BAG: Mindestbetriebsgröße im Kündigungsschutzgesetz
BAG , Urteil vom 28.10.2010 - Aktenzeichen 2 AZR 392/08 (Vorinstanz: LAG Hamburg vom 17.01.2008 - Aktenzeichen 7 Sa 41/07; ) (Vorinstanz: ArbG Hamburg vom 18.12.2006 - Aktenzeichen 26 Ca 152/06; ) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Leitsätze: Die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes auf einen Kleinbetrieb ist - in verfassungskonformer Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG - nicht stets schon dann geboten, wenn der betreffende Betrieb nicht sämtliche der einen Kleinbetrieb typischerweise prägenden Merkmale tatsächlich aufweist. Orientierungssätze: 1. § 23 KSchG liegt der allgemeine arbeitsrechtliche Betriebsbegriff zugrunde. 2. Das Erfordernis der Mindestgröße eines Betriebs in § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG trägt den besonderen Verhältnissen kleinerer Betriebe und Verwaltungen Rechnung. Die damit verbundene Benachteiligung von Arbeitnehmern in Kleinbetrieben ist sachlich gerechtfertigt, weil diese Betriebe typischerweise durch enge persönliche Zusammenarbeit, geringere Finanzausstattung und einen Mangel an Verwaltungskapazität geprägt sind. 3. Bei Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG ist durch eine an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte, verfassungskonforme Auslegung sicherzustellen, dass die Herausnahme aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes auf Einheiten beschränkt bleibt, für deren Schutz sie allein bestimmt und bei denen die Schlechterstellung der Arbeitnehmer sachlich begründet ist. 4. Dies verlangt nicht, den Betriebsbezug des maßgebenden Schwellenwerts stets schon dann zu durchbrechen, wenn sich ein Unternehmen in mehrere Kleinbetriebe gliedert, in denen insgesamt mehr als zehn bzw. fünf Arbeitnehmer beschäftigt werden. Eine solche generalisierende Betrachtung wäre mit der gebotenen Unterscheidung von "Betrieb" und "Unternehmen" nicht zu vereinbaren. 5. Ein Kleinbetrieb iSv. § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG liegt nicht nur dann vor, wenn er den maßgeblichen Schwellenwert unterschreitet und sämtliche der für Kleinbetriebe typischen Merkmale tatsächlich aufweist. Vielmehr wird der allgemeine Betriebsbegriff erst dann unmaßgeblich, wenn eine alle Umstände des Einzelfalls einbeziehende, wertende Gesamtbetrachtung ergibt, dass seine Beachtung angesichts der tatsächlichen Verhältnisse vor dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu rechtfertigen wäre. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Normenkette: KSchG § 23; Redaktionelle Normenkette: KSchG § 23;
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