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Arbeitsrecht
08.04.2009
Arbeitsrecht
BAG: Pflicht zur Eingruppierung in tarifliche Vergütunordnung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 11.11.2008
Aktenzeichen: 1 ABR 68/07
Rechtsgebiete: BetrVG, TVG, ZPO, LGRTV
Vorschriften:

      BetrVG § 99 Abs. 1
      TVG § 3 Abs. 2
      ZPO § 256 Abs. 1
      ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
      LGRTV § 1 Nr. 3
      LGRTV § 2 Nr. 1 (II)
      LGRTV § 3 Nr. 5

Wendet der tarifgebundene Arbeitgeber auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung den einschlägigen Vergütungstarifvertrag an, kann er von dieser Regel nicht ohne Sachgrund hinsichtlich der nicht tarifgebundenen Angehörigen einer einzelnen Arbeitnehmergruppe abweichen.


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS

1 ABR 68/07

Verkündet am 11. November 2008

In dem Beschlussverfahren

hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Anhörung vom 11. November 2008 durch die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Schmidt, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft und Linsenmaier sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Zumpe und Hayen für Recht erkannt:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 10. Mai 2007 - 3 TaBV 93/06 - wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

Gründe:

A. Die Beteiligten streiten über die Pflicht zur Eingruppierung von sog. Werkstudenten.

Die Arbeitgeberin stellt Computer her. Sie ist Mitglied im Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie. Der Antragsteller ist der in ihrem Betrieb München gewählte Betriebsrat. Dieser Betrieb besteht aus der Verwaltung und sonstigen zentralen Bereichen. Die Arbeitgeberin wendet auf die Arbeitsverhältnisse der in ihren bayerischen Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten der bayerischen Metall- und Elektroindustrie an, soweit es sich nicht um außertarifliche Angestellte im Sinne des Tarifrechts handelt. Auf Grundlage des gemeinsamen Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrags vom 24. Mai 2002 (LGRTV) wird über die Eingruppierung der Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats entschieden. Dies gilt nicht für Werkstudenten, die als befristete Aushilfskräfte - unabhängig von Ausbildungszwecken - beschäftigt werden. Sie nimmt die Arbeitgeberin jedenfalls in ihrem Münchener Betrieb - anders als im Betrieb A, einem Produktionsbetrieb - von der Anwendung der Tarifverträge und einer Eingruppierung aus; ihre Vergütung wird frei vereinbart.

Der LGRTV enthält folgende Regelungen:

"§ 1 Geltungsbereich

Der Tarifvertrag gilt:

...

3. Persönlich: Für alle Arbeitnehmer, die unter den persönlichen Geltungsbereich der Manteltarifverträge für die bayerische Metall- und Elektroindustrie fallen, sowie für die gewerblich, kaufmännisch und technisch Auszubildenden.

§ 2 Eingruppierungsbestimmungen für gewerbliche Arbeitnehmer

1. (I) Die Arbeitnehmer sind entsprechend ihrer Tätigkeit in die Lohngruppen einzustufen.

(II) Für die Einstufung der Arbeitnehmer sind die §§ 99 ff. BetrVG zu beachten. Bestehen Zweifel über die Einstufung eines Arbeitnehmers in eine der nachstehenden Lohngruppen, so ist nach § 29 Abschn. C MTV-Arbeiter zu verfahren. ...

§ 3 Eingruppierungsbestimmungen für Angestellte

1. Die Höhe des Tarifgehalts richtet sich nach der in Betracht kommenden Gehaltsgruppe (siehe Anhang 1 - Gehaltsgruppeneinteilung) und der Gruppenzugehörigkeitsdauer. ...

...

3. (I) Für die Einreihung des Angestellten in eine Gehaltsgruppe ist seine Tätigkeit maßgebend, nicht aber Titel oder Bezeichnung.

...

5. Für die Einstufung der Angestellten sind die §§ 99 ff. BetrVG zu beachten."

Der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 1. Dezember 1973 in der Fassung vom 24. Mai 2002 (MTV gewerbliche Arbeitnehmer) enthält folgende Bestimmungen:

"§ 1 Geltungsbereich

Der Tarifvertrag gilt:

...

3. Persönlich: Für alle gewerblichen Arbeitnehmer einschließlich der Nichtmetallarbeiter sowie für die gewerblich Auszubildenden.

...

§ 29 Schlichtung von Streitigkeiten

...

C. Durchführungsstreitigkeiten

Streitigkeiten über die Durchführung tariflicher Regelungen im Betrieb sind in erster Linie durch Verhandlungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat zu regeln.

Ist eine Verständigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht möglich, so sind die beiderseitigen Vertreter der Tarifvertragsparteien (Organisationsvertreter) hinzuziehen. ..."

Der Manteltarifvertrag für die Angestellten der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 31. Oktober/2. November 1970 idF vom 24. Mai 2002 (MTV Angestellte) enthält folgende Vorschrift:

"§ 1 Geltungsbereich

Der Tarifvertrag gilt:

...

3. Persönlich:

(I) Für alle kaufmännischen und technischen Angestellten sowie Meister, soweit für sie die in der Gruppeneinteilung dieses Vertrages aufgeführten Tätigkeitsmerkmale zutreffen, ferner für die kaufmännisch und technisch Auszubildenden.

(II) Nicht als Angestellte i.S. dieses Vertrages gelten:

...

d) sonstige Angestellte, deren Gehalt auf außertariflicher Grundlage über den Rahmen des höchsten Tarifsatzes der Gruppe VII um 25 v.H. hinausgehend geregelt ist."

§ 18 Abschn. C des MTV Angestellte entspricht wörtlich den Regelungen in § 29 Abschn. A und C des MTV gewerbliche Arbeitnehmer.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin habe auch über die Eingruppierung der Werkstudenten eine Entscheidung zu treffen und zu ihr seine Zustimmung nach § 99 BetrVG einzuholen. Die einschlägigen Tarifverträge nähmen Werkstudenten von ihrem persönlichen Geltungsbereich nicht aus.

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, Werkstudenten, die außerhalb ihrer Ausbildungsordnung im Betrieb gegen Entgelt beschäftigt werden, nach dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer, für die Angestellten und die Auszubildenden der bayerischen Metall- und Elektroindustrie einzugruppieren, seine Zustimmung zu dieser Eingruppierung zu beantragen und im Verweigerungsfall diese Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen, soweit dieses Entgelt nicht auf außertariflicher Grundlage über den Rahmen des höchsten Tarifsatzes der für den Angestellten geltenden Gehaltsgruppe VII um 25 v. H. hinausgehend geregelt ist, solange diese Regelung im Betrieb angewendet wird und nicht ausdrücklich die Werkstudenten ausnimmt.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat gemeint, der Antrag sei unzulässig. Der Betriebsrat habe das vorgreifliche Verfahren nach § 29 Abschn. C des MTV gewerbliche Arbeitnehmer nicht eingehalten. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Werkstudenten würden als bloß befristet eingestellte Aushilfskräfte, die zudem wegen staatlicher oder familiärer Unterstützungsleistungen sozial weniger schützbedürftig seien, "von der tariflichen Eingruppierungssystematik" nicht erfasst. Sie seien keine Arbeitnehmer iSd. LGRTV. Zumindest sei sie nicht verpflichtet, über die Eingruppierung nicht tarifgebundener Werkstudenten zu entscheiden.

Die Vorinstanzen haben dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihr Begehren weiter, den Antrag abzuweisen.

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Die Arbeitgeberin hat auch über die Eingruppierung von Werkstudenten in eine der Vergütungsgruppen des LGRTV zu entscheiden und den Betriebsrat daran zu beteiligen. Werkstudenten werden vom persönlichen Geltungsbereich des im Betrieb geltenden LGRTV erfasst. Auf eine Tarifbindung der Werkstudenten kommt es für die Eingruppierung nicht an.

I. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig.

1. Der Antrag bedarf der Klarstellung. Entgegen seinem Wortlaut und dem Tenor des angefochtenen Beschlusses bezieht er sich nicht auf die Eingruppierung nach dem einschlägigen Lohn- und Gehaltstarifvertrag. Dem Betriebsrat geht es um die Eingruppierung in die Vergütungsordnung des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrags. Nur dieses Tarifwerk enthält Eingruppierungsbestimmungen sowie Lohn- und Gehaltsgruppenmerkmale.

2. Der Antrag erfüllt die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO. Er soll die Reichweite des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats aus § 99 Abs. 1 BetrVG klären. Der Umfang eines Mitbestimmungsrechts betrifft das Bestehen eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen den Betriebsparteien. Er kann Gegenstand eines Feststellungsbegehrens sein (BAG 20. Mai 2008 - 1 ABR 19/07 - Rn. 19, 20 mwN, EzA ArbGG 1979 § 81 Nr. 19).

Das erforderliche rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung ist gegeben. Die Arbeitgeberin reiht Werkstudenten nicht in die Vergütungsgruppen des LGRTV ein und stellt ein mögliches Beteiligungsrecht des Betriebsrats in Abrede. Da im Münchner Betrieb auch künftig Studenten eingestellt werden sollen, kann der Konflikt der Beteiligten jederzeit auftreten. Der Betriebsrat hat ein berechtigtes Interesse daran, dass sein Mitbestimmungsrecht unabhängig von einem konkreten Einzelfall und möglichen Leistungsansprüchen aus § 101 BetrVG gerichtlich festgestellt wird.

3. Der Antrag ist genügend bestimmt im Sinne des auch im Beschlussverfahren anzuwendenden § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Der Ausdruck "Werkstudent" hat eine ausreichend klare Bedeutung. Mit ihm sind Beschäftigte gemeint, die während der Dauer ihrer Beschäftigung im Betrieb zugleich an einer Hochschule als Studenten eingeschrieben sind. Sie werden "außerhalb ihrer Ausbildungsordnung" beschäftigt, wenn die konkret beabsichtigte Beschäftigung nicht eine in der Studienordnung vorgeschriebene praktische Ausbildung zum Ziel hat, sondern vorwiegend dem Entgelterwerb dient.

b) Der Antrag ist auch in zeitlicher Hinsicht hinreichend bestimmt. Es soll festgestellt werden, dass die Arbeitgeberin so lange zur Einreihung der Werkstudenten in den LGRTV verpflichtet ist, wie "diese Regelung im Betrieb angewendet wird und nicht ausdrücklich die Werkstudenten ausnimmt". Die zeitliche Schranke tritt einmal dann ein, wenn eine normative Bindung der Arbeitgeberin an den LGRTV iSv. § 3 Abs. 1, Abs. 3 TVG geendet hat und die Arbeitgeberin dessen Bestimmungen auf die Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern, die sie nach diesem Zeitpunkt einstellt, generell nicht mehr anwendet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie die im LGRTV normierten Entlohnungsgrundsätze auch nach Wegfall ihrer Tarifbindung weiter anzuwenden hätte, sondern allein darauf, ob sie dies faktisch weiterhin tut. Ist dies nicht mehr der Fall, endet die vom Antrag erfasste zukünftige Zeitspanne. Außerdem endet sie dann, wenn die Tarifvertragsparteien Werkstudenten vom persönlichen Geltungsbereich des LGRTV ausdrücklich ausnehmen.

4. Der Antrag ist entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin nicht deshalb unzulässig, weil der Betriebsrat zunächst einen außergerichtlichen Weg zur Konfliktlösung hätte beschreiten müssen. Zwar verweist § 2 Nr. 1 II LGRTV bei "Zweifeln über die Einstufung" eines gewerblichen Arbeitnehmers in eine der tariflichen Lohngruppen auf das Verfahren nach § 29 Abschn. C des MTV gewerbliche Arbeitnehmer. Für die Eingruppierung von Angestellten enthält § 3 LGRTV eine entsprechende Verweisung aber nicht. Da die Werkstudenten im Münchner Betrieb offensichtlich mit Angestelltentätigkeiten befasst sind, ist § 29 Abschn. C des MTV gewerbliche Arbeitnehmer schon deshalb unbeachtlich. Im Übrigen folgt aus dieser Bestimmung nicht die Unzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen. Ein möglicher Verstoß gegen § 29 Abschn. C des MTV gewerbliche Arbeitnehmer führt nicht dazu, dass der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten verschlossen wäre. Zum einen sieht die Vorschrift dies nicht vor. Zum anderen verstieße eine solche Regelung gegen § 101 ArbGG.

II. Der Antrag ist begründet. Die Arbeitgeberin hat Werkstudenten in eine der Vergütungsgruppen des LGRTV einzureihen und dazu die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen. Der Tarifvertrag erfasst auch Werkstudenten. Die Verpflichtung zur Einreihung folgt aus § 99 Abs. 1 BetrVG. Sie besteht unabhängig von einer möglichen Tarifbindung der Studenten.

1. Gilt in einem Betrieb eine Vergütungsordnung, hat der Arbeitgeber eine beurteilende Entscheidung darüber zu treffen, wo die Arbeitnehmer eingruppiert sind. Dazu hat er die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

a) Eine Vergütungsordnung ist ein kollektives, mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten, generell beschriebenen Merkmalen vorsieht (BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - zu B II 2 b cc (1) der Gründe mwN, BAGE 112, 238). Sie spiegelt die ihr zugrunde liegenden Vergütungsgrundsätze wider. Damit ist sie Ausdruck einer Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den jeweiligen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätze niederschlägt. Für die Maßgeblichkeit der Vergütungsordnung im Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt es nicht darauf an, weshalb sie im Betrieb Anwendung findet, ob aufgrund bestehender Tarifbindung, einer Betriebsvereinbarung, allgemein eingegangener vertraglicher Verpflichtungen oder einseitiger Praxis des Arbeitgebers (BAG 12. Dezember 2006 - 1 ABR 38/05 - Rn. 25 mwN, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 27 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 13).

b) Eingruppierung bedeutet die - erstmalige - Einreihung in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung (BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 2/05 - Rn. 15 mwN, BAGE 118, 141). Sie besteht in der Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer bestimmten Gruppe der Vergütungsordnung nach Maßgabe der dafür gültigen Kriterien (BAG 23. November 1993 - 1 ABR 34/93 - zu B II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 111 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 119). Sie ist keine ins Ermessen des Arbeitgebers gestellte, rechtsgestaltende Maßnahme, sondern Rechtsanwendung.

c) Gegenüber den Betriebsräten eines Unternehmens mit mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern ist der Arbeitgeber anlässlich einer Einstellung zur Vornahme dieses Rechtsanwendungsakts betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet. Dies folgt aus § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Danach hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat bei jeder Einstellung die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Da der Betriebsrat der Einstellung als solcher seine Zustimmung nicht deshalb verweigern kann, weil der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in die Vergütungsordnung nicht oder unzutreffend einreihen will, hat die Mitteilungspflicht den Zweck, dem Betriebsrat eine Stellungnahme zum Mitbestimmungstatbestand "Eingruppierung" zu ermöglichen. § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG setzt damit voraus, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat gegenüber zu einer Entscheidung über die Eingruppierung verpflichtet ist (BAG 23. November 1993 - 1 ABR 34/93 - zu B II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 111 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 119). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG besteht in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage. Es soll dazu beitragen, dass hinsichtlich der Eingruppierung möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt werden. Die Beteiligung des Betriebsrats dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsordnung und damit der Durchsetzung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und Transparenz der Vergütungspraxis (BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 2/05 - Rn. 25 mwN, BAGE 118, 141).

d) Zur Wahrung des Mitbestimmungsrechts hat der Arbeitgeber bei formal wirksamer Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat das gerichtliche Ersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben. Anders als bei der Einstellung oder Versetzung kann der Arbeitgeber auf eine Zustimmungsverweigerung nicht mit dem Verzicht auf die geplante Maßnahme reagieren. Der betreffende Arbeitnehmer ist eingestellt und wird tatsächlich vergütet. Der Betriebsrat kann deshalb verlangen, dass dies nach den Vorgaben der bestehenden Vergütungsordnung geschieht. Dazu bedarf es der gerichtlichen Entscheidung über die Berechtigung seiner Zustimmungsverweigerung (BAG 9. Februar 1993 - 1 ABR 51/92 - zu B II 3 a der Gründe, BAGE 72, 187; 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - zu B II 1 der Gründe mwN, BAGE 112, 238).

2. Der LGRTV gilt auch für Werkstudenten.

a) Nach § 1 Nr. 3 seiner Bestimmungen gilt der LGRTV für alle Arbeitnehmer, die unter den persönlichen Geltungsbereich der Manteltarifverträge für die bayerische Metall- und Elektroindustrie fallen. Die Manteltarifverträge wiederum erstrecken ihren persönlichen Geltungsbereich auf "alle gewerblichen Arbeitnehmer einschließlich der Nichtmetallarbeiter" - so § 1 Nr. 3 MTV gewerbliche Arbeitnehmer - bzw. "alle kaufmännischen und technischen Angestellten sowie Meister, soweit für sie die in der Gruppeneinteilung dieses Vertrages aufgeführten Tätigkeitsmerkmale zutreffen" - so § 1 Nr. 3 (I) MTV Angestellte. Die Tarifverträge legen damit ihren persönlichen Geltungsbereich nach Maßgabe des allgemeinen Arbeitnehmerbegriffs fest. Diesem zufolge ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener fremdbestimmter Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (st. Rspr., vgl. BAG 16. Februar 2000 - 5 AZB 71/99 - zu II 2 b aa der Gründe mwN, BAGE 93, 310).

b) Danach sind die von der Arbeitgeberin beschäftigten Werkstudenten Arbeitnehmer. Sie erbringen weisungsabhängige Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit. Davon ist auch ohne entsprechende Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auszugehen. Die Arbeitgeberin hat zu keiner Zeit vorgetragen, Werkstudenten arbeiteten weisungsfrei und in persönlicher Unabhängigkeit. Sie hat stattdessen gemeint, Werkstudenten würden wegen des Fehlens wirtschaftlicher und sozialer Schutzbedürftigkeit vom Geltungsbereich und der "Eingruppierungssystematik" des LGRTV nicht erfasst. Dies trifft nicht zu. Die Ansicht der Arbeitgeberin entbehrt der (tarif-)rechtlichen Grundlage. Die Tarifwerke der bayerischen Metall- und Elektroindustrie nehmen - abgesehen von den AT-Angestellten - keine Beschäftigtengruppe, die dem allgemeinen Arbeitnehmerbegriff unterfällt, von ihrem Geltungsbereich aus. Darauf, ob sie dies wirksam hätten tun können (vgl. dazu BAG 30. August 2000 - 4 AZR 563/99 - zu I 2 der Gründe, BAGE 95, 277), kommt es nicht an. Für den allgemeinen Begriff des Arbeitnehmers sind die von der Arbeitgeberin angeführten Aspekte unmaßgeblich.

3. Der LGRTV ist damit auch auf die Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Werkstudenten anzuwenden.

a) Das gilt zunächst für solche Studenten, die kraft Gewerkschaftszugehörigkeit wegen § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG normativ an den LGRTV gebunden sind. Da auch die Arbeitgeberin tarifgebunden ist, hat sie diesen gegenüber den LGRTV zu beachten. Sie muss eine Beurteilung über die zutreffende Eingruppierung in das tarifliche Vergütungsschema vornehmen und die Zustimmung des Betriebsrats zu dieser Beurteilung einholen.

b) Das gilt ebenso für nicht tarifgebundene Studenten. Auch ihnen gegenüber hat die Arbeitgeberin die im LGRTV zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze zu beachten und deshalb unter Beteiligung des Betriebsrats eine Beurteilung ihrer Eingruppierung vorzunehmen.

aa) Dies folgt nicht schon aus § 3 Abs. 2 TVG. Die in einer tariflichen Vergütungsordnung zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze sind keine Normen über betriebliche Fragen im Sinne dieser Vorschrift.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Betriebsnormen iSv. § 3 Abs. 2 TVG Bestimmungen über Gegenstände, die nur einheitlich geregelt werden können. Ihre Regelung im individuellen Arbeitsvertrag muss zwar nicht in einem logisch-strengen Sinne unmöglich sein, muss aber wegen "evident sachlogischer Unzweckmäßigkeit" ausscheiden, weil eine einheitliche Regelung auf betrieblicher Ebene unerlässlich ist (17. Juni 1997 - 1 ABR 3/97 - zu B 1 a der Gründe mwN, BAGE 86, 126). Betriebliche Fragen iSv. § 3 Abs. 2 TVG sind demnach solche, die unmittelbar die Organisation und Gestaltung des Betriebs betreffen. Betriebsnormen regeln das betriebliche Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Belegschaft als Kollektiv, nicht die Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgeber und einzelnen Arbeitnehmern, die von ihnen allenfalls mittelbar betroffen sind (17. Juni 1997 - 1 ABR 3/97 - aaO. mwN).

(2) Danach sind tarifliche Regelungen zur absoluten Entgelthöhe keine Rechtsnormen über betriebliche Fragen iSv. § 3 Abs. 2 TVG. Ebensowenig sind dies Regelungen über das ihnen zugrunde liegende abstrakte Vergütungsschema und sonstige Entlohnungsgrundsätze (BAG 23. November 1993 - 1 ABR 34/93 - zu B II 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 11 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 119). Zwar verlangt das Prinzip der Lohngerechtigkeit nach einer zumindest in einem bestimmten Umfang betriebseinheitlichen Anwendung der in einer abstrakten tariflichen Vergütungsordnung zum Ausdruck kommenden Grundsätze. Dies dient jedoch nicht der Vermeidung einer andernfalls drohenden "evident sachlogischen Unzweckmäßigkeit", sondern der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer. Dabei ist es nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass unterschiedliche Teile der Belegschaft nach unterschiedlichen Grundsätzen vergütet werden (BAG 18. November 2003 - 1 AZR 604/02 - zu I 3 b dd (1) der Gründe, BAGE 108, 299).

bb) Diese Verpflichtung der Arbeitgeberin folgt aus einem von ihr selbst im Betrieb praktizierten Entlohnungsgrundsatz. Die Arbeitgeberin wendet den LGRTV, soweit sie seinen persönlichen Geltungsbereich als eröffnet ansieht, unterschiedslos sowohl auf tarifgebundene als auch auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer an.

(1) Dass die Arbeitgeberin in dieser Weise verfährt, hat das Landesarbeitsgericht festgestellt und hat sie selbst in der Rechtsbeschwerdebegründung ausdrücklich bestätigt. Die Arbeitgeberin schließt mit sämtlichen Arbeitnehmern, die nicht AT-Angestellte und nicht Werkstudenten sind, unabhängig von deren Tarifbindung Arbeitsverträge, die auf die Tarifverträge der bayerischen Metallund Elektroindustrie Bezug nehmen. Auf Werkstudenten hat sie den LGRTV nur deshalb nicht angewendet, weil sie unzutreffend davon ausging, diese würden von dessen persönlichen Geltungsbereich nicht erfasst. Damit gilt im Betrieb für alle Gruppen von Beschäftigten der Grundsatz, dass hinsichtlich der Vergütung nicht nach Bestehen oder Fehlen von Tarifbindung unterschieden wird.

(2) Diese Regel verpflichtet die Arbeitgeberin, den LGRTV auch auf nicht tarifgebundene Werkstudenten anzuwenden. Da sich der persönliche Geltungsbereich des LGRTV auf Werkstudenten erstreckt, richtet sich das Arbeitsverhältnis tarifgebundener Studenten nach den tariflichen Regelungen. Die selbst gesetzte Regel verlangt deren Anwendung auch auf die Arbeitsverhältnisse nicht tarifgebundener Studenten. An die gegenüber allen anderen nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern praktizierte Regel ist die Arbeitgeberin nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz auch gegenüber nicht tarifgebundenen Werkstudenten gebunden.


Für die Amtliche Sammlung: ja
Verfahrensgang: LAG München, 3 TaBV 93/06 vom 10.05.2007
ArbG München, 19a BV 349/05 vom 19.07.2006

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