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Arbeitsrecht
29.11.2012
Arbeitsrecht
ArbG Nienburg: Quotierung von erworbenen Urlaubsansprüchen beim Übergang von Voll- zu Teilzeitbeschäftigung unter Reduzierung der wöchentlichen Arbeitstage

ArbG Nienburg, EuGH-Vorlage vom 4.9.2012 - 2 Ca 257/12 Ö


Tenor


Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Artikel 267 AEUV folgende Frage vorgelegt:


Ist das einschlägige Unionsrecht, insbesondere § 4 Nr. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23 geänderten Fassung, dahin auszulegen, dass es nationalen gesetzlichen oder tariflichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach der bei einer mit der Änderung der Zahl der wöchentlichen Arbeitstage verbundenen Änderung des Beschäftigungsausmaßes eines Arbeitnehmers das Ausmaß des noch nicht verbrauchten Anspruchs auf Erholungsurlaub, dessen Ausübung dem Arbeitnehmer im Bezugszeitraum nicht möglich war, in der Weise angepasst wird, dass der in Wochen ausgedrückte Urlaubsanspruch der Höhe nach zwar gleich bleibt, jedoch hierbei der in Tagen ausgedrückte Urlaubsanspruch auf das neue Beschäftigungsausmaß umgerechnet wird?


Das Vorabentscheidungsersuchen ist beim Gerichtshof der Europäischen Union als Rechtssache C-415/12 anhängig.


§ 11 BUrlG, § 4 TzBfG, § 4 Nr 1 EGRL 81/97, § 4 Nr 2 EGRL 81/97


Aus den Gründen


1. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens


Die Parteien streiten über die Höhe des der Klägerin zustehenden, noch nicht verbrauchten Urlaubs aus den Jahren 2010 und 2011, nachdem die Arbeitsbedingungen der Klägerin mit Wirkung zum 22.12.2011 einvernehmlich von voll- zu teilzeitiger Beschäftigung abgeändert worden sind.


Die im Jahr 1984 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Land seit dem 1.4.2009 beschäftigt. Die Parteien vereinbarten ein Vollzeitarbeitsverhältnis, das zunächst bis zum 31.3.2011 befristet war (Blatt 8, 9 der Akte); mit Vereinbarung vom 29.9.2009 wurde das befristete Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung in ein unbefristetes umgewandelt (Blatt 10, 11 der Akte).


Im Jahr 2010 trat bei der Klägerin eine Schwangerschaft ein. Während der Schwangerschaft unterlag die Klägerin einem Beschäftigungsverbot. Am 22.12.2010 gebar die Klägerin ein Kind. Im Anschluss an die Zeit des Mutterschutzes nahm die Klägerin ab dem 17.2.2011 bis einschließlich zum 21.12.2011 Elternzeit in Anspruch.


Am 13.9.2011 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin in der Zeit vom 22.12.2011 bis zum 21.12.2013 als Teilzeitbeschäftigte mit 1/2 der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer oder eines entsprechenden Vollbeschäftigten bei dem beklagten Land beschäftigt werde (Blatt 6, 7 der Akte). Die Lage der reduzierten Arbeitszeit ist in der schriftlichen Änderungsvereinbarung nicht fixiert. Tatsächlich wird die Klägerin von dem beklagten Land - unstreitig - seit der Reduzierung der Arbeitszeit an drei Arbeitstagen in der Woche beschäftigt.


Im Jahr 2010 konnte die Klägerin aufgrund ihrer Schwangerschaft und des damit zusammenhängenden Beschäftigungsverbotes bzw. aufgrund der Zeiten des Mutterschutzes unstreitig einen auf der Grundlage ihrer vollzeitigen Beschäftigung errechneten Urlaubsrest in Höhe von 22 Tagen nicht nehmen. Für das Jahr 2011 ergibt sich auf der Grundlage der vertraglich bis zum 21.12.2011 weiter bestehenden Vereinbarung einer vollzeitigen Beschäftigung ein (vollständig nicht erfüllter) Urlaubsanspruch von 7 Tagen; auch dies ist als solches zwischen den Parteien unstreitig.


Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stünden weiterhin 29 Arbeitstage Urlaub aus den Jahren 2010 und 2011 zu. Die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen in ein Teilzeitarbeitsverhältnis führe nicht dazu, dass ihr erworbener Alt-Urlaubsanspruch zu quotieren sei. Die Umrechnungsregelungen des BAG für Alturlaub bei Übergang von einem Vollzeit- in ein Teilzeitarbeitsverhältnis seien unionsrechtswidrig.


Die Klägerin hat den Antrag angekündigt: Es wird festgestellt, dass die Klägerin aus den Jahren 2010 und 2011 einen restlichen Urlaubsanspruch von 29 Arbeitstagen hat.


Das beklagte Land hat den Antrag angekündigt: Die Klage wird abgewiesen.


Es vertritt die Auffassung, der in den Jahren 2010 und 2011 erworbene Urlaubsanspruch sei aufgrund des Wechsels von Voll- in Teilzeit zu quotieren. Hierzu sei die Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage vor und nach der Vertragsänderung ins Verhältnis zu setzen. Das beklagte Land macht folgende Rechnung auf: 29 Tage Urlaub, geteilt durch 5 Arbeitstage, multipliziert mit 3 Arbeitstagen, ergibt 17,4 Tage Urlaub. Damit stehe der Klägerin ein Resturlaubsanspruch von nur 17 Tagen Urlaub zu.


Die Quotierung sei gerechtfertigt, da die Klägerin hierdurch nicht schlechter gestellt werde. Sie könne auch nach der Quotierung die gleiche Anzahl von Wochen Urlaub nehmen wie zuvor, da ihr zwar weniger Tage Urlaub zustünden, sie jedoch auch weniger Urlaubstage benötige, um eine Woche frei zu bekommen. Nehme man keine Quotierung vor, habe dies zur Folge, dass die Klägerin deutlich mehr Wochen Urlaub nehmen könne als zuvor. Dies bedeute einen ungerechtfertigten Vorteil der Klägerin gegenüber einem weiterhin in Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter.


Die genannte Quotierungspraxis werde durch die Entscheidung des Gerichtshofs vom 22.4.2010 - C-486/08 - Tirol nicht in Frage gestellt. Aufgrund des Bezugszeitraums „Woche" erleide der Arbeitnehmer hinsichtlich des Umfangs des Urlaubs keine Nachteile. Die vom Gerichtshof seinerzeit zu beurteilende Urlaubsregelung weise die Besonderheit auf, dass als Berechnungsgröße für den Urlaub nicht die „Woche" vorgesehen sei, sondern der Urlaub in § 55 Abs. 1 des Landes-Vertragsbedienstetengesetzes Tirol in Stunden ausgedrückt werde. Damit wirke sich dort jede Änderung des Beschäftigungsausmaßes unmittelbar auf die Urlaubsdauer aus.


2. Nationale gesetzliche und tarifliche Vorschriften


Im nationalen Gesetzesrecht ist die Frage, welche Auswirkungen sich bei einer Änderung des Beschäftigungsausmaßes für einen noch nicht verbrauchten Anspruch auf Erholungsurlaub ergeben, nicht ausdrücklich geregelt.


Die maßgebliche Vorschrift des Mindesturlaubsgesetzes für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz) lautet:


„...


§ 3 Dauer des Urlaubs


(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.


...


§ 11 Urlaubsentgelt


(1) Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge, die während des Urlaubs nicht weitergewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in bar abzugelten.


..."


Im Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz) vom 21.12.2000 ist in Umsetzung der Richtlinie 97/81/EG und der Richtlinie 1990/70/EG u. a. geregelt:


„...


§ 4 Verbot der Diskriminierung


(1) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.


..."


Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu dem beklagten Land ist der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12.10.2006 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 4 vom 2. Januar 2012 anzuwenden. Die für den Erholungsurlaub maßgebliche Vorschrift lautet:


„...


§ 26 Erholungsurlaub


(1) Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Arbeitstage, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr 29 Arbeitstage und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage.


Arbeitstage sind alle Kalendertage, an denen die Beschäftigten dienstplanmäßig oder betriebsüblich zu arbeiten haben oder zu arbeiten hätten, mit Ausnahme der auf Arbeitstage fallenden gesetzlichen Feiertage, für die kein Freizeitausgleich gewährt wird. Maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt werden; er kann auch in Teilen genommen werden.


Protokollerklärung zu § 26 Absatz 1 Satz 7:


Der Urlaub soll grundsätzlich zusammenhängend gewährt werden; dabei soll ein Urlaubsteil von zwei Wochen Dauer angestrebt werden.


(2) Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben:


a) Im Falle der Übertragung muss der Erholungsurlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31.März angetreten werden, ist er bis zum 31. Mai anzutreten.


b) Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, steht als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach Absatz 1 zu; § 5 Bundesurlaubsgesetz bleibt unberührt.


c) Ruht das Arbeitsverhältnis, so vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen tariflichen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel.


d) Das Entgelt nach Absatz 1 Satz 1 wird zu dem in § 24 genannten Zeitpunkt gezahlt.


..."


Für Arbeitnehmer der Bundesrepublik Deutschland und der kommunalen Arbeitgeber gilt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Die dortigen Tarifvertragsparteien haben am 31.3.2012 vereinbart, dass u. a. § 26 TVöD mit Wirkung zum 1.3.2012 geändert wird. Die Mitgliederversammlung der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) hat in diesem Zusammenhang beschlossen, die Urlaubsregelung des § 26 TV-L rückwirkend ab 2011 durch eine diskriminierungsfreie Regelung zu ersetzen und strebt an, eine entsprechende Regelung in der Entgeltrunde 2013 mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes zu vereinbaren. Damit den Beschäftigten keine Nachteile durch den für eine Neuvereinbarung notwendigen Zeitbedarf entstehen, ist der Übertragungszeitraum für einen evtl. über § 26 TV-L in der gegenwärtigen Fassung hinausgehenden Urlaubsanspruch für das Jahr 2011 durch Beschluss der Mitgliederversammlung der TdL bis zum 30.6.2012 verlängert worden. Änderungen, die für die Entscheidung der Vorlagefrage erheblich wären, sind bei dieser geplanten rückwirkenden Änderung der tariflichen Urlaubsregelung jedoch nicht zu erwarten.


3. Vorschriften des Unionsrechts


Die am 6.6.1997 geschlossene Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15.12.1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. 1998, L 14, S. 9, mit Berichtigung im ABl. 1998, L 128, S. 71) in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7.4.1998 (ABl. L 131, S. 10) geänderten Fassung (im Folgenden: Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit) soll nach § 1 Buchst. a


„die Beseitigung von Diskriminierungen von Teilzeitbeschäftigten sicherstellen und die Qualität der Teilzeitarbeit verbessern".


§ 4 („Grundsatz der Nichtdiskriminierung") dieser Rahmenvereinbarung sieht vor:


„1. Teilzeitbeschäftigte dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.


2. Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz.


..."


4. Nationale Gepflogenheiten - Rechtsprechung und Literaturmeinungen


a) Die Rechtsanwendung wird geprägt durch eine Entscheidung des BAG vom 28.4.1998 - 9 AZR 314/97, BB 1998, 2583 -. Der Leitsatz lautet, soweit hier erheblich:


„Ändert sich im Verlauf eines Kalenderjahres die Verteilung der Arbeitszeit auf weniger oder auch auf mehr Arbeitstage einer Kalenderwoche, verkürzt oder verlängert sich entsprechend die Dauer des dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubs. Sie ist dann jeweils unter Berücksichtigung der nunmehr für den Arbeitnehmer maßgeblichen Verteilung seiner Arbeitszeit neu zu berechnen. Das trifft auch für einen auf das folgende Urlaubsjahr übertragenen Resturlaub zu, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des folgenden Jahres in Teilzeit beschäftigt ist.


..."


Dieser Entscheidung folgend, werden bereits erworbene Ansprüche auf Erholungsurlaub bei einer Änderung des Beschäftigungsausmaßes des betroffenen Arbeitnehmers entsprechend dem Verhältnis der Anzahl der alten wöchentlichen Arbeitstage zu den neuen angepasst. Im Fall der Reduzierung der Arbeitszeit unter Verringerung der Zahl der wöchentlichen Arbeitstage bedeutet dies eine Verringerung des Alturlaubsanspruchs, im Fall ihrer Erweiterung unter Erhöhung der Zahl der wöchentlichen Arbeitstage erhöht sich der Alturlaubsanspruch, nach Tagen bemessen, entsprechend.


Der Neunte Senat des BAG hat in der vorbezeichneten Entscheidung bereits die Vereinbarkeit der von ihm aufgestellten Grundsätze mit europarechtlichen Vorschriften geprüft und bejaht. In den Entscheidungsgründen heißt es:


„... Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Zu Unrecht hat die Klägerin im Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht geltend gemacht, dass eine Umrechnung ihres Anspruchs im Übertragungszeitraum gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 119 EG-Vertrag bzw. nach Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG verstoße.


Die Klägerin übersieht, dass die Umrechnung ihres Urlaubsanspruchs allein darauf beruht, dass die Dauer des tariflichen Anspruchs von der im Tarifvertrag zugrunde gelegten Arbeitszeit abhängt (§ 48 Abs. 1 BAT-KF) und sich die Verteilung ihrer Arbeitszeit gegenüber ihrer bisherigen Arbeitszeit geändert hat. Diese Änderung beruht auf der von der Klägerin begehrten Neufestsetzung ihrer Arbeitszeit seit 1. Januar 1996. Die durch eine Änderung der Verteilung der Arbeitszeit bedingte Änderung der Zahl der Urlaubstage ist entgegen der Auffassung der Klägerin keineswegs auf Teilzeitarbeitsverhältnisse beschränkt, sondern in allen Arbeitsverhältnissen mit einer Arbeitszeit, deren Verteilung von der im Tarifvertrag genannten abweicht, möglich. Wird die Arbeitszeit auf mehr Arbeitstage einer Woche, als im Tarifvertrag vorgesehen, verteilt, erhöht sich entsprechend die Zahl der Urlaubstage.


Die Auffassung der Klägerin, ihr trotz Verringerung ihrer Arbeitstage den Urlaub zu gewähren, den nur ein Angestellter bei einer Verteilung seiner Arbeitszeit auf fünf Arbeitstage verlangen kann, bedeutet daher, dass sie eine Begünstigung für sich gegenüber solchen Arbeitnehmern begehrt. Daher ist die Auffassung der Klägerin schon im Ansatz nicht zutreffend. Für eine Benachteiligung, wie sie von der Klägerin behauptet wird, fehlt es im Übrigen an einem ausreichenden Tatsachenvortrag. Die Klägerin hat nämlich nicht dargelegt, in welchem Umfang nach ihrer Auffassung Teilzeitarbeitsverhältnisse von der Tarifregelung negativ betroffen sind und um welche Zahl von Teilzeitarbeitsverhältnissen weiblicher Angestellter es sich dabei im Unterschied zu männlichen Angestellten handelt. In der Revisionsinstanz hat die Klägerin ihr Vorbringen hierzu nicht wiederholt. ..."


b) Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 22.4.2010 - C-486/08 - Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols (kurz: „Tirol"-Entscheidung) ist auf diese Rechtsprechung des BAG nach überwiegender in der deutschen arbeitsrechtlichen Literatur vertretener Auffassung ohne Einfluss:


So führt Fieberg, Urlaubsanspruch bei Übergang in Teilzeit - Neues aus Luxemburg, NZA 2010, 925, 928, aus, für die Berechnung der Urlaubsdauer bei Änderung der Verteilung der Arbeitszeit ergäben sich aus der „Tirol"-Entscheidung des Gerichtshofs vom 22.4.2010 im deutschen Urlaubsrecht keine Auswirkungen. Dies gelte entgegen dem ersten, durch die unvollständige Wiedergabe des Sachverhalts im Entscheidungsabdruck begünstigten Anschein auch bei Übergang von Vollzeit- in Teilzeitbeschäftigung und auch insoweit, als ein vor der Änderung erworbener Urlaubsanspruch erst nach der Änderung erfüllt werde. Da die im deutschen Urlaubsrecht geltende Umrechnung den Urlaub nicht „reduziere", sei die Entscheidung hinsichtlich der Urlaubsdauer nicht einschlägig. Hingegen gesteht Fieberg der Entscheidung des Gerichtshofs Auswirkungen auf die Bemessung des Entgelts für den Urlaub zu, der nach einer Änderung der Arbeitszeit ohne Änderung der Zahl der wöchentlichen Arbeitstage zur Erfüllung des vor der Änderung entstandenen Urlaubsanspruchs nach der Änderung erteilt wird.


Powietzka und Christ, Urlaubsanspruch und Urlaubsentgelt bei Änderung der Arbeitszeit, Urlaub und EuGH - Zweiter Akt, NJW 2010, 3397, 3399, führen aus, durch die Rechtsprechung des BAG werde lediglich sichergestellt, dass dem Teilzeitbeschäftigten nach der Reduzierung der Arbeitszeit dieselbe Urlaubsdauer zur Verfügung stehe. Dies sei keine anteilige Kürzung des Urlaubs, sondern eine bloße Umrechnung. Zu dieser Umrechnung in Fällen der Reduzierung der wöchentlichen Arbeitstage habe sich der Gerichtshof der Europäischen Union in der „Tirol"-Entscheidung nicht geäußert. Er habe lediglich (zu Recht) eine Kürzung der Urlaubsansprüche für europarechtswidrig erklärt, nicht aber deren Umrechnung. Eine Aufrechterhaltung des bisherigen Urlaubsguthabens ohne Umrechnung erscheine sinnwidrig. Ein Teilzeitarbeitnehmer würde dann allein durch die Reduzierung der Arbeitszeit seine Urlaubsansprüche vermehren und gegebenenfalls sogar vervielfachen können. Dies verlange die Richtlinie zur Arbeitszeitgestaltung, die grundsätzlich nur den Mindestanspruch von vier arbeitsfreien Wochen sichere, offensichtlich nicht. Auch vor dem Hintergrund der Richtlinie würde dies somit eine ungerechtfertigte Besserstellung der Teilzeitarbeitnehmer darstellen. Etwas anderes lasse sich auch der Begründung des Urteils des Gerichtshofs nicht entnehmen. Soweit die Äußerungen des Gerichtshofs scheinbar in diese Richtung wiesen, sei dies allenfalls missverständlich formuliert worden.


Auch Rambach und Feldmann, Urlaub und Europa - eine unendliche Geschichte? Die neuen Anforderungen des EuGH bei Übergang von Vollzeit in Teilzeit und deren Auswirkungen auf das deutsche Urlaubsrecht, ZTR 2010, 561, untersuchen und verneinen die Frage, ob sich die deutsche Rechtsprechung ändern müsse für den Fall eines Übergangs in Teilzeit und Reduzierung der Wochenarbeitstage auf weniger als fünf.


Auch Junker, Auswirkungen der neueren EuGH-Rechtsprechung auf das deutsche Arbeitsrecht, NZA 2011, 950, vertritt die Auffassung, hinsichtlich der Urlaubsdauer habe das Urteil des Gerichtshofs keine Auswirkungen auf das deutsche Recht. Während das Bundesurlaubsgesetz und die auf ihm beruhenden tariflichen Urlaubsregelungen in Deutschland vom so genannten Tagesprinzip ausgingen, basiere die österreichische Regelung auf dem Stundenprinzip: Der Erholungsurlaub betrage bis zum vollendeten 45. Lebensjahr 200 Dienststunden und ab dem vollendeten 45. Lebensjahr 240 Dienststunden. Daher wirke sich - anders als in Deutschland - jede Veränderung der täglichen Arbeitszeit auf die Urlaubsdauer aus. Nach dem in Deutschland herrschenden Tagesprinzip sei es dagegen unerheblich, an wie viel Stunden eines Arbeitstags der Arbeitnehmer zu arbeiten habe; bleibe nach einer Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit die Zahl der Arbeitstage gleich, ändere sich auch an der Zahl von Urlaubstagen nichts. Das Urteil des Gerichtshofs könne in Deutschland jedoch Auswirkungen haben auf die Berechnung des Urlaubsentgelts: Es sei für den in Vollzeit erworbenen Urlaub auch dann nach der vollen Arbeitszeit zu berechnen, wenn der Urlaub erst in der Teilzeitphase angetreten werde.


Die Gegenauffassung vertritt Mittag, Arbeitszeitreduzierung und Urlaub, AiB 2011, 66. Er führt aus, die Entscheidung des Gerichtshofs bewirke, dass § 11 BUrlG wegen Europarechtswidrigkeit teilweise nicht mehr angewendet werden dürfe und die Rechtsprechung des BAG zur Anzahl der Urlaubstage bei Arbeitszeitreduzierung geändert werden müsse. Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit reduzierten und an weniger Wochentagen als zuvor arbeiteten, könnten jetzt einen längeren Urlaubszeitraum beanspruchen.


Die Gegenauffassung vertreten auch Dörner und dies bei Bearbeitung der Folgeauflage übernehmend Gallner im Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Auflage 2012, § 3 BUrlG Rn. 15 und § 7 BUrlG Rn. 60. Dort wird ausgeführt, beim Übergang von Vollzeitbeschäftigung zu Teilzeitbeschäftigung seien die Ansprüche für die entsprechenden Abschnitte gesondert zu berechnen. Ändere sich bei einem Arbeitnehmer am Jahresanfang der Umfang der wöchentlichen Arbeitspflicht, sei die Neuberechnung für den Umfang des Urlaubs nur für den Urlaub des laufenden Jahres vorzunehmen, nicht für den übertragenen Urlaub aus dem Vorjahr.


5. Entscheidungserheblichkeit der Auslegung des Unionsrechts


Die Vorlagefragen sind für den Rechtsstreit entscheidungserheblich, weil es nur noch von ihrer Beantwortung abhängt, ob der Klage stattzugeben ist. Sollte Unionsrecht den vorstehend unter 4. dargestellten nationalen Gepflogenheiten entgegenstehen, wäre der - im Übrigen dem Grunde und der Höhe nach unstreitige - Urlaubsanspruch der Klägerin aus den Jahren 2010 und 2011 von 29 Tagen nicht zu quotieren und ihr damit in der beantragten Höhe zuzusprechen.


Das C. wendet auch für Arbeitnehmer die für Beamte geltende Regelung des § 8 der Niedersächsischen Erholungsurlaubsverordnung an (Erlasse des MJ vom 30.11.2006 und vom 1.2.2007 - 2512 - 104.97; Nr. 26.1.3 der TdL-Durchführungshinweise zu den Abschnitten IV bis VI TV-L; Runderlass des MF vom 7.2.2001 - VD5 30 47 -). Diese Vorschrift bestimmt, dass der im Bezugszeitraum nicht genommene restliche Urlaub auch noch in den ersten neun Monaten des folgenden Urlaubsjahres (also bis zum 30.9. des Folgejahres) angetreten werden kann, besondere Bedingungen sind für die Übertragung nicht zu erfüllen. Der noch nicht verbrauchte Urlaubsanspruch der Klägerin für die Jahre 2010 und 2011 kann von dieser also noch bis zum 30.9.2012 angetreten werden. Bezogen auf die 12 Urlaubstage, die das beklagte Land der Klägerin nicht gewähren will, erfolgte die Geltendmachung durch Klageerhebung insofern - wie zwischen den Parteien auch nicht streitig ist - rechtzeitig. Auf die Frage, ob der Klägerin die Urlaubnahme bzw. ein dahingehender Antrag während der restlichen Tage des Jahres 2011 bzw. in den ersten drei Monaten des Jahres 2012 möglich gewesen wäre, kommt es vorliegend nicht an.


6. Gegenstand der Vorlagefrage


Gegenstand der Vorlagefrage ist, ob Unionsrecht - insbesondere § 4 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23 geänderten Fassung - den vorstehend unter 4. dargestellten nationalen Gepflogenheiten entgegensteht, nach welchen bei einer Änderung des Beschäftigungsausmaßes eines Arbeitnehmers unter Änderung der Zahl der wöchentlichen Arbeitstage das Ausmaß des noch nicht verbrauchten Anspruchs auf Erholungsurlaub, dessen Ausübung dem Arbeitnehmer im Bezugszeitraum nicht möglich war, in der Weise angepasst wird, dass der in Tagen ausgedrückte Urlaubsanspruch auf das neue Beschäftigungsausmaß umgerechnet wird.


a) Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts benachteiligt die Kürzung des noch nicht verbrauchten Anspruchs auf Erholungsurlaub im Falle des Wechsels von Vollzeit- in Teilzeitbeschäftigung den betreffenden Arbeitnehmer. Da die Kürzung die unmittelbare Folge des Wechsels in die Teilzeitarbeit ist, benachteiligt sie den Arbeitnehmer auch gerade wegen seiner Teilzeitbeschäftigung. Sie verstößt deshalb gegen § 4 Nr. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23 geänderten Fassung.


Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 22.4.2010 - C-486/08 - Tirol daran erinnert, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung der Anspruch jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union anzusehen ist, von dem nicht abgewichen werden darf und den die zuständigen nationalen Stellen nur in den in der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23.11.1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 307, S. 18) selbst ausdrücklich gezogenen Grenzen umsetzen dürfen. Er hat betont, dass dieser besonders bedeutsame Grundsatz des Sozialrechts der Union nicht restriktiv ausgelegt werden darf.


Der Gerichtshof hat weiter darauf hingewiesen, dass nach seiner Rechtsprechung zudem feststeht, dass mit dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bezweckt wird, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen, und dass diese Ruhezeit ihre Bedeutung, die sie im Hinblick auf die positive Wirkung des bezahlten Jahresurlaubs für die Sicherheit und die Gesundheit des Arbeitnehmers hat, nicht dadurch verliert, dass sie nicht im Bezugszeitraum, sondern zu einer späteren Zeit genommen wird (aaO Rn. 30 unter Verweis auf das Urteil vom 6.4.2006, Federatie Nederlandse Vakbeweging, C-124/05, Slg. 2006, I-3423, Rn. 30).


Der Gerichtshof hat weiter ausgeführt, dass nach seiner Auffassung aus dem Vorstehenden folgt, dass die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs zu einer späteren Zeit als dem Bezugszeitraum in keiner Beziehung zu der in dieser späteren Zeit vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitszeit steht, und dass folglich durch eine Verringerung der Arbeitszeit beim Übergang von einer Vollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung der Anspruch auf Jahresurlaub, den der Arbeitnehmer in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworben hat, nicht gemindert werden darf.


b) Das vorlegende Gericht teilt das durch den Gerichtshof der Europäischen Union in der vorbezeichneten Entscheidung dargestellte Verständnis des Unionsrechts. Die dargestellten nationalen Gepflogenheiten sind unionsrechtswidrig. Sie führen zu inkonsistenten Ergebnissen. Es leuchtete schon immer nicht ein, weshalb derjenige Arbeitnehmer, der aufgrund von Krankheit oder wegen entgegenstehender betrieblicher Belange seinen Urlaub nicht voll nehmen konnte, beim Wechsel von Voll- in Teilzeit unter Reduzierung der wöchentlichen Arbeitstage im Ergebnis weniger Urlaubstage erhielt als ein vergleichbarer Arbeitnehmer, der seinen Urlaub noch rechtzeitig vor dem Wechsel in die Teilzeit im Bezugszeitraum vollständig zu realisieren imstande war. Ebenso wenig war allerdings seit jeher verständlich, weshalb der von Teil- in Vollzeitbeschäftigung wechselnde Arbeitnehmer seinen noch nicht verbrauchten Urlaub anlässlich dessen aufgestockt erhielt und damit besser behandelt wurde als ein vergleichbarer Beschäftigter, der seinen Urlaub bereits im Bezugszeitraum vollständig genommen hatte.


c) Tatsächlich dürfte das von Teilen der deutschen Arbeitsrechtswissenschaft und -praxis gesehene Bedürfnis nach einer Quotierung des noch nicht verbrauchten Urlaubs auf ein unzutreffendes Verständnis des Begriffs „Urlaub" zurückzuführen sein. Am deutlichsten wird dies, wenn Powietzka und Christ die Befürchtung äußern, ein Teilzeitarbeitnehmer könne ansonsten allein durch die Reduzierung der Arbeitszeit seine Urlaubsansprüche „vermehren" und gegebenenfalls sogar „vervielfachen". Hierbei wird die Zeit des „Urlaubs" mit der Zeit der „betrieblichen Abwesenheit" verwechselt. Es ist sicher richtig, dass ein Arbeitnehmer, der zu Beginn eines Jahres noch restlichen Urlaub von 10 Tagen hat und von Vollzeit an fünf Wochentagen auf Teilzeit an zwei Wochentagen wechselt, diese 10 Urlaubstage, nimmt man keine Quotierung vor, dazu einsetzen kann, fünf Wochen lang nicht im Betrieb erscheinen zu müssen. Damit hat sich der Urlaubsanspruch aber nun nicht „vermehrt". Hätte der Arbeitnehmer seinen Urlaub bereits im Vorjahr genommen, so hätte der Arbeitgeber seine Arbeitsleistung an 10 Tagen nicht in Anspruch nehmen können. Nimmt der Arbeitnehmer den Urlaub nach dem Wechsel in die Teilzeit, ist er zwar fünf Wochen betriebsabwesend, „fehlt" seinem Arbeitgeber aber auch nicht an mehr als 10 Tagen. Stellt man sich vor, dass dieser Arbeitnehmer beispielsweise in Projektarbeit tätig ist, so bleibt es völlig gleich, ob er für diese Projektarbeit an 10 Tagen im alten oder im neuen Jahr nicht zur Verfügung steht. Im Ergebnis erhält der Arbeitgeber in beiden Fällen dieselbe Menge an Arbeitsleistung. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer, der seinen Resturlaub erst nach dem Wechsel in die Teilzeit nimmt, eine „gefühlt" längere Urlaubszeit hat, ist allein darauf zurückzuführen, dass er aufgrund des Wechsels in die Teilzeit ohnehin viel seltener im Betrieb erscheinen muss.


d) Auch das Argument, es werde keine Kürzung, sondern nur eine Umrechnung vorgenommen, denn der in Wochen ausgedrückte Urlaubsanspruch bleibe schließlich der Höhe nach gleich, vermag nicht zu überzeugen. Das wird aus folgenden Überlegungen ersichtlich:


Wenn ein Berechnungssystem den Urlaubsanspruch in Tagen oder in Stunden ausdrückt, muss für den im laufenden Jahr entstehenden Urlaubsanspruch bei Teilzeitbeschäftigten eine Quotierung vorgenommen werden. Hat der in einer Fünf-Tage-Woche Vollzeitbeschäftigte beispielsweise 30 Tage Urlaub zu erhalten, bekommt der nur an einem Tag in der Woche Teilzeitbeschäftigte 6 Tage Urlaub; stehen dem Vollzeitbeschäftigten 200 Stunden Urlaub im Jahr zu, erhält der halbzeitig Beschäftigte jährlich 100 Stunden Urlaub.


Dagegen ist ein solcher Rechenschritt bei einer Bemessung des Urlaubs in Wochen nicht erforderlich bzw. nicht vorzunehmen. Der an einem Tag pro Woche Beschäftigte erhält genauso sechs Wochen Urlaub wie der in Vollzeit Tätige.


Seinen Grund findet dieser Unterschied darin, dass der Verwendung der Maßeinheit „Woche" - im Gegensatz zur Maßeinheit „Tag" bzw. „Stunde" - bereits eine Quotierung immanent ist, weil die Woche beim Vollzeitarbeitnehmer fünf Tage, bei dem genannten Teilzeitbeschäftigten aber nur einen Tag hat. Eine Arbeitsstunde ist dagegen für den Vollzeit- und den Teilzeitbeschäftigten gleich lang. Ein Arbeitstag ist für einen mit einem Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten an einem Tag in der Woche Beschäftigten gleich lang wie für den Vollzeitbeschäftigten.


Da die Verwendung der Maßeinheit „Woche" also eine verdeckte Quotierung zum Nachteil des Teilzeitbeschäftigten beinhaltet, ist es zwar angemessen, sie bei der Berechnung des laufenden Urlaubsanspruchs zu verwenden, aber unzulässig, ihr auch bereits erworbene Urlaubsansprüche zu unterwerfen.


e) Die in der deutschen arbeitsrechtlichen Literatur vertretene Auffassung, infolge der „Tirol"-Entscheidung des Gerichtshofs ändere sich bei einem Wechsel von Voll- in Teilzeit zwar die Bemessung des Urlaubsentgelts bei Beschäftigten, die dies mittels Reduzierung der täglichen Arbeitszeit unter Beibehaltung der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage vollziehen, es ergäben sich daraus aber keine Konsequenzen für die bisherige Praxis der Quotierung der Urlaubstage bei Beschäftigten, die unter Beibehaltung ihrer täglichen Arbeitszeit die Anzahl ihrer wöchentlichen Arbeitstage reduzieren, ist nicht haltbar. Sie führt zu nicht auflösbaren Diskrepanzen. Im erstgenannten Fall wird damit die finanzielle Benachteiligung des Teilzeitarbeitnehmers vermieden, im letztgenannten tritt sie auf. Der Teilzeitarbeitnehmer, der unter Beibehaltung seiner täglichen Arbeitszeit seine wöchentlichen Arbeitstage reduziert, wird damit nicht bloß gegenüber einem vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten, sondern auch gegenüber seinem auf eine andere Art in die Teilzeit wechselnden Kollegen benachteiligt. In diesem Verhältnis mag dann zwar kein Verstoß gegen das unionsrechtliche Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten vorliegen, aber eine Verletzung des im nationalen Recht geltenden arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Diese Wertungswidersprüche werden noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass der Arbeitgeber gemäß § 106 S. 1 Gewerbeordnung das Recht besitzt, u. a. die Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. So kann der Arbeitgeber beispielsweise bei der Vereinbarung von Arbeit auf Abruf (§ 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz) frei (und grundsätzlich für jede Woche neu) entscheiden, ob er die Arbeitsleistung eines mit 15 Wochenstunden Beschäftigten an 5 Tagen zu je 3 Stunden oder an 3 Tagen zu je 5 Stunden in Anspruch nimmt. Die vorbezeichnete Auffassung besäße Schwierigkeiten, zu entscheiden und schlüssig darzulegen, nach welchen Kriterien die Neuberechnung von Urlaubsdauer und/oder Urlaubsentgelt beim Wechsel von Voll- in Teilzeit in solchen Fällen vorzunehmen sein soll.


f) Die Unzulässigkeit der Minderung bereits im vorangegangenen Bezugszeitraum erworbener Urlaubsansprüche beinhaltet bei zutreffender Betrachtung zwei Aspekte, die Urlaubsdauer und das Urlaubsentgelt. Wenn beim Wechsel von Voll- in Teilzeit durch Reduzierung der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage unter gleichzeitiger Beibehaltung der täglichen Arbeitszeit der bereits im vorangegangenen Bezugszeitraum erworbene Urlaubsanspruch quotiert wird, hat der Beschäftigte Einbußen sowohl bezüglich der Dauer des Urlaubs als auch hinsichtlich des Urlaubsentgelts zu beklagen. Wird die Quotierung unterlassen, steht dem betreffenden Arbeitnehmer ein Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub in der ursprünglichen Höhe zu, so dass in solchen Fällen bereits hierdurch die Diskriminierung des Teilzeitbeschäftigten vollständig unterbleibt.


Wechselt ein vollzeitig Beschäftigter hingegen mittels Reduzierung der täglichen Arbeitszeit unter Beibehaltung der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage in die Teilzeit, stellt der im Anschluss an die „Tirol"- Entscheidung des Gerichtshofs von Teilen der deutschen Literatur vertretene Ansatz, lediglich die Vergütung für den Urlaub noch auf Basis der Vollzeittätigkeit zu berechnen, nur eine teilweise Beseitigung der unionsrechtswidrigen Benachteiligung Teilzeitbeschäftigter dar. Der Urlaubsanspruch wird infolge der Reduzierung der täglichen Arbeitszeit gekürzt, der nunmehrige Teilzeitbeschäftigte kann ihn dann nur in diesem reduzierten Umfang zur Erholung nutzen. Um eine unionsrechtswidrige Benachteiligung dieser Teilzeitbeschäftigten zu vermeiden, muss ihr erworbener Urlaubsanspruch nach Auffassung des vorlegenden Gerichts zunächst in Stunden umgerechnet und dann auf der Basis der neuen täglichen Arbeitszeit in Tagen ausgedrückt werden. Wer beispielsweise durch Halbierung der täglichen Arbeitszeit in Teilzeit wechselt, dessen erworbener Urlaubsanspruch muss - in Tagen ausgedrückt - ab dem Zeitpunkt des Teilzeitarbeitsverhältnisses verdoppelt werden, um Unionsrechtskonformität herbeizuführen. Auf diesem Wege gestaltet sich auch die Zahlung des Urlaubsentgeltes in der angemessenen Höhe wesentlich nachvollziehbarer und ungezwungener, als wenn (nach der Literaturauffassung) für einen halben Urlaubstag das Urlaubsentgelt eines vollen Tages gezahlt werden muss.


g) Der Gerichtshof hat in einer für das vorlegende Gericht überzeugenden Weise herausgestellt, dass die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs zu einer späteren Zeit als dem Bezugszeitraum in keiner Beziehung zu der in dieser späteren Zeit vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitszeit steht. Das bedeutet dann aber auch, dass es keine Diskriminierung eines von Teil- auf Vollzeit wechselnden Arbeitnehmers darstellte, wenn nationale Regelungen oder Gepflogenheiten nicht die Erhöhung seines erworbenen Urlaubsanspruchs vorsehen würden. Wechselt beispielsweise ein mit 8 Wochenstunden an einem Tag in der Woche beschäftigter Arbeitnehmer auf eine 40-Stunden-Woche mit fünf Arbeitstagen und hat dieser zu Zeiten der Teilzeit einen Urlaubsanspruch von fünf Wochen erworben, der ihm noch nicht gewährt werden konnte, wird er im Sinne der einschlägigen unionsrechtlichen Vorschriften nicht wegen seiner Teilzeitarbeit diskriminiert, wenn dieser Anspruch anlässlich des Wechsels in die Vollzeit auf eine Woche umgerechnet wird. Fünf Wochen auf Basis der Teilzeit sind fünf Urlaubstage, eine Woche auf Basis der Vollzeittätigkeit sind fünf Urlaubstage. Es findet also keine Reduzierung des Urlaubsanspruchs statt. Das laufende Erholungsbedürfnis des nunmehrigen Vollzeitlers wird ausreichend dadurch berücksichtigt, dass er nach dem Wechsel entsprechend hohe neue Urlaubsansprüche erwirbt.


Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts sollte berücksichtigt werden, dass die bisherige Rechtsprechung des BAG zwar für die individuellen Fälle ungerechtfertigte Ergebnisse herbeiführte, dass diese Unbilligkeiten aber, weil sie sich teilweise in die eine, teils in die andere Richtung auswirkten, in ihrer Summe weder die Arbeitgeber- noch die Arbeitnehmerschaft benachteiligten. Sollte der Gerichtshof die Quotierung beim Wechsel von Voll- auf Teilzeit als unionsrechtswidrig ansehen und daher eine Änderung der nationalen Gepflogenheiten erforderlich werden, wird es nahe liegen, auf nationaler Ebene darüber nachzudenken, ob auch die bisherige Behandlung des Wechsels von Teil- in Vollzeit geändert wird, um zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerlager für eine insgesamt weiterhin ausgewogene Lösung der Problematik zu sorgen. In diesem Zusammenhang wäre nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ein obiter dictum des Gerichtshofs betreffend die unionsrechtliche Bewertung einer etwaigen geänderten Behandlung des von Teil- in Vollzeit wechselnden Arbeitnehmers im nationalen Recht geeignet, mögliche künftige Streitigkeiten zu vermeiden.


7. Erforderlichkeit einer Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union


Der Gerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom 31.3.1981 - C-96/80 - Jenkins deutlich gemacht, dass ein unterschiedliches Entgelt für Vollzeitarbeitnehmer und Teilzeitarbeitnehmer eine durch Artikel 119 EWG-Vertrag verbotene Diskriminierung darstellen kann, wenn es nämlich ein indirektes Mittel dafür ist, das Lohnniveau der Teilzeitarbeitnehmer aus dem Grund zu senken, weil diese Arbeitnehmergruppe ausschließlich oder überwiegend aus weiblichen Personen besteht, und dass Artikel 119 EWG-Vertrag auf eine solche Sachlage unmittelbar anwendbar ist. In seinem Urteil vom 27.6.1990 - C- 33/89 - Kowalska hat er auf Vorlage des Arbeitsgerichts Hamburg entschieden, dass Artikel 119 EWG-Vertrag dahin auszulegen ist, dass er der Anwendung einer Bestimmung eines Tarifvertrags für den nationalen öffentlichen Dienst entgegensteht, die es den Arbeitgebern gestattet, Teilzeitbeschäftigte von der Zahlung eines Übergangsgeldes beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auszunehmen, wenn sich herausstellt, dass prozentual erheblich weniger Männer als Frauen teilzeitbeschäftigt sind, es sei denn, der Arbeitgeber legt dar, dass diese Bestimmung durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben. Damit war hinreichend klargestellt, dass die ungünstigere Behandlung Teilzeitbeschäftigter unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Vertrag nicht vereinbar ist.


Das BAG hat - zeitlich diesen Entscheidungen des Gerichtshofs nachfolgend - in seinem Urteil vom 28.4.1998 - 9 AZR 314/97, BB 1998, 2583 - die Vereinbarkeit seiner Rechtsprechung mit dem Diskriminierungsverbot nach Artikel 119 EG-Vertrag geprüft. Es hat festgestellt, die Quotierung des bereits erworbenen Urlaubsanspruchs sei nicht europarechtswidrig. Eine nationale höchstrichterliche Prüfung der Problematik ist also bereits erfolgt, mit einem Ergebnis, das nach Auffassung des vorlegenden Gerichts mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht vereinbar ist. Aufgrund dieses Umstandes und vor dem Hintergrund der unter 4.) dargestellten Rezeption der Rechtsprechung des Gerichtshofs erscheint die Vorlage an den Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens trotz des Umstandes, dass der Gerichtshof sich nach Auffassung des vorlegenden Gerichts in der „Tirol"-Entscheidung bereits recht deutlich geäußert hat, geboten.

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