BAG: Sachgrundlose Befristung –Höchstdauer –Dienstreise – Verlängerung
BAG, Urteil vom 28.4.2021 – 7 AZR 212/20
ECLI:DE:BAG:2021:280421.U.7AZR212.20.0
Volltext: BB-Online BBL2021-2419-2
Orientierungssätze
1. Haben die Arbeitsvertragsparteien einen ohne Sachgrund befristeten Arbeitsvertrag nach § 14 Abs. 2 TzBfG abgeschlossen und vereinbaren sie, dass der Arbeitnehmer am Tag vor dem im schriftlichen Arbeitsvertrag festgelegten Vertragsbeginn zu einer auswärtigen Schulungsveranstaltung anreist, kann dem nicht ohne weiteres der übereinstimmende Wille entnommen werden, das Arbeitsverhältnis solle bereits am Tag der Anreise beginnen. Zwar kann Reisezeit im Rahmen eines bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses vergütungspflichtige Arbeitszeitdarstellen. Daraus folgt aber nicht, dass zu Beginn einer dienstlich veranlassten Reise stets bereits ein Arbeitsverhältnis bestehen muss (Rn. 26 ff.).
2. Das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG setzt voraus, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrags getroffen wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt. Macht der Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts von seinem Direktionsrecht Gebrauch und weist dem Arbeitnehmer eine andere Arbeitsaufgabe zu, stellt dies keine Änderung des Vertragsinhalts dar. Die Ausübung des Weisungsrechts steht daher einer Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG nicht entgegen (Rn. 32).
Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer sachgrundlosen Befristung.
Der Kläger bewarb sich im Juli 2016 auf eine von dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ausgeschriebene Stelle als Anhörer in der Vorbereitung von Asylentscheidungen am Standort D. Die Beklagte teilte ihm mit E-Mail vom 24. August 2016 mit, dass er für eine Einstellung vorgesehen sei. Die E-Mail lautet auszugsweise:
„Es ist beabsichtigt, Sie – vorbehaltlich der Vorlage eines Führungszeugnisses ohne Eintrag sowie der Zustimmung aller zu beteiligenden Gremien – zum 05.09.2016 bis zum 04.03.2017 als Anhörer beim Bundesamt einzustellen. Es handelt sich um einen auf sechs Monate befristeten Arbeitsvertrag der Entgeltgruppe E12 TVöD des Bundes.
Sie sind für einen Einsatz in der Außenstelle D des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vorgesehen. Bitte teilen Sie uns bis zum 27.08.2016 per Mail mit, ob Sie die angebotene Stelle annehmen möchten.
Vor Beginn der Tätigkeit werden Sie durch entsprechende Schulungen gezielt auf die zukünftige Tätigkeit vorbereitet. Die Qualifizierungszeit beträgt etwa drei Wochen.
Bitte kommen Sie zur Unterzeichnung Ihres Arbeitsvertrages am 29.08.2016 um 13:00 Uhr an folgende Adresse: …
Vor Beginn der Tätigkeit werden Sie durch eine entsprechende Schulung gezielt auf die zukünftige Tätigkeit vorbereitet.
Bitte melden Sie sich für Ihre Schulung am 05.09.2016 um 9:00 Uhr.
Art der Schulung: Qualifizierung Anhörer
Ort: Qualifizierungszentrum N
…
Sie erhalten für die gesamte Dauer Ihrer Schulung ggf. eine amtlich unentgeltliche Unterkunft (Einzelzimmer) einschließlich Frühstück. Wir bitten Sie, ein Hotel aus beiliegender Hotelübersicht (in Mail als Anhang enthalten) zu wählen und selbst zu buchen. Bitte beachten Sie das beigefügte Merkblatt.
…
Eventuelle Reisekosten werden Ihnen im Rahmen der Möglichkeiten des Bundesreisekostengesetzes ebenfalls erstattet. Nähere Informationen erhalten Sie bei Ihrem Einstellungstermin. Bitte bringen Sie alle vorab erhaltenen Unterlagen ausgefüllt mit.“
Mit E-Mail vom 25. August 2016 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er das Angebot annehme. Am 29. August 2016 unterzeichnete der Kläger den von einem Vertreter der Beklagten bereits am 24. August 2016 unterschriebenen Arbeitsvertrag. Dieser lautet auszugsweise:
„§ 1
Herr P
wird ab 05.09.2016
☒ als Vollzeitbeschäftigte/r befristet eingestellt.
…
Das Arbeitsverhältnis wird befristet
☒ ohne sachlichen Grund (§ 14 Abs. 2 TzBfG) bis zum 04.03.2017.
…
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), den besonderen Regelungen für die Verwaltung (TVöD – Besonderer Teil Verwaltung), dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassung.
…
§ 4
Der Tarifbeschäftigte ist in die Entgeltgruppe E12 TVöD, Stufe 1 eingruppiert.
Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Beschäftigten aus dienstlichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der Entgeltgruppe zuzuweisen.
…
§ 6
Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrages einschließlich von Nebenabreden sowie Vereinbarungen weiterer Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Dies gilt auch für die Abbedingung des Schriftformerfordernisses.“
Mit einer E-Mail vom 3. September 2016 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er vom 4. September 2016 bis zum 13. September 2016 ein Hotelzimmer am Schulungsort N reserviert habe und mit dem Omnibus nach N anreise. Zugleich bat er um Übernahme der Anreise- sowie der Übernachtungskosten. Er reiste am Sonntag, dem 4. September 2016, mit dem Bus zum Schulungsort in N und übernachtete dort in dem gebuchten Hotel. Ab dem 5. September 2016 nahm er an der dreiwöchigen Schulung für die Tätigkeit als Anhörer im Asylverfahren teil. Mit E-Mail vom 5. September 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie werde dem Hotel eine Kostenübernahmeerklärung übersenden. In der E-Mail heißt es weiter auszugsweise:
„Die Fahrtkosten müssen Sie separat beim BVA über die Reisekostenabrechnung anfordern.“
Auf entsprechenden Antrag des Klägers übernahm die Beklagte die Kosten für die Anreise zur Schulung.
Im Anschluss an die Schulung wurde der Kläger als Anhörer im Asylverfahren in der Außenstelle D beschäftigt. Mit Schreiben vom 6. Februar 2017 lud die Beklagte den Kläger zur Teilnahme an der „Aufschulung vom/von Anhörer/in zum/zur Entscheider/in (Schulungsthema Bescheiderstellung), für „EI-Personal“ für den Zeitraum vom 20. bis zum 24. Februar 2017 ein. Mit einem schriftlichen Vertrag vom 3./7. Februar 2017 vereinbarten die Parteien folgende Änderung des Arbeitsvertrags vom 24./29. August 2016:
„Die unter § 1 des o.g. Arbeitsvertrages genannte Vertragslaufzeit wird gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz ohne sachlichen Grund verlängert und befristet bis zum 04.09.2018.“
Im Anschluss an die erfolgreiche Teilnahme an der Aufbauschulung wurde der Kläger von der Beklagten als Entscheider in D eingesetzt.
Mit seiner am 24. September 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 2. Oktober 2018 zugestellten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der im Änderungsvertrag vom 3./7. Februar 2017 vereinbarten Befristung sowie die vorläufige Weiterbeschäftigung geltend gemacht. Er hat die Ansicht vertreten, die nach § 14 Abs. 2 TzBfG zulässige zweijährige Höchstbefristungsdauer sei überschritten. Sein Arbeitsverhältnis habe bereits am 4. September 2016 mit der Anreise zum Schulungsort in N begonnen. Mit dem Antritt der Dienstreise habe er sich den Anweisungen der Beklagten unterstellt und am Dienstreisetag nicht über seine Freizeit verfügen können, sondern vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht. Ferner sei der Ausgangsvertrag im Februar 2017 nicht lediglich verlängert worden, da die Parteien zugleich eine Änderung der Arbeitsbedingungen vom Anhörer zum Entscheider vereinbart hätten. Außerdem sei seine Beschäftigung ohne Zustimmung der Personalvertretung erfolgt.
Der Kläger hat – soweit für die Revision von Bedeutung – zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsvereinbarung im Änderungsvertrag vom 7. Februar 2017 nicht am 4. September 2018 endete,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Tarifbeschäftigten weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsvertrags zum 4. September 2018 sei ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG wirksam. Das Arbeitsverhältnis habe erst am 5. September 2016 begonnen. Veränderte Arbeitsbedingungen seien im Februar 2017 nicht vereinbart worden, sie habe lediglich von dem ihr zustehenden Direktionsrecht Gebrauch gemacht.
Das Arbeitsgericht hat der Klage – soweit sie in der Revision noch anhängig ist – stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten insoweit zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter.
Aus den Gründen
12 Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen. Die Befristungskontrollklage ist unbegründet. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.
13 I. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe nicht aufgrund der Befristung im Änderungsvertrag vom 3./7. Februar 2017 am 4. September 2018 geendet. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist wirksam. Sie ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nach § 14 Abs. 2 TzBfG ohne Sachgrund gerechtfertigt. Einer Zustimmung des Personalrats zu der Befristung bedurfte es nicht.
14 1. Die Befristung ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG gerechtfertigt.
15 a) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Die zulässige Höchstdauer von zwei Jahren betrifft den Zeitrahmen für das Arbeitsverhältnis, nicht die Zeit vom Vertragsschluss bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses (BAG 29. Juni 2011 – 7 AZR 774/09 – Rn. 13 mwN).
16 b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
17 aa) Die zulässige Höchstbefristungsdauer von zwei Jahren ist nicht überschritten. Das Arbeitsverhältnis dauerte vom 5. September 2016 bis zum 4. September 2018 und damit zwei Jahre. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe bereits am 4. September 2016 begonnen. Die vom Landesarbeitsgericht insoweit vorgenommene Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ist rechtsfehlerhaft.
18 (1) Ein Arbeitsverhältnis wird grundsätzlich durch einen Arbeitsvertrag begründet (vgl. Schaub ArbR-HdB/Linck 18. Aufl. § 29 Rn. 8), aus dem sich die Verpflichtung zur weisungsgebundenen Tätigkeit ergibt. Das Erfordernis einer vertraglichen Begründung der Arbeitspflicht als Voraussetzung des Arbeitnehmerstatus (sog. Vertragstheorie) ist grundsätzlich unverzichtbar (BAG 27. Mai 2020 – 5 AZR 247/19 – Rn. 17, BAGE 170, 311). Der Vertrag muss eine Einigung über den notwendigen Mindestinhalt (essentialia negotii) umfassen. Nach § 611 Abs. 1 BGB (seit dem 1. April 2017: § 611a Abs. 1 BGB) gehören hierzu die „versprochenen Dienste“ und damit Art und Beginn der Arbeitsleistung.
19 (2) Verträge kommen durch auf den Vertragsschluss gerichtete, einander entsprechende Willenserklärungen zustande, indem das Angebot („Antrag“) der einen Vertragspartei gemäß den §§ 145 ff. BGB von der anderen Vertragspartei angenommen wird. Eine Willenserklärung ist eine Äußerung, die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtet ist. Sie kann nicht nur durch eine ausdrückliche Erklärung, sondern auch durch schlüssiges Verhalten (Realofferte und deren konkludente Annahme) abgegeben werden (BAG 14. Dezember 2016 – 7 AZR 756/14 – Rn. 18; 12. Juli 2016 – 9 AZR 51/15 – Rn. 19). Ob eine Äußerung oder ein Verhalten als Willenserklärung zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Nach §§ 133, 157 BGB sind Willenserklärungen und Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist (BAG 18. Mai 2010 – 3 AZR 373/08 – Rn. 36, BAGE 134, 269). Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch außerhalb der Vereinbarung liegende Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille dem Wortlaut des Vertrags und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch (BAG 18. Mai 2010 – 3 AZR 373/08 – Rn. 36 mwN, aaO). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden bei der Frage, wie vom Arbeitgeber einseitig vorformulierte Verbraucherverträge iSd. §§ 310 Abs. 3 BGB auszulegen sind (vgl. BAG 18. Mai 2010 – 3 AZR 373/08 – Rn. 37, aaO) und bei der Frage, ob ein bestimmtes willentliches Verhalten eine Willenserklärung darstellt (vgl. BAG 22. Juli 2014 – 9 AZR 1066/12 – Rn. 13, BAGE 148, 349). Lediglich für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, also für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, sind individuelle Umstände nicht aussagekräftig (vgl. BAG 18. Mai 2010 – 3 AZR 373/08 – Rn. 37, aaO).
20 (3) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen obliegt in erster Linie den Gerichten der Tatsacheninstanzen. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (st. Rspr., vgl. BAG 14. Dezember 2016 – 7 AZR 756/14 – Rn. 19; 20. September 2016 – 3 AZR 77/15 – Rn. 32; 24. August 2016 – 5 AZR 129/16 – Rn. 20, BAGE 156, 157; 10. Dezember 2014 – 7 AZR 1009/12 – Rn. 26). Das Revisionsgericht darf bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Auslegung nichttypischer Willenserklärungen die Auslegung nur dann selbst vornehmen, wenn das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (st. Rspr., zB BAG 24. September 2014 – 5 AZR 611/12 – Rn. 30 mwN, BAGE 149, 144). Diese Grundsätze gelten auch, wenn es um die Frage geht, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt (BAG 24. August 2016 – 5 AZR 129/16 – Rn. 20, aaO; 10. Dezember 2014 – 7 AZR 1009/12 – Rn. 26; 18. Mai 2010 – 3 AZR 373/08 – Rn. 32, BAGE 134, 269). Die Auslegung von typischen Erklärungen wie Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB durch das Berufungsgericht unterliegt hingegen einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 17. Juni 2020 – 7 AZR 398/18 – Rn. 16; 19. November 2019 – 7 AZR 582/17 – Rn. 25 mwN).
21 (4) Es kann offenbleiben, ob es sich bei den Vereinbarungen der Parteien um nichttypische oder typische Erklärungen handelt. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, aufgrund der erforderlichen Anreise zu der Schulung vor dem 5. September 2016 habe ein übereinstimmender Parteiwille zur Begründung des Arbeitsverhältnisses bereits am 4. September 2016 bestanden, hält auch einer nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
22 (a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Arbeitsverhältnis habe trotz der Angabe des Vertragsbeginns am 5. September 2016 in dem Ausgangsvertrag vom 24./29. August 2016 bereits am 4. September 2016 begonnen. Bei der Datumsangabe „05.09.2016“ handele es sich um eine „falsa demonstratio“. Die Beklagte habe den Kläger vor bzw. bei dem Abschluss des Ausgangsvertrags angewiesen, ab dem 5. September 2016 um 9:00 Uhr an der im dienstlichen Interesse liegenden Schulung in N teilzunehmen. Dies habe eine Anreise des Klägers nach N bereits am 4. September 2016 erfordert, was der Kläger der Beklagten mit E-Mail vom 3. September 2016 mitgeteilt habe. Die Beklagte habe die entsprechenden Reise- und Übernachtungskosten übernommen und dies dem Kläger bereits per E-Mail vom 5. September 2016 in Aussicht gestellt. Daraus ergebe sich, dass der Vertragsbeginn einvernehmlich auf den 4. September 2016 festgelegt worden sei.
23 (b) Diese Würdigung ist nicht frei von Rechtsfehlern.
24 (aa) Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 24./29. August 2016 begründet. In diesem Vertrag ist als Beginn des Arbeitsverhältnisses der 5. September 2016 festgelegt. Soweit das Landesarbeitsgericht meint, bei der Datumsangabe „05.09.2016“ handele es sich um eine „falsa demonstratio“, wird dies nicht durch die Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts getragen. Nach dem Rechtsgrundsatz „falsa demonstratio non nocet“ gilt das von den Parteien übereinstimmend Gewollte, auch wenn sie dafür eine falsche Bezeichnung verwenden (vgl. grundlegend RG 8. Juni 1920 – II 549/19 – RGZ 99, 147 – [Haakjöringsköd]; siehe auch BAG 22. Oktober 1969 – 3 AZR 53/69 – zu I 2 a der Gründe, BAGE 22, 169; MüKoBGB/Busche 8. Aufl. § 155 Rn. 7). Das übereinstimmend Gewollte hat den Vorrang vor einer irrtümlichen oder absichtlichen Falschbezeichnung (BGH 18. Januar 2008 – V ZR 174/06 – Rn. 12 mwN; Palandt/Ellenberger BGB 80. Aufl. § 133 Rn. 8).
25 (aaa) Das Landesarbeitsgericht stützt seine Annahme einer falsa demonstratio darauf, es habe dem übereinstimmenden Parteiwillen entsprochen, dass der Kläger schon am 4. September 2016 zur Schulung nach N anreist. Es ist bereits zweifelhaft, ob diese Feststellung für den Senat bindend ist, da sie sich nicht zwingend aus den vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Umständen ergibt. Das Landesarbeitsgericht hat seine Annahme zunächst auf die E-Mail der Beklagten vom 24. August 2016 gestützt. In dieser E-Mail heißt es jedoch ausdrücklich, dass beabsichtigt sei, den Kläger „zum 05.09.2016“ einzustellen. Er wird ferner darin gebeten, sich für die Schulung „am 05.09.2016“ am Ort der Schulung zu melden. Der Rückschluss allein aus der Angabe der Uhrzeit „um 9:00 Uhr“ auf einen Willen der Beklagten – bzw. der für sie handelnden Vertreter – dahingehend, dass der Kläger am Vortag nach N anreist, erscheint nicht zwingend. Zum einen ist es nicht ausgeschlossen, dass sich die zuständigen Personen bei der Beklagten über den Zeitpunkt der Anreise des Klägers keine Gedanken gemacht haben. Zum anderen enthält die E-Mail vom 24. August 2016 keine Hinweise darauf, warum die Anreise gerade am 4. September 2016 erfolgen sollte und der Kläger gehindert gewesen wäre, bereits an einem anderen Tag vor dem Beginn der Schulung oder auch erst am 5. September 2016 von einem anderen – näher gelegenen – Ort als seinem Wohnort anzureisen. Soweit das Landesarbeitsgericht seine Annahme ferner auf die E-Mail des Klägers vom 3. September 2016, die E-Mail der Beklagten vom 5. September 2016 und die Reisekostenerstattung der Beklagten stützt, liegen diese Ereignisse alle nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses und sind daher nicht ohne weiteres geeignet, einen vom Vertragswortlaut abweichenden Willen der Parteien bei Abschluss des Vertrags zu begründen. Letztlich können diese Bedenken jedoch dahinstehen. Auch wenn eine Anreise des Klägers nach N schon am 4. September 2016 dem Willen der Parteien entsprochen haben sollte, hätte das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen, dass daraus zugleich ein übereinstimmender Wille folgt, den Vertrag bereits an diesem Tag beginnen zu lassen.
26 (bbb) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit verkannt, dass eine Anreise des Klägers zu der Schulung nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses möglich war. Aus dem Umstand, dass betrieblich veranlasste Reisezeiten im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses regelmäßig – vorbehaltlich einer abweichenden Vergütungsvereinbarung – vergütungspflichtige Arbeitszeit darstellen, folgt nicht zugleich, dass die Anreise des Klägers zu der Schulung nur auf der Grundlage eines bestehenden Arbeitsverhältnisses möglich war. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des Fünften und Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts in den Urteilen vom 17. Oktober 2018 (- 5 AZR 553/17 -Rn. 13 f., 17, BAGE 164, 57), vom 25. April 2018 (- 5 AZR 424/17 – Rn. 18 mwN) und vom 15. November 2018 (- 6 AZR 294/17 – Rn. 23 ff.). Diese Entscheidungen betreffen Fälle, in denen die An- und Abreise zu einer auswärtigen Arbeitsstelle oder einer Fortbildungsveranstaltung im Rahmen eines bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses erforderlich war. Sie enthalten weder Aussagen dazu, ob bereits für die Zeit der einvernehmlichen Anreise des Arbeitnehmers zu einer bei Vertragsbeginn ersten auswärtigen Arbeitsstelle oder einer Schulungsveranstaltung ein Arbeitsvertrag begründet wird, noch dazu, ob die Zeit der Anreise grundsätzlich vergütungspflichtig ist, wenn sie vor Beginn des Arbeitsverhältnisses durchgeführt wird. Anderes folgt auch nicht daraus, dass der Fünfte Senat entsprechende An- und Abreisezeiten als „versprochene Dienste“ iSv. § 611 Abs. 1 BGB bezeichnet. Damit sind nur im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses „versprochene Dienste“ gemeint. Ob und zu welchem Zeitpunkt Dienste auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses versprochen sind, ist eine Frage der Auslegung der Erklärungen der Parteien.
27 Das Landesarbeitsgericht hat auch rechtsfehlerhaft angenommen, „Arbeit“ als Leistung versprochener Dienste sei nur im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses möglich. Zwar kann in dem einvernehmlichen Austausch von Dienstleistung und Vergütung der übereinstimmende Wille der Parteien zum Ausdruck kommen, einander zu den tatsächlich erbrachten Leistungen arbeitsvertraglich verbunden zu sein (vgl. BAG 17. Januar 2017 – 9 AZR 76/16 – Rn. 18, BAGE 158, 6; 9. April 2014 – 10 AZR 590/13 – Rn. 26). Diese Rechtsprechung bezieht sich jedoch auf den Abschluss eines Vertrags durch schlüssiges Verhalten im Wege der Realofferte und deren konkludenter Annahme durch ein Verhalten über einen längeren Zeitraum. Eine einvernehmliche Beschäftigung zur Erbringung von Arbeitsleistungen begründet aber nicht stets einen Arbeitsvertrag. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt. So entspricht es etwa der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die Prozessbeschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung eines titulierten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs kein Arbeitsverhältnis begründet (vgl. BAG 27. Mai 2020 – 5 AZR 247/19 – Rn. 25 mwN, BAGE 170, 311). Auch das anerkannte Rechtsinstitut des „faktischen bzw. fehlerhaften Arbeitsverhältnisses“ zeigt, dass die Erbringung von Arbeit nicht notwendig zum Abschluss eines Arbeitsvertrags führt. Ein faktisches (genauer: fehlerhaftes) Arbeitsverhältnis besteht, wenn ein Arbeitnehmer ohne wirksame Vertragsgrundlage Arbeit leistet (BAG 27. Mai 2020 – 5 AZR 247/19 – Rn. 28, aaO; 3. November 2004 – 5 AZR 592/03 – zu I 2 a der Gründe, BAGE 112, 299).
28 (ccc) Das Landesarbeitsgericht hat auch nicht berücksichtigt, dass die Erstattung von Reise- und Übernachtungskosten nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in Betracht kommt. Der Arbeitgeber kann sogar rechtlich verpflichtet sein, schon für die Teilnahme an einem Bewerbungsgespräch dem Bewerber Reise- und Übernachtungskosten zu erstatten (vgl. BAG 29. Juni 1988 – 5 AZR 433/87 -), obwohl im Zeitpunkt der Anreise zum Bewerbungsgespräch unzweifelhaft noch kein Arbeitsverhältnis besteht. Auch das Bundesreisekostengesetz, auf das die Beklagte bereits in der E-Mail an den Kläger vom 24. August 2016 hingewiesen hatte, und das nach § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 24./29. August 2016 und § 44 Abs. 1 des darin in Bezug genommenen TVöD BT-V auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, sieht die Möglichkeit zur Erstattung von Reisekosten nicht nur in einem bestehenden Beamten- bzw. Arbeitsverhältnis vor. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 BRKG kann Reisekostenvergütung gewährt werden für Einstellungsreisen vor dem Wirksamwerden der Ernennung zur Beamtin, zum Beamten, zur Richterin, zum Richter, zur Soldatin oder zum Soldaten. Damit sind auch sogenannte Dienstantrittsreisen vor Begründung des Beamtenverhältnisses reisekostenerstattungsfähig, obwohl Personen, die vor ihrer Ernennung Reisen zur Einstellung in den Bundesdienst ausführen, durch den persönlichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 BRKG noch nicht erfasst werden (Meyer/Fricke Reisekosten im öffentlichen Dienst Stand Februar 2021 § 11 BRKG Rn. 63). Übertragen auf Arbeitnehmer bedeutet dies, dass nach § 44 Abs. 1 TVöD BT-V iVm. § 11 Abs. 3 Nr. 1 BRKG auch Reisekostenvergütung gewährt werden kann für Dienstantrittsreisen vor dem Wirksamwerden des Arbeitsverhältnisses bzw. vor dem Beginn des Arbeitsvertrags. Sieht das Reisekostenrecht also die Möglichkeit vor, die Anreise bei entsprechender Kostenerstattung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses durchzuführen, kann dem Einverständnis der Beklagten mit der Anreise und der Erklärung der Kostenübernahme allein ohne besondere Umstände nicht der Erklärungsinhalt entnommen werden, sie habe damit bereits ein Arbeitsverhältnis begründen wollen.
29 (ddd) Dies kann der Senat abschließend entscheiden. Darin liegt weder eine Abweichung von der Rechtsprechung des Fünften Senats in einer Rechtsfrage iSd. § 45 Abs. 2 ArbGG noch ist eine Vorabentscheidung des EuGH über die Auslegung des Unionsrechts geboten. Insbesondere ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt, dass sich die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung mit Ausnahme des in ihrem Art. 7 Abs. 1 geregelten besonderen Falles des bezahlten Jahresurlaubs darauf beschränkt, bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, um den Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten (EuGH 26. Juli 2017 – C-175/16 – Rn. 25 mwN; EuArbRK/Gallner 3. Aufl. RL 2003/88/EG Art. 1 Rn. 3 mwN). Sie findet grundsätzlich weder Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer noch regelt sie die Frage, wann ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis beginnt.
30 (bb) Andere Gründe, warum das Arbeitsverhältnis entgegen der ausdrücklichen Regelung in § 1 des Arbeitsvertrags vom 24./29. August 2016 nicht am 5. September 2016, sondern schon am 4. September 2016 begonnen haben sollte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere haben die Parteien den Vertrag vom 24./29. August 2016 insofern nicht nachträglich (konkludent) abgeändert. Das Verhalten der Parteien nach dem Abschluss des schriftlichen Vertrags lässt nicht auf den Willen zum Abschluss eines Änderungsvertrags schließen. Weder lag in der Bitte des Klägers um Kostenerstattung für das Busticket in der E-Mail vom 3. September 2016 ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags für die Dauer der Reisezeit, noch konnte der Kläger das Verhalten der Beklagten – die Erstattung des Ticketpreises – als eine entsprechende Willenserklärung verstehen. Daher kann offenbleiben, ob dem Abschluss eines konkludenten Änderungsvertrags bereits die in § 6 des Arbeitsvertrags vereinbarte qualifizierte Schriftformklausel entgegensteht.
31 bb) Bei der in dem Arbeitsvertrag vom 3./7. Februar 2017 vereinbarten Befristung handelt es sich um eine Verlängerung des am 24./29. August 2016 abgeschlossenen Ausgangsvertrags iSv. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in der Folgezeit nicht – wie bis dahin – als Anhörer, sondern als Entscheider beschäftigt wurde.
32 (1) Das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG eines nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats voraus, dass das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrags in schriftlicher Form vereinbart wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt (vgl. BAG 21. März 2018 – 7 AZR 428/16 – Rn. 37; 20. Februar 2008 – 7 AZR 786/06 – Rn. 9; 16. Januar 2008 – 7 AZR 603/06 – Rn. 7, BAGE 125, 248; 23. August 2006 – 7 AZR 12/06 – Rn. 11, BAGE 119, 212 jeweils mwN). Die Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit im Rahmen der Ausübung des Direktionsrechts erfordert indes keine Vertragsänderung und steht daher der Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht entgegen.
33 (2) Danach stellt der Änderungsvertrag vom 3./7. Februar 2017 eine Verlängerung des Ausgangsvertrags vom 24./29. August 2016 iSv. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG dar. Der Abschluss des Änderungsvertrags erfolgte vor dem Ablauf der Vertragslaufzeit des Ausgangsvertrags am 4. März 2017. Der Änderungsvertrag enthält als einzige Regelung das neue Beendigungsdatum. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Vertragsinhalt im Übrigen unangetastet geblieben. Der im Februar 2017 erfolgte Tätigkeitswechsel vom „Anhörer“ zum „Entscheider“ stellt keine Vertragsänderung im Sinne der Rechtsprechung des Senats dar. Dies folgt schon daraus, dass die Parteien im Arbeitsvertrag vom 24./29. August 2016 keine konkrete Tätigkeit (sondern lediglich die Eingruppierung des Klägers) vereinbart haben. Die Beklagte konnte daher dem Kläger die Tätigkeit eines Entscheiders im Rahmen ihres Direktionsrechts nach § 106 GewO zuweisen, da ihr Weisungsrecht durch den Vertrag lediglich insoweit beschränkt war, als sie dem Kläger nur Tätigkeiten zuweisen konnte, die nach EG 12 TVöD zu vergüten sind. Unstreitig ist auch die Tätigkeit eines Entscheiders nach dieser Entgeltgruppe zu vergüten.
34 Selbst wenn bei Vertragsschluss – trotz einer fehlenden ausdrücklichen Vereinbarung im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 24./29. August 2016 – eine Beschäftigung des Klägers als Anhörer vereinbart gewesen sein sollte, war die Zuweisung der Tätigkeit als Entscheider im Rahmen des Direktionsrechts möglich, da sich die Beklagte in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vom 24./29. August 2016 ausdrücklich die Möglichkeit vorbehalten hatte, dem Kläger aus dienstlichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der Entgeltgruppe zuzuweisen. Selbst unterstellt, die Beklagte hätte sich mit dieser Klausel vorbehalten, die vertraglich vereinbarte Tätigkeit als Anhörer später zu ändern, hielte die Klausel einer Angemessenheitskontrolle nach §§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand (zur Erforderlichkeit einer Angemessenheitskontrolle bei Versetzungsklauseln vgl. BAG 25. August 2010 – 10 AZR 275/09 – Rn. 23 ff., BAGE 135, 239). Dadurch, dass sich die Beklagte nur vorbehalten hat, eine andere Tätigkeit im Rahmen der Entgeltgruppe zuzuweisen, ist die Gleichwertigkeit der neu zugewiesenen Arbeit gewährleistet.
35 Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob der Kläger unter Berücksichtigung der in § 6 des Arbeitsvertrags vom 24./29. August 2016 vereinbarten qualifizierten Schriftformklausel überhaupt schlüssig dargetan hat, wann und wie die Parteien eine aus seiner Sicht vereinbarte Tätigkeit als Anhörer im Zusammenhang mit der Verlängerung einvernehmlich in eine Tätigkeit als Entscheider geändert haben sollen, obwohl dies im schriftlichen Änderungsvertrag vom 3./7. Februar 2017 nicht erwähnt ist.
36 2. Die Befristung ist nicht aus personalvertretungsrechtlichen Gründen unwirksam.
37 a) Die Befristung bedurfte nicht der Zustimmung des Personalrats. Der Personalrat hat nach den Bestimmungen des für die Beklagte einschlägigen Bundespersonalvertretungsgesetzes kein Mitbestimmungsrecht bei der Befristung von Arbeitsverträgen (vgl. BAG 29. Juni 2011 – 7 AZR 774/09 – Rn. 32 mwN).
38 b) Soweit der Kläger gerügt hat, seine Beschäftigung sei ohne die erforderliche Zustimmung des Personalrats erfolgt, ist dies nicht geeignet, die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrags vom 3./7. Februar 2017 in Frage zu stellen.
39 Die fehlende Zustimmung des Personalrats zu der Einstellung, zu der auch die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags gehört, führt nicht zur Unwirksamkeit der Befristung oder des abgeschlossenen Arbeitsvertrags. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten hat nur dann die Unwirksamkeit der Maßnahme gegenüber dem Arbeitnehmer zur Folge, wenn diese den Arbeitnehmer belastet. Dies ist beim Abschluss eines Arbeitsvertrags nicht der Fall. Deshalb ist bei fehlender Zustimmung der Personalvertretung zur Einstellung zwar die tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb, dh. dessen Beschäftigung, unzulässig. Der Arbeitsvertrag bleibt jedoch wirksam (BAG 26. Juni 2002 – 7 AZR 92/01 – zu II 2 der Gründe mwN; Kaiser/Annuß in Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht 5. Aufl. § 75 Rn. 25).
40 II. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Die Vorinstanzen haben den Antrag zutreffend als allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag im Sinne der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 27. Februar 1985 – GS 1/84 – BAGE 48, 122) verstanden. Dieser bezieht sich nur auf die Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss der Bestandsstreitigkeit. Durch die Entscheidung des Senats über die Befristungskontrollklage ist die Bestandsstreitigkeit rechtskräftig abgeschlossen.
41 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.