BAG: Mobbing - Selbstmord des Arbeitnehmers
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 8 AZR 347/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, ArbGG, AGG, GG
Vorschriften:
BGB § 241 | |
BGB § 253 | |
BGB § 276 | |
BGB § 280 | |
BGB § 823 | |
BGB § 844 | |
BGB § 845 | |
BGB § 1922 | |
ZPO § 139 | |
ZPO § 551 | |
ArbGG § 69 | |
ArbGG § 72 | |
AGG § 1 | |
AGG § 3 | |
GG Art. 103 Abs. 1 |
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
8 AZR 347/07
Verkündet am 24. April 2008
In Sachen
hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Hauck, die Richter am Bundesarbeitsgericht Böck und Breinlinger sowie die ehrenamtlichen Richter Eimer und Burr für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 25. Januar 2007 - 2 Sa 366/05 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend, weil diese den von ihrem Ehemann begangenen Selbstmord verschuldet habe. Außerdem verlangt sie Schadensersatz wegen des immateriellen Schadens, den ihr verstorbener Ehemann durch "Mobbing" der Beklagten erlitten habe.
Der Ehemann der Klägerin war seit 1996 bei der Beklagten als Betriebshandwerker beschäftigt. Er verrichtete überwiegend Hausmeistertätigkeiten. Sein vertraglich vereinbarter Stundenlohn betrug zuletzt 8,44 Euro brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Am 21. September 2004 beging der Ehemann der Klägerin Selbstmord. Die Klägerin ist seine Alleinerbin.
Die Beklagte hatte dem Ehemann der Klägerin (im Folgenden: Erblasser) mit Schreiben vom 2. Juli 2004 betriebsbedingt zum 31. Juli 2004 gekündigt. Nachdem der Erblasser Kündigungsschutzklage erhoben hatte, nahm die Beklagte die Kündigung zurück. Nach einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vom 5. bis 18. Juli 2004 arbeitete der Erblasser seit 19. Juli 2004 wieder bei der Beklagten. Er war nach Wiederaufnahme der Arbeit von dem Meister der Beklagten, W, aufgefordert worden, den Zentralschlüssel für den Zugang zu den einzelnen Abteilungen und Werkzeugschränken abzugeben. Er wurde dann in der Stanzerei eingesetzt und mit Transport- und Montagearbeiten betraut sowie beim Biegen und einmal in der Müllabfuhr eingesetzt.
Nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub stellte er am 2. August 2004 fest, dass sein Umkleidespind belegt war. Auch war sein Einlasschip für die Umkleidekabine und die anderen Abteilungen der Stanzerei gesperrt. Er ließ sich daraufhin einen anderen Spind im Umkleideraum der Stanzerei zuweisen.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe den Erblasser nach dem Ausspruch der später zurückgenommenen Kündigung systematisch "gemobbt". Ständige, nicht vorhersehbare Unterbrechungen bei der Arbeit, dauerndes Kritisieren wegen angeblicher Nichterfüllung der Norm, Lohnreduzierung, soziale und räumliche Isolation durch sprunghaftes Zuordnen in andere Kollektive und Arbeitsabläufe, Verleumdungen, Kränkungen, Lächerlichmachen sowie die Erteilung von unter- bzw. überfordernden und sinnlosen Aufträgen hätten zu psychischer und körperlicher Gesundheitsschädigung und zur Erkrankung des Erblassers geführt. Dieses "Mobbing" sei letztlich die Ursache für den Selbstmord gewesen. Beim Erblasser seien erst mit Zugang der Kündigung am 2. Juli 2004 pathologische Befunde aufgetreten, wegen derer er regelmäßig seinen Hausarzt aufgesucht habe. Er habe seine Beschwerden auf die Probleme am Arbeitsplatz zurückgeführt. Dem Geschäftsführer der Beklagten sei bewusst gewesen, dass sein Verhalten beim Erblasser die medizinischen Folgen wie Angstgefühle, Schweißausbrüche uä. hervorrufen könnten. Er habe dies in Kauf genommen.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung für den dem Erblasser entstandenen immateriellen Schaden. Dieser Schadensersatzanspruch betrage mindestens 40.000,00 Euro. Weiter macht die Klägerin die Erstattung der entstandenen Beerdigungskosten iHv. 2.635,17 Euro und eines Unterhaltsschadens iHv. 247,16 Euro sowie einen Schadensersatzanspruch wegen verlorener Dienste iHv. 160,00 Euro geltend.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte wird verurteilt, eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung für immaterielle Schäden zu zahlen, die 40.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte,
2. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.042,33 Euro zu zahlen, in erster Linie aus dem Sachschaden für Bestattungskosten, hilfsweise aus Unterhaltsschaden, weiter hilfsweise aus Schadensersatz für verlorene Dienste.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie bestreitet, den Selbstmord des Erblassers verursacht zu haben. Dieser sei nach der Rücknahme der am 2. Juli 2004 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung einvernehmlich auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt worden. Es habe sich dabei nicht um eine "Strafversetzung" gehandelt. Der Erblasser habe dort größtenteils die gleichen Arbeiten wie bei seiner früheren Tätigkeit verrichtet. Der Einlasschip des Erblassers sei aus technischen Gründen und nicht aus Willkür gesperrt gewesen. Der Erblasser sei nicht schlechter oder anders als andere Arbeitnehmer behandelt worden. Auch sei er weder gekränkt noch verleumdet worden. Dass er dem Leistungsdruck nicht gewachsen gewesen sei, sei nicht erkennbar gewesen. Er habe diesbezüglich auch seinen Vorgesetzten oder dem Geschäftsführer der Beklagten keine Mitteilung gemacht. Für das von der Klägerin geschilderte Krankheitsbild und die behauptete psychische Erkrankung des Erblassers habe es keine Anhaltspunkte gegeben.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der auch auf die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gestützten Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die einzelnen von der Klägerin vorgetragenen Verhaltensweisen der Beklagten erfüllten nicht den Begriff des "Mobbing". Ein auf das Ziel der schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Erblassers gerichtetes Verhalten seitens der Beklagten sei für das Berufungsgericht nicht erkennbar. Ein Ziel der Beklagten, den Erblasser und andere Arbeitnehmer durch Kündigungen und deren Rücknahmen, verbunden mit einer Versetzung in die Stanzerei in ihren Persönlichkeitsrechten zu verletzen, sei nicht ersichtlich. Selbst dann, wenn bei einer Gesamtbetrachtung die Annahme gerechtfertigt wäre, dass die einzelnen, für sich genommen unschädlichen Handlungen der Beklagten ein systematisches, auf das Ziel der schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Erblassers gerichtetes Verhalten der Beklagten darstellten, hätte die Klägerin "die ihr obliegende Darlegungs- und Beweislast nicht erbracht, wonach das Verhalten der Beklagten bzw. ihres Geschäftsführers Herrn W den Suizid des Herrn L (Erblasser) kausal verursacht" habe. Die Klägerin hätte darlegen und beweisen müssen, dass die Beklagte zumindest damit habe rechnen müssen, dass ihre rechtswidrigen Handlungen grundsätzlich auch geeignet waren, beim Erblasser Gesundheitsschäden auszulösen. Dieser sei zwar nach dem Erhalt der Kündigung in der Zeit vom 5. bis 18. Juli 2004 arbeitsunfähig erkrankt. Dabei könne unterstellt werden, dass er über Durchfall, Erbrechen, Übelkeit, Herzbeschwerden und andere psychosomatische Erscheinungen geklagt habe, welche vor dem Kündigungsausspruch nicht vorgelegen hätten. Seitens der Beklagten sei aber ausdrücklich bestritten worden, dass der Erblasser seinen Vorgesetzten oder dem Geschäftsführer gegenüber zum Ausdruck gebracht habe, dass er der neuen Tätigkeit weder physisch noch psychisch gewachsen sei. Demzufolge könne zwar die Kündigung ursächlich für die Gesundheitsbeeinträchtigung des Erblassers gewesen sein, sie habe diese aber nicht adäquat kausal verursacht, weil die Beklagte nicht damit habe rechnen müssen, dass der Erblasser durch den Kündigungsausspruch und/oder die Zuweisung einer anderen Tätigkeit erkranken oder sich das Leben nehmen werde. So habe der Erblasser zwar nach der Kündigung wiederholt seinen Hausarzt aufgesucht, sei von diesem andererseits aber ab dem 19. Juli 2004 wieder arbeitsfähig geschrieben worden und habe danach die zugewiesenen anderen Arbeiten erledigt. Es lägen "nicht die kleinsten Hinweise dafür vor, dass die Beklagte den Freitod ... in irgendeiner Form hätte erkennen können oder gar in Kauf genommen hätte".
B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung Stand.
I. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen sind unzulässig.
1. Die Klägerin beruft sich zunächst darauf, der Vorsitzende der Berufungskammer habe zu Beginn der mündlichen Verhandlung erklärt, "das Gericht teile den Standpunkt des Gerichtes erster Instanz nicht". Die Klägerin meint, die logische Konsequenz aus dieser Erklärung sei gewesen, dass sie davon habe ausgehen dürfen, das Landesarbeitsgericht werde das Urteil des Arbeitsgerichts aufheben und der Berufung stattgeben. Auf Grund dieser Erklärung stelle sich das Urteil des Landesarbeitsgerichts als "Überraschungsentscheidung" dar.
Soweit die Klägerin meint, das Landesarbeitsgericht habe deshalb eine "Überraschungsentscheidung" gefällt, weil es ihr keine Gelegenheit eingeräumt habe, zur geänderten Rechtsauffassung des Gerichts Stellung zu nehmen, ist die Verfahrensrüge nicht ausreichend begründet.
Die Klägerin hätte nämlich nicht nur vortragen müssen, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht hätte geben müssen, sondern auch, welche weiteren entscheidungserheblichen Tatsachen sie dann in der Berufungsinstanz noch vorgebracht hätte (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1). An Letzterem mangelt es jedoch der klägerischen Verfahrensrüge.
2. Die Klägerin hat auch keine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) dargelegt.
a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfalle ergibt, dass das Gericht dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist.
b) Wird von einer Partei die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, gehört es zu einer zulässigen Verfahrensrüge, dass sie die Tatsachen bezeichnet, die den behaupteten Verfahrensmangel ergeben sollen (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2b ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG). Dafür ist es erforderlich, dass sie konkret darlegt, welches wesentliche Vorbringen das Berufungsgericht übergangen haben soll. An einem solchen Sachvortrag der Klägerin fehlt es im Streitfalle, weil sie nicht hinreichend dargelegt hat, welche ihrer rechtlichen oder tatsächlichen Ausführungen das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt haben soll. Soweit die Klägerin behauptet, das Landesarbeitsgericht habe "eine Vielzahl von Beweisantritten übergangen", genügt dies für eine ordnungsgemäße Begründung der erhobenen Verfahrensrüge nicht. Macht der Revisionskläger nämlich geltend, das Berufungsgericht habe einen Beweisantritt übergangen, so ist diese Rüge nur zulässig, wenn die Revisionsbegründung das Beweisthema wiedergibt, die Angabe der Schriftsatzoder Protokollstelle enthält, mit welcher der Beweis in der Berufungsinstanz angetreten worden ist, und wenn dargelegt wird, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb das angefochtene Berufungsurteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 722/05 - EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 6). Derart konkrete Angaben enthält die Revisionsbegründung nicht.
3. Auch die von der Klägerin erhobene Aufklärungsrüge ist unzulässig.
a) Die Klägerin meint, das Landesarbeitsgericht sei "weder im Konkreten noch im Allgemeinen bei den dargelegten und unter Beweis gestellten einzelnen Vorgängen seiner Hinweispflicht aus § 139 ZPO nachgekommen, um klarzustellen, dass und warum es der Beklagten keinerlei Darlegungs- und Beweislast nach dem qualifizierten Vortrag der Klägerin abverlangt" habe.
b) Wird die Verletzung der dem Berufungsgericht obliegenden Auf- klärungspflicht (§ 139 ZPO) gerügt, reicht es nicht aus, pauschal auf die Verletzung der Aufklärungspflicht hinzuweisen. Es muss vielmehr im Einzelnen vorgetragen werden, welche konkreten Hinweise das Landesarbeitsgericht dem Revisionskläger auf Grund welcher Tatsachen hätte erteilen müssen und welche weiteren entscheidungserheblichen Tatsachen der Revisionskläger dann in der Berufungsinstanz vorgebracht hätte. Nur so kann das Revisionsgericht feststellen, ob die gerügte Verletzung der Aufklärungspflicht für das angegriffene Berufungsurteil kausal war (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1).
c) Diesen Anforderungen genügt die Aufklärungsrüge der Klägerin nicht.
Sie hat weder dargelegt, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht hätte geben müssen, noch was sie auf Grund eines solchen im Einzelnen vorgetragen hätte.
II. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
1. Der verstorbene Ehemann der Klägerin hatte gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz eines erlittenen immateriellen Schadens, der auf die Klägerin als Alleinerbin und damit Gesamtrechtsnachfolgerin des Erblassers nach § 1922 Abs. 1 BGB, übergegangen sein könnte.
a) Die Klägerin macht geltend, der Erblasser habe wegen "Mobbing" durch die Beklagte seine geistigen Fähigkeiten und die psychische Stärke verloren, was schließlich die Entscheidung zum Freitod bewirkt habe.
b) "Mobbing" ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen.
Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche auf Grund "Mobbings" geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (Senat 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - NZA 2008, 223; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 mwN). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes "Belästigung", die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (Senat 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO).
c) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist weder ein vertraglicher noch ein gesetzlicher Anspruch des Erblassers auf Schadensersatz gegen die Beklagte auf die Klägerin übergegangen.
aa) Der Erblasser hatte keinen Anspruch gegen die Beklagte nach § 241 Abs. 2, § 253 Abs. 2, § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten.
Die Beklagte hatte als Arbeitgeberin gegenüber dem Erblasser, als ihrem Arbeitnehmer, bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Jeder Vertragspartei erwachsen aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils, § 241 Abs. 2 BGB. Dies verbietet auch die Herabwürdigung oder Missachtung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers verpflichtet (Senat 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - NZA 2008, 223).
(1) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Beklagte ihre sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebenden arbeitsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Erblasser durch den Ausspruch der betriebsbedingten Kündigung am 2. Juli 2004 verletzt und dadurch dessen Gesundheit verletzt hat. Grundsätzlich kann sich eine unberechtigte Kündigung als eine Arbeitsvertragsverletzung darstellen, die dann zum Ersatz eines durch die Kündigung verursachten Schadens führen kann, wenn der Arbeitgeber bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) hätte erkennen können, dass die Kündigung unwirksam ist (vgl. Senat 17. Juli 2003 - 8 AZR 486/02 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 27 mwN).
Es kann für die Entscheidung des Rechtsstreits dahinstehen, ob die ausgesprochene und später zurückgenommene Kündigung eine Gesundheitsschädigung des Erblassers adäquat kausal verursacht hat. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, ist nicht von einer Verantwortlichkeit der Beklagten iSd. § 276 BGB für diese Gesundheitsschädigung auszugehen. Die Klägerin, welche für das Vorliegen einer Pflichtverletzung durch die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig ist (Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6), hat nämlich weder konkret dargelegt, dass die Beklagte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung hätte erkennen können noch dass sie hätte erkennen können, der Erblasser werde auf Grund dieser Kündigung erkranken.
(2) Auch die Beschäftigung des Klägers in der Stanzerei nach der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit nach der Kündigungsrücknahme stellt keine schadensersatzpflichtige Vertragsverletzung durch die Beklagte dar. Dies hat das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht überprüfbarer Weise festgestellt.
Die Frage, ob ein Gesamtverhalten eines Arbeitgebers, Vorgesetzten oder Arbeitskollegen als eine Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten auf Grund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden. Daher ist durch das Revisionsgericht nur zu überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (Senat 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - NZA 2008, 223).
Zwar hat sich das Landesarbeitsgericht nicht im Einzelnen damit auseinandergesetzt, warum sich der Einsatz des Erblassers in der Stanzerei nicht als Vertragsverletzung durch die Beklagte darstellt. Es hat jedoch zulässigerweise insoweit von einer Darstellung in den Entscheidungsgründen abgesehen und festgestellt, dass es diesbezüglich den Entscheidungsgründen des arbeitsgerichtlichen Urteils folgt, § 69 Abs. 2 ArbGG. Damit sind die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts insoweit auch Bestandteil des landesarbeitsgerichtlichen Urteils.
Das Arbeitsgericht hat seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die Parteien im Arbeitsvertrag vom 13. Mai 1996 als Tätigkeit des Klägers "Betriebshandwerker" vereinbart haben, und dass der Vertrag die Klausel: "Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auch andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten", enthält. Damit hätten die Arbeitsvertragsparteien einen weitreichenden Versetzungsvorbehalt kraft Direktionsrechts vereinbart. Zwar müsse der Arbeitgeber gem. § 315 BGB bei der Ausübung seines Direktionsrechts die persönlichen Belange des Arbeitnehmers berücksichtigen und dürfe nicht willkürlich handeln. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte den betriebsbedingten Wegfall des Arbeitsplatzes des Erblassers geltend mache, erscheine die Zuweisung der neuen Tätigkeit an den Kläger als "nicht offensichtlich unter Verstoß gegen das Direktionsrecht" erfolgt. Im Übrigen sei auch zu berücksichtigen, dass der Erblasser in seiner Kündigungsschutzklage die weitere zumutbare Beschäftigung bei der Beklagten geltend gemacht habe.
Des Weiteren hat das Arbeitsgericht einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers auch deswegen verneint, weil mit der Ausübung der neuen Tätigkeit kein Ansehensverlust des Erblassers verbunden gewesen sei. Dieser sei vor Ausspruch der Kündigung vom 2. Juli 2004 bei der Beklagten als Betriebshandwerker beschäftigt gewesen. Er habe vorgetragen, bisher überwiegend Hausmeistertätigkeiten verrichtet zu haben. In einem Schreiben an die Beklagte habe er geschildert, dass er sowohl mit Maurer-, Maler- und Fliesenlegerarbeiten als auch Schlosserarbeiten betraut sowie als Fahrer eingesetzt gewesen sei. Daraus ergebe sich, dass er bereits vor dem Ausspruch der Kündigung mit ständig wechselnden Tätigkeiten beauftragt worden sei. Der Erblasser sei zuvor gewerblicher Arbeitnehmer gewesen und sei dies auch nach der Zuweisung des Arbeitsplatzes in der Stanzerei geblieben. Ein Ansehensverlust für ihn durch den Einsatz in der Stanzerei sei nicht ersichtlich. Selbst wenn man unterstelle, dass die Beklagte nicht nur den Erblasser, sondern weitere Mitarbeiter in die Stanzerei versetzt habe, um diese zu disziplinieren, zeige sich hierin zwar eine archaische Vorstellung der Beklagten von ihren Rechten als Arbeitgeberin. Ein Ziel der Beklagten, sowohl den Erblasser als auch die weiteren Arbeitnehmer durch eine Versetzung in ihren Persönlichkeitsrechten zu verletzen, sei hingegen nicht ersichtlich. Die Beklagte versuche vielmehr mit arbeitsrechtlich unzulässigen Mitteln ihre Ziele, das seien in erster Linie Kostenreduzierungen, durchzusetzen. Für derartige Absichten eines Arbeitgebers stelle die Rechtsordnung jedoch ein ausgesuchtes Instrumentarium zur Korrektur eines derartigen Verhaltens zur Verfügung. Angefangen von der Kündigungsschutzklage über die Leistungsklage bis hin zur Klage auf vertragsgemäße Beschäftigung stünden dem Arbeitnehmer mehrere Möglichkeiten zu, einer derartigen Vorgehensweise zu begegnen. In einer solchen möge zwar eine generelle Unterschätzung von Rechten der Arbeitnehmer zu sehen sein, eine Persönlichkeitsrechtsverletzung liege darin jedoch nicht. Lediglich der Einsatz des Erblassers am 4. August 2004 in der Müllabfuhr könnte die Zuweisung einer erniedrigenden Arbeit im Vergleich mit der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung darstellen. Dieser Einsatz des Erblassers sei allerdings einmalig erfolgt, so dass das Zeitmoment des andauernden diskriminierenden und anfeindenden Verhaltens dadurch nicht erfüllt sei.
Diese Feststellungen und Würdigungen des vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen arbeitsgerichtlichen Urteils lassen nicht erkennen, dass bei der Würdigung wesentliche Umstände des Einzelfalles nicht berücksichtigt wurden oder bei der vorzunehmenden Interessenabwägung bestimmten Gesichtspunkten keine oder eine unzutreffende Bedeutung beigemessen wurde. Diese tatrichterliche Bewertung entspricht im Ergebnis auch der Rechtsprechung des Senats in der Entscheidung vom 16. Mai 2007 (- 8 AZR 709/06 -AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Dort hat der Senat ausgeführt, dass auch den Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers überschreitende Weisungen des Arbeitgebers dann nicht den Tatbestand einer Persönlichkeitsrechtsverletzung erfüllen, wenn ihnen sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen.
(3) Zutreffend sind das Landesarbeitsgericht und das von ihm insoweit in Bezug genommene Urteil des Arbeitsgerichts davon ausgegangen, dass der Sachvortrag der Klägerin hinsichtlich der übrigen so genannten "Mobbing-Handlungen" der Beklagten nicht hinreichend konkret ist. Da der Arbeitnehmer, der Schadensersatzansprüche gegen seinen Arbeitgeber geltend macht, für das Vorliegen der behaupteten Pflichtverletzungen die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. oben B II 1 c (1)), hat er im Rechtsstreit die einzelnen Handlungen oder Maßnahmen, aus denen er die angeblichen Pflichtverletzungen herleitet, konkret unter Angabe deren zeitlicher Lage zu bezeichnen. Nur dadurch werden die Tatsachengerichte in die Lage versetzt, zu überprüfen, ob die behaupteten Vorgänge für sich allein betrachtet oder in der Gesamtschau zu einer Rechtsbeeinträchtigung des Arbeitnehmers geführt haben und dann gegebenenfalls über jeden behaupteten Vorgang Beweis zu erheben.
Diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag der Klägerin nicht. So fehlt es an einer genauen, auch datumsmäßig bezeichneten Darlegung der einzelnen behaupteten "Mobbing-Handlungen" der Beklagten und an entsprechenden Beweisangeboten. Insbesondere wird aus dem klägerischen Vorbringen nicht erkennbar, welche Mitarbeiter oder Vertreter der Beklagten die behaupteten Handlungen im Einzelfalle begangen haben sollen.
(4) Das Arbeitsgericht hat in seinen vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Entscheidungsgründen außerdem festgestellt, dass die von der Klägerin konkret dargelegte Zuweisung eines neuen Spindes im Umkleideraum und der Entzug des Zentralschlüssels durch die Beklagte eine organisatorische Folge der neu zugewiesenen Tätigkeit des Erblassers in der Stanzerei war und damit auf organisatorischen Gründen beruhte. Damit stellte es nach Ansicht des Arbeitsgerichts kein systematisches, aufeinander aufbauendes diskriminierendes Verhalten seitens der Beklagten dar. Außerdem sei der Einsatz des Erblassers in der Stanzerei nicht darauf zielgerichtet gewesen, ihn in seinem Persönlichkeitsrecht zu verletzen.
Auch diese tatrichterliche Würdigung enthält keinen revisionsrechtlich überprüfbaren Fehler. Gleiches gilt für die Bewertung des Arbeitsgerichts, allein der einmalige Einsatz des Erblassers in der Müllabfuhr erfülle nicht das Zeitmoment des lang andauernden diskriminierenden und anfeindenden Verhaltens.
bb) Der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens lässt sich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB herleiten. § 823 Abs. 1 BGB begründet einen Schadensersatzanspruch ua. bei einer vorsätzlichen oder fahrlässigen widerrechtlichen Verletzung der Gesundheit oder eines "sonstigen Rechtes", zu denen auch das Persönlichkeitsrecht zählt (Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).
(1) Liegen, wie die Vorinstanzen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt haben, keine gegen die arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten des § 241 Abs. 2 BGB verstoßenden Handlungen der Beklagten vor, fehlt es zwangsläufig auch an unerlaubten Handlungen iSd. § 823 Abs. 1 BGB, durch welche der Erblasser in seiner Gesundheit verletzt worden sein könnte.
(2) Auch wenn die von der Beklagten angesprochene Kündigung rechtsunwirksam gewesen wäre, wäre durch deren Anspruch der Erblasser nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt worden. Allein durch den Ausspruch einer unwirksamen Kündigung verletzt ein Arbeitgeber nicht seine dem Arbeitnehmer gegenüber bestehenden Rücksichtnahmepflichten. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen sind grundsätzlich nicht geeignet, die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vertragspflichtverletzung oder einer unerlaubten Handlung zu erfüllen (vgl. Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Eine solche in der Praxis häufig vorkommende Konfliktsituation ist der Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung. Der Gesetzgeber hat durch das Kündigungsschutzgesetz konkret geregelt, dass und wie sich der Arbeitnehmer gegen diese Maßnahme des Arbeitgebers zur Wehr setzen kann. Außerdem sind auch die Folgen einer rechtsunwirksamen Kündigung gesetzlich geregelt (vgl. zB Annahmeverzug des Arbeitgebers nach §§ 11 KSchG, 615 BGB, Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, Möglichkeit eines Auflösungsantrags durch den Arbeitnehmer oder Arbeitgeber nach § 9 KSchG).
Damit geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber sich im Regelfalle als ein sozial adäquates Verhalten darstellt, dessen Rechtswirksamkeit der Arbeitnehmer im Einzelfalle gerichtlich überprüfen lassen kann. Eine nicht mehr sozial adäquate Maßnahme könnte eine Kündigung nur dann darstellen, wenn sie den Arbeitnehmer über den bloßen Kündigungsausspruch hinaus in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt und dies vom Arbeitgeber auch so gewollt ist. Anhaltspunkte dafür sind im Streitfalle weder von der Klägerin konkret dargelegt noch offensichtlich erkennbar. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil die Kündigung aus betrieblichen, und nicht aus im Verhalten oder der Person des Erblassers liegenden Gründen ausgesprochen worden ist und weil sie die Beklagte in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage durch den Erblasser wieder zurückgenommen hat. Für die Annahme, die Beklagte habe die Kündigung nur deshalb ausgesprochen und dann wieder zurückgenommen, um dem Erblasser gesundheitlich zu schaden, dh. "ihn fertigzumachen", hat die Klägerin keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen. Dazu wäre sie jedoch verpflichtet gewesen, weil ihr auch in so genannten "Mobbing-Fällen" für das Vorliegen einer Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast obliegt (Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).
cc) Auch für die Verletzung eines Schutzgesetzes iSd. § 823 Abs. 2 BGB durch die Beklagte sind Anhaltspunkte weder von der Klägerin vorgetragen noch offensichtlich erkennbar.
2. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz der Beerdigungskosten (§ 823 Abs. 1 iVm. § 844 Abs. 1 BGB) und des entgangenen Unterhalts (§ 823 Abs. 1 iVm. § 844 Abs. 2 BGB) sowie auf Entschädigung wegen entgangener Dienste (§ 823 Abs. 1 iVm. § 845 BGB) nicht zu.
a) Voraussetzung für diese Schadensersatzansprüche wegen unerlaubter Handlung wäre, dass die Beklagte das Leben des Erblassers vorsätzlich oder fahrlässig verletzt hätte, § 823 Abs. 1 BGB. Ein Selbstmord stellt dann eine Verletzung des Lebens iSd. § 823 Abs. 1 BGB dar, wenn das Opfer vorsätzlich oder fahrlässig zum Selbstmord getrieben worden ist (Staudinger/J. Hager BGB 13. Aufl. § 823 Rn. B 1; Bamberger/Roth/Spindler BGB 2. Aufl. § 823 Rn. 29; AnwK-BGB/Katzenmeier § 823 Rn. 10). Insbesondere liegt dann eine Tötung iSd. §§ 823, 844 BGB vor, wenn der Tod des unmittelbar Verletzten sich als zurechenbare Folge der unerlaubten Handlung darstellt, zB wenn der Selbstmord infolge einer traumatischen Neurose erfolgt ist (Palandt/Sprau BGB 67. Aufl. § 844 Rn. 3).
b) Auch wenn im Streitfalle die zurückgenommene betriebsbedingte Kündigung und die Zuweisung einer Tätigkeit in der Stanzerei eine Verletzung der Gesundheit des Erblassers durch arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen bzw. unerlaubte Handlungen dargestellt hätten, fehlte es an einem zurechenbaren Zusammenhang zwischen der durch diese verursachten Gesundheitsschädigung des Erblassers und dem am 21. September 2004 begangenen Selbstmord.
Ein Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass die Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht adäquat kausal für den eingetretenen Schaden gewesen ist. Die für den Zurechnungszusammenhang maßgebliche Adäquanztheorie (Senat 15. November 2001 - 8 AZR 95/01 - BAGE 99, 368 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 121 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 68) schließt tatsächliche Entwicklungen, mit denen nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht zu rechnen ist, aus dem Verantwortungsbereich aus, weil eine Haftung für rein zufällige Folgen der Rechtsüberzeugung widersprächen, das Erfordernis der Beherrschbarkeit einer Schadensgefahr außer Acht ließe und keine generalpräventive Wirkung entfalten könnte. Der Ersatzpflichtige soll in der Regel für eine äußerst unwahrscheinliche Folge deshalb nicht einstehen müssen, weil diese außerhalb des vorhersehbaren und beherrschbaren Geschehens liegt (Senat 10. Mai 1990 - 8 AZR 209/89 -BAGE 65, 128 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 110 = EzA BGB § 426 Nr. 2). Ein adäquater Kausalzusammenhang besteht dann, wenn ein Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigem Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet ist (Senat 18. Januar 2007 - 8 AZR 234/06 - AP BGB § 823 Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 6 mwN). Das heißt, der Eintritt des Schadens darf nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufes der Dinge liegen. Ist dies der Fall, fehlt es an der Kausalität der Verletzungshandlung für den eingetretenen Erfolg (vgl. Senat 18. Januar 2007 - 8 AZR 234/06 - aaO).
Selbst dann, wenn die Beklagte dem Erblasser gegenüber zunächst eine sozial ungerechtfertigte Kündigung ausgesprochen hätte, die sie nach Erhebung der Kündigungsschutzklage zurückgenommen hat, entspräche es nicht dem regelmäßigen Lauf der Dinge, dass der Erblasser dadurch eine solch schwere gesundheitliche Beeinträchtigung erleidet, dass diese zu seinem Selbstmord führt. Bei einer Selbsttötung handelt es sich um einen derart seltenen und damit unwahrscheinlichen Geschehensablauf, dass er regelmäßig nicht als adäquat kausal durch im Arbeitsleben immer wieder vorkommende schädigende Handlungen, zB den Ausspruch und die Rücknahme einer sozial ungerechtfertigten betriebsbedingten Kündigung verursacht angesehen werden kann.
Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn es objektive, für Dritte erkennbare Anhaltspunkte für eine Suizidgefährdung des Arbeitnehmers gegeben hätte. Dies war im Streitfalle - wie auch vom Landesarbeitsgericht festgestellt -beim Erblasser jedoch offensichtlich nicht der Fall.
c) Aus den gleichen Gründen hat auch die Zuweisung der Tätigkeit in der Stanzerei - auch wenn diese unter Verstoß gegen das Direktionsrecht der Beklagten erfolgt sein sollte - den Selbstmord des Erblassers nicht adäquat kausal verursacht.
d) Weitere so genannte "Mobbing-Handlungen" der Beklagten, welche zu einer Gesundheitsschädigung des Erblassers geführt haben könnten und die dessen Selbstmord adäquat kausal verursacht haben könnten, hat die Klägerin nicht hinreichend konkret dargelegt.
C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Stichworte: | Schadensersatzanspruch - Selbstmord des Arbeitnehmers |
Verfahrensgang: | ArbG Jena, 3/5 Ca 35/04 vom 11.03.2005 Thüringer LAG, 2 Sa 366/05 vom 25.01.2007 |