LAG Berlin-Brandenburg: Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zur Abberufung der Fachkraft für Arbeitssicherheit
LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5.11.2019 – 7 TaBV 1728/19
ECLI:DE:LAGBEBB:2019:1105.7TABV1728.19.00
Volltext: BB-ONLINE BBL2020-180-4
Amtliche Leitsätze
1. Der Betriebsrat hat nach § 9 Abs. 3 Arbeitssicherheitsgesetz kein Mitbestimmungsrecht, insbesondere kein Initiativrecht, zur Abberufung der Fachkraft für Arbeitssicherheit.
2. Ist eine Rechtsfrage - wie hier - umstritten und die Frage noch nicht vom Bundesarbeitsgericht geklärt, ist die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig.
Sachverhalt
1. Die Beteiligten streiten über einen Antrag des Betriebsrats, eine Einigungsstelle mit dem Gegenstand „Abberufung der Fachkraft für Arbeitssicherheit“ einzusetzen.
Der Antragsteller und Beteiligte zu 1 ist der bei der Beteiligten zu 2, einem Unternehmen, das im Auftrag der BVG Fahrdienstleistungen erbringt, mit 17 Mitgliedern gewählte Betriebsrat.
Der Betriebsrat wirft der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Fachkraft für Arbeitssicherheit vor, nicht ausreichend für den Arbeitsschutz tätig zu werden. Er regte daher gegenüber der Arbeitgeberin an, diesen Mitarbeiter als Fachkraft für Arbeitssicherheit abzuberufen. Nachdem die Arbeitgeberin dieses Ansinnen als unbegründet zurückgewiesen hatte, beschloss der Betriebsrat in seiner ordentlichen Sitzung vom 09.07.2017 bei 13 anwesenden Betriebsratsmitgliedern mit 12 Ja-Stimmen und einer Enthaltung, seine Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen und gegebenenfalls gerichtlichen Geltendmachung seines Mitbestimmungsrechts bei der Abberufung der Fachkraft für Arbeitssicherheit zu beauftragen. Für die Einzelheiten des Beschlusses wird auf Bl. 87 d.A. Bezug genommen. In seiner Sitzung vom 03.09.2019, an der 15 von 17 Mitgliedern teilnahmen, beschloss der Betriebsrat die Einigungsstelle mit dem Gegenstand „Abberufung der Fachkraft für Arbeitssicherheit“ unter dem Vorsitz von Dr. R. P., Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht a.D. anzurufen und das Beschlussverfahren nach § 100 Arbeitsgerichtsgesetz einzuleiten. Für die Einzelheiten des Beschlusses wird auf den Protokollauszug (Bl. 46 d.A.) Bezug genommen. Ob die Einladung zu dieser Sitzung vor dem 30.08.2019 unter Punkt 9 einen entsprechenden Tagesordnungspunkt enthielt und allen Betriebsratsmitgliedern sowie Ersatzmitgliedern rechtzeitig zugegangen ist und ob für die beiden abwesenden Betriebsratsmitglieder Ersatzmitglieder hätten geladen werden müssen, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 03.09.2019, auf dessen Gründe für die weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen wird, zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand „Abberufung der Fachkraft für Arbeitssicherheit“ Dr. R. P., Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht a.D., bestellt und die Zahl der Beisitzer auf 2 je Seite festgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung liege ein ordnungsgemäßer Beschluss sowohl zur Verfahrenseinleitung als auch zur wirksamen Beauftragung eines Rechtsanwaltes vor. Einen solchen Beschluss habe der Betriebsrat in seiner ordentlichen Sitzung am 03.09.2019 getroffen. Der Betriebsrat habe zu dieser Sitzung unter Angabe der Tagesordnung eingeladen und in der Sitzung mit der erforderlichen Mehrheit der anwesenden Mitglieder seinen Beschluss gefasst. Die Einigungsstelle sei im Hinblick auf die in der Literatur weit vertretene Meinung auch nicht offensichtlich unzuständig. Sinn und Zweck der Norm spreche dafür, dem Betriebsrat ein Initiativrecht bei der Abberufung zu zubilligen. Zwei Beisitzer für jede Seite würden genügen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Gründe wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen diesen der Arbeitgeberin am 18.09.2019 zugestellten Beschluss richtet sich ihre Beschwerde, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 02.10.2019 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und zugleich begründet hat. Der Betriebsrat, dem die Beschwerdebegründung am 16.10.2019 zugestellt worden ist, hat mit einem beim Landesarbeitsgericht am 30.10.2019 eingegangenen Schriftsatz Anschlussbeschwerde hinsichtlich der Zahl der Beisitzer eingelegt
Die Arbeitgeberin rügt auch im Beschwerdeverfahren eine ordnungsgemäße Beschlussfassung und bestreitet, dass die Einladung zur Betriebsratssitzung vom 03.09.2019 schon vor dem 30.08.2019 den entsprechenden Tagesordnungspunkt 9 vorgesehen habe und sämtlichen ordentlichen Betriebsratsmitgliedern und ggf. Ersatzmitgliedern rechtzeitig zugegangen sei. Es spreche vieles dafür, dass der Betriebsrat erst durch einen im Verfahren eingereichten Schriftsatz der Beteiligten zu 2 vom 30.08.2019 auf sein Versäumnis hinsichtlich einer ausreichenden Beschlussfassung aufmerksam geworden sei und mit dem Beschluss vom 03.09.29019 versucht habe, diesen Fehler auszugleichen. Der Beschluss vom 03.09.2019 sei nicht ordnungsgemäß zu Stande gekommen. Es fehle an der rechtzeitigen Einladung, aber auch an der Ladung von 2 Ersatzmitgliedern für die beiden verhinderten Betriebsratsmitglieder. Jedenfalls aber sei die Einigungsstelle auch offensichtlich unzuständig. Störungen habe der Betriebsrat keine benennen können. Der Betriebsrat betrachte die Fachkraft für Arbeitssicherheit als seinen „verlängerten Arm“ und wolle sie entsprechend instrumentalisieren.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. September 2019, 30 BV 10381/19, abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt,
1. die Beschwerde der Beteiligten zu 2 zurückzuweisen,
2. den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 03.09.2019 - Az. 30 BV 10 381/19 - abzuändern und die Zahl der Beisitzer auf 3 je Seite festzusetzen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
Die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.
Der Betriebsrat verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung und verweist darauf, dass er bereits am 09.07.2019 die Einleitung eines Beschlussverfahrens zur Einsetzung der Einigungsstelle beschlossen habe, die Einladung vom 29. 8. 2019, die er den Betriebsratsmitgliedern per mail übersandt habe, rechtzeitig sei, weil es einer besonderen Vorbereitung für die beabsichtigte Beschlussfassung nicht bedurft habe. Die beiden nicht erschienenen Betriebsratsmitglieder hätten ihre Abwesenheit bzw. Verhinderung nicht vorher angezeigt, so dass der Betriebsratsvorsitzende auch keine Ersatzmitglieder habe laden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in dem mündlichen Anhörungstermin Bezug genommen.
Aus den Gründen
2. Die gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 ArbGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde der Arbeitgeberin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Abberufung der Fachkraft für Arbeitssicherheit“ unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht a.D. Dr. R. P. bestellt und die Zahl der Beisitzer auf 2 festgesetzt. Der Antrag des Betriebsrates auf Einsetzung eines Vorsitzenden einer Einigungsstelle ist zulässig und begründet. Die zu bildende Einigungsstelle ist nicht offensichtlich unzuständig.
2.1 Der Antrag ist zulässig. Das Einigungsstellenverfahren nach § 100 ArbGG wurde ordnungsgemäß bei Gericht eingeleitet.
2.1.1 Der dafür erforderliche Beschluss des Betriebsrats liegt vor. Der Betriebsrat hat mit Beschluss vom 03.09.2019 beschlossen, das Verfahren einzuleiten. Wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, war der Betriebsrat mit 15 anwesenden Mitgliedern beschlussfähig im Sinne von § 30 Abs. 2 BetrVG und hat seinen Beschluss gemäß § 33 Abs. 1 BetrVG mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder gefasst.
2.1.2 Der Beschluss war nicht bereits deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat für die beiden nicht erschienenen Betriebsratsmitglieder keine Ersatzmitglieder geladen hat. Zwar ist die Ladung aller Betriebsratsmitglieder einschließlich etwaiger Ersatzmitglieder eine zwingende Voraussetzung für einen ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses. Ist ein Betriebsratsmitglied verhindert, an der Sitzung teilzunehmen, ist ein Ersatzmitglied zu laden (§ 29 Abs. 2 Satz 6 BetrVG). Geschieht dies nicht, ist der Betriebsrat an einer wirksamen Beschlussfassung gehindert. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn das Betriebsratsmitglied plötzlich verhindert ist und es dem Betriebsrat nicht mehr möglich ist, das Ersatzmitglied rechtzeitig zu laden (vgl. BAG vom 18.01.2006 – 7 ABR 25 / 05 – Rz. 10 – juris).
Nach diesen Grundsätzen war eine Ladung von Ersatzmitgliedern für die Sitzung am 03.09.2019 entbehrlich. Nach dem von der Arbeitgeberin nicht bestrittenen Vortrag des Betriebsrates sind die beiden abwesenden Betriebsratsmitglieder zur Sitzung nicht erschienen, ohne ihre Abwesenheit oder Verhinderung vorher dem Vorsitzenden anzuzeigen. Damit konnten Ersatzmitglieder nicht rechtzeitig zur Sitzung geladen werden. Auch fehlt es für das Erfordernis der Nachladung von Ersatzmitgliedern an einem Verhinderungsgrund. Die Arbeitgeberin behauptet nicht, dass ein Verhinderungsfall tatsächlich vorgelegen habe. Liegt aber in Wahrheit ein Verhinderungsfall nicht vor, bedarf es nicht der vorherigen Ladung von Ersatzmitgliedern, da eine gewillkürte Stellvertretung von Betriebsratsmitgliedern nicht vorgesehen ist. .
2.1.3 Weiterhin erfolgte die Ladung unter Beifügung der erforderlichen Tagesordnung. Dabei konnte dahinstehen, ob die auf den 29.08.2019 datierte Ladung, die nach dem Vortrag des Betriebsrats im Anhörungstermin den Betriebsratsmitgliedern per E-Mail übermittelt wurde, den für dieses Verfahren maßgeblichen Tagesordnungspunkt 9 bereits vor dem 30.08.2019 enthalten hat. Denn auch wenn dieser Tagesordnungspunkt erst nach dem 30.08.2019 der Tagesordnung hinzugefügt worden sein sollte, wäre die Ladung noch rechtzeitig erfolgt. Denn der Betriebsrat hatte bereits in seiner Sitzung vom 09.07.2019 beschlossen, für den Fall der Nichteinigung die Einigungsstelle mit dem hier im Streit stehenden Regelungsgegenstand einzuberufen und seine jetzigen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen. Gegen die Wirksamkeit dieses Beschlusses erhebt die Arbeitgeberin keine Einwände. Die am 03.09.2019 getroffene Entscheidung des Betriebsrates das Verfahren durchzuführen und zum Vorsitzenden der Einigungsstelle Dr. R. P. stimmen zu lassen, bedurfte dann keiner längeren Vorbereitungszeit und damit auch keiner längerfristigen Ladung. Dass der Tagesordnungspunkt tatsächlich erst in der Betriebsratssitzung eingefügt worden wäre, behauptet die Arbeitgeberin selbst nicht.
2.2 Die Einigungsstelle ist nicht offensichtlich unzuständig.
2. 2.1 Gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 ArbGG kann der Antrag auf Einsetzung eines Vorsitzenden einer Einigungsstelle nach § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 BetrVG nur zurückgewiesen werden, wenn diese offensichtlich unzuständig ist. Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle ist dann anzunehmen, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt infrage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsumieren lässt (vgl. statt aller GMP-Schlewing ArbGG 9. Auflg. 2017 § 100 Rz. 9 mwN). Sinn der Regelung in Absatz 2 Satz 2 ist es, in Zweifelsfällen der Einigungsstelle die Prüfung ihrer Zuständigkeit zu überlassen und so eine beschleunigte Durchführung des Einigungsstellenverfahrens zu ermöglichen (ErfK-Koch § 100 ArbGG Rz. 3). Damit soll den Betriebsparteien im Bedarfsfall zeitnah eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung gestellt werden.
Nicht offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist, ob dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zusteht und es an einer Klärung des Bundesarbeitsgerichts fehlt. Hier kann eine Zuständigkeit der Einigungsstelle im Rahmen des Verfahrens nach § 100 Arbeitsgerichtsgesetz nicht verneint werden. Es ist dann Sache der Einigungsstelle ihre Zuständigkeit zu prüfen und eine entsprechende Entscheidung zu treffen, die im normalen Beschlussverfahren unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter und im vollständigen Instanzenzug überprüft werden kann (ErfK-Koch § 100 ArbGG Rz. 3)
2.2.2 Bei Beachtung dieses Maßstabes erweist sich die Einigungsstelle im vorliegenden Fall nicht als offensichtlich unzuständig.
Allerdings spricht der Gesetzeswortlaut in § 9 Arbeitssicherheitsgesetz gegen ein Initiativrecht des Betriebsrats bei der Abberufung der Fachkraft für Arbeitssicherheit und damit gegen eine Zuständigkeit der Einigungsstelle für einen solchen Antrag. Nach § 9 Abs. 3 Arbeitssicherheitsgesetz sind Fachkräfte für Arbeitssicherheit mit Zustimmung des Betriebsrats zu bestellen und abzuberufen. Das Gleiche soll bei deren Aufgabenerweiterung oder -Einschränkung gelten. Diesbezüglich wird auf § 87 BetrVG verwiesen. Diese Grundsätze gelten nur bei der Bestimmung von Arbeitnehmern als solche Personen, nicht aber bei der Verpflichtung von freiberuflich Tätigen. In letzterem Fall ist der Betriebsrat (nur) zu hören. Das Gesetz sieht daher für den Fall der Abberufung ausdrücklich nur die „Zustimmung“ des Betriebsrats vor. Eine “Zustimmung“ setzt aber bereits begrifflich eine Maßnahme des Arbeitgebers voraus; nur einer solchen Vorgabe durch den Arbeitgeber kann der Betriebsrat „zustimmen“.
Demgegenüber vertritt Richardi (BetrVG 16. Auflg. 2018 § 87 Rn. 599) im Hinblick auf den „Zweck der Mitbestimmungsnorm“, nämlich dass als Fachkraft für Arbeitssicherheit nur eine Person tätig werden soll, die das Vertrauen des Betriebsrats besitzen müsse, die Auffassung, es sei von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen, die dahin geschlossen werden müsse, dass dem Betriebsrat ein Initiativrecht bei der Abberufung zustehen müsse, wenn er die Eignung oder Kooperationsbereitschaft der Fachkraft für Arbeitssicherheit bestreite. Fitting (BetrVG 29. Auflg. 2018 § 87 Rn 321) vertritt die Auffassung, nach Sinn und Zweck der Bestimmung müsse davon ausgegangen werden, dass ein Initiativrecht des Betriebsrats für die Abberufung eines ungeeigneten Betriebsarztes bzw. einer Fachkraft für Arbeitssicherheit bestehen. Auch das Landesarbeitsgericht Hamm ist in einem Beschluss vom 07.01.2008 – 10 TaBV 125 / 07 (veröffentlicht in juris) in Bezug auf einen Betriebsarzt davon ausgegangen (Rz. 32), dass in den Fällen, in denen sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf die Anstellung eines Betriebsarztes durch Arbeitsvertrag geeinigt haben, der Betriebsrat bei der Abberufung des jeweiligen Betriebsarztes mitzubestimmen habe.
Diese Auffassung überzeugt indes nicht. Es liegt zunächst schon nicht nahe, von einer unbewussten gesetzlichen „Regelungslücke“ auszugehen. Der Gesetzgeber kannte die Begrifflichkeiten des Betriebsverfassungsgesetz, wie sich schon daraus ergibt, dass er im Satz 2 des Absatzes 3 von § 87 Betriebsverfassungsgesetz spricht. Wenn es dann im Gesetz heißt, „mit Zustimmung des Betriebsrates“, muss diese Gesetzesformulierung als maßgeblich angesehen werden. Hätte der Gesetzgeber dem Betriebsrat ein dem § 87 BetrVG entsprechendes Mitbestimmungsrecht einräumen wollen, hätte er dies ohne weiteres tun können.
Der Wortlautinterpretation steht auch nicht ein erkennbar anders gearteter Zweck der Norm entgegen. Auch wenn man, wie Richardi annimmt, dass die Fachkraft für Arbeitssicherheit das Vertrauen des Betriebsrats besitzen müsse, ist dem schon damit Rechnung getragen, dass dem Betriebsrat bei der Bestellung und Abberufung durch den Arbeitgeber ein Zustimmungsrecht eingeräumt wird. Auf diesem Weg ist sichergestellt, dass keine Person berufen werden kann, deren Bestellung der Betriebsrat nicht zugestimmt hätte. Ebenso kann eine Fachkraft für Arbeitssicherheit nicht abberufen werden, ohne dass der Betriebsrat dies mittragen würde, es sei denn eine Einigungsstelle hätte anders entschieden. Dass eine Vertrauenssituation zwischen Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsrat aber nur dann angenommen werden könnte, wenn dem Betriebsrat das Initiativrecht zu deren jederzeitige Abberufung zustehen würde, ist nicht anzunehmen.
Aber auch dann, wenn man – über den klaren Wortlaut hinausgehend – von einem (vollen) Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausgehen wollte, wäre damit nicht ohne weiteres das Bestehen eines Initiativrecht des Betriebsrates verbunden. Denn ein solches wohnt nicht jedem Mitbestimmungstatbestand inne, wie sich aus dem Mitbestimmungsrecht von § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz zeigt.
Im Hinblick auf die in der Literatur vertretene Auffassung, dem Betriebsrat stünde ein volles Mitbestimmungsrecht und auch ein Initiativrecht zu, ist jedoch vorliegend von einer ungeklärten Rechtsfrage auszugehen. Denn die insoweit streitige Frage ist vom Bundesarbeitsgericht noch nicht entschieden worden ist. Damit war nach den obigen Grundsätzen die Einigungsstelle nach § 100 ArbGG einzusetzen. Diese hat dann in eigener Kompetenz ihrer Zuständigkeit zu klären.
2.3 Die Anschlussbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Zahl der Beisitzer auf 2 für jede Seite festgesetzt. Durchgreifende Einwände enthält die Anschlussbeschwerde des Betriebsrats nicht. Soweit der Betriebsrat dort darauf verweist, es bedürfe möglicherweise auch der Benennung eines Beisitzers mit arbeitswissenschaftlichen Sachverstand, um die fachliche Eignung der Fachkraft für Arbeitssicherheit begutachten zu können, ließ sich eine solche Notwendigkeit seiner Begründung nicht entnehmen. Ob der im Anhörungsverfahren geltend gemachte Vorwurf - die Fachkraft für Arbeitssicherheit werde nicht in ausreichendem Maße tätig – zu einer Abberufung durch die Einigungsstelle führen kann, lässt sich durch die unter einem fachkundig besetzten Vorsitz gebildete Einigungsstelle auch mit 2 Beisitzern für jede Seite ebenso kompetent beurteilen, wie die noch zu entscheidende Frage der Zuständigkeit. Der Sachverhalt und die aufgeworfenen Rechtsfragen selbst sind jedenfalls ausreichend überschaubar.
3. Aus diesen Gründen waren die Beschwerde der Arbeitgeberin und die Anschlussbeschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen. Einer Entscheidung über die Kosten bedurfte es nicht, da Gebühren und Auslagen im Beschlussverfahren nicht erhoben werden.