Sächsisches LAG: Nachlässigkeiten – Abmahnung – Verhältnismäßigkeit
Sächsisches LAG, Urteil vom 7.4.2022 – 9 Sa 250/21
Volltext: BB-Online BBL2022-1523-5
Leitsätze
1. Auch Abmahnungen im Arbeitsverhältnis unterliegen mit Blick auf das Übermaßverbot einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (wie BAG, Urteil vom 7. November 1979 - 5 AZR 962/77, juris). Der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein im Urteil vom 29.11.2005 (Az. 2 Sa 350/05, juris) lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen.
2. Eine Abmahnung ist aber nicht grundsätzlich deshalb unverhältnismäßig, weil nur ein leichter Pflichtverstoß vorliegt und zuvor keine einschlägige Ermahnung oder Rüge als milderes Mittel erteilt wurde.
Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung.
Die zum Kündigungszeitpunkt 51 Jahre alte, 3 Kindern zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist seit dem 01.03.2016 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern zuletzt in Teilzeit mit 30 Wochenstunden als Kreditsachbearbeiterin Baufinanzierung Schwerpunkt Bewertung zu einem durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalt i.H.v. 3.573,50 € beschäftigt.
Bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Vollzeitmitarbeiter beschäftigt, besteht ein Betriebsrat. Weiterhin besteht eine Arbeitsanweisung „Procedure zur Informationssicherheit am Arbeitsplatz und Clean Desk Policy“ auszugsweise wie folgt:
„Richtlinie für eine aufgeräumte Arbeitsumgebung und Bildschirmsperren (Clean Desk Policy-Anhang A 11.2.9)
Es ist dafür Sorge zu tragen, dass schützenswerte oder geheime Informationen – egal ob in papierhafter Form oder auf dem Bildschirm – nicht durch Dritte eingesehen werden können.
Wenn der Arbeitsplatz verlassen wird oder unbeaufsichtigt ist:
• Sind schützenswerte Akten, Datenträger oder Hardware mit Informationen ordnungsgemäß wegzuschließen oder ordnungsgemäß zu entsorgen. Für Notebooks gilt der nächste Punkt.
• Muss darauf geachtet werden, dass das jeweilige Arbeitsgerät immer gesperrt wird, also mindestens der Bildschirmschoner aktiv ist.
• Dürfen Ausdrucke mit vertraulichem Inhalt und Datenträger nicht offen liegen gelassen werden, sondern müssen in eine Schublade, einen Schrank oder dergleichen gesperrt werden.
• Dürfen der Schlüssel für Rollcontainer oder Schränke mit vertraulichem Inhalt nicht am Arbeitsplatz oder an den Schlössern verbleiben.
• Dürfen Passwörter auf keinen Fall sichtbar (als Klebezettel am Monitor oder an einem leichterratenden Ort wie z. B. unter der Schreibtischauflage z. B. in der unverschlossenen Schreibtischschublade oder unter der Tastatur bzw. Mousepad) aufbewahrt werden.
• Sind am Ende des Arbeitstages die IT-Systeme abzumelden und herunterzufahren. Ausnahmen bilden Systems, die aus technischen oder organisatorischen Gründen nicht neu gebootet werden dürfen.
• Sind gekippte bzw. offenen Fenster am Ende des Arbeitstages zu verschließen.“ Auf die Kopie der „Procedure zur Informationssicherung am Arbeitsplatz und Clean Desk Policy“, vorgelegt als Anlage B 2 wird Bezug genommen (hier insbesondere Bl. 45 d. Ausgangsakte, im Folgenden: AA.).
Unter anderem am 28.05.2020 wurden die Klägerin und weitere Mitarbeiter noch einmal an die Einhaltung der Clean Desk Policy erinnert. Dies wurde, für die Mitarbeiter und auch die Klägerin einsehbar, in das sogenannte Endlosprotokoll aufgenommen.
Unter dem 02.12.2019 wurde der Klägerin eine schriftliche Ermahnung (Anlage B6, Bl. 57 d.AA) auszugsweise wie folgt erteilt:
„Am Mittwoch, den 27.11.2019 haben Sie den Fall 5050234000 (fertiggestelltes LORA Gutachten) an VDV zurückgegeben, obwohl der Fall einen unzureichenden Markt- und Beleihungswert ergeben hatte.
Wie bereits in 2017 festgelegt, werden diese Fälle nur auf ausdrücklichen Wunsch von VDV durch BFI abschließend bearbeitet.
Mithin sind Sie nicht den Weisungen Ihres Vorgesetzten, der Ihnen gegenüber weisungsberechtigt ist, gefolgt. Damit haben Sie gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen.
Wir sind nicht bereit, weitere Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten zu akzeptieren und fordern Sie hiermit auf, sich in Zukunft vertragsgemäß zu verhalten.“
Mit Schreiben vom 27.04.2020 (Anlage B5, Bl. 51/52 d.AA.) wurde der Klägerin eine weitere Ermahnung auszugsweise wie folgt ausgesprochen:
Zu Ihren Aufgaben gehört u.a. die Wertermittlung von Immobilien.
Am Dienstag, den 21.04.2020 haben Sie die Wertermittlung - Fall 5086895006 — abgeschlossen, jedoch den dazugehörigen „Auftrag Wertermittlung" nicht im Cockpit als erledigt gekennzeichnet (zdA).
Aufgrund dessen ist die durch den Gruppenleiter Herrn F. anschließend zu tätigende Kapazitätenmeldung erheblich im Betriebsablauf gestört.
Herr F. hat Sie mehrfach mündlich als auch per Email darauf hingewiesen: Am 20. Dezember 2019, am 29. November 2019 sowie am 19.07.2019.
Zusätzlich ist die Arbeitsanweisung vom 17.03.2016 im laufenden Protokoll festgehalten.
In oben genannten Fällen haben Sie gegen Ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen. Bisher konnten Sie die Verstöße nicht begründen. Für dieses Verhalten sprechen wir Ihnen eine Ermahnung aus.
Wir fordern Sie auf, Ihre Arbeitsverpflichtungen künftig mit größerer Genauigkeit zu erfüllen und insbesondere auch die Anweisungen aus dem Benutzerhandbuch Elektronische Kreditakte „Cockpit" zu beachten.
Sollte es wider Erwarten zu erneuten Pflichtverstößen kommen, sehen wir uns gezwungen, entsprechende weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen.“
Mit Schreiben vom 03.06.2020 (Anlage B5, Bl. 53/54 d.AA.) wurde der Klägerin eine Abmahnung auszugsweise wie folgt erteilt:
„Im Rahmen Ihrer Tätigkeit legen wir Ihnen Folgendes zur Last:
Sie haben sich an den unten genannten Tagen nicht ordnungsgemäß von den von Ihnen genutzten IT-Systemen abgemeldet. Im Einzelnen war dies an folgenden Tagen der Fall:
Am 18.05.2020 haben Sie die Erfassungsliste bei Beendigung Ihrer Arbeit nicht geschlossen, sodass die anderen Nutzer dieser Datei keine neuen Fälle eintragen konnten.
Am 19.05.2020 haben Sie die Datei des Teamprotokolls (Endlosprotokoll) nicht geschlossen, somit konnten durch die anderen Nutzer keine weiteren notwendigen Eintragungen, u.a. zum Gruppendialog gemacht werden.
Am 25.05.2020 haben Sie vor Antritt Ihres Urlaubs die Anwendung LORA nicht geschlossen, sodass die anderen Mitarbeiter während Ihres 1-wöchigen Urlaubs in ihrer Arbeitsleistung erheblich beeinträchtigt wurden, da sie den Dummy-Fall für die Berechnung von Voranfragen ohne HD-Nr. nicht nutzen konnten.
Trotz mehrfacher Hinweise und Mails sowie persönlichen Gesprächen über den korrekten Abmeldeprozess, haben Sie in den genannten Fällen Dokumente und Anwendungen des Teamlaufwerks nach Beendigung Ihrer Arbeit nicht korrekt geschlossen und so die Arbeit der anderen Teammitglieder behindert.
Für dieses Verhalten sprechen wir Ihnen eine Abmahnung aus.
Wir fordern Sie auf, Ihre Arbeitsverpflichtungen künftig mit größerer Genauigkeit zu erfüllen und insbesondere die Regelungen zum Abmeldeprozess an den IT-Systemen bei Beendigung der Arbeit an Dateien und Anwendungen einzuhalten.
Sollte es wider Erwarten zu erneuten Pflichtverstößen kommen, sehen wir uns gezwungen, entsprechende weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen, bis hin zur Kündigung, zu ergreifen.
Unter dem 22.07.2020 erteilte die Beklagte der Klägerin drei Abmahnungen in jeweils getrennten Schreiben. Das erste Schreiben vom 22.07.2020 (Anlage B4, Bl. 31 d.AA.) lautet auszugsweise wie folgt:
„Im Rahmen Ihrer Tätigkeit legen wir Ihnen Folgendes zur Last:
Sie haben an mehreren Tagen im Monat Juni (03.06., 09.06. und 19.06.2020) die Regelungen der Clean-Desk-Policy nicht eingehalten. Nach dieser Policy dürfen schützenswerte oder geheime Informationen — ob auf dem Bildschirm oder papierhaft- nicht durch Dritte einsehbar sein (5.4. der Richtlinie für eine aufgeräumte Arbeitsumgebung und Bildschirmsperren- Clean-Desk-PolicyAnhang A 11.2.9.)
Am 03.06.2020 haben Sie gegen die Clean-Desk- Policy verstoßen, indem Sie sensible Unterlagen auf Ihrem Schreibtisch liegen gelassen haben. Auf Ihrem Schreibtisch lagen papierhafte Kreditakten und ausgedruckte Emails.
Am 09.06.2020 hat Sie die stellvertretende Gruppenleiterin, Frau B. per Email auf die Notwendigkeit der Einhaltung der Clean-Desk-Policy hingewiesen, da diese auch an diesem Tag von Ihnen nicht eingehalten wurde. Auf Ihrer Schreibtischunterlage waren Hauptdarlehensnummern der Kunden vermerkt, der Datenmüll war nicht ordnungsgemäß entsorgt.
Am 19.06.2020 hat Frau B., die in Ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit Ihren Schreibtisch, der wegen der Corona-Pandemie desinfiziert werden musste, abgeräumt und in diesem Zusammenhang festgestellt, dass — trotz der mehrfach erfolgten Anweisungen- mehrere Klebezettel mit verschiedenen Darlehensnummern auf Ihrem Schreibtisch gelegen haben.
Darlehensnummern unterliegen, wie u.a. am 28.05.2020 im Gruppendialog besprochen und als Arbeitsanweisung in das Endlosprotokoll aufgenommen, dem besonderen Schutz und damit den Anforderungen der o.g. Policy. Das Endlosprotokoll dient Ihnen und Ihren Kollegen zum Nachlesen der besprochenen Sachverhalte, insbesondere nach krankheits- oder urlaubsbedingten Abwesenheiten und ist damit ein Teil Ihrer Arbeitsmittel.“
Für das o.g. Verhalten sprechen wir Ihnen eine Abmahnung aus.
Wir fordern Sie auf, Ihre Arbeitsverpflichtungen künftig mit größerer Genauigkeit zu erfüllen und insbesondere die Clean-Desk-Policy einzuhalten.
Sollte es wider Erwarten zu erneuten Pflichtverstößen kommen, sehen wir uns gezwungen, entsprechende weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen, bis hin zur Kündigung, zu ergreifen.“
Das zweite Schreiben vom 22.07.2020 (Anlage B5, Bl. 55/56 d.AA.) lautet auszugsweise wie folgt:
„Im Rahmen Ihrer Tätigkeit legen wir Ihnen Folgendes zur Last:
Sie haben sich am Freitag, den 17.07.2020 nicht ordnungsgemäß an den von Ihnen genutzten IT-Systemen abgemeldet. Konkret haben Sie im Programm CVM II den Fall 5114894005 nicht geschlossen, bevor Sie mittags Ihren Arbeitstag beendet haben. Sie haben durch Ihr Verhalten die Arbeit der anderen mit dem Fall betrauten Kollegen behindert. Der Fall konnte deshalb nicht zeitnah weiterbearbeitet werden, so dass es zu Verzögerungen in der Rückmeldung an den Vermittler gekommen ist.
Sie wurden am 03.06.2020 wegen eines gleichgelagerten Fehlverhaltens abgemahnt.
Für den erneuten Verstoß gegen die Anweisung, sich am Ende des Arbeitstages von allen genutzten ITSystemen abzumelden, s. auch die Clean-Desk-Policy, sprechen wir Ihnen eine zweite Abmahnung aus.
Wir fordern Sie auf, Ihre Arbeitsverpflichtungen künftig mit größerer Genauigkeit zu erfüllen und insbesondere die Regelungen zum Abmeldeprozess an den IT-Systemen bei Beendigung der Arbeit an IT-Systemen und damit an Dateien und Anwendungen einzuhalten.
Sollte es wider Erwarten zu erneuten Pflichtverstößen kommen, sehen wir uns gezwungen, entsprechende weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen, bis hin zur Kündigung, zu ergreifen.“
Wenige Tage später, am 28.07.2020 ist einem Kollegen der Klägerin der gleiche Fehler passiert. Der Gruppenleiter der Klägerin hat in einer E-Mail (Anlage K12, Bl. 101 d.AA.) hierauf wie folgt reagiert:
„warum bin ich hier in cc? Bitte solche Prozessthemen in Eigenregie bearbeiten /steuern.
Bei einem so trivialen Prozessthema wie dem Abschließen einer Checkliste in CVM Il ist die Einbindung eines Vorgesetzten entbehrlich.“
Das dritte Schreiben vom 22.07.2020 (Anlage B6, Bl. 59 d.AA.) lautet auszugsweise wie folgt:
„Im Rahmen Ihrer Tätigkeit legen wir Ihnen Folgendes zur Last:
Am Freitag, den 10.07.2020 haben Sie den Fall 5113168009 (fertiggestelltes LORA Gutachten) an VDV zurückgegeben, obwohl der Fall einen unzureichenden Marktwert ergeben hatte. Bereits in 2017 wurde festgelegt, dass diese Fälle nur nach Rücksprache und auf ausdrücklichen Wunsch von VDV durch die Abteilung Immobilienbewertung zu finalisieren sind. Diese Regelung ist Ihnen bekannt. Bereits am 02.12.2019 wurde Ihnen wegen des gleichen Fehlers (Fall 5050234000) eine schriftliche Ermahnung ausgesprochen. Trotz dieser Ermahnung, die die Aufforderung beinhaltete, sich zukünftig an die geltenden Regeln zu halten, haben Sie im o.g. Fall erneut gegen die Vorgaben verstoßen.
Für dieses Verhalten sprechen wir Ihnen eine Abmahnung aus.
Wir fordern Sie auf, Ihre Arbeitsverpflichtungen künftig mit größerer Genauigkeit zu erfüllen und insbesondere die Regelungen zur Bearbeitung von Gutachten zu beachten.
Sollte es wider Erwarten zu erneuten Pflichtverstößen kommen, sehen wir uns gezwungen, entsprechende weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen, bis hin zur Kündigung, zu ergreifen.“
Bei der Beklagten besteht ein Zielerreichungstool. Dieses ist Grundlage für die Ermittlung der Arbeitsmengen für den Individualbonus der Mitarbeiter. Mit E-Mail vom 13.03.2019 wies der Vorgesetzte der Klägerin diese darauf hin, dass es hier zu einer Doppelerfassung von Fällen kam, die nur einmal finalisiert wurden. Dies wurde in einem Feedbackgespräch am 13.03.2019 mit der Klägerin besprochen. Hierbei mussten 15 Fälle von Doppelerfassungen festgestellt werden. Mit E-Mail vom 26.09.2019 wies der Vorgesetzte die Klägerin erneut auf doppelte, teilweise dreifach oder falsch erfasste Arbeitsfälle hin. Am 09.03.2020 informierte der Vorgesetzte die Klägerin darüber, dass es erneut zu erheblichen Fehlerfassungen, hier 6 Fälle, gekommen ist.
Mit Schreiben vom 25.08.2020 (Anlage B6, Bl. 71 d.AA.) wurde der Klägerin eine Abmahnung auszugsweise wie folgt erteilt:
„Im Rahmen Ihrer Tätigkeit legen wir Ihnen Folgendes zur Last:
Am Mittwoch, den 05.08.2020 haben Sie Ihrem Gruppenleiter Herrn F. die monatliche Übersicht aus dem Zielerreichungstool BFI IB mit Ihren eigenen Aufzeichnungen der erledigten Fälle übersandt.
Nach stichprobenartiger Prüfung wurde festgestellt, dass Sie zwei Fälle eingetragen haben, die nicht vorhanden waren:
06.07.2020 HDNR. 5102210
23,07.2020 HDNR. 5114297
Wie zu Beginn des Jahres im Zusammenhang mit der Zielvereinbarung festgelegt wurde, sind nur tatsächlich bearbeitete Fälle im Tool zu erfassen. Gegen diese Vorgabe haben Sie verstoßen. Für dieses Verhalten sprechen wir Ihnen eine Abmahnung aus.
Wir fordern Sie auf, Ihre Arbeitsverpflichtungen künftig mit größerer Genauigkeit zu erfüllen und insbesondere die Regelungen zur Erfassung der erledigten Fälle im Zielerreichungstool zu beachten.
Sollte es wider Erwarten zu erneuten Pflichtverstößen kommen, sehen wir uns gezwungen, entsprechende weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen, bis hin zur Kündigung, zu ergreifen.
Bei der Beklagten fand im November 2020 ein Umzug in neue Räumlichkeiten statt. Daher mussten sämtliche Möbel, Akten, etc. gepackt und in die neuen Räumlichkeiten verbracht werden. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt erkrankt. Auf Anfrage stimmte die Klägerin zu, dass ihr Gruppenleiter im Beisein eines Betriebsratsmitglieds die Beräumung ihres Schreibtisches durchführen könne, was am 02.11.2020 auch geschah. Dabei wurde festgestellt, dass in dem unverschlossenen Schreibtisch der Klägerin mehrere Markt- und Beleihungswertermittlungen und Prüfbögen der Qualitätssicherung mit den jeweiligen Kundendaten abgelegt waren. Auf den Unterlagen waren Daten - auch Kundendaten - vermerkt, die nach dem 22.09.2020 dort eingetragen wurden.
Jedenfalls vor dem Umzug bestand in der Abteilung, in welcher die Klägerin eingesetzt war, kein Kundenbesuchsverkehr. Die gesamte Etage wurde ausschließlich von der Beklagten bzw. deren Angestellten genutzt. Die einzelnen Arbeitsräume wurden grundsätzlich abgeschlossen, wenn niemand mehr am Arbeitsplatz war. Wer in das Gebäude wollte, musste sich an der Pforte im Eingangsbereich melden und gelangte dann über Treppe oder Lift auf die 5. Etage. Die Etagentür war stets verschlossen und elektronisch gesichert. Man musste entweder als Mitarbeiter einen Schlüssel/Zugangscode haben oder als Gast klingeln, damit jemand öffnet.
Am 08.12.2020 wurde dem Vorsitzenden des Betriebsrates eine schriftliche Anhörung gem. § 102 Abs. 1 BetrVG übersandt. Auf die vorgelegte Kopie des Schreibens wird wegen des Inhalts Bezug genommen (Anlage B7, Bl. 63-65 d.AA.). Der Vorsitzende des Betriebsrates, Herr C., hat mit Schreiben vom 10.12.2020 (Anlage B8, Bl. 66 d.AA.) der Beklagten mitgeteilt, dass in der Sitzung vom 10.12.2020 der Betriebsrat einstimmig beschlossen hätte, zur beabsichtigten Kündigung keine Stellungnahme abzugeben.
Nach Erhalt dieser Mitteilung wurde der Klägerin mit Schreiben vom 11.12.2020 die streitgegenständliche ordentliche Kündigung zum 28.02.2021 ausgesprochen. Das Schreiben ist der Klägerin durch Einwurf in den Briefkasten am Mittwoch, 16.12.2020, zugegangen. Mit der am 30.12.2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 14.01.2021 zugestellten Klage macht die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung geltend.
Sie hat erstinstanzlich bestritten,
dass der Betriebsrat ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden sei. Der hinsichtlich der Tatsachen unstreitige Kündigungsvorwurf verfange nicht, denn was in der Schreibtischschublade aufbewahrt werde, sei nicht ,,frei zugänglich". Aufgrund der unstreitigen Zugangsbeschränkungen sei es Dritten nicht möglich gewesen, unberechtigt die Räume zu betreten und dort Kenntnis von Daten zu erlangen. Auch die Reinigungskräfte würden die Arbeitsräume nie unbeaufsichtigt betreten. Außerdem würden sie nicht das Schreibtischinnere reinigen, sondern nur frei zugängliche Flächen. Es sei daher kein Verstoß gegen die Clean Desk Policy gegeben. Diese diene dazu, dass schützenswerte oder geheime Informationen nicht durch ,,Dritte" eingesehen werden könnten. Dies meine ersichtlich betriebsfremde Personen als Dritte, denn alle anderen Mitarbeiter inkl. der Gruppenleiter sind – insoweit unstreitig - ebenso wie die Klägerin den Grundsätzen der Vertraulichkeit und Verschwiegenheit unterworfen und seien also in diesem Zusammenhang nicht ,,Dritte". Die Klägerin vermutet, dass die Beklagte versuche, sie aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen, weil sie nicht in das Team passe. Auf die Ausführungen zur Begründung dieser Vermutung im Schriftsatz vom 17.03.2021, dort S. 3 bis 7 (Bl. 70-74 d.AA.) wird Bezug genommen. Hinsichtlich der mit den Ab- und Ermahnungen erhobenen Vorwürfe verteidigt sich die Klägerin im Wesentlichen mit Flüchtigkeitsfehlern, Unachtsamkeit und Vergesslichkeit. Bezüglich der nicht geschlossenen Anwendungen sei es bedauerlich, dass - unstreitig - systemseitig nicht vorgesehen ist, dass alle Anwendungen automatisch geschlossen werden, wenn man sich vom System abmeldet. Es sei von der Klägerin nicht intendiert gewesen, dass die Kolleginnen und Kollegen dadurch die Probedatei (den Dummy-Fall) für die Berechnung von Voranfragen ohne HD-Nr. – unstreitig - nicht nutzen konnten. Die Klägerin habe hier einen Fehler gemacht, der nicht vorkommen dürfe, sich aber im laufenden Geschäft als menschlich herausstelle und dem Grunde nach durch technische Vorrichtungen habe vermieden werden können. Eine Abmahnung rechtfertige das vergessene Schließen des Dokuments nicht.
Am Freitag, dem 10.07.2020 (Abmahnung vom 22.07.2020) habe die Klägerin nach Feststellung des unzureichenden Marktwerts Rücksprache gehalten. Dazu sei sie extra zu Frau A. von VDV gegangen und habe nachgefragt. Frau A. sei sehr beschäftigt gewesen und habe gesagt (sinngemäß): „mach's erst malfertig, ich gucke es mir dann an". Diesem Wunsch sei die Klägerin nachgekommen und habe das Wertermittlungsgutachten fertiggestellt. Sie habe daher nicht gegen die Arbeitsanweisung der Beklagten verstoßen.
Am 05.08.2020 habe sie nicht die monatliche Übersicht aus dem Zielerreichungstool mit zwei gar nicht vorhandenen Fällen befüllt. Sie trage keine Fantasiefälle als erreichtes Ziel in die Liste ein, es müsse sich daher um einen Zahlendreher handeln.
Es sei zwar in der Vergangenheit zu fehlerhaften Eintragungen gekommen, die Eintragung im Zielerreichungstool betreffe aber nicht die Arbeitsabläufe, sondern diene der Kontrolle, welche Aufgaben am Tag erledigt worden seien und ob die Zielvorgaben für die Erreichung der individuellen zielgebundenen jährlichen Bonuszahlung erreicht werden.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 11.12.2020, der Klägerin zugegangen am 16.12.2020, nicht aufgelöst ist.
Die Beklagte hat erstinstanzlich
Klagabweisung beantragt.
Sie hat erstinstanzlich geltend gemacht,
dass die Unterlagen im Schreibtisch nicht gegen Zugriff durch Dritte geschützt gewesen seien. Hierdurch sei es Dritten möglich gewesen, Einsicht in die ausgelegten Unterlagen zu nehmen und also schützenswerte Daten von Kunden zu erlangen. Zwar erfolge die Reinigung grundsätzlich während der Dienstzeit. Hiervon gebe es jedoch Ausnahmen, z. B. wenn Mitarbeiter erkrankt seien werde die Reinigung dennoch durchgeführt. Insofern erfolge eine Öffnung der jeweiligen Tür durch den Hausmeister. Die Mitarbeiter der Reinigungsfirma würden sich dann ins Büro begeben und dort reinigen. Dabei könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Schreibtisch geöffnet werde. Es bestehe keine Berechtigung der Klägerin, gegen die Clean Desk Policy zu verstoßen nach dem Motto „es kann ja nur ein Mitarbeiter die Unterlagen sehen“. Vor dem Hintergrund der einschlägigen Abmahnung sei eine störungsfreie Durchführung des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft nicht zu erwarten. Die Abmahnungen seien wirksam erteilt, die vorgeworfenen Pflichtverletzungen im Wesentlichen unstreitig. Die Klägerin versuche lediglich, deren Bedeutung herunterzuspielen.
Mit der Replik habe die Klägerin wiederum verdeutlicht, dass sie nicht gewillt sei, die datenschutzrechtlichen Auflagen bei der Beklagten einzuhalten. Entgegen der Darstellung der Klägerin sei diese kein „Opfer“ von Querelen und Auseinandersetzungen innerhalb der Abteilung, sondern sie habe sämtliche Ermahnungen und Abmahnungen und auch den der Kündigung zugrundeliegenden Sachverhalt selbst verursacht.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und führt zur Begründung aus, die bei der verhaltensbedingten Kündigung zu beachtende Prognose sei nicht negativ zu bewerten, die Pflichtverletzung sei nicht erheblich und die Beklagte habe nicht davon ausgehen dürfen, dass eine Kündigungsandrohung nicht zu einer Änderung des Verhaltens geführt haben würde. Die Abmahnung vom 22.07.2020 sei zwar einschlägig, sie habe aber bei der Klägerin zur Änderung des Verhaltens bezgl. des Aufräumens des Schreibtisches geführt. Verstoßen habe sie nunmehr gegen die Pflicht, den Schreibtisch abzuschließen. Eine weitere Abmahnung hätte bei der Klägerin zu einer entsprechenden Verhaltensänderung führen können, weshalb die fehlende Abmahnung die Kündigung unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam mache.
Gegen das dort am 03.06.2021 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 24.03.2021 hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 24.06.2021, beim Sächsischen Landesarbeitsgericht am selben Tag eingegangen, Berufung eingelegt. Die Beklagte wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 28.06.2021 darauf hingewiesen, dass das eingereichte elektronische Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet und damit der Eingang unwirksam war. Daraufhin wurde der Schriftsatz mit Datum 29.06.2021 am selben Tag erneut eingereicht, diesmal in ordnungsgemäßer elektronischer Form. Gleichzeitig hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten anwaltlich und an Eides statt versichert, dass das nunmehr nachgereichte Dokument mit dem am 24.06.2021 eingereichten Dokument übereinstimme. Die Berufung wurde mit am 02.08.2021 eingegangener Begründung ausgeführt. Die Berufungsbegründung wurde der Klägerin am 03.08.2021 zugestellt. Gemäß Antrag vom 12.08.2021 wurde die Frist zur Erwiderung verlängerter bis zum 24.09.2021. Am 23.09.2021 ging die Erwiderung verbunden mit einer Anschlussberufung beim Sächsischen Landesarbeitsgericht ein.
Die beklagte Partei führt zur Begründung der Berufung aus, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht sowohl den unstreitigen Pflichtverstoß als nicht erheblich angesehen sowie die Abmahnungen als nicht einschlägig. Fehlerhaft habe das Arbeitsgericht die Auffassung vertreten, dass die Klägerin „lediglich mit leichter Fahrlässigkeit“ gehandelt habe und daher eine Erheblichkeit nicht vorliegen würde.
Bei der Beklagten bestehe eine erhöhte Verpflichtung zur Wahrung des Datenschutzes und des Bankgeheimnisses. Wie das Arbeitsgericht Leipzig zu der Auffassung komme, dass „leichte“ Fahrlässigkeit vorliege, könne nicht erkannt werden. Fehlerhaft gehe das Arbeitsgericht zudem davon aus, dass die Abmahnung vom 22.07.2020 zwar einschlägig sei, aber dennoch eine weitere Abmahnung der Kündigung habe vorausgehen müssen, weil ein nicht direkt vergleichbarer Pflichtverstoß gegeben sei. Denn die Abmahnungen stammten aus demselben Bereich, die Pflichtverstöße seien gleichartig. Es mache keinen Unterschied, ob Unterlagen auf dem Schreibtisch liegen oder in der offenen Schreibtischschublade. Insoweit sei die Arbeitsanweisung der Beklagten auch eindeutig, dass Akten ordnungsgemäß wegzuschließen seien. Ihren erstinstanzlichen Vortrag ergänzend trägt die Beklagte vor, bereits am 18.05.2020 habe es einen Verstoß gegen die Clean Desk Policy durch die Klägerin gegeben. Der Vorgesetzte, Herr F., habe an diesem Tag festgestellt, dass die Klägerin zum Feierabend ihren Schreibtisch ohne Beachtung der Clean Desk Policy verlassen habe. Auf dem Schreibtisch hätten z. B. noch zwei Kreditakten mit vertraulichen Inhalten und weitere ebenfalls vertrauliche Unterlagen gelegen.
Aufgrund dessen habe der Vorgesetzte ein Gespräch am 19.05.2020 mit der Klägerin geführt. Hierbei habe er erneut auf die Clean Desk Policy hingewiesen. Zudem sei auch darauf hingewiesen worden, dass Verstöße arbeitsrechtliche Konsequenzen haben können.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 24.03.2021, Az. 11 Ca 3518/20, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt
1. die Berufung zurückzuweisen,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Kreditsachbearbeiterin in Leipzig mit 30 Wochenarbeitsstunden und gemäß Tarifgruppe 7, Stufe 3 des Entgelttarifvertrages Postbank AG weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat sich den Ausführungen des Erstgerichts im Urteil angeschlossen und Letzteres verteidigt. Sie führt ergänzend aus „in einen Schrank oder dergleichen gesperrt“ bedeute nicht zwingend, dass Schublade oder Schrank auch verschlossen sein müssten. „Wegsperren“ meine den Schutz vor unbefugten Blicken und unbefugtem Gebrauch. Was im Schreibtisch liege, sei nicht durch Dritte einsehbar, sondern „weggesperrt“. Der behauptete Verstoß gegen die Clean Desk Policy wegen des nicht abgeschlossenen Schreibtischs sei dem Bereich der Nebenpflichtverletzungen zuzuordnen und wiege nicht schwer. Das Argument, es könnten Dritte unberechtigt Schreibtische durchsuchen, überzeuge nicht. Wenn sich Dritte rechtswidrig verhalten, dürfe das nicht der Klägerin angelastet werden. Die Klägerin bestreitet, dass das Foto vom 18.05.2020 nach Verlassen des Arbeitsplatzes aufgenommen worden sei.
Es handele sich nicht um ein „Feierabendfoto“, sondern um ein Foto vom Schreibtisch der Klägerin während der Arbeitszeit. Dies sei klar zu erkennen am Umstand, dass die Brille der Klägerin ebenso auf dem Tisch liege wie das persönliche (geblümte) Notizbuch. Die Klägerin verlasse den Arbeitsplatz nie ohne Brille, nie ohne ihr persönliches Notizbuch, nie ohne die Stifte in den Stifthalter zu stecken und nie ohne den Stuhl heranzustellen und nie ohne ihren Trinkbecher abzuräumen. Der Schreibtisch sei während der Arbeitszeit „hinter dem Rücken“ der Klägerin fotografiert. Ein Abmahngespräch am 19.05.2020 unter Hinweis darauf, dass Verstöße auch arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können, habe es nicht gegeben.
Hinzu komme, dass sowohl die betriebliche als auch die private Situation der Klägerin seit Ende 2019 stark angespannt gewesen sei. Die Beklagte habe der Klägerin vorgeworfen, aufgrund „hoher Fehlzeiten“ sei sie eine „hohe Belastung für das Team“ (siehe Anlage K 5, Bl. 80 d.AA.) und ihre Eingruppierung in Tarifgruppe 7 würde eine deutlich über dem Teamschnitt liegende Arbeitsleistung erwarten lassen, die die Klägerin nicht erbringe.
Mit ihrer Anschlussberufung macht sie klageerweiternd den allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag geltend. Überwiegende Interessen der Beklagtenseite an der Nichtbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits würden nicht vorliegen.
Die Beklagte tritt der Anschlussberufung entgegen und meint, der Weiterbeschäftigungsantrag sei bereits unbestimmt. Die von der Klägerin angestrebte Tätigkeit, die von ihr genau umschrieben werden müsse, finde sich nicht in dem Klageantrag. Darüber hinaus fehle es an jeglichem Sachvortrag seitens der Klägerin, welches Interesse sie an einer Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens überhaupt haben wolle. Jedenfalls überwögen die Interessen der Beklagten an der Nichtbeschäftigung diejenigen der Klägerin, denn sie habe auch im Prozess gezeigt, dass sie nicht gewillt sei, die datenschutzrechtlichen Bestimmungen der Beklagten einzuhalten. Das Foto sei am 18.05.2021 aufgenommen worden, nachdem die Klägerin um 13:55 Uhr ihre Arbeit beendet habe. Letzteres ergebe sich aus dem Zeitkontennachweis der Klägerin für die Woche vom 18.05. – 24.05.2020. Das Foto sei von dem Vorgesetzten am 18.05.2020 um 14:25 Uhr gefertigt worden, was sich aus der Kopie des Screenshots (Anlage BK 3, Bl. d.BA) ersehen lasse. Die Klägerin sei offensichtlich der Auffassung, dass die gerügten Verstöße wegen „Unerheblichkeit“ nicht zu berücksichtigen wären oder max. eine Ermahnung rechtfertigen würden. Bei dieser Einschätzung verkenne die Klägerin insbesondere, dass auf eine Abmahnung und dem hierin dargelegten objektiv gegebenen Pflichtverstoß das Verhältnismäßigkeitsprinzip keine Anwendung finde. Auch der erste Verstoß berechtige den Arbeitgeber, eine Abmahnung auszusprechen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 07.04.2022.
Aus den Gründen
Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte und gemäß den §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete, damit zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der zulässigen Klage zu Unrecht stattgegeben, denn sie ist unbegründet. Die der Klägerin ausgesprochene Kündigung ist aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt.
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangen. Das Urteil des Arbeitsgerichts vom 24.03.2021 wurde der Beklagten am 03.06.2021 zugestellt. Die Frist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG begann gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB am 04.06.2021 und endete gemäß § 188 Abs. 2 BGB am 03.07.2021. Am 29.06.2021 ging beim Sächsischen Landesarbeitsgericht der Berufungsschriftsatz vom 29.06.2021 in ordnungsgemäßer elektronischer Form ein. Auf die – hier vorsorglich abgegebene – anwaltliche Versicherung der Übereinstimmung mit dem Schriftsatz vom 24.06.2021 (die hinsichtlich des Datums allerdings nicht gegeben ist), kommt es somit nicht an.
Die in der ebenfalls zulässig erhobenen Anschlussberufung enthaltene Klageerweiterung ist gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässig (Koch in Erfurter Kommentar, 21. Aufl. 2021, ArbGG § 64 Rn. 14).
II.
Gründe, die zur Unzulässigkeit der Klage führen könnten, sind nicht erkennbar und nicht geltend gemacht. Die Bedenken der Beklagten gegen die Zulässigkeit des erweiterten Klageantrages werden nicht geteilt. Die Klägerin ist laut Arbeitsvertrag als „Kreditsachbearbeiterin Baufinanzierung Schwerpunkt Bewertung in Leipzig“ eingestellt worden. Ebenso wie die Angabe des Arbeitsortes dürfte auch die Konkretisierung der Arbeitsaufgabe lediglich erste Ausübung des Weisungsrechts und nicht verbindliche Festlegung sein, welche das Weisungsrecht einschränken würde. Die Kammer geht daher davon aus, dass die Klägerin auch mit anderen Aufgaben als in der Baufinanzierung vertragsgemäß als Kreditsachbearbeiterin beschäftigt werden kann.
Selbst wenn dies unzutreffend sein sollte, ist für die Beklagte hinreichend erkennbar, welche Art der Beschäftigung von ihr gewollt ist.
Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für den Bestandsschutzantrag ergibt sich hier bereits aus der sonst drohenden Präklusion nach §§ 13, 4, 7 KSchG.
III.
Die Klage ist hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages aber unbegründet, denn die Kündigung der Beklagten vom 11.12.2020 ist als verhaltensbedingte Kündigung wirksam und hat das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 28.02.2021 beendet.
1.
Das ergibt sich nicht bereits aus §§ 4, 7 KSchG, denn die Klägerin ist mit der Geltendmachung der Unwirksamkeit nicht präkludiert. Sie hat nach Erhalt der schriftlichen Kündigung am 16.12.2020 mit Eingang der Klage beim Arbeitsgericht am 30.12.2020 und Zustellung am 14.01.2020 binnen der Frist von 3 Wochen rechtzeitig Klage erhoben, § 253 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB hier i.V.m. § 167 ZPO. Die Verzögerung der Zustellung stammt aus der Sphäre des Gerichts, sie erfolgte damit demnächst im Sinne des § 167 ZPO.
2.
Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, weil ein im Verhalten der Klägerin liegender Grund vorliegt, der eine negative Zukunftsprognose rechtfertigt und die Interessenabwägung hier zugunsten der Beklagten ausfällt.
2.1.
Die Voraussetzungen des allgemeinen Kündigungsschutzes liegen vor. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig deutlich mehr als 10 vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, § 23 Abs. 1 KSchG. Die Klägerin ist seit 01.03.2016 beschäftigt, also zum Kündigungszeitpunkt offensichtlich länger als 6 Monate, § 1 Abs. 1 KSchG.
2.2.
Für eine verhaltensbedingte Kündigung genügen im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Umstände, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Als verhaltensbedingter Grund ist insbesondere eine schuldhafte, vorwerfbare und rechts- oder vertragswidrige Verletzung von Haupt- und/oder Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis geeignet. Entsprechende Pflichten bestehen im Leistungs- und im Vertrauensbereich. Vertragsstörungen im Leistungsbereich sind z.B. dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer eine Schlechtleistung erbringt, wobei grundsätzlich eine Arbeitsleistung „mittlerer Art und Güte“ geschuldet ist. Es genügen Umstände, die aus Sicht eines ruhig und verständig urteilenden Arbeitgebers eine Kündigung als angemessene Reaktion auf das Fehlverhalten des Arbeitnehmers erscheinen lassen (BAG, Urteil vom 17.01.2008, Az. 2 AZR 536/06, juris, m.w.N.). Die Berechtigung einer verhaltensbedingten Kündigung ist allerdings nicht daran zu messen, ob sie als Sanktion für den in Rede stehenden Vertragsverstoß angemessen ist. Im Kündigungsrecht gilt nicht das Sanktionsprinzip, sondern das Prognoseprinzip. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist gerechtfertigt, wenn eine störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist und künftigen Pflichtverstößen nur durch die Beendigung der Vertragsbeziehung begegnet werden kann (BAG, Urteil vom 10.06.2010, Az. 2 AZR 541/09, juris, m.w.N.). Das ist nicht gegeben, wenn mildere Mittel und Reaktionen, z.B. eine Abmahnung, geeignet sind, beim Arbeitnehmer eine Verhaltensänderung zu bewirken. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes u.a. dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht (BAG, Urteil vom 11.07.2013, Az. 2 AZR 994/12, juris, m.w.N.). Schlussendlich bedarf es einer Interessenabwägung. Abzustellen ist auf einen objektiven Beurteilungsstandpunkt. Dabei sind u.a. zu berücksichtigen
- auf Arbeitgeberseite: evtl. angerichteter Schaden, Gefährdung von Kollegen, verursachte Betriebsablaufstörungen, Auswirkungen auf das Verhalten der Kollegen, Wiederholungsgefahr sowie Imageverlust gegenüber Kunden und Mitbewerbern
- auf Arbeitnehmerseite: eine langjährige Betriebszugehörigkeit, evtl. Mitverschulden des Arbeitgebers, früheres beanstandungsloses Verhalten des Arbeitnehmers, Häufigkeit des kritisierten Fehlverhaltens, Schwere des Pflicht-verstoßes, das Lebensalter bzw. die Möglichkeit, noch einen vergleichbaren Arbeitsplatz zu finden sowie etwaige Unterhaltsverpflichtungen.
Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG hat die Beklagte die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Kündigung rechtfertigen. Sie ist dabei auch für den Ausschluss von seitens der Klägerin vorgebrachten Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründen darlegungs- und beweispflichtig.
2.3.
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
2.3.1.
Eine Pflichtverletzung liegt in Form der Nichteinhaltung der Arbeitsanweisung „Clean desk policy“ unstreitig vor. Die Klägerin hat entgegen der Anweisung Unterlagen mit sensiblen Daten unverschlossen zu einem Zeitpunkt im Schreibtisch aufbewahrt, zu dem sie selbst nicht im Büro anwesend war. Unstreitig war ihr diese Anweisung hinreichend bekannt.
Die Argumentation in der Berufungserwiderung dahingehend, die Klägerin habe den behaupteten Verstoß nicht unstreitig gestellt und er werde „auch nicht unstreitig dadurch, dass das Arbeitsgericht — insoweit unzutreffend — einen Pflichtenverstoß angenommen“ habe, ist unzutreffend, weil undifferenziert. Die allein dem Bestreiten zugänglichen Tatsachen sind hier tatsächlich unstreitig, die Klägerin führt in der Berufungserwiderung selbst aus, dass die fraglichen Unterlagen im unverschlossenen Schreibtisch lagen. Soweit die Klägerin meint, hierin liege kein Pflichtverstoß, ist dies eine dem Bestreiten nicht zugängliche Frage der rechtlichen Bewertung durch das Gericht. Die Kammer sieht einen Verstoß als gegeben an. Der Wortlaut der Arbeitsanweisung geht im ersten Punkt dahin, dass „schützenswerte Akten, Datenträger oder Hardware mit Informationen ordnungsgemäß wegzuschließen oder ordnungsgemäß zu entsorgen“ sind, „wenn der Arbeitsplatz verlassen wird oder unbeaufsichtigt ist“. Nach der Regelung im dritten Punkt dürfen „Ausdrucke mit vertraulichem Inhalt und Datenträger nicht offen liegen gelassen werden, sondern müssen in eine Schublade, einen Schrank oder dergleichen gesperrt werden“.
Soweit die Klägerin meint, „in einen Schrank oder dergleichen gesperrt“ bedeute nicht zwingend, dass Schublade oder Schrank auch verschlossen sein müssten, ist dies mit der Bedeutung des Wortes „Wegsperren“ nicht vereinbar. Denn es bezeichnet ausweislich der Internetseite https://www.duden.de/rechtschreibung/wegsperren mit der ersten Bedeutung dasselbe, wie „wegschließen“. Dieses Wort wiederrum hat ausweislich der Internetseite https://www.duden.de/rechtschreibung/wegschlieszen die Bedeutung: „einschließen (1a), damit jemand anderes nicht darankommen kann“.
Das auch von der Klägerin in dem Wort „Wegsperren“ erkannte Ziel, nämlich den Schutz vor unbefugten Blicken und unbefugtem Gebrauch, kann durch eine Ablage im unverschlossenen Schreibtisch offensichtlich nicht erreicht werden. Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang die Ansicht, wonach es nicht der Klägerin angelastet werden könne, wenn Dritte unberechtigt und rechtswidrig Schreibtische durchsuchen. Mit diesem Argument könnte man sich Datenschutz insgesamt sparen. Er dient nämlich gerade und ausschließlich dazu, vor unberechtigtem Zugriff zu schützen.
Der Annahme eines Pflichtverstoßes steht nicht entgegen, dass die Clean Desk Policy „ersichtlich betriebsfremde Personen als Dritte“ meine, weil alle anderen Mitarbeiter inkl. der Gruppenleiter ebenso wie die Klägerin den Grundsätzen der Vertraulichkeit und Verschwiegenheit unterworfen sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind auch diese solange als „Dritte“ anzusehen, wie sie nicht selbst im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit Zugriff auf genau die hier fraglichen Daten hatten. Denn auch ihrerseits dem Datenschutz verpflichtete Mitarbeiter dürfen über Kunden nichts erfahren, was sie nicht ihrer eigenen Arbeitsaufgabe wegen angeht, selbst wenn sie es nicht weitersagen dürfen. Mit dieser Argumentation zeigt die Klägerin – wie von der Beklagten auch ausgeführt, dass sie tatsächlich bis heute die hohe Bedeutung des Datenschutzes nicht wirklich verstanden hat. Der Pflichtverstoß als solcher ist auch nicht abhängig davon, ob ein Schaden bereits eingetreten ist oder zumindest drohte. Die Arbeitsanweisung ist klar und deutlich sowie angesichts der bei der Beklagten zu verarbeitenden sensiblen Daten auch nicht unverhältnismäßig. Es ist nicht Sache der Klägerin, zu entscheiden, ob eine Einhaltung erforderlich war oder nicht, weil Dritte keinen unbeaufsichtigten Zugang zu Büro oder Etage hatten. Wie ausgeführt, genügt hier auch bereits der ungehinderte Zugang anderer, mit den Daten nicht befasster Mitarbeiter.
Unzutreffend ist auch die Ansicht der Klägerin, der behauptete Verstoß gegen die Clean Desk Policy wegen des nicht abgeschlossenen Schreibtischs sei dem Bereich der Nebenpflichtverletzungen zuzuordnen. Die Erbringung der Arbeitsleistung im Rahmen des rechtmäßig ausgeübten Direktionsrechts – zu dem auch Arbeitsanweisungen zum Datenschutz gehören – ist Hauptleistungspflicht. Soweit die Klägerin hierzu darüber hinaus geltend macht, der Verstoß wiege nicht schwer, mag dies für den einzelnen Verstoß noch gelten. Es liegen aber wiederholte Verstöße trotz einschlägiger Er- und Abmahnungen vor, siehe dazu unten. Die Beklagte durfte diesen weiteren Verstoß daher zum Anlass für die Kündigung nehmen.
2.3.2.
Die Kündigung ist verhältnismäßig. Steuerbares Verhalten eines Arbeitnehmers rechtfertigt in aller Regel nur nach erfolgloser einschlägiger Abmahnung eine Kündigung (st. Rspr., vgl. z.B. BAG, Urteil vom 20.11.2014, Az. 2 AZR 651/13, juris). Hier liegen einschlägige wirksame Abmahnungen vor, die eine negative Prognose bzgl. der weiteren störungsfreien Durchführung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.
2.3.2.1.
Mit einer Abmahnung übt ein Arbeitgeber seine arbeitsvertraglichen Gläubigerrechte in doppelter Hinsicht aus. Zum einen weist er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge- und Dokumentationsfunktion). Zum anderen fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, sofern ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion; BAG, Urteil vom 19.07.2012, Az. 2 AZR 782/11, juris, m.w.N.).
2.3.2.2.
Diesen Anforderungen wird insbesondere die Abmahnung vom 22.07.2020 bezüglich der Verstöße gegen die Clean Desk Policy gerecht. Sie enthält den erforderlichen Warnhinweis dergestalt, dass die Klägerin bei weiteren Verstößen mit arbeitsvertraglichen Maßnahmen bis hin zur Kündigung rechnen müsse.
Die Abmahnung wird auch der Rügefunktion gerecht, denn es wird für den 03.06.2020 ausgeführt, dass die Klägerin gegen die Clean Desk Policy verstoßen habe, weil sie auf ihrem Schreibtisch papierhafte Kreditakten und ausgedruckte E-Mails trotz ihrer Abwesenheit liegen gelassen hat. Gleiches gilt für den Vorwurf bzgl. des 09.06.2020, wo auf der Schreibtischunterlage Hauptdarlehensnummern von Kunden vermerkt sowie der Datenmüll nicht ordnungsgemäß entsorgt waren.
Ebenso verhält es sich für den Vorwurf, es sei am 19.06.2020 bei einer aufgrund der Corona-Pandemie notwendigen Desinfektion und der diesbezüglich vorherigen Beräumung der Schreibtische festgestellt worden, dass durch die Klägerin mehrere Klebezettel mit verschiedenen Darlehensnummern auf dem Schreibtisch angebracht waren. Die Klägerin tritt den Abmahnungen unter den Gesichtspunkten Rüge- und Warnfunktion auch nicht entgegen.
Die der Abmahnung zugrundeliegenden Tatsachen hat die Klägerin nicht bestritten. Entgegen ihrer Ansicht rechtfertigen diese den Ausspruch einer Abmahnung.
Zwar schließt sich die Kammer der auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (Urteil vom 29.11.2005, Az. 2 Sa 350/05, juris) gestützten Ansicht der Beklagten nicht an, wonach das Verhältnismäßigkeitsprinzip auf Abmahnungen keine Anwendung finde. Zum einen lässt sich dies der genannten Entscheidung so schon nicht entnehmen. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein führt vielmehr aus wie folgt:
„Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist im Rahmen der gerichtlichen Abmahnungskontrolle nur insoweit von Bedeutung, als Form und Umstände der Abmahnung gemeint sind, nicht die Frage, ob die Abmahnung als solche eine Überreaktion darstellt (LAG Köln, Urt. v. 12.05.1995 - 13 Sa 137/95 - NZA-RR 1996 - 204). Ebenso ist für den Gleichbehandlungsgrundsatz im Abmahnungsrecht nicht Raum (LAG Köln a.a.O.).“
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein stützt seine Entscheidung dabei auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 31. August 1994 (Az. 7 AZR 893/93, juris). Dort heißt es:
„Bei Abmahnungen im Arbeitsverhältnis ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (BAG Urteil vom 7. November 1979 - 5 AZR 962/77 - AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße, zu II 2 c der Gründe; BAG Urteil vom 13. November 1991 - 5 AZR 74/91 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Abmahnung). Danach ist die Ausübung eines einseitigen Bestimmungsrechts unzulässig, wenn sie der Gegenseite unverhältnismäßig große Nachteile zufügt und andere weniger schwerwiegende Maßnahmen möglich gewesen wären, die den Interessen des Berechtigten ebensogut Rechnung getragen hätten oder ihm zumindest zumutbar gewesen wären. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird als Übermaßverbot zur Vermeidung schwerwiegender Rechtsfolgen bei nur geringfügigen Rechtsverstößen verstanden (BGH Urteil vom 19. Dezember 1979 - VIII ZR 46/79 - WM 1980, 215, 216). Bei der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung zunächst selbst zu entscheiden, ob er ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers mißbilligen will und ob er deswegen eine mündliche oder schriftliche Abmahnung erteilen will (BAG Urteil vom 23. April 1986 - 5 AZR 340/85 -, n. v.; Herschel, Anm. zum BAG Urteil vom 22. Februar 1978 - 5 AZR 801/76 - AR-Blattei Betriebsbußen Nr. 9). Eine Abmahnung ist aber nicht allein deswegen unzulässig, weil der Arbeitgeber auch über den erhobenen Vorwurf hinwegsehen könnte (BAG Urteil vom 13. November 1991 - 5 AZR 74/91 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Abmahnung, zu II 2 der Gründe), weil etwa dem Arbeitnehmer ein bewußter Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten fern lag.“
Danach ist davon auszugehen, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten ist und nur nicht dazu führt, dass z.B. – ohne weitere Anhaltspunkte – einer Abmahnung grundsätzlich immer eine Ermahnung vorauszugehen habe. Auch bei erstmaligem und nur leichtem Pflichtverstoß kann eine Abmahnung verhältnismäßig sein.
Soweit bei Pflichtverletzungen mehrere Reaktionen möglich sind, kann § 242 BGB vor allem bei Dauerschuldverhältnissen aber dazu verpflichten, die mildere Reaktion zu wählen (Grüneberg in Palandt, 80. Aufl. 2021, § 242 BGB Rn. 54). Als mildere Reaktion zur Abmahnung kommt grds. eine Ermahnung/Verwarnung/Verweis/Rüge in Betracht, also ein unterhalb der Schwelle der Abmahnung liegender Hinweis darauf, dass nach Auffassung des Arbeitgebers eine Pflichtverletzung vorliege, welcher aber nicht mit einer Warnung für die Zukunft hinsichtlich der Bestandsgefährdung verbunden wird. Im Unterschied zur Abmahnung dient die Ermahnung nicht der Vorbereitung einer Kündigung, da die erforderliche Warnfunktion fehlt. Der Arbeitgeber kann gehalten sein, den Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hinzuweisen, ohne ihm sofort Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis im Wiederholungsfall anzudrohen.
Unverhältnismäßig ist eine Maßnahme dann, wenn in einem Konflikt von Interessen und Freiheiten diese auf einer Seite mehr als nötig geschmälert werden, als es für den anzustrebenden Ausgleich notwendig ist (vgl. dazu das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgericht vom 24. Februar 2022 – 2 Sa 453/20 –, Rn. 47, juris).
Vorliegend ist das Übermaßverbot nicht verletzt. Die Klägerin macht geltend, dass es sich bei Darlehensnummern zwar um datenschutzrelevante Informationen handele, der Verstoß aber nicht schwer wiege, weil aus der bloßen Ziffernabfolge der Informationsgewinn für Dritte gleich Null sein dürfte. Dem kann wohl zugestimmt werden, ohne dass die Abmahnung in ihrer Gesamtheit dadurch unverhältnismäßig würde. Denn mit ihr wird auch das Liegenlassen von papierhaften Akten und ausgedruckten Emails auf dem Schreibtisch gerügt und ebenso die nicht ordnungsgemäße Entsorgung des Datenmülls. Die Klägerin verkennt, dass hier die Erheblichkeit auch bzgl. der Darlehensnummern aus der Anzahl der Verstöße resultiert und die Beklagte der Sache nach gerade die unstreitig aufgetretenen Flüchtigkeitsfehler und Nachlässigkeiten als bestandsgefährdend ansieht. Darüber hinaus sind sowohl das Liegenlassen der Akten als auch die fehlende Entsorgung des Datenmülls für sich genommen als erheblich anzusehen. Die Beklagte war daher nicht gehalten, nur eine Rüge oder Ermahnung auszusprechen.
Dabei sind auch die weiteren der Klägerin ausgesprochenen und im Tatbestand dargestellten Ermahnungen und Abmahnungen zu berücksichtigen, mit Ausnahme derjenigen im weiteren Schreiben vom 22.07.2020 bzgl. der Weitergabe eines Falls trotz Feststellung des unzureichenden Marktwerts. Der Sachvortrag der Klägerin bzgl. einer hierzu erfolgten Rücksprache ist streitig. Wie dargestellt, ist die Beklagte für den Ausschluss dieser Rechtfertigung beweispflichtig. Die Beklagte hat entsprechenden Beweis auch angetreten (Schriftsatz vom 22.03.2021, dort Seite 5, Bl. 94 d.AA.). Es kommt für die Entscheidung über die Kündigung aber auf diese möglicherweise gegebene weitere Pflichtverletzung nicht an, so dass eine Einvernahme der benannten Zeugin unterbleiben konnte. Die unstreitigen Pflichtverletzungen genügen, um die Kündigung unter dem Gesichtspunkt vorheriger Abmahnung nicht als unverhältnismäßig erscheinen zu lassen.
2.3.2.3.
Die Ermahnung vom 02.12.2019 bzgl. der Rückgabe eines Falls an VDV greift die Klägerin nicht an. Die Kammer legt diese daher der Beurteilung der Kündigung mit zu Grunde.
2.3.2.4.
Gegen die Ermahnung vom 27.04.2020 (Auftrag Wertermittlung nicht im Cockpit als erledigt gekennzeichnet) wendet die Klägerin ein, es handele sich um einen Flüchtigkeitsfehler, siehe dazu noch unten.
2.3.2.5.
Die Abmahnungen vom 03.06.2020 und vom 22.07.2020 (jeweils fehlende Abmeldung von IT-Systemen) entsprechen sowohl den Anforderungen an die Rüge- als auch an die Warnfunktion. Die von der Beklagten vorgetragenen Tatsachen sind unstreitig. Die Klägerin wendet ein, es sei bedauerlich, dass - unstreitig – systemseitig nicht vorgesehen ist, dass alle Anwendungen automatisch geschlossen werden, wenn man sich vom System abmeldet. Es sei von der Klägerin nicht intendiert gewesen, dass die Kolleginnen und Kollegen dadurch die Probedatei (den Dummy-Fall) für die Berechnung von Voranfragen ohne HD-Nr. – unstreitig - nicht nutzen konnten. Die Klägerin habe hier einen Fehler gemacht, der nicht vorkommen dürfe, sich aber im laufenden Geschäft als menschlich herausstelle und dem Grunde nach durch technische Vorrichtungen habe vermieden werden können. Eine Abmahnung rechtfertige das vergessene Schließen des Dokuments nicht.
Damit verkennt die Klägerin, dass es auf eine Absicht bzgl. der Pflichtverletzung nicht ankommt. Auch eine fahrlässige Handlungsweise ist schuldhaft, § 276 BGB. Die Klägerin verkennt weiter, dass die von ihr eingestandenen Flüchtigkeitsfehler, Nachlässigkeiten und Versehen gerade die Schlechtleistung darstellen, die die Beklagte rügt. Es ist zwar grundsätzlich eine Arbeitsleistung „mittlerer Art und Güte“ geschuldet. Dabei kann es also auch vorkommen, dass entsprechende Fehler mal passieren, wie dies im von der Klägerin angeführten Fall des Kollegen gewesen sein dürfte, auf den der Vorgesetzte per E-Mail am 28.07.2020 reagiert hat mit der Bewertung des vergessenen Abschließens einer Checkliste in CVM II als „trivialem Prozessthema“. Eine – hier feststellbare – Vielzahl an solchen Fehlern ist aber nicht mehr als „mittlerer Art und Güte“ anzusehen. Es genügen insoweit Umstände, die aus Sicht eines ruhig und verständig urteilenden Arbeitgebers eine Kündigung als angemessene Reaktion auf das Fehlverhalten des Arbeitnehmers erscheinen lassen (BAG, Urteil vom 17.01.2008, Az. 2 AZR 536/06, juris, m.w.N.). Gleiches gilt für die Erteilung einer Abmahnung. Dass der Arbeitsprozess evtl. verbessert werden könnte, wenn eine Abmeldung vom System automatisch zur Schließung aller Anwendungen führen würde, entbindet die Klägerin nicht davon, sorgfältig zu arbeiten, solange dies nicht der Fall ist.
2.3.2.6.
Die vorgenannten Abmahnungen sind auch einschlägig. Das gilt insbesondere, aber nicht nur für die Abmahnung vom 22.07.2020 bzgl. der Einhaltung der Vorgaben der Clean desk policy.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist es für eine negative Prognose ausreichend, wenn die jeweiligen Pflichtwidrigkeiten aus demselben Bereich stammen und somit Abmahnungs- und Kündigungsgründe in einem inneren Zusammenhang stehen (BAG, Urteil vom 13.12.2007, Az. 2 AZR 818/06, juris, unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 16. Januar 1992, Az. 2 AZR 412/91, ebenfalls juris). Wie oben schon ausgeführt, handelt es sich um Pflichtverstöße aus Nachlässigkeit bzw. Flüchtigkeit, verstoßen wird gegen ausdrückliche mündliche und schriftliche Arbeitsanweisungen. Die Ansicht, das Liegenlassen von Akten auf dem Schreibtisch sei ein anderer Verstoß gegen die Clean desk policy, als das fehlende Abschließen des Schreibtisches, ist zu streng. Mit diesem Maßstab dürften Kündigungen nur noch ausgesprochen werden, wenn wirklich exakt derselbe Verstoß gegeben wäre. So verhält es sich aber nicht, siehe die zitierte und zutreffende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer aus eigenen Erwägungen anschließt. Ob auch die Abmahnung vom 25.08.2020 bzgl. der Eintragungen in die Übersicht für das Zielerreichungstool rechtmäßig erteilt wurde und einschlägig ist, kann angesichts der vorstehenden Ausführungen offenbleiben. Auch hier rechtfertigt sich die Klägerin wieder mit „Zahlendrehern“, also mit Flüchtigkeitsfehlern. Eben diese möchte und muss die Beklagte aber nicht weiter hinnehmen.
Das Bundesarbeitsgericht führt hierzu in der o.g. Entscheidung vom 13.12.2007 dazu aus, was folgt:
„Selbst wenn kein gravierender Verstoß gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen vorliegt, (ist) eine negative Prognose dann gegeben ..., wenn der Arbeitnehmer nach einer Abmahnung den Vertrag in gleicher oder ähnlicher Art erneut verletzt (vgl. hierzu BAG, NZA 2008, 589, Rn. 38). Es kann insofern ein Schluss auf eine negative Entwicklung des Arbeitsverhältnisses gezogen werden, wenn wiederholte Vertragsverletzungen vorliegen.“
2.3.3.
Die vorzunehmende Interessenabwägung führt ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Wie vorstehend dargestellt, handelt es sich in der Summe um erhebliche Pflichtverletzungen, die auch zu Ablaufstörungen bei der Beklagten geführt haben. Der die Kündigung letztlich auslösende Verstoß gegen die Datenschutzvorgaben ist für sich gesehen ebenfalls erheblich, auch wenn die Klägerin dies nicht einsehen will, siehe dazu schon oben. Zugunsten der Klägerin sind ihre Unterhaltsverpflichtungen gegenüber 3 Kindern zu berücksichtigen sowie eine Betriebszugehörigkeit von rund viereinhalb Jahren. Die Kammer verkennt hier nicht, dass insbesondere die Unterhaltsverpflichtungen dazu führen, dass die Klägerin von der Kündigung erheblich betroffen ist. Sie hatte aber genügend Zeit und Gelegenheit, ihre Arbeitsleistung „mittlerer Art und Güte“ zu erbringen. Es ist der Beklagten nicht zuzumuten, weitere Abmahnungen auszusprechen, die keine Verbesserungen zeitigen. Sie muss im Gegenteil aufpassen, dass aufgrund der Vielzahl die Warnfunktion nicht verloren geht. Die 51 Jahre alte Klägerin hat durchaus noch Aussicht, auf dem Arbeitsmarkt eine vergleichbare Stelle zu finden. Die Betriebszugehörigkeit ist vergleichsweise kurz.
3.
Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, denn die Beklagte hat die erforderliche Betriebsratsanhörung ordnungsgemäß durchgeführt.
3.1.
Gemäß § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG ist die ohne Beteiligung des Betriebs- oder Personalrats erfolgte Kündigung unwirksam (vgl. BAG 16.03.2000 EzA § 108 BPersVG Nr. 2). Das gilt aufgrund einer ausdehnenden Auslegung dieser Vorschrift auch dann, wenn das Anhörungsverfahren nicht wirksam eingeleitet oder durchgeführt oder abgeschlossen worden ist (BAG 04.06.2003 EzA § 209 InsO Nr. 1; 06.10.2005 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 16; Landesarbeitsgericht BW 11.08.2006 LAGE § 102 BetrVG 2001 Nr. V; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht; DLW/Dörner, 15. Aufl. 2020, Kap. 4 Rz. 354 ff.).
Das Anhörungsverfahren ist dann abgeschlossen, wenn die Äußerungsfrist gemäß § 102 Abs. 2 BetrVG (eine Woche für die ordentliche Kündigung) abgelaufen ist oder der Betriebsrat bereits vorher eine abschließende Stellungnahme abgegeben hat.
Einer Äußerung des Betriebsrats während des Anhörungsverfahrens kommt nur fristverkürzende Wirkung zu, wenn ihr der Arbeitgeber unzweifelhaft entnehmen kann, dass es sich um eine abschließende Stellungnahme handelt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn es sich um ein Formular des Arbeitgebers handelt, aufgrund dessen der Betriebsrat eine "abschließende" Stellungnahme durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens abgibt. Erklärt der Betriebsrat dies - wie im vorliegenden Fall - nicht ausdrücklich, ist der Inhalt seiner Mitteilung durch Auslegung entsprechend den §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Diese Auslegung muss eindeutig ergeben, dass der Betriebsrat sich bis zum Ablauf der Anhörungsfrist nicht noch einmal – und sei es "nur" zur Ergänzung der Begründung seiner bereits eröffneten Entschließung - äußern möchte. Der Arbeitgeber muss aufgrund der bisherigen Äußerungen des Betriebsrats davon ausgehen können, dieser werde unter keinen Umständen mehr tun als bereits geschehen (vgl. zum Vorstehenden die Entscheidung des BAG vom 25.05.2016 - 2 AZR 345/15, Rdn. 24 mit weiteren Zitaten der ständigen Rechtsprechung des Senats). Die Annahme einer vorfristig abgegebenen verfahrensbeendenden Äußerung bedarf nach diesen Ausführungen "besonderer Anhaltspunkte". Solche liegen regelmäßig vor, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber mitteilt, er stimme der beabsichtigten Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zu oder erklärt, von einer Äußerung zur Kündigungsabsicht abzusehen (BAG, Urteil vom 25. Mai 2016, Az. 2 AZR 345/15, BAGE 155, 181-190, juris).
3.2.
Hier wurde am 08.12.2020 dem Vorsitzenden des Betriebsrates zur Anhörung das in Kopie als Anlage B7 vorgelegte Schreiben zugeleitet. Das Schreiben enthält alle erforderlichen Angaben, Fehler sind weder erkennbar noch von der Klägerin gerügt. Unter dem 10.12.2020 teilte der Betriebsrat darauf Folgendes mit:
„In der Sitzung vom 10.12.2020 hat der Betriebsrat einstimmig beschlossen, zur beabsichtigten Kündigung keine Stellungnahme abzugeben.“
(vgl. Anlage B8, Bl. 66 d.AA.)
Die Wochenfrist war somit bei Ausspruch der Kündigung am 16.12.2020, § 130 Abs. 1 BGB, bereits abgelaufen, darüber hinaus liegt eine abschließende Stellungnahme vor.
4.
Die somit wirksame Kündigung wurde unter Einhaltung der Frist aus § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgesprochen, zu anderen Fristen haben die Parteien nicht vorgetragen.
Aus Nr. 8.1. des Arbeitsvertrages ergibt sich, dass für das Arbeitsverhältnis die einschlägigen Tarifverträge der Deutsche Postbank AG in ihrer jeweils gültigen Fassung anzuwenden sind, soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Laut Nr. 10.3. des Arbeitsvertrages gelten die im einschlägigen Tarifvertrag vorgesehenen Kündigungsfristen. Dass diese nicht eingehalten sei, hat die Klägerin nicht geltend gemacht.
IV.
Da das Arbeitsverhältnis beendet ist, steht der Klägerin die Weiterbeschäftigung nicht zu. Die Anschlussberufung war daher zurückzuweisen.
V.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Klägerin unterliegt in erster wie in zweiter Instanz vollständig.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind weder erkennbar noch vorgebracht. Es liegt insbesondere keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, die Kammer hat vielmehr einen Einzelfall unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entschieden.
Auf die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.