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Arbeitsrecht
20.01.2022
Arbeitsrecht
LAG Nürnberg: Organisation des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes – Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats

LAG Nürnberg, Beschluss vom 10.9.2021 – 4 TaBV 29/19

Volltext: BB-Online BBL2022-179-4

Orientierungssatz

Die betriebsübergreifende Übertragung von Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes auf bestimmte Arbeitnehmergruppen und zentrale Abteilungen führt nicht zu einer originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats.

Sachverhalt

I.

Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht betreffend die Schaffung einer Organisation zur Planung und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes.

Die Beteiligte zu 2) ist ein Unternehmen der Versicherungsbranche, das in seiner Zentrale in C… ca. 5.000 Mitarbeiter beschäftigt. Weitere rund 3.500 Beschäftigte sind in 38 Betrieben tätig, die in fünf Direktionsbereiche (Nord, Mitte, Süd, Süd-West und West) aufgeteilt sind. Für diese Außenstellen sind in ihrem jeweiligen Direktionsbereich fünf Direktionsbeauftragte Vertrieb verantwortlich. Von den Außenstellen organisatorisch getrennt sind acht dezentrale Kundenbetreuungsstandorte, für die jeweils ein Bereichsleiter Kundenbetreuung verantwortlich ist. Den Kundenbetreuungsstandorten H…, A… und F… sind Betriebsteile aus anderen Betrieben zugeordnet, sogenannte Satelliten. In 35 Betrieben besteht ein örtlicher Betriebsrat. Der Beteiligte zu 1) ist der bei der Beteiligten zu 2) eingerichtete Gesamtbetriebsrat.

Die Beteiligte zu 2) ließ dem Beteiligten zu 1) eine Übersicht „Organisation des betrieblichen Arbeitsschutz“ vom 20.01.2015 (vgl. Bl. 12 ff. d.A.) zukommen. Nach dieser Übersicht beauftragte die Beteiligte zu 2) die Direktionsbeauftragten Vertrieb sowie die Bereichsleiter Kundenbetreuung unter Bezugnahme auf § 13 Abs. 2 ArbSchG mit der Wahrnehmung von Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes einschließlich der Kontrolle deren ordnungsgemäßer Durchführung. In der Übersicht vom 20.01.2015 wird ein Auszug aus dem Beauftragungsschreiben an die Direktionsbeauftragten Vertrieb sowie die Bereichsleiter Kundenbetreuung gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG wie folgt wiedergegeben (vgl. Bl. 17 f. d.A.):

„Die Beauftragten haben Sorge zu tragen, dass

 die für den Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen (z.B. GFB, Unterweisung) abgeschlossen und umgesetzt werden,

 die jährlichen sicherheitstechnischen Begehungen durchgeführt werden,

 die ASA - Sitzungen regelmäßig stattfinden,

 notwendige Arbeitsschutzmittel zur Verfügung gestellt, regelmäßig auf Funktionsfähigkeit überprüft und diese entsprechend den Weisungen von den Mitarbeitern verwendet werden,

 bei festgestellten Mängeln entsprechende Informationen und mögliche Maßnahmen zu deren Beseitigung unverzüglich an die im Unternehmen zuständigen Stelle gegeben werden und deren Umsetzung nachgehalten wird,

 Beschäftigungsbeschränkungen (Behinderte, Jugendliche, werdende Mütter) eingehalten werden,

 eine wirksame Erste Hilfe sichergestellt wird, Ersthelfer bestellt sind und für eine regelmäßige Aus- und Fortbildung der Ersthelfer gesorgt wird,

 Brandschutzhelfer und Sicherheitsbeauftragte in der gesetzlich vorgeschriebenen Anzahl bestellt sind und für deren regelmäßige Aus- und Fortbildung gesorgt wird,

 im Rahmen des Arbeitsschutzes verbindliche Weisungen gegenüber dem/der ihm/ihr unterstellten Mitarbeitern zu erteilen,

 im Rahmen des Arbeitsschutzes verbindliche Weisungen gegenüber Mitarbeitern aus anderen Bereichen erteilt werden, sofern gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen wird,

 notwendige Anschaffungen (z.B. Schutzausrüstung) bis zu einem Wert von Betrag 7.500 € je Vorgang getätigt werden. Sofern Anschaffungen über die o.g. Summe hinaus notwendig sind, ist unverzüglich der zuständige Vorstand zu informieren, der dann die entsprechende Entscheidung zu treffen hat.“

Der in der Übersicht vom 20.01.2015 enthaltenen Darstellung „Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes für dezentrale Standorte“ ist zu entnehmen, dass die Direktionsbeauftragten Vertrieb und die Bereichsleiter Kundenbetreuung Einzelaufgaben des Gesundheitsschutzes an Führungskräfte delegieren können sowie damit beauftragt sind, die Ersthelfer, Brandschutzhelfer, Evakuierungshelfer, Sicherheitsbeauftragten, Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen. Die Direktionsbeauftragten Vertrieb und Bereichsleiter Kundenbetreuung sind „Leiter des Betriebs“ im Sinne des ASiG. Der Abteilung Betriebsorganisation oblag nach der Übersicht vom 20.01.2015 unter anderem die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung, die Schulung der Unterweiser sowie die Koordination gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse, der Personalabteilung unter anderem die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie das Gesundheitsmanagement.

Ein durch den Beteiligten zu 1) am 22.09.2017 eingeleitetes Verfahren mit dem Ziel der Einsetzung einer Einigungsstelle zur Regelung einer geeigneten Organisation des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gemäß § 3 Abs. 2 ArbSchG mit näher benannten Regelungsgegenständen, z.B. einer unternehmensbezogenen Aufbauorganisation des betriebsübergreifenden Arbeits- und Gesundheitsschutzes oder überbetrieblicher ablauforganisatorischer Prozesse, wies das Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg - mit Beschluss vom 20.10.2017, Az. 3 BV 12/17, zurück (vgl. Bl. 56 ff. d.A.). Es begründete diesen Beschluss damit, dass die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei, da ein Mitbestimmungsrecht aufgrund der offensichtlichen Unzuständigkeit des antragstellenden Gesamtbetriebsrats nicht in Betracht komme. Die hiergegen eingelegte Beschwerde nahm der Beteiligte zu 1) im Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg, Az. 2 TaBV 58/17, am 10.01.2018 zurück (vgl. Bl. 66 f. d.A.).

Mit am 08.11.2018 beim Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg - eingegangener Antragsschrift vom 07.11.2018 hat der Beteiligte zu 1) unter Berücksichtigung der Fassung der Anträge aus dem Schriftsatz vom 29.03.2019 die Feststellung seines Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. § 3 Abs. 2 ArbSchG bei der Beauftragung der Direktionsbeauftragten Vertrieb mit Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gemäß Organisationsbeschreibung vom 20.01.2015, bei der Beauftragung der Bereichsleiter Kundenbetreuung mit Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gemäß Organisationsbeschreibung vom 20.01.2015, bei der Beauftragung der Abteilung Betriebsorganisation mit der Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen, der Schulung der Untersucher und der Unterweiser sowie der Koordination gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse für sämtliche Betriebe der Beteiligten zu 2) sowie bei der Beauftragung der Personalabteilung mit den Aufgaben der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements und des Gesundheitsmanagements in sämtlichen Betrieben der Beteiligten zu 2), begehrt.

Der Beteiligte zu 1) hat die Auffassung vertreten, die Beteiligte zu 2) habe mit der Übertragung von Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes auf die Arbeitnehmergruppen der Direktionsbeauftragten Vertrieb und der Bereichsleiter Kundenbetreuung eine Aufbau- und Ablauforganisation zum betriebsübergreifenden Gesundheitsschutz geschaffen. Soweit die Beteiligte zu 2) die Organisationsentscheidung getroffen habe, die Abteilung Betriebsorganisation mit bestimmten Aufgaben des Arbeitsschutzes für sämtliche Betriebe zu beauftragen, bestehe die vorgenommene Strukturierung des Unternehmens darin, dass auf betrieblicher Ebene keine Entscheidungsbefugnisse im Arbeits- und Gesundheitsschutz beständen. Auch die Personalabteilung nehme insoweit betriebsübergreifende Aufgaben wahr. Sämtliche von der Beteiligten zu 2) getroffenen unternehmensweit einheitlichen Entscheidungen entsprächen ihrer zentralen Organisationsstruktur und seien deshalb geeignete Organisationsentscheidungen im Sinne des § 3 Abs. 2 ArbSchG, womit eine gesetzliche Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 BetrVG in Frage komme. Jedenfalls spreche § 3 Abs. 2 ArbSchG keine Verpflichtung des Arbeitgebers aus, die zu schaffende Aufbau- und Ablauforganisation in den etwa 40 Einzelbetrieben zu organisieren. Es gebe keine zwingende Zuständigkeitsregelung im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, wonach stets der örtliche Betriebsrat zuständig sein müsse. Für die örtlichen Betriebsräte seien betriebsbezogene Regelungen subjektiv unmöglich. Es sei nur schwer denkbar, dass ein Unternehmen 38 Arbeitsschutzorganisationen vorhalte. Zudem besäßen die Betriebsleiter bei Fragen des Arbeitsschutzes wie beispielsweise der Beschaffung von Arbeitsmitteln keine Fach- und Entscheidungskompetenzen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass Arbeitsmittel im Unternehmen zentral beschafft würden und die Frage deren ergonomischer Gestaltung bzw. die Organisation entsprechender Ablaufprozesse zentral erfolgen müsse. Durch die betriebsübergreifende Organisation des Arbeits- und Gesundheitsschutzes werde auch dessen Effektivität erheblich gestärkt. Aus den Ergebnissen der betrieblichen Gefährdungsbeurteilungen könnten sich Handlungsbedarfe für andere dezentrale Standorte ergeben. Zudem sei der Arbeitsschutz untrennbarer Bestandteil der Führungsaufgabe, so dass sich organisatorische Vorkehrungen an den Unternehmensstrukturen und maßgeblichen Entscheidungsträgern orientieren müssten. Die originäre Zuständigkeit des Beteiligten zu 1) ergebe sich mithin daraus, dass die vorgenommenen Aufgabenübertragungen sämtliche Betriebe der Beteiligten zu 2) beträfen. Personen und funktionale Einheiten seien mit Gesundheitsschutzaufgaben auch für die dezentralen Einheiten betraut worden, für deren Organisation ausschließlich der Beteiligte zu 1) zuständig sei. Die Organisationsentscheidung entspreche der gesetzlichen Vorgabe einer geeigneten Organisation, die auf die Art der Tätigkeit und die Anzahl der Beschäftigten in den dezentralen Standorten betriebsübergreifend angelegt sei. An dieser überbetrieblichen Organisationsentscheidung müsse sich auch die Ausübung von Mitbestimmungsrechten orientieren, so dass eine betriebliche Regelung ausscheide.

Der Antragsteller hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1.

festzustellen, dass die Beauftragung der 5 Direktionsbeauftragten Vertrieb mit Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gem. Organisationsbeschreibung des betrieblichen Arbeitsschutzes vom 20.01.2015 der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ArbSchG unterliegt;

2.

weiterhin festzustellen, dass die Beauftragung der 8 Bereichsleiter für die 8 Kundenbetreuungscenter mit Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gem. Organisationsbeschreibung des betrieblichen Arbeitsschutzes vom 20.01.2015 der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ArbSchG unterliegt.

3.

festzustellen, dass die Beauftragung der Abteilung Betriebsorganisation (BO) mit der Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen, der Schulung der Untersucher und der Unterweiser sowie der Koordination gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse, für sämtliche Betriebe der Beteiligten zu 2. der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ArbSchG unterliegt;

4.

festzustellen, dass die Beauftragung der Personalabteilung mit den Aufgaben der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements und des Gesundheitsmanagements in sämtlichen Betrieben der Beteiligten zu 2. der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrates gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ArbSchG unterliegt.

Die Beteiligte zu 2) hat erstinstanzlich beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2) hat die Anträge bereits für unzulässig gehalten. Dies folge aus der entgegenstehenden materiellen Rechtskraft, nachdem das Arbeitsgericht im Verfahren 3 BV 12/17 entschieden habe, dass hinsichtlich der Regelung einer Organisation des Gesundheitsschutzes nach § 3 Abs. 2 ArbSchG i.V.m. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht komme. Die Anträge seien darüber hinaus zu weit gefasst und damit nicht hinreichend bestimmt.

Die Anträge seien nach Auffassung der Beteiligten zu 2) zudem unbegründet. Die sich aus § 3 Abs. 2 ArbSchG ergebenden Regelungsbereiche würden sich dem Wortlaut nach auf die in § 3 Abs. 1 ArbSchG genannten Maßnahmen beziehen, welche ihrerseits zumindest konkrete Gefährdungen im Betrieb voraussetzen. Es gehe aufgrund der jeweils unterschiedlichen Räumlichkeiten zwangsläufig um die konkreten betrieblichen Verhältnisse vor Ort und damit um die Zuständigkeit der örtlichen Betriebsräte. Wenn die Arbeitgeberseite diese Aufgaben durch eine unternehmensbezogene Aufbauorganisation in Form von Stabsstellen wahrnehme, ändere dies nichts an der zwingenden Zuständigkeitsverteilung. Weder Zweckmäßigkeitserwägungen noch der Wunsch nach einer unternehmenseinheitlichen Regelung oder ein etwaiges Koordinierungsinteresse des Arbeitgebers könnten ein zwingendes Bedürfnis für eine betriebsübergreifende Regelung begründen. Es komme nicht auf die zentrale Wahrnehmung von Aufgaben auf Arbeitgeberseite an, da dann der Betriebsrat fast nie zuständig wäre. Entscheidend sei ausschließlich, dass der Betriebsrat im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse im Betrieb der alleinige Ansprechpartner sei. Die Beteiligte zu 2) habe mit den örtlichen Betriebsräten zu den Themen betriebliches Eingliederungsmanagement, Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung, Sicherheitsfachkraft, Betriebsarzt, Ersthelfer, etc. jeweils örtliche Regelungen getroffen. Bis auf den Standort D… seien an allen Standorten Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt worden. Die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes sei somit für jeden Standort auf Betriebsebene umfassend und unter Einbindung des örtlichen Betriebsrats durch Betriebsvereinbarungen geregelt worden. Verantwortlich für die Erfüllung der sich aus dem Arbeitsschutzgesetz ergebenden Verpflichtungen seien neben dem Arbeitgeber die jeweiligen Geschäftsstellenleiter sowie die jeweiligen Leiter der Schadenaußenstellen bzw. Kundenbetreuungscenter. Die Beteiligte zu 2) habe die Direktionsbeauftragten Vertrieb sowie die Bereichsleiter Kundenbetreuung unter Bezugnahme auf § 13 Abs. 2 ArbSchG mit der Kontrolle der ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben des Arbeitsschutzes beauftragt. Durch diese Einzelmaßnahmen seien sowohl haftungsrechtliche Sachverhalte klar geregelt als auch einem standortübergreifenden Koordinierungsinteresse Rechnung getragen. Diese überbetrieblich erfolgende Koordinierung und Überwachung führe jedoch nicht zu einer Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates, da der betriebliche Arbeitsschutz im jeweiligen Betrieb umgesetzt werde.

Das Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg - hat mit Beschluss vom 04.06.2019 wie folgt entschieden:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Das Arbeitsgericht hat ein Rechtsschutzinteresse für die gestellten Anträge bejaht. Die auf die offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle gestützte zurückweisende Entscheidung im Verfahren 3 BV 12/17 habe lediglich dazu geführt, dass der Beteiligte zu 1) von dem durch ihn in Anspruch genommenen Mitbestimmungsrecht so lange keinen Gebrauch machen könne, bis die Frage des Bestehens dieses Mitbestimmungsrechts verbindlich zu seinen Gunsten entschieden sei. Ein Feststellungsinteresse für die gestellten Anträge bestehe, nachdem die Beteiligte zu 2) das von dem Beteiligten zu 1) begehrte Mitbestimmungsrecht in Abrede stelle. Die gestellten Anträge seien auch hinreichend bestimmt. Der Beteiligte zu 1) nehme für sich ein Mitbestimmungsrecht bei der Beauftragung der Direktionsbeauftragten Vertrieb sowie der Bereichsleiter Kundenbetreuung gemäß der Übersicht vom 20.01.2015 in Anspruch, sodass unter Berücksichtigung deren Inhalts klar sei, für die Beauftragung mit welchen Aufgaben er sein Mitbestimmungsrecht feststellen lassen möchte. Zudem gehe er von einer entsprechenden tatsächlichen Beauftragung der Abteilung Betriebsorganisation und der Personalabteilung mit den in den Anträgen benannten Aufgaben für sämtliche Betriebe der Beteiligten zu 2) aus.

In der Sache hat das Arbeitsgericht seine Entscheidung damit begründet, dass ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1) gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. § 3 Abs. 2 ArbSchG bei der von der Beteiligten zu 2) entsprechend der Übersicht vom 20.01.2015 und unter Bezugnahme auf § 13 Abs. 2 ArbSchG vorgenommenen Beauftragung der Direktionsbeauftragten Vertrieb sowie der Bereichsleiter Kundenbetreuung nicht bestehe. Es bedürfe keiner Entscheidung darüber, ob diese Beauftragung insgesamt oder in einzelnen Aufgaben eine an sich ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG auslösende Schaffung einer Aufbau- und Ablauforganisation zum Arbeitsschutz im Sinne des § 3 Abs. 2 ArbSchG darstelle. Ein solches Mitbestimmungsrecht könnte jedenfalls nicht der Beteiligte zu 1) für sich in Anspruch nehmen, dieses stünde vielmehr dem jeweiligen örtlichen Betriebsrat zu. Die mit der Beauftragung übertragenen Aufgaben könnten sämtlich bezogen auf jeden einzelnen Betrieb geregelt werden. Ein zwingendes Erfordernis betriebsübergreifender Regelungen ergebe sich aus der Beschreibung vom 20.01.2015 nicht. Die danach erfolgende Beauftragung als solche stelle ebenfalls keine betriebsübergreifende Regelung dar, die nicht mit den jeweiligen örtlichen Betriebsräten vereinbart werden könnte. Die Betriebsbezogenheit der Beauftragung ergebe sich auch daraus, dass die genannten Arbeitnehmergruppen „Leiter des Betriebs“ im Sinne des ASiG seien. Der Umstand, dass die Anzahl der Direktionsbeauftragten Vertrieb nicht der Anzahl der von diesen zu betreuenden Betrieben entspreche, mache die Beauftragung ebenfalls nicht zu einer betriebsübergreifenden Regelung. Im Ergebnis seien diese lediglich für mehrere einzelne Betriebe beauftragt worden. Sofern und soweit die Beauftragung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG auslösen würde, wäre die Beauftragung für den jeweiligen Betrieb mit dem örtlichen Betriebsrat zu vereinbaren. Gleiches gelte für die Beauftragung der Abteilung Betriebsorganisation und der Personalabteilung mit den genannten Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes für sämtliche Betriebe der Beteiligten zu 2). Dies seien allesamt keine Angelegenheiten, die nicht durch die einzelnen Betriebsräte geregelt werden könnten, denen die entsprechenden Mitbestimmungsrechte zuständen, selbst wenn die Arbeitsplätze nach betriebsübergreifenden Standards eingerichtet seien.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - vom 04.06.2019 ist den anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 30.09.2019 zugestellt worden. Die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) haben gegen diesen Beschluss mit Schriftsatz vom 28.10.2019, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag, Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 27.12.2019, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag, begründet. Die Frist zur Beschwerdebegründung war auf Antrag vom 28.10.2019 bis zum 30.12.2019 verlängert worden.

Mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 23.03.2021 sind die 35 örtlichen Betriebsräte als Beteiligte zu 3) bis 37) am Verfahren beteiligt worden (vgl. Bl. 166 ff. d.A.).

In der Beschwerdebegründung wiederholen und vertiefen die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) überwiegend ihre bereits erstinstanzlich vorgebrachten Argumente. Die Beteiligte zu 2) habe mit den in den Anträgen bezeichneten organisatorischen Maßnahmen eine Organisationsentscheidung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz getroffen. Das Arbeitsgericht habe diese Organisationsentscheidung in keiner Weise rechtlich bewertet und nicht geklärt, ob die zur Feststellung gestellten Rechtsfragen überhaupt einem Mitbestimmungsrecht unterlägen. Es habe verkannt, dass die Organisationspflicht des Arbeitgebers gemäß § 3 Abs. 2 ArbSchG lediglich den Anforderungen entsprechen müsse, dass er unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten für eine geeignete Organisation zu sorgen habe. Die Organisationspflicht beziehe sich auf das gesamte Unternehmen, weshalb von einer unternehmenseinheitlichen Organisation auszugehen sei. Dieser Verpflichtung werde der Arbeitgeber gerecht, wenn die von ihm gewählte Organisation auch betriebsübergreifend sämtliche Anforderungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in den betrieblichen Bereichen abdecke. Nachdem mit der Beauftragung der genannten Personen gemäß der Beschreibung vom 20.01.2015 die unternehmensweite und betriebsübergreifende Sicherstellung der Kontrolle der Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Arbeitsschutzgesetz beabsichtigt sei, sei das Gesamtunternehmen betroffen. Diese Überwachung der Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften erfolge unabhängig von den örtlichen Verhältnissen der Betriebe, es seien unternehmensweit einheitliche Sicherheitsstandards festgelegt worden. Nachdem sich die Beteiligte zu 2) dazu entschieden habe, diesen Verpflichtungen auf überbetrieblicher Ebene nachzukommen, um damit eine höchstmögliche Effizienz und auch Transparenz des betrieblichen Arbeitsschutzes zu erreichen, müsse der Beteiligte zu 1) beteiligt werden. Das zwingende Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung bestehe darin, dass der Arbeitgeber die Erfüllung der normativen Verpflichtungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes nur durch eine betriebsübergreifende Aufbau- und Ablauforganisation sicherstellen könne.

Auch im Zusammenhang mit der Beauftragung der Abteilung Betriebsorganisation mit der Durchführung der in der Beschreibung vom 20.10.2015 aufgeführten Aufgaben für sämtliche Betriebe gelte, dass die Effizienz und Transparenz des betrieblichen Arbeitsschutzes eine betriebsübergreifende Einheitlichkeit erfordere. Wenn die Beteiligte zu 2) sich so organisiere, dass sie Untersucher für Gefährdungsbeurteilungen gemäß § 5 ArbSchG bestimme und Unterweiser gemäß § 12 ArbSchG bereithalte, sei dies eine Frage der betriebsübergreifenden Organisation und unterliege der Mitbestimmung des Beteiligten zu 1). Es sei dadurch nicht vorweggenommen worden, welche Verfahren und Methoden für eine Gefährdungsbeurteilung oder welche Inhalte im Rahmen von Unterweisungen vermittelt werden sollen. Den örtlichen Betriebsrat beschränke es im Rahmen seiner Mitbestimmung nicht, zu regeln, welche Anforderungen ein Untersucher oder Unterweiser erfüllen müsse. Auch die Koordination gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse greife nicht in etwaige Mitbestimmungsrechte der örtlichen Betriebsräte ein. Dies seien allgemeine Regeln, die keinen Betriebsbezug besäßen. Die örtlichen Betriebsräte seien weiterhin frei in ihrer Entscheidung, welche Prüf- und Gestaltungskriterien im Rahmen einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen anzuwenden seien. Dies ändere nichts daran, dass die Beteiligte zu 2) im Rahmen ihrer Organisationspflichten gemäß § 3 Abs. 2 ArbSchG verpflichtet sei, derartige Kriterien im Rahmen ihrer Aufbauorganisation vorzuhalten. Die Beauftragung der zentralen Personalabteilung mit den Aufgaben der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements und des Gesundheitsmanagements für sämtliche Betriebe gemäß der Beschreibung vom 20.01.2015 sei eine im Rahmen der betriebsübergreifenden Organisationsentscheidung gemäß § 3 Abs. 2 ArbSchG getroffene mitbestimmungsfreie Zuständigkeitsentscheidung, da hiermit keine inhaltlichen Vorgaben verknüpft seien. Die Arbeitgeberseite habe sich lediglich dafür entschieden, sich auf einer betriebsübergreifenden Ebene zu organisieren, um auf diese Weise unternehmensweit einen einheitlichen Organisationshintergrund zu schaffen. Dies ändere nichts daran, dass die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements von den örtlichen Betriebsräten betriebsbezogen geregelt werden könne.

Der Beteiligte zu 1) und Beschwerdeführer beantragt im Beschwerdeverfahren, unter Aufhebung des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Bamberg vom 04.06.2019, Az. 3 BV 20/18,

1.

festzustellen, dass die Beauftragung der 5 Direktionsbeauftragen Vertrieb mit Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gem. Organisationsbeschreibung des betrieblichen Arbeitsschutzes vom 20.01.2015 der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ArbSchG unterliegt;

2.

weiterhin festzustellen, dass die Beauftragung der 8 Bereichsleiter für die 8 Kundenbetreuungscenter mit Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gem. Organisationsbeschreibung des betrieblichen Arbeitsschutzes vom 20.01.2015 der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ArbSchG unterliegt;

3.

festzustellen, dass die Beauftragung der Abteilung Betriebsorganisation (BO) mit der Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen, der Schulung der Untersucher und der Unterweiser sowie der Koordination gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse, für sämtliche Betriebe der Beteiligten zu 2. der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ArbSchG unterliegt;

4.

festzustellen, dass die Beauftragung der Personalabteilung mit den Aufgaben der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements und des Gesundheitsmanagements in sämtlichen Betrieben der Beteiligten zu 2. der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ArbSchG unterliegt.

Die Beteiligte zu 2) und Beschwerdegegnerin sowie die Beteiligten zu 9) und 14) beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2) führt aus, dass die Beschwerdebegründung nicht dem Umstand Rechnung trage, dass nach dem BetrVG stets danach zu unterscheiden sei, welches betriebsverfassungsrechtliche Organ für eine etwaige mitbestimmungspflichtige Regelung zuständig sei und ob diesem Organ ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt worden sei. Unabhängig davon werde übersehen, dass im Bereich des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG grundsätzlich der örtliche Betriebsrat zuständig sei. Es gehe stets um die Umstände des Einzelfalls am jeweiligen Arbeitsplatz des konkreten Betriebs. Lediglich in den Fällen technischer Notwendigkeit, etwa der unternehmenseinheitlichen Einführung eines computergesteuerten Berichtssystems, komme eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats in Betracht. Die in dem Beauftragungsschreiben für die Direktionsbeauftragten Vertrieb und die Bereichsleiter Kundenbetreuung beschriebenen Aufgaben würden zwar auch unternehmenseinheitliche Standards beinhalten. Dies ändere aber nichts daran, dass diese Aufgaben im jeweiligen Betrieb unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse wahrgenommen werden müssten, was an der Formulierung einzelner Aufgaben deutlich werde. Diese allgemeinen Aufgaben hätten nichts mit der Regelung eines zwingenden Erfordernisses für eine betriebsübergreifende Regelung zu tun. Sie würden allenfalls auf Zweckmäßigkeitserwägungen und/oder einem allgemeinen Koordinierungsinteresse des Arbeitgebers beruhen. Unternehmenseinheitliche Standards würden nicht zur Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats aufgrund des Erfordernisses einer zwingenden betriebsübergreifenden Regelung führen. Es verbleibe vielmehr bei der Zuständigkeit des jeweiligen örtlichen Betriebsrats.

Diese Erwägungen würden erst recht für die Beauftragung der Abteilung Betriebsorganisation und der Personalabteilung mit den in der Übersicht vom 20.01.2015 genannten Aufgaben gelten. Unabhängig von der Frage, ob hierdurch ein Mitbestimmungsrecht ausgelöst werde, gehe es ersichtlich um Angelegenheiten des örtlichen Betriebsrats. Das Vorhandensein zentraler Abteilungen für die Durchführung der genannten Aufgaben auf Seiten des Arbeitgebers habe nichts mit der Frage zu tun, welches betriebsverfassungsrechtliche Organ als Ansprechpartner zuständig sei. Dies sei allein der örtliche Betriebsrat, der in seinem Betrieb aufgrund der dortigen Verhältnisse die aus seiner Sicht notwendigen Regelungen beurteilen könne und müsse. Betriebliche Besonderheiten könnten speziellere Regelungen erforderlich machen, um den Verhältnissen vor Ort und den Interessen der dort tätigen Mitarbeiter Rechnung zu tragen. Anderenfalls könnte der Arbeitgeber durch die Schaffung einer entsprechenden Organisation die Zuständigkeit des betriebsverfassungsrechtlichen Ansprechpartners bestimmen.

Die Beteiligten zu 9) und zu 14) teilen die Rechtsauffassung der Beteiligten zu 2). Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. § 3 Abs. 2 ArbSchG obliege den örtlichen Betriebsräten. Das BetrVG gehe von einer Primärzuständigkeit der Einzelbetriebsräte aus, diese würden durch ihre räumliche und sachliche Nähe über die notwendige Expertise verfügen, etwaige Arbeitsschutzmaßnahmen umfassend beurteilen und initiieren zu können. Der Zuständigkeitsbereich des Gesamtbetriebsrats sei höchst restriktiver Natur und nach dem Subsidiaritätsprinzip abgegrenzt. Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz würden nicht in dessen originären Zuständigkeitsbereich fallen. Insoweit sei Dreh- und Angelpunkt des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG, die sich auf den konkreten Betrieb beziehe, womit schon keine Überbetrieblichkeit gegeben sei. Zum zwingenden Erfordernis der Notwendigkeit einer unternehmenseinheitlichen oder zumindest betriebsübergreifenden Regelung führe der Beteiligte zu 1) bereits nichts aus, dies sei auch nicht gegeben. Wenn er versuche, seine originäre Zuständigkeit daraus abzuleiten, dass die Beteiligte zu 2) eine überbetriebliche Kontrollfunktion institutionalisiert habe, reiche dies hierfür nicht aus. Eine einheitliche betriebsübergreifende Regelung wäre mit Blick auf die individuellen Besonderheiten der Betriebe auch nicht zweckdienlich im Sinne der Zielsetzung und Zweckrichtung des individuell zu beurteilenden Arbeitsschutzes. Dieser könne nicht an einem Betrieb vorgenommen werden und analog auf alle Betriebe umgelegt werden, da die Betriebe hinsichtlich der Organisation vor Ort und ihrer jeweiligen Räumlichkeiten keinem einheitlichen Schema unterlägen. Ein etwaiges Koordinationsinteresse könne eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ebenfalls nicht begründen. Wenn eine überörtliche Koordination durch den Arbeitgeber eine zuständigkeitsbegründende Folge herbeiführen würde, könnte dieser durch strategisch geschickte Interaktion die betriebsverfassungsrechtlichen Zuständigkeiten beliebig verlagern.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung des Sachverhalts in den Gründen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung, die Niederschrift über die Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht sowie die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Aus den Gründen

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

a. Die Beschwerde ist statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 87 Abs. 1 und Abs. 2, 89 Abs. 1 und Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG.

b. Die Anträge genügen dem Bestimmtheitserfordernis gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Nach Auffassung der Beschwerdekammer sind diese dahingehend auszulegen, dass festgestellt werden soll, dass die von der Beteiligten zu 2) vorgenommene Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes gemäß der Übersicht vom 20.01.2015, auf die ausdrücklich in den Anträgen zu Ziffern 1. bis 4. verwiesen wird, der Mitbestimmung des Beteiligten zu 1) unterliegt. Ausweislich der Beschwerdebegründung geht es dem Beteiligten zu 1) ersichtlich nicht um ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Durchführung der einzelnen darin genannten Maßnahmen, sondern hinsichtlich der Beauftragung bestimmter Arbeitnehmergruppen und zentraler Abteilungen. Dementsprechend sind die Anträge zu Ziffern 1. bis 4. hinreichend bestimmt.

c. Die Anträge zu Ziffern 1. bis 4. sind auf die Feststellung eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Beteiligten zu 1) hinsichtlich eines bestimmten Regelungsgegenstands ist ein Rechtsverhältnis, das einer gerichtlichen Feststellung zugänglich ist. Für die begehrte Feststellung besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse, da zwischen den Beteiligten das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts hinsichtlich der in den Anträgen zu Ziffern 1. bis 4. bezeichneten Angelegenheit im Streit steht.

d. Die Beteiligten zu 3) bis 37) waren neben dem antragstellenden Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 2) am Beschlussverfahren zu beteiligen. Die Beteiligung nach § 83 Abs. 3 ArbGG richtet sich danach, ob ein anderes Gremium oder eine andere Person durch die Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist (vgl. BAG v. 28.03.2006, Az. 1 ABR 59/04). Die vom Beteiligten zu 1) begehrte Feststellung betrifft auch die Rechtsposition der örtlichen Betriebsräte, da diesen ein Mitbestimmungsrecht in der streitigen Angelegenheit zustehen kann. Diese waren deshalb, auch wenn sie eine eigene Zuständigkeit nicht ausdrücklich für sich in Anspruch genommen haben, am Verfahren zu beteiligen.

2. Die Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Beteiligten zu 1) hinsichtlich den in den Anträgen zu 1. bis 4. genannten Beauftragungen bestimmter Arbeitnehmergruppen bzw. zentraler Abteilungen kein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. § 3 Abs. 2 ArbSchG zusteht. Die Beschwerdekammer folgt insoweit den sorgfältigen Gründen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann (§ 69 Abs. 2 ArbGG entsprechend). Folgendes ist hinzuzufügen:

a. Der Aufbau einer Organisationsstruktur im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG unterliegt der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.

aa. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat bei betrieblichen Regelungen über den Arbeits- und Gesundheitsschutz mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber diese auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen hat und ihm bei der Gestaltung Handlungsspielräume verbleiben. Eine näher ausgestaltbare Rahmenvorschrift liegt vor, wenn die gesetzliche Regelung Maßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes erfordert, diese aber nicht selbst im Einzelnen beschreibt, sondern dem Arbeitgeber lediglich ein zu erreichendes Schutzziel vorgibt. Das Mitbestimmungsrecht setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und wegen des Fehlens einer zwingenden Vorgabe eine abstrakt-generelle betriebliche Regelung notwendig macht, in der Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam festlegen, auf welche Weise das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes erreicht werden soll. Dadurch soll im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer eine möglichst effiziente Umsetzung des gesetzlichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Betrieb erreicht werden (vgl. BAG v. 28.03.2017, Az. 1 ABR 25/15; BAG v. 18.03.2014, Az. 1 ABR 73/12; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmeier, BetrVG, 30. Aufl. 2020, § 87 BetrVG, Rdnr. 257; m.w.N.).

bb. Bei der Übertragung von Aufgaben auf Mitarbeiter oder Dritte im Zusammenhang mit Angelegenheiten des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ist mitbestimmungsrechtlich danach zu unterscheiden, ob der Arbeitgeber lediglich eine Einzelmaßnahme oder eine abstrakt-generelle Organisationsentscheidung trifft. Erschöpft sich die Maßnahme des Arbeitgebers in der Übertragung einzelner Aufgaben auf Dritte nach § 13 Abs. 2 ArbSchG liegt typischerweise eine Einzelmaßnahme vor, die nicht der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG unterliegt. In diesem Fall ist eine betriebliche Regelung, in der Arbeitgeber und Betriebsrat festlegen, in welcher Weise das vorgegebene Ziel des Arbeitsschutzes erreicht werden soll, nicht erforderlich (vgl. BAG v. 18.03.2014, a.a.O.; BAG v. 18.08.2009, Az. 1 ABR 43/08; m.w.N.).

Hiervon abzugrenzen ist die Schaffung einer Aufbau- und Ablauforganisation zum Arbeits- und Gesundheitsschutz nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG. Danach hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten zur Planung und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Die Verpflichtung des Arbeitgebers aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG, neben verantwortlichen Personen gemäß § 13 ArbSchG für eine geeignete Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes, seine Integration in die betriebliche Aufbau- und Ablauforganisation und die Mitwirkung der Beschäftigten zu sorgen, dient der effizienten und effektiven Planung und Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes und schafft damit eine wesentliche Grundlage zur organisationsbezogenen Verwirklichung der Grundpflichten nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG. Mit dieser Organisation sollen die sich aus dem Arbeitsschutzgesetz ergebenden Aufgaben auf Mitarbeiter, insbesondere Führungskräfte, verteilt werden. Demgegenüber regelt § 13 ArbSchG die Umsetzung und Durchführung dieser Organisationsregelungen im konkreten Einzelfall. Die Zuweisung von Aufgaben an einzelne Führungskräfte ist in diesem Fall lediglich ein - nicht der Mitbestimmung unterliegender - Teil dieser Organisationsmaßnahme (vgl. BAG v. 18.03.2014, a.a.O.; BAG v. 18.08.2009, a.a.O.; Kohte in Kollmer/Klindt/Schucht, Arb SchG, 3. Aufl. 2016, § 3 ArbSchG, Rdnr. 47; Pieper, ArbSchR, 6. Aufl. 2016, § 13 ArbSchG, Rdnr. 15; vgl. Blume/Faber in HK-ArbSchR, 2. Aufl. 2017, § 3 ArbSchG, Rdnr. 49).

cc. Eine derartige Organisationsmaßnahme unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Sie betrifft Gestaltungsentscheidungen über die betriebliche Arbeitsteilung im Arbeitsschutz und die grundlegenden Anforderungen an die Übernahme von Arbeitsschutzpflichten. Die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG ist gewissermaßen der „Prototyp“ einer allgemein gehaltenen Rahmenvorschrift. Es handelt sich um eine generell-abstrakte Regelung des Arbeitsschutzes, die nicht nur die Übertragung einzelner Aufgaben des Arbeitsschutzes auf bestimmte Personen, sondern den Aufbau einer für die Erreichung der Ziele des ArbSchG geeigneten Organisationsstruktur vorsieht. Sie gibt dem Arbeitgeber kein bestimmtes, verallgemeinerungsfähiges Organisationsmodell vor. Die aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG folgende Pflicht des Arbeitgebers, für eine geeignete Organisation zu sorgen, setzt vielmehr einen Rahmen für die Entwicklung einer an den betrieblichen Gegebenheiten ausgerichteten Organisation und enthält damit von den Betriebsparteien auszufüllende Regelungsspielräume (vgl. BAG v. 18.03.2014, a.a.O.; Kohte in Kollmer/Klindt/Schucht, a.a.O., § 3 ArbSchG, Rdnr. 80; m.w.N.).

b. Zugunsten des Beteiligten zu 1) kann im zu entscheidenden Fall das Vorliegen einer Organisation nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG aufgrund der auf bestimmte Arbeitnehmergruppen und zentralen Abteilungen übertragenen Aufgaben des Arbeitsschutzes gemäß der Übersicht vom 20.01.2015 unterstellt werden. Ein etwaiges in diesem Zusammenhang bestehendes Mitbestimmungsrecht steht jedoch den örtlichen Betriebsräten und nicht dem Beteiligten zu 1) zu.

aa. Die Beschwerdekammer folgt hierzu der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1) muss nicht abschließend geklärt werden, ob es sich bei der Beauftragung um eine Organisation im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG handelt. Die Beteiligte zu 2) hat jedenfalls die Beauftragung der Direktionsbeauftragten Vertrieb und der Bereichsleiter Kundenbetreuung entsprechend der Übersicht vom 20.01.2015 nach § 13 Abs. 2 ArbSchG vorgenommen. Wie bereits ausgeführt, verlangt § 13 Abs. 2 ArbSchG nicht, wie nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG erforderlich, eine betriebliche Regelung, in der Arbeitgeber und Betriebsrat abstrakt-generell festlegen, in welcher Weise das vorgegebene Schutzziel erreicht werden soll. Vielmehr handelt es sich bei der Übertragung von Aufgaben auf Dritte insoweit typischerweise um Einzelmaßnahmen, für die kein Mitbestimmungsrecht besteht. Mit der Beauftragung handelt der Arbeitgeber im Rahmen seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit (vgl. BAG v. 18.03.2014, a.a.O.; BAG v. 18.08.2009, a.a.O.; Pieper, a.a.O., § 13 ArbSchG, Rdnr. 15; Steffek in Kollmer/Klindt/Schucht, a.a.O., § 13 ArbSchG, Rdnr. 62 a; m.w.N.).

bb. In Unternehmen mit mehreren Betrieben sind im Bereich des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG regelmäßig die Einzelbetriebsräte für die Regelung der davon erfassten Angelegenheiten zuständig. Dem Gesamtbetriebsrat ist nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur die Behandlung von Angelegenheiten zugewiesen, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Erforderlich ist, dass es sich zum einen um eine mehrere Betriebe betreffende Angelegenheit handelt und zum anderen objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht. Das Vorliegen eines zwingenden Erfordernisses bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des Mitbestimmungstatbestands, der einer zu regelnden Angelegenheit zugrunde liegt. Das zwingende Erfordernis kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Unternehmens und der einzelnen Betriebe. Allein der Wunsch des Arbeitgebers nach einer unternehmenseinheitlichen oder betriebsübergreifenden Regelung, ein Kosten- oder Koordinierungsinteresse sowie reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen nicht, um in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zustimmung des Gesamtbetriebsrats zu begründen. Der Arbeitgeber kann in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht dadurch herbeiführen, dass er eine betriebsübergreifende Regelung verlangt. Ebenso wenig können Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat die Zuständigkeit der einzelnen Betriebsräte abbedingen. Die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung ist in Angelegenheiten, die in vollem Umfang der Mitbestimmung unterliegen, zwingend (vgl. BAG v. 18.07.2017, Az. 1 ABR 59/15; BAG v. 17.03.2015, Az. 1 ABR 48/13; BAG v. 14.11.2006, Az. 1 ABR 4/06; BAG v. 16.06.1998, Az. 1 ABR 68/97; m.w.N.).

cc. Die Schaffung einer Organisation gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG gehört nicht zur originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats im Sinne des § 50 Abs. 1 BetrVG. Es besteht kein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende oder unternehmenseinheitliche Regelung. Sofern mit der Übertragung von Aufgaben auf bestimmte Arbeitnehmergruppen oder zentrale Abteilungen entsprechend der Übersicht vom 20.01.2015 eine Organisation im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG vorliegen würde, handelt es sich nicht um eine Angelegenheit, die nicht auch für die einzelnen Betriebe unter Beteiligung der örtlichen Betriebsräte geregelt hätte werden können.

(1) Dies ergibt sich aus der Systematik des Arbeitsschutzgesetzes. Unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten hat der Arbeitgeber zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG für eine geeignete Organisation gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG zu sorgen. § 3 Abs. 1 Satz 1 Satz 1 ArbSchG legt für den Arbeitgeber in Form einer Generalklausel die umfassende und präventive Handlungspflicht fest, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen (vgl. Pieper, a.a.O., § 3 ArbSchG, Rdnr. 1 a; Kohte in Kollmer/Klindt/Schucht, a.a.O., § 3 ArbSchG, Rdnr. 15). Ausgangspunkt für den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, die er nach dieser Generalklausel zu treffen hat, ist damit immer die Feststellung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen konkreten Gefährdungen. Auch die nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG zu schaffende Organisation ist maßgeblich vom konkreten Ausmaß der jeweils bestehenden Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie von der Betriebsgröße abhängig (vgl. BAG v. 18.03.2014, a.a.O.; m.w.N.). Die Feststellung dieser konkreten Gefährdungen obliegt der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Abs. 1 ArbSchG. Erst nach deren Durchführung steht fest, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes angemessen, geeignet und erforderlich sind. Die Grundpflicht des § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG, auf die die Organisationspflicht des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG aufbaut, hängt daher von den konkreten Feststellungen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Abs. 1 ArbSchG ab, womit rechtssystematisch ein Zusammenhang zwischen diesen Vorschriften besteht. Dies ergibt sich auch aus der jeweiligen Verwendung der Begriffe „Maßnahmen des Arbeitsschutzes“ und „erforderlich“ (vgl. Kohte in Kollmer/Klindt/Schucht, a.a.O., § 3 ArbSchG, Rdnr. 26 f.; Blume/Faber in HK-ArbSchR, a.a.O., § 3 ArbSchG, Rdnr. 2).

(2) Die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung obliegt nach dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 1 ArbSchG zwingend dem Mitbestimmungsrecht des örtlichen Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Dies gilt selbst dann, wenn Arbeitsplätze nach einheitlichem Standard eingerichtet sind. Daraus folgt nicht, dass auch die Analyse möglicher Gesundheitsgefährdungen am einzelnen Arbeitsplatz notwendig nach unternehmensweit einheitlichen Standards oder Methoden erfolgen müsste. Vielmehr sind mögliche Gefährdungen zu einem Großteil von örtlichen Gegebenheiten des einzelnen Betriebs abhängig. Diese verlangen typischerweise nach einer betriebsbezogenen Gestaltung der Gefährdungsbeurteilungen (vgl. BAG v. 08.06.2004, Az. 1 ABR 4/03).

Hieraus ergibt sich auch für die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Schaffung einer Aufbau- und Ablauforganisation nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG ein konkreter örtlicher Bezug unter Berücksichtigung der jeweiligen betrieblichen Gegebenheiten und deren spezifischen Gefährdungen. Der aus § 5 Abs. 1 ArbSchG resultierende Umfang der erforderlichen Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 ArbSchG richtet sich nach der Art der konkreten Tätigkeiten, d.h. der mit diesen Tätigkeiten verbundenen, branchen- oder gewerkespezifischen Arbeitsbedingungen und insbesondere dem Ausmaß der damit verbundenen Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer. Ein weiteres Kriterium ist die Zahl der Beschäftigten, d.h. die Unterscheidung nach der Betriebsgröße. Verbunden mit der Art sowie dem Grad der Gefährdungen sind je nach Betriebsgröße die für eine geeignete Organisation erforderlichen spezifischen Maßnahmen zu treffen. Es ist vor diesem Hintergrund eine betriebliche Verhaltensordnung zu schaffen, durch die eindeutig und widerspruchsfrei geregelt wird, wie die Arbeit im Zusammenhang mit der Erfüllung der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten verteilt werden soll und welche Befugnisse, insbesondere Weisungsbefugnisse, mit der Aufgabenübertragung verbunden sein sollen. Gegenstand der Organisationspflicht nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG sind die erforderlichen Regelungen über die Ausgestaltung der betrieblichen Arbeitsteilung (vgl. Pieper, a.a.O., § 3 ArbSchG, Rdnrn. 6 f.; Kohte in Kollmer/Klindt/Schucht, a.a.O., § 3 ArbSchG, Rdnr. 49; Blume/Faber in HK-ArbSchR, a.a.O., § 3 ArbSchG Rdnr. 49; m.w.N.). Die Organisationspflicht bezieht sich damit auf die für den jeweiligen Betrieb mit dem örtlichen Betriebsrat vorgenommene Gefährdungsbeurteilung. In Konsequenz unterliegt damit auch die Verpflichtung zum Aufbau einer spezifischen Organisationsstruktur gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG der Mitbestimmung des örtlichen Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.

(3) Sofern in der vorliegenden Beauftragung bestimmter Arbeitnehmergruppen bzw. zentraler Abteilungen durch die Beteiligte zu 2) mit Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes eine Organisation im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG zu sehen wäre, besteht objektiv kein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung und damit kein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1). Der Gesamtbetriebsrat ist nur zuständig, wenn die Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes eine überbetriebliche Angelegenheit betreffen und diese durch die einzelnen Betriebsräte nicht geregelt werden können. Es ist nicht erkennbar, dass eine derartige Organisation nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG nicht auch für jeden einzelnen Betrieb unter Mitwirkung der örtlichen Betriebsräte geregelt werden könnte. Insbesondere kann eine Beauftragung der genannten Arbeitnehmergruppen und zentralen Abteilungen für jeden Betrieb gesondert erfolgen. Der tatsächliche Mehraufwand, der insoweit dahinter stehen würde, führt unter Zweckmäßigkeitserwägungen nicht zu einer Zuständigkeit des Beteiligten zu 1). Eine zwingende technische Notwendigkeit zu einer betriebsübergreifenden Regelung, die unter anderem dann gegeben sein kann, wenn im Wege der elektronischen Datenverarbeitung in mehreren Betrieben Daten erhoben und verarbeitet werden, die auch zu Weiterverwendung in anderen Betrieben bestimmt sind (vgl. BAG v. 14.11.2006, a.a.O.; m.w.N.), liegt nicht vor. Es liegt auch keine betriebliche Regelungsunmöglichkeit vor. Eine Fallgestaltung, wie der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.06.1998 zugrundeliegend (vgl. BAG v. 16.06.1998, a.a.O.), bei der es um die Festlegung von unternehmensweit einheitlichen Sicherheitsstandards für Arbeitsplätze für Montagearbeiten außerhalb der jeweiligen Einzelbetriebe gegangen ist, ist nicht gegeben. Vorliegend handelt es sich nicht um derartige Arbeitsplätze.

(4) Allein dadurch, dass die Beteiligte zu 2) die Beauftragung der Arbeitnehmergruppen bzw. zentralen Abteilungen unternehmensweit für jeweils mehrere bzw. alle Betriebe vorgenommen hat, kann im Umkehrschluss nicht auf ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1) hinsichtlich eines zwingenden Erfordernisses einer betriebsübergreifenden Regelung geschlossen werden. Wie bereits ausgeführt, kann der Arbeitgeber die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats im Bereich der zwingenden Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 BetrVG nicht dadurch begründen, dass er eine betriebsübergreifende Regelung verlangt. Dies bedeutet in Konsequenz, dass mit der Schaffung einer betriebsübergreifenden Regelung keine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats begründet wird. Etwaige Zweckmäßigkeits-, Effizienz- oder Transparenzgesichtspunkte bzw. Synergieeffekte haben aufgrund der subsidiären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats unberücksichtigt zu bleiben. Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG steht vielmehr den örtlichen Betriebsräten zu. Wenn nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG die Verpflichtung besteht, eine geeignete Organisationsstruktur zu schaffen, führt dies nicht zwingend zur Verpflichtung im Hinblick auf eine betriebsübergreifende oder unternehmenseinheitliche Organisation. Die Verpflichtung zur Schaffung einer derartigen Organisation ergibt sich vor allem nicht aus der gesetzlichen Regelung und widerspricht der Gesetzessystematik. Die Verpflichtung zur Schaffung einer geeigneten Organisation nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG besteht vielmehr betriebsbezogen und ist gegebenenfalls mit den örtlichen Betriebsräten zu regeln.

c. Nach alldem bestehen die geltend gemachten Ansprüche des Beteiligten zu 1) nicht, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.

3. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein gesetzlich begründeter Anlass.

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