beschäftigten nach O verlagert werden (Stand 1.10.2017). 11 Arbeitsplätze (3 im Vertrieb, 2 im Service, 2 im Marketing, 2 in der Entwicklung, 2 im Einkauf) werden durch Synergien eingespart.

sowie

b)    der Optimierung des Fertigungsstandorts W durch die Auslagerung von Fertigungsschritten (im Folgenden ‚Strang B‘). Die Auflistung der betroffenen Funktionen und Abteilungen ergibt sich aus Anlage 2. … Am Standort W verbleiben im Betrieb der S somit 132 Arbeitsplätze, 9 Arbeitsplätze (Standortfunktionen) gehen an die CZ SMT über. Sofern die SMT die Arbeitsplätze wider Erwarten nicht übernimmt, verbleiben sie im Betrieb der S in W. …

…      

§ 4 Maßnahmen und Umsetzung Strang A

(1)     Im Strang A besteht die Betriebsänderung im Wesentlichen in einer Verlagerung der in § 3 Abs. 2 a – e) dieser Vereinbarung genannten Bereiche vom jetzigen Betriebssitz der S in W nach O zur C AG zum 01.10.2018. Die Übertragung des Betriebsteils auf die C AG führt bei der S in W zu einer Spaltung des bisherigen Betriebes i. S. d § 111 S. 3 Nr. 4 BetrVG. Die zu verlagernden Betriebsteile werden vom Betrieb der C AG am Standort O aufgenommen.

(2)     Bei der Verlagerung im Strang A gemäß § 3 Abs. 2 a – e) handelt es sich um einen Betriebsteilübergang im Sinne von § 613a BGB. Die zum Strang A gehörenden Betriebsteile werden im Rahmen eines Betriebsteilübergangs nach § 613a BGB auf die C AG übertragen und mit Wirkung zum 01.10.2018 mit dem Betrieb der C AG in O zusammengelegt.

a)    Mit dem Betriebsteilübergang des Betriebsteils gehen die Arbeitsverhältnisse einschließlich Auszubildenden und BA-Studenten der in der Anlage 6 namentlich aufgeführten Beschäftigten von der S auf die C AG über. Die C AG tritt in die Rechte und Pflichten aus den bei der S bestehenden Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen ein und wird neue Arbeitgeberin. …

d)    Die von dem Betriebsteilübergang betroffenen Beschäftigten werden durch ein Informationsschreiben über den Betriebsteilübergang, das den gesetzlichen Vorgaben des § 613a Abs. 5 BGB genügt, auf das ihnen jeweils zustehende einmonatige Widerspruchsrecht hingewiesen. …

e)    Da mit dem Betriebsteilübergang das Tarifgefüge der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden Anwendung findet, erhalten alle von der Verlagerung betroffenen Beschäftigten zur Klarstellung zusammen mit dem Unterrichtungsschreiben das Angebot auf den Abschluss eines neue Arbeitsvertrages, in dem die wesentlichen Vertragskonditionen (…) abgebildet sind.“

In der Anlage 6 zur KBV heißt es ua.:

„Anlage 6: Auflistung der mit dem Betriebsübergang aus W nach O übergehenden Beschäftigten

In der Folge sind, nach Funktionen gegliedert, alle Mitarbeiter aufgeführt, die für eine Verlagerung nach O vorgesehen sind. Es sind jeweils alle Mitarbeiter der marktnahen Bereiche aufgeführt, die zum Stichtag 01.10.2017 beschäftigt waren.

Für die Mitarbeiter, die zum aktuellen Zeitpunkt (09.03.2018) entweder bereits einen ATZ-Vertrag unterschrieben haben oder die durch Eigenkündigung ausscheiden (bzw. zur SMT übergehen), ist dies jeweils vermerkt.“

Unter der „Funktion Marketing“ ist ua. der Kläger namentlich aufgeführt. In der Spalte „Austrittsgrund“ ist für ihn „Altersteilzeit“ vermerkt.

Ebenfalls am 21. März 2018 schlossen die in Rn. 5 genannten Betriebspartner einen Sozialplan (im Folgenden Sozialplan), der ua. folgende Regelungen enthält:

㤠1 Geltungsbereich

Diese Vereinbarung gilt für sämtliche Arbeitnehmer1 der S am Standort W sowie für Mitarbeiter die auf Grundlage des Interessenausgleiches vom 21.03.2018 in die C AG wechseln. Sie gilt nicht für Beschäftigte der S die bereits eine Altersteilzeitregelung unterschrieben haben sowie für leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG und für die in § 5 Abs. 2 BetrVG genannten Personen.

§ 2 Konditionen bei Übergang nach O (Strang A)

Zum Ausgleich oder zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die Arbeitnehmern aufgrund des Wechsels ihres Arbeitsvertrages nach O zur C AG und der damit verbundenen Veränderung des Arbeitsortes entstehen, gelten folgende Konditionen:

(1)     Für den Fall, dass ein Arbeitnehmer von der S im Strang A nach O zur C AG wechselt, erhält er mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses bei der C AG in O eine Wechselprämie in Höhe von 30.000 EUR brutto.

(2)     Zudem erhält der Mitarbeiter mit dem Wechsel eine zusätzliche Zahlung für die mit dem Wechsel verbundenen Aufwendungen die sich wie folgt berechnet:

Faktor 0,65 x Bruttomonatsgehalt x Betriebszugehörigkeit

Die sich nach dieser Formel ergebende Summe beträgt mindestens 30.000 EUR brutto jedoch maximal 100.000 EUR brutto.

…“   

Der Kläger erhielt – wie auch andere Beschäftigte in Altersteilzeit, deren Abteilungen/Funktionen von der Verlagerung nach O betroffen waren – kein Angebot für einen Wechsel zur C AG nach O. Der Kläger wie auch die anderen in Altersteilzeit Beschäftigten verblieben vielmehr bis zum Ende der jeweils vereinbarten Altersteilzeit am Standort in W.

Unter dem 31. August 2018 wandte der Kläger sich mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten an die Beklagte. In diesem Schreiben heißt es:

„… Meinem Mandanten ist daran gelegen, eine Übernahme seines Vertrages zur COP/C AG O zu erhalten.

Vor diesem Hintergrund wird darum gebeten, entsprechend der Konditionen des § 2 Sozialplanes/Interessenausgleiches meinem Mandanten ein konkretes Angebot zu unterbreiten – wie es die anderen Mitarbeiter auch für deren Verlegung der Tätigkeit nach O erhalten haben.“

Mit Schreiben vom 29. November 2018 rügte der Kläger gegenüber der Beklagten, dass ihm kein Angebot zur Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses in O unterbreitet worden sei. Dies stelle einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot „gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG“ dar; den entstandenen Schaden werde er nunmehr gerichtlich geltend machen.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 92.669,83 Euro in Anspruch genommen. Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei ihm nach § 15 Abs. 1 AGG zum Schadensersatz verpflichtet. Sie habe ihn entgegen den Vorgaben des AGG wegen seines Alters benachteiligt. Ihm sei – anders als anderen Beschäftigten mit identischen oder im Wesentlichen gleichen Tätigkeiten – wegen der Altersteilzeit und damit wegen seines Alters kein Wechselangebot zur C AG nach O unterbreitet worden. Damit sei ihm die Möglichkeit vorenthalten worden, selbst zu entscheiden, ob er sein Arbeitsverhältnis in O fortsetzen wolle oder nicht. Ein entsprechendes Angebot hätte er angenommen. Außerdem liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Betriebsangehörigen nach § 75 Abs. 1 BetrVG vor. Bei Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses in O hätten ihm Leistungen nach § 2 des Sozialplans, nämlich eine Wechselprämie iHv. 30.000,00 Euro sowie eine zusätzliche Zahlung für die mit dem Wechsel verbundenen Aufwendungen iHv. 62.669,83 Euro, mithin insgesamt 92.669,83 Euro zugestanden. In dieser Höhe sei die Beklagte ihm zum Schadensersatz verpflichtet.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 92.669,83 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und die Ansicht vertreten, den Kläger nicht wegen seines Alters benachteiligt zu haben. Jedenfalls sei die Herausnahme der Beschäftigten in Altersteilzeit aus der Verlagerung zur C AG nach O gerechtfertigt gewesen. Die Betriebspartner hätten es als unzumutbar und nicht sozialverträglich angesehen, Beschäftigte kurz vor dem Renteneintritt noch mit einer Verlagerung des Arbeitsplatzes zu belasten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Zahlung von Schadensersatz weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Aus den Gründen

16        A. Mit dem Einverständnis der Parteien konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 128 Abs. 2 ZPO.

17        B. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Es kann dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers mit der von ihm gegebenen Begründung zurückweisen durfte, in der KBV sei bestimmt worden, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch Betriebsteilübergang auf die C AG übergehen sollte, weshalb für ihn keine Ausgleichsleistungen nach dem Sozialplan vorgesehen gewesen seien. Das angefochtene Urteil stellt sich nämlich aus einem anderen Grund als richtig dar (§ 561 ZPO). Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch scheitert – unabhängig von der Frage, welche Anspruchsgrundlage in Betracht käme – an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten.

18        I. Es kann offenbleiben, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten auf die C AG übergegangen ist. Ebenso dahinstehen kann, ob die in § 1 des Sozialplans bestimmte Herausnahme der Beschäftigten der „S“ mit Altersteilzeitregelung aus dem Geltungsbereich des Sozialplans wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters unwirksam ist. Selbst wenn beides der Fall wäre, könnte der Kläger seinen Zahlungsanspruch nicht mit Erfolg auf § 2 des Sozialplans stützen. Vielmehr käme ausschließlich ein Anspruch auf Schadensersatz in Betracht. Ein Anspruch auf der Grundlage von § 2 des Sozialplans würde daran scheitern, dass der Kläger die Voraussetzungen dieser Bestimmung des Sozialplans nicht erfüllt, weshalb es auch keiner Entscheidung darüber bedarf, wen – die Beklagte oder die C AG oder beide – die Verpflichtung zur Zahlung der in § 2 des Sozialplans vorgesehenen Abfindung traf.

19        1. Nach dem Eingangssatz von § 2 des Sozialplans – „Konditionen bei Übergang nach O (Strang A)“ – dienen sowohl die unter Ziff. 1 zugesagte Wechselprämie als auch die unter Ziff. 2 aufgeführte zusätzliche Zahlung dem Ausgleich bzw. der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die Arbeitnehmern aufgrund des Wechsels ihres Arbeitsvertrags nach O zur C AG und der damit verbundenen Veränderung des Arbeitsorts entstehen. Damit setzt der Anspruch auf Leistungen nach § 2 Ziff. 1 und Ziff. 2 des Sozialplans nicht nur voraus, dass das Arbeitsverhältnis der betroffenen Arbeitnehmer infolge eines Betriebsteilübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten auf die C AG übergegangen ist; hinzukommen muss, dass es zu einer Veränderung des Arbeitsorts gekommen ist.

20        2. Diese weitere Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht. Der Kläger ist bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses unverändert am bzw. vom Arbeitsort W aus zum Einsatz gekommen.

21        II. Ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Schadensersatz scheitert – unabhängig davon, ob er auf § 15 Abs. 1 AGG oder § 75 BetrVG iVm. § 823 Abs. 2 BGB gestützt wird – an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten.

22        1. Dies gilt zunächst, soweit der Kläger seinen Schadensersatzanspruch darauf stützt, dass die Beklagte ihm kein Wechselangebot unterbreitet habe. Selbst wenn dem Kläger bei diskriminierungsfreiem Vorgehen zusammen mit dem in § 4 Abs. 2d der KBV vorgesehenen Unterrichtungsschreiben iSv. § 613a Abs. 5 BGB auch das in § 4 Abs. 2e der KBV vorgesehene „Angebot auf den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages“ hätte unterbreitet werden müssen, wäre Schuldnerin dieses Angebots nicht die Beklagte, sondern die Betriebsteilübernehmerin, und damit die C AG gewesen. Schadensersatz wegen einer pflichtwidrigen bzw. diskriminierenden Unterlassung eines solchen Angebots bzw. eines Wechselangebots würde daher auch nur die C AG und nicht die Beklagte schulden.

23        Dass es ggf. die Beklagte war, die den vom Betriebsteilübergang betroffenen Beschäftigten – ggf. zusammen mit dem in § 4 Abs. 2d der KBV vorgesehenen Unterrichtungsschreiben – die Angebote übermittelt hat, führt zu keiner anderen Bewertung. Dies gilt auch dann, wenn die Beklagte – wie der Kläger meint – nach der Fassung des Interessenausgleichs für die Unterbreitung eines solchen Angebots „zuständig“ gewesen sein sollte. Insoweit wäre die Beklagte nur als Botin der Betriebsteilübernehmerin, dh. als Botin der C AG aufgetreten. Dass die C AG die Beklagte nach §§ 164 ff. BGB zur Abgabe eines Angebots bevollmächtigt hatte, hat der Kläger nicht behauptet. Aus seinem Vorbringen ergibt sich vielmehr das Gegenteil.

24        2. Dass der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch – unabhängig davon, ob er auf § 15 Abs. 1 AGG oder § 75 BetrVG iVm. § 823 Abs. 2 BGB gestützt wird – an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten scheitert, gilt aber auch dann, wenn sein Vorbringen dahin zu verstehen sein sollte, dass er sein Schadensersatzbegehren darauf stützt, entgegen den Vorgaben des AGG bzw. des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht in O beschäftigt worden zu sein. Sofern das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten auf die C AG übergegangen sein sollte, wären die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers von Gesetzes wegen automatisch auf die neue Inhaberin, die C AG übergegangen. Der Übergang hängt nicht vom Willen des Veräußerers oder des Übernehmers ab und kann auch nicht durch (anderslautende) Abmachungen beeinflusst werden, sondern erfolgt ipso iure, also „automatisch“ (vgl. nur EuGH 26. Mai 2005 – C-478/03 – [Celtec] Rn. 38; 14. November 1996 – C-305/94 – [Rotsart de Hertaing] Rn. 16 ff.; vgl. auch BAG 27. Februar 2020 – 8 AZR 215/19 – Rn. 80, BAGE 170, 98). Dann wäre die C AG als Übernehmerin grundsätzlich verpflichtet gewesen, den Kläger in O bzw. von dort aus einzusetzen, ohne dass es eines Angebots auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags bedurft hätte. Da die Beschäftigungspflicht die C AG und nicht die Beklagte getroffen hätte, könnte auch nur die C AG und nicht die Beklagte Schuldnerin eines Schadensersatzanspruchs wegen eines diskriminierenden Unterlassens eines Einsatzes des Klägers in bzw. von O aus sein.

25        III. Einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) bedarf es nicht.

26        1. Zwar haben die Vorinstanzen dem Kläger keinen Hinweis auf die fehlende Passivlegitimation der Beklagten erteilt. Eines solchen gerichtlichen Hinweises bedurfte es im vorliegenden Verfahren allerdings nicht, weil die fehlende Passivlegitimation der Beklagten ohne Weiteres erkennbar war.

27        2. Unabhängig davon hat die Beklagte mit der Revisionserwiderung vom 28. April 2021 Ausführungen zu dieser Frage gemacht und ausdrücklich ihre fehlende Passivlegitimation gerügt. Hierauf hat der Kläger mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2021 erwidert und seine abweichende Rechtsauffassung damit begründet, die Beklagte, die nach der Fassung des Interessenausgleichs dafür zuständig gewesen sei, den von dem Betriebsteilübergang betroffenen Arbeitnehmern das Angebot zum Wechsel nach O zu unterbreiten, habe ihm ein derartiges Angebot verweigert. Damit sei es die Beklagte gewesen, die ihn unmittelbar benachteiligt habe, weshalb sie auch Schuldnerin des an ihn zu leistenden Schadensersatzes sei. Dass dieses Vorbringen des Klägers nicht geeignet ist, die Passivlegitimation der Beklagten zu begründen, hat der Senat bereits unter Rn. 22 f. ausgeführt. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers handelt es sich bei den Ausführungen der Beklagten zur fehlenden Passivlegitimation in der Revisionserwiderung vom 28. April 2021 auch nicht um neuen, grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähigen Sachvortrag in der Revisionsinstanz.

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