LAG Berlin-Brandenburg: Mindestanforderung an den Nachtarbeitszuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.2.2016 – 2 Sa 2002/15
Volltext: BB-ONLINE BBL2016-2548-4
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Amtlicher Leitsatz
Der Nachtzuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen.
Sachverhalt
Die Parteien streiten zuletzt um die Zahlung von Arbeitsentgelt für die Monate Januar bis einschließlich November 2015 und dabei konkret um die Anrechnung von Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeld bzw. eines 13. Monatsentgelts auf den Mindestlohn sowie um die Berechnung von Zuschlägen auf der Basis des Mindestlohns.
Die Klägerin ist seit dem 01.01.2011 als Reinigungskraft in Teilzeit zunächst aufgrund des Arbeitsvertrages vom 28.12.2010 (vgl. dazu die Kopie des Vertrages Bl. 10 ff. d. A.) und danach aufgrund des Änderungsvertrages vom 21.12.2014 (vgl. dazu den Änderungsvertrag in Kopie (Bl. 15 d. A.) zuletzt ab Januar 2015 im Umfang von 30 Stunden pro Woche für ein monatliches Entgelt von 1043,52 EUR brutto bzw. 1064,39 EUR brutto (1043,52 EUR brutto + eine zweiprozentige Gehaltserhöhung) und zu allerletzt im Umfang von 40 Stunden pro Woche ab November 2015 beschäftigt. Unter § 3 bis § 4 des Arbeitsvertrages vom 28.12.2010 ist geregelt:
„§ 3 Lohn; Gehalt
…
c) Für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen wird ein Zuschlag in nachstehender Höhe des vereinbarten Stundenlohnes gezahlt. Fällt der gesetzliche Feiertag auf einen Sonntag wird nur der Feiertagszuschlag gewährt.
Sonntagszuschlag: 30 %
Feiertagszuschlag: 100 %
d) Für die Arbeit in der Zeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr (Nachtarbeit) erhält der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin einen Zuschlag in nachstehender Höhe des vereinbarten Stundenlohnes.
Nachtzuschlag: 10 %
§ 4 Urlaubsgeld, Zuwendung
Hat das Arbeitsverhältnis seit Beginn des laufenden Kalenderjahres bestanden, erhält der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin zur Lohnzahlung Mai ein zusätzliches Urlaubsgeld des im Fälligkeitsmonat vereinbarten Entgelts § 3 des Arbeitsvertrages und mit der Gehaltszahlung im Monat November ein Weihnachtsgeld des zu diesem Zeitpunkt vereinbarten Lohns/Gehalts als Sonderzuwendung in nachstehender Höhe.
Urlaubsgeld: 50 %
Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld): 50 %
Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im laufenden Kalenderjahr oder hat der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin nicht während des gesamten Jahres Bezüge von der Einrichtung erhalten, vermindert sich das zusätzliche Urlaubsgeld sowie die Sonderzuwendung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem kein Arbeitsverhältnis bestanden oder für den keine Bezüge beansprucht wurden. Eventuell zuviel gezahltes Urlaubsgeld und/oder Sonderzuwendungen sind zurückzuzahlen.“
Am 08.12.2014/10.12.2014 schlossen der bei der Beklagten gebildete Betriebsrat und die Beklagte eine Betriebsvereinbarung unter anderem mit folgendem Inhalt:
„Betriebsvereinbarung
Inkrafttreten Mindestlohngesetz
…
Geltungsbereich
Die Betriebsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer der Arbeitgeberin, ausgenommen leitende Angestellte und geringfügig Beschäftigte.
Fälligkeit
Sonderzahlungen Urlaubsgeld/Weihnachtsgeld
Arbeitsvertraglich vereinbarte Jahressonderzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) sind in Höhe von einem 1/12 für jeden Kalendermonat zur betriebsüblichen Fälligkeit der Monatsvergütung zur Zahlung fällig.
Ausschluss betriebsbedingter Kündigung
Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2017 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. Ausgenommen von dieser Regelung ist die Notwendigkeit der Auflösung eines Bereichs aus nachweislich wirtschaftlichen Gründen.
…“
Mit Schreiben vom 16.12.2014 teilte die Geschäftsführerin der Beklagten allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter anderem mit, dass zum 01.01.2015 die Möglichkeit bestehe, für alle Beschäftigten eine Vergütungserhöhung um 2 % vorzunehmen. Des Weiteren heißt es in dem Schreiben, dass, um die Wirtschaftlichkeit der Vergütungserhöhung zu sichern, eine Anpassung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen auch zu der bisher hälftig mit der Vergütung Mai und November erbrachten Jahressonderzahlung notwendig sei. Die Jahressonderzahlung, das 13. Gehalt, solle jetzt monatlich zu 1/12 fortlaufend gezahlt werden. Der Betriebsrat habe der Änderung durch Betriebsvereinbarung zugestimmt, so dass allen Beschäftigten unter Einbeziehung der anteiligen Jahressonderzahlung dann sogar mehr als der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 EUR brutto je Stunde gezahlt werden könne. Im Weiteren heißt es wörtlich:
„… weil mit diesen Maßnahme den Erwartungen und Interessen der Beschäftigten gut entsprochen werden kann, bitte ich Sie wie auch alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um Unterzeichnung des beigefügten Änderungsvertrages und Abgabe in der Personalabteilung. Nach Ihrer Unterzeichnung soll dann eine Unterzeichnung für die Arbeitgeberin erfolgen, sobald von allen Beschäftigten… die Änderungsverträge unterzeichnet der Personalabteilung wieder vorliegen. Sie erhalten danach eine unterzeichnete Ausfertigung der Vertragsänderung für Ihre Unterlagen zurück.
…“
Am 21.12.2014 unterzeichnete die Klägerin den Änderungsvertrag, danach die Beklagte. Der Änderungsvertrag enthält folgende Regelungen:
„§ 1 Vergütungserhöhung
Die Grundvergütung (Tabellenentgelt, Monatslohn) wird mit Wirkung ab 01.01.2015 um 2 % erhöht.
§ 2 Sonderzahlungen
Urlaubsgeld/Weihnachtsgeld
Alle bisherigen vertraglichen Vereinbarungen über Sonderzahlungen „Urlaubsgeld und/oder Weihnachtsgeld“ werden vollständig aufgehoben und durch folgende Regelungen ersetzt:
Der Mitarbeiter erhält als Jahressonderzahlung ein 13. Gehalt in Höhe der für den Monat Dezember des Vorjahres vereinbarten Grundvergütung (Tabellenentgelt, Monatslohn) ohne jegliche Zulagen und Zuschläge, jedoch inklusive etwaig vereinbarter „Ortszuschlag“ und „allgemeine Zulage“ im Sinne des BAT/O. Dieses 13. Gehalt wird in Höhe von 1/12 für jeden Kalendermonat zur betriebsüblichen Fälligkeit der Vergütung gezahlt. Der Anspruch in Höhe von 1/12 entfällt jeweils für den Kalendermonat, in dem keinerlei Anspruch auf Vergütung besteht.
§ 3 Arbeitszeitkonto
Es wird für den Mitarbeiter ein Arbeitszeitkonto geführt. Auf dem Arbeitszeitkonto wird die Arbeitszeit gebucht, die in einem Kalendermonat über die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet worden ist. So gebuchte Arbeitszeit ist spätestens bis zum Ablauf des gleichen Kalendermonats des Folgejahres durch Freizeit wieder vollständig auszugleichen. Unterbleibt dieser Freizeitausgleich, ist die so gebuchte Arbeitszeit in Höhe des im Zeitpunkt der Arbeitsleistung jeweils individuell arbeitsvertraglich geltenden Stundenlohnes, mindestens jedoch in Höhe des im Zeitpunkt der Arbeitsleistung geltenden gesetzlichen Mindestlohnes, zu vergüten.
§4 Schlussbestimmung
Der Änderungsvertrag gilt ab 01.01.2015. Alle weiteren bisherigen Vereinbarungen gelten unverändert fort.“
Einige Beschäftigte unterzeichneten den Änderungsvertrag nicht. Ab dem 01.01.2015 rechnete die Beklagte für die Klägerin monatlich verstetig einen Monatslohn in Höhe von 1064,39 € sowie jeweils Urlaubsgeld in Höhe von 1/12 (43,48 €) sowie eine Sonderzuwendung in Höhe von 1/12 (43,48 €) ab. Zuschläge für Nacht-, Überstunden-, Sonntags- und Feiertagsarbeit rechnete die Beklagte mit einem Bruttostundenlohnentgelt von 8,20 € ab. Mit der Klageschrift vom 02.04.2014 erklärte die Klägerin die Anfechtung des Änderungsvertrages vom 21.12.2014 wegen arglistiger Täuschung.
Mit ihren zuletzt vor dem Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel gestellten Klageanträgen vertritt die Klägerin die Auffassung, sie habe einen Anspruch auf Zahlung des Mindestlohnes nach dem Mindestlohngesetz in Höhe von 8,50 EUR brutto je Stunde, ohne dass die Beklagte hierauf Weihnachts- oder Urlaubsgeld anrechnen dürfe.
Der von der Klägerin am 21.12.2014 unterzeichnete Änderungsvertrag sei unwirksam. Aufgrund der mehrfachen Zusicherung der Geschäftsführerin der Beklagten, dass die Änderungsverträge von ihr erst gegengezeichnet würden, wenn alle Beschäftigten oder der Beklagten diese unterzeichnet hätten, habe der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingungen bestanden, dass alle Mitarbeiter die Änderungsverträge unterzeichneten. Diese aufschiebende Bedingung sei nicht eingetreten und die Klägerin nach Kenntnis dieses Umstandes von ihrem Angebot zurückgetreten. Jedenfalls sei aufgrund ihrer mit Schriftsatz vom 02.04.2015 erklärten Anfechtung der Änderungsvertrag von Beginn an unwirksam. Die arglistige Täuschung der Beklagten habe in der Vorspiegelung bestanden, alle Arbeitnehmer hätten unterzeichnet, da sie die ihrerseits unterzeichneten Änderungsverträge an die Mitarbeiter zurückschickte. Darüber hinaus sei vorgespiegelt worden, dass der Betriebsrat einer wirksamen Betriebsvereinbarung zugestimmt hätte. Schließlich sei der Änderungsvertrag auch wegen Verstoßes gegen das Mindestlohngesetz gemäß § 134 BGB unwirksam. Die im Änderungsvertrag vorgesehene Zwölftelung und die daraus folgende Anrechnung von Urlaubsgeld und Sonderzuwendung sei unzulässig.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt:
1. die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 454,08 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 41,78 EUR brutto seit dem 11.02.2015, aus 41,00 EUR brutto seit dem 11.03.2015, aus 42,27 EUR brutto seit dem 11.04.2015, aus 130,79 EUR brutto seit dem 11.05.2015, aus 74,63 EUR brutto seit dem 11.06.2016, aus 56,23 EUR brutto seit dem 11.07.2015 und aus 67,38 EUR brutto seit dem 11.08.2015 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Abrechnung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte von 1/12 Urlaubsgeld in Höhe von 43,48 EUR und 1/12 Sonderzuwendung in Höhe von 43,48 EUR durch Entgeltabrechnung für den jeweiligen Kalendermonat seit Januar 2015 unwirksam ist.
3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Urlaubsgeld in Höhe von 552,50 EUR brutto abzüglich bereits gezahlter 304,36 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 335,10 EUR seit dem 11.06.2015 bis zum 10.07.2015, aus 291,62 EUR seit dem 11.07.2015 bis zum 10.08.2015 und aus 248,14 EUR seit dem 11.08.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, der zwischen den Parteien mit Datum vom 21.12.2014 abgeschlossene Änderungsvertrag sei wirksam und berechtige die Beklagte daher zur monatlich anteiligen Auszahlung von Urlaubsgeld und Sonderzuwendungen. Der Änderungsvertrag habe nicht unter einer aufschiebenden Bedingung gestanden, bei dessen Unterzeichnung durch die Klägerin sei auch kein widerrechtlicher Druck ausgeübt worden. Die allein an einen bestehenden Entgeltanspruch geknüpfte Zahlung von Urlaubsgeld und Sonderzuwendung sei als Entgelt im engeren Sinne des von der Beklagten zu leistenden Mindestlohnes zu sehen. Maßgebend zur Bestimmung des Mindestlohnes sei § 1 Abs. 2 MiLoG, da die Beklagte selbst kein Pflegebetrieb sei und die Klägerin ausschließlich im Krankenhaus – für das die Beklagte Servicedienstleisterin sei – eingesetzt werde. Zuschläge seien gemäß § 3 des Arbeitsvertrages auf Basis des vereinbarten Stundenlohnes zu zahlen. Dies sei nicht der Mindestlohn. Die Betriebsvereinbarung vom 08.12./10.12.2014 sei im Ergebnis nicht unwirksam.
Die Beklagte hat ab April 2015 die zweiprozentige Erhöhung des Entgeltanspruchs inklusive der Zulagen nicht mehr bezahlt und die bereits gezahlte Erhöhung für die Zeit ab 01.01.2015 verrechnet (vgl. die Abrechnung für April 2015 Bl. 65 Anl. K 7 zum Schriftsatz vom 08.06.2015).
Mit Urteil vom 17.09.2015 hat das Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin ein Anspruch auf die Differenzentgelte bis einschließlich Juli 2015 nicht zustünde, da die Beklagte nach dem Änderungsvertrag vom 21.12.2014 das nunmehrige 13. Gehalt mit dem Anspruch auf den Mindestlohn verrechnen durfte. Der Änderungsvertrag sei wirksam zwischen den Parteien zustande gekommen. Er habe nicht unter einer aufschiebenden Bedingung gestanden. Dass die Klägerin von ihrem Vertragsangebot vor Übersendung des auch von der Beklagten unterzeichneten Änderungsvertrags zurückgetreten sei, sei nicht ersichtlich. Der Änderungsvertrag sei auch nicht von der Klägerin mit ihrer Anfechtungserklärung wirksam angefochten worden. Ein Anfechtungsgrund liege ersichtlich nicht vor.
Auf der Basis von §§ 1 und 2 des Änderungsvertrages vom 21.12.2014 betrage der monatliche Entgeltanspruch der Klägerin 1.064,39 EUR brutto + 2 x 43,48 EUR brutto Urlaubsgeld bzw. Sonderzuwendung. Da eine einvernehmliche Lösung des Änderungsvertrages ebenso wenig wie eine wirksame Anfechtung erfolgt sei, sei die Beklagte zu der von ihr vertraglich zugesagten Entgeltzahlung verpflichtet.
Die Klägerin habe keinen weiteren Entgeltanspruch gemäß § 1 Abs. 1 und 2 MiLoG.
Das der Klägerin ausgezahlte Entgelt erfülle ihren Anspruch auf Mindestlohn. Die von der Beklagten gemäß § 2 des Änderungsvertrages monatlich ausgezahlte Jahressonderzahlung (13. Gehalt) sei Entgelt im engeren Sinne und daher geeignet, den Anspruch auf Mindestlohn zu erfüllen. Die Regelung sei nicht gemäß § 3 MiLoG i. V. m. § 134 BGB unwirksam.
Auch insoweit die Klägerin Vergütungsdifferenzen für Sonntagszuschläge, Mehrstunden, Überstundenzuschläge und Nachtzuschläge geltend mache, sei die Klage abzuweisen.
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Berechnung der Zuschläge auf Grundlage eines Stundenlohnes von 8,50 EUR. Dies ergebe sich weder aus der arbeitsvertraglichen Regelung noch aus der Einführung des Mindestlohngesetzes. Denn nach § 1 Abs. 1 MiLoG schulde der Arbeitgeber nicht einen Stundenlohn von 8,50 EUR, sondern ein Arbeitsentgelt, was mindestens rein rechnerisch auf jede Arbeitsstunde berechnet dem Gegenwert des Mindestlohnes entspreche.
Die Regelungen zu Überstundenzuschlag, Sonntagszuschlag, Feiertagszuschlag, Nachtzuschlag und Wechselschichtzulage in § 3 des Arbeitsvertrages bezögen sich eindeutig auf das vereinbarte Monatsgehalt. Der durch die Einführung des Mindestlohngesetzes eingeführte Mindestlohn sei davon nicht betroffen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin ohne die Zuschläge ein Entgelt erhalte, was der Regelung nach § 1 Abs. 1 MiLoG entspreche. Damit sei die Regelung des Mindestlohngesetzes erfüllt.
Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und des Vortrags der Parteien erster Instanz wird auf das Urteil Bl. 152 – 164 sowie den Berichtigungsbeschluss Bl. 164 a – 164 c d. A. verwiesen.
Gegen dieses ihr am 28.10.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 19.11.2015 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene und am 27.11.2015 per Fax begründete Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag erster Instanz, erweitert die Klage um die Entgeltdifferenzen bis einschließlich November 2015 sowie um die Jahressonderzahlung 2015 und greift das Urteil des Arbeitsgerichts konkret an, indem sie meint, dass das angefochtene Urteil auf Rechtsfehlern beruhe und die nach § 529 ZPO zugrunde liegenden Tatsachen die angegriffene Entscheidung nicht rechtfertigten. Insbesondere sei der Änderungsvertrag vom 21.12.2014 nicht wirksam zustande gekommen, da nicht alle Beschäftigten den angebotenen Arbeitsvertrag unterzeichnet hätten. Dies sei jedoch aufschiebende Bedingung nach dem Anschreiben der Beklagten vom 16.12.2014 gewesen.
Mangels Eintritts der aufschiebenden Bedingung, dass alle Beschäftigten die Änderungsverträge unterschreiben, läge entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts von Anfang an kein wirksames Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages vor bzw. fehle es an dem Zustandekommen einer Einigung.
Jedenfalls habe die Klägerin entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts durch Erhebung der Klage von ihrem schwebend unwirksamen Angebot zurücktreten können sowie ihre auf Abschluss der Änderungsvereinbarung vom 21.12.2014 gerichtete Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung erfolgreich anfechten können.
Letzteres deshalb, weil die Beklagte durch Übersendung der unterschriebenen Änderungsvereinbarung gegenüber der Klägerin zumindest konkludent arglistig vorgespiegelt habe, dass die aufschiebende Bedingung aus dem Schreiben der Geschäftsführerin der Beklagten vom 16.12.2014 eingetreten sei.
Jedenfalls aber habe das erstinstanzliche Arbeitsgericht verkannt, dass das Verhalten der Beklagten gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstoße, weshalb sich die Beklagte auf ein etwaiges Zustandekommen des Änderungsvertrages vom 21.12.2014 wegen widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen könne.
Mindesten stellten die Regelungen in § 2 des Änderungsvertrages vom 21.12.2014 - was das erstinstanzliche Arbeitsgericht ebenfalls rechtsfehlerhaft verkannt habe - einen Verstoß gegen das Umgehungsverbot in § 3 Satz MiLoG dar, weshalb die Änderungsvereinbarung vom 21.12.2014 auch gemäß § 134 BGB unwirksam sei.
Ob der Änderungsvertrag vom 21.12.2014 nicht wirksam zustande gekommen oder wegen Rücktritts, Anfechtung bzw. nach § 134 BGB ex tunc unwirksam sei, könne letztendlich dahinstehen. Denn dadurch, dass die Beklagte nach Zustellung der Klageschrift vom 02.04.2015 mit der Entgeltabrechnung für April 2015 die für die Vormonate Januar bis März 2015 aufgrund des Änderungsvertrages vom 21.12.2014 abgerechnete und gezahlte zweiprozentige Erhöhung des Grundgehalts und der Zuschläge zurückgenommen, Rückverrechnungsabrechnungen für diese Monate erstellt, die daraus resultierende Differenz in Höhe von 65,01 EUR brutto (= 43,01 EUR netto) von der Vergütungsmonats April einbehalten und die Vergütung der Klägerin seit April 2015 so abgerechnet und gezahlt habe, als wäre der Änderungsvertrag vom 21.12.2014 nicht zustande gekommen, habe die Beklage die Unwirksamkeit des Änderungsvertrages vom 21.12.2014 jedenfalls durch konkludentes Verhalten anerkannt bzw. unstreitig gestellt, jedenfalls aber den Rücktritt der Klägerin von der Änderungsvereinbarung konkludent zustimmt bzw. diesen angenommen.
Vor diesem Hintergrund regele sich das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ausschließlich nach dem Arbeitsvertrag vom 28.12.2010.
Entgegen der Auffassung der 1. Kammer des Arbeitsgerichts Brandenburg habe die Klägerin auch einen Anspruch auf Abrechnung und Zahlung der in § 3 des Arbeitsvertrages vom 28.12.2010 vereinbarten Zuschläge auf Basis von mindestens 8,50 EUR brutto pro Stunde. Soweit sich die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Brandenburg abweichend von der 4. Kammer des Arbeitsgerichts Bandenburg abweichend von der 4. Kammer des Arbeitsgerichts Brandenburg in Parallelverfahren auf den Standpunkt gestellt habe, dass für die Berechnung dieser Zuschläge nicht der seit dem 01.01.2015 geltende gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 EUR, sondern die darunter liegende vertragliche Vergütung zugrunde zu legen sei, sei durch die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Brandenburg die zwischen den Parteien getroffene vertragliche Regelung verkannt worden.
Die Auffassung der 1. Kammer des Arbeitsgerichts Brandenburg im vorliegenden Urteil vom 17.09.2015 widerspreche auch dem Sinn und Zweck der Einführung des Mindestlohngesetzes, denn sie führe faktisch zu einer Anrechnung der Zuschläge für Arbeitsstunden unter besonderen Bedingungen wie etwa Zuschläge für Sonntags-, Feiertags-, Nacht- und Mehrarbeit, was nach dem Willen des Gesetzgebers gerade ausgeschlossen werden sollte.
Aus diesen Gründen sei die Beklagte auch verpflichtet, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld der Klägerin auf Basis des gesetzlichen Mindestlohnes (= 50 % von 1.105,00 EUR) anstatt auf Grundlage der rechnerisch darunterliegenden vertraglichen Vergütung (= 50 % von 1.043,52 EUR) abzurechnen und zu zahlen, womit sich die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Brandenburg im Urteil vom 17.09.2015 rechtsfehlerhaft nicht auseinandergesetzt habe.
Im Übrigen unterfalle die Klägerin als Reinigungskraft den Rechtsnormen des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in der Gebäudereinigung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vom 8. Juli 2014. Dies sei auch ohne entsprechenden Antrag ohnehin durch die Gerichte zu prüfen.
Die Beklagte erbringe als Dienstleister für die Städtische Klinikum Brandenburg GmbH schwerpunktmäßig sämtliche Reinigungsarbeiten.
Die von der Klägerin als Reinigungskraft im Städtischen Klinikum B. verrichteten Tätigkeiten erfüllen ersichtlich die Voraussetzungen des tariflichen Tätigkeitsmerkmals der Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten und unterfielen damit der Lohngruppe 1 dieses Tarifvertrages. Andere Tätigkeiten erbringe die Klägerin nicht.
Der Mindestlohn in der Lohngruppe 1 des TV Mindestlohn vom 8. Juli 2014 betrage 8,50 Uhr brutto je Stunde, entspreche mithin dem gesetzlichen Mindestlohn nach dem MiLoG. Nach § 3 Abs. 2 des TV Mindestlohn seien Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit zusätzliches Urlaubsgeld, Erschwerniszuschläge sowie sonstige von der geleisteten Arbeitszeit unabhängige tarifliche, arbeitsvertragliche oder in Betriebsvereinbarungen vereinbarte Ansprüche gesondert zu vergüten und in der Lohnabrechnung auszuweisen, weshalb eine Anrechnung auf den tariflichen Mindestlohn nicht in Betracht komme.
Vereinbarungen, die den Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Mindestlohns beschränkten, seien gemäß § 4 TVG bzw. gemäß § 3 MiLoG nichtig. Es handele sich bei dem Änderungsvertrag um eine Vereinbarung, die den Anspruch auf Tariflohn bzw. Mindestlohn unterschreite.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 17.09.2015 – 1 Ca 343/15 – für Recht zu erkennen.
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 733,58 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 41,78 EUR brutto seit dem 11.02.2015, aus 41,00 EUR brutto seit dem 11.03.2015, aus 42,27 EUR brutto seit dem 11.04.2015, aus 130,79 EUR brutto seit dem 11.05.2015 aus 74,63 EUR brutto seit dem 11.06.2015, aus 69,03 EUR brutto seit dem 11.07.2015, aus 67,38 EUR brutto seit dem 11.08.2015, aus 62,78 EUR brutto seit dem 11.09.2015, aus 63,28 EUR brutto seit dem 11.10.2015, aus 73,83 EUR brutto seit dem 11.11.2015 und aus 82,72 EUR brutto seit dem 11.12.2015 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Abrechnung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte von 1/12 Urlaubsgeld in Höhe von 43,48 EUR brutto und 1/12 Sonderzuwendung in Höhe von 43,48 EUR brutto durch Entgeltabrechnung für den jeweiligen Kalendermonat seit Januar 2015 bis Oktober 2015 und von 1/12 Urlaubsgeld in Höhe von 57,97 EUR brutto und 1/12 Sonderzuwendung in Höhe von 57,97 EUR seit November 2015 und unwirksam ist.
3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Urlaubsgeld in Höhe von 552,50 EUR brutto abzüglich bereits gezahlter 492,77 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 335,10 EUR seit dem 11.06.2015 bis zum 10.07.2014, aus 291,62 EUR seit dem 11.07.2015 bis zum 10.08.2014, aus 248,14 EUR seit dem 11.08.2015 bis zum10.09.2015, aus 2014,66 EUR seit dem 11.09.2015 bis zum 10.10.2015 aus 161,18 EUR seit dem 11.10.2015 bis zum 10.11.2015, aus 117,70 EUR seit dem 11.11.2015 bis zum 10.12.2015 und aus 59,73 EUR seit dem 11.12.2015 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Weihnachtsgeld in Höhe von 552,50 EUR brutto abzüglich bereits gezahlter 492,77 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 117,70 EUR seit dem 11.11.2015 bis zum 10.12.2015 und aus 59,73 EUR seit dem 11.12.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte meint, dass die Berufung schon unzulässig sei, weil die Klägerin sich nicht mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinandergesetzt habe, im Übrigen sei die Berufung aber auch unbegründet. Denn die von der Beklagten gezahlten Sonderzahlungen aus dem Änderungsvertrag seien auf den Mindestlohn anzurechnen, die Verteilung dieser Zahlungen auf eine monatliche Zahlung sei zulässig und die Zulagen seien anhand des vereinbarten Entgelts und nicht auf der Basis des Mindestlohns von 8,50 EUR brutto zu berechnen. Dies ergebe sich aus dem wirksamen Änderungsvertrag vom 21.12.2014.
Ausweislich der Erläuterungen in dem Schreiben vom 16.12.2014 sowie der Verfahrensweise bezüglich der Unterzeichnung des Vertrages habe dieser erst mit der Unterzeichnung durch die Beklagten wirksam werden sollen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes stelle das Schreiben der Beklagten an die Klägerin kein Angebot, sondern die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots („invitatio ad offerendum“) dar. Das eigentliche Angebot habe die Klägerin mit der Unterzeichnung des Änderungsvertrages und dessen Rücksendung an die Beklagte abgegeben. Die Beklagte habe diesen Änderungsvertrag mit Unterzeichnung angenommen. Jegliche Ausführungen der Klägerin zum Vorliegen einer aufschiebenden Bedingung lägen damit völlig neben der Sache.
Entgegen der Behauptung der Klägerin habe die Beklagte sie auch nicht durch die anschließende Rücksendung des nun auch von der Beklagten unterschriebenen Vertrages getäuscht. In dem Verhalten der Beklagten liege keine Täuschung. Insbesondere habe sie damit nicht die konkludente Behauptung aufgestellt, alle Arbeitnehmer hätten den Änderungsvertrag unterschrieben. Das Schreiben der Beklagten vom 16.12.2014 enthalte eine bloße Absichtserklärung dazu, wie diese das Verfahren der Unterzeichnung einer großen Anzahl an Änderungsverträgen ausgestalten wollte. Es sei eine reine Zweckmäßigkeitserwägung gewesen, die Verträge zunächst zu sammeln und dann insgesamt unterzeichnet an die Arbeitnehmer zurückzusenden. Mit ihren Ausführungen habe die Beklagte damit eher um Verständnis geworben, dass die Rücksendung des Vertrages einige Zeit in Anspruch nehmen könne.
Zutreffend weise die Klägerin darauf hin, dass die Beklagte nach Zustellung der Klageschrift die vorgenommene Lohnerhöhung von 2 % rückverrechnet habe. Dies sei mit der Lohnabrechnung für April 2015 geschehen. Mit der rückwirkenden Korrektur habe die Beklagte allerdings die von der Klägerin erklärte Anfechtung bzw. den erklärten Rücktritt nicht akzeptiert. Ebenso wenig sei darin eine konkludente Annahme eines etwaigen Änderungsangebots der Klägerin zu sehen.
Bereits mit Schriftsatz vom 22.04.2015 habe die Beklagte auf die Klage erwidert und u.a. auf Seite 4 dargelegt, dass der abgeschlossene Änderungsvertrag wirksam sei und sie deshalb sogar verpflichtet sei, die Jahressonderzahlung und das Urlaubsgeld monatlich anteilig zu erbringen. Ferner habe sie darauf verwiesen, dass weder eine arglistige Täuschung vorläge noch ein Rücktrittsrecht bestünde. Die Klägerin habe vor diesem Hintergrund die Lohnkürzung keinesfalls als Anerkenntnis der Unwirksamkeit des Änderungsvertrages verstehen können. Ebenso wenig könne das Verhalten als Zustimmung zum Abschluss eines weiteren Änderungsvertrages angesehen werden.
Hintergrund der von der Beklagten vorgenommenen Rückberechnung seien folgende Erwägungen gewesen: Mit ihrer Klage habe die Klägerin deutlich gemacht, dass sie von einer Unwirksamkeit des Änderungsertrages ausgehe. Sie habe diesen sogar ausdrücklich angefochten bzw. den Rücktritt erklärt. Wäre die Rechtsauffassung der Klägerin richtig, dann stünde ihr die vertraglich vereinbarte Lohnerhöhung nicht zu. Zur Vermeidung einer insoweit drohenden Lohnüberzahlung habe die Beklagte sich dazu entschlossen, bis zum rechtskräftigen Ausgang des Rechtsstreits zunächst nur den im ursprünglichen Arbeitsvertrag vereinbarten Lohn zu bezahlen. Sie werde jedoch unter Berücksichtigung des Ergebnisses des vorliegenden Rechtsstreits selbstverständlich in Erfüllung des dann als wirksam mit der Klägerin abgeschlossenen feststehenden Änderungsvertrages noch bestehende Differenzen mit Rechtskraft der Entscheidung unverzüglich nachzahlen.
Entgegen der pauschalen Behauptung der Klägerin handele es sich bei dem Betrieb der Beklagten nicht um einen Betrieb, der überwiegend der Gebäudereinigung zuzurechnende Tätigkeiten im Sinne des § 1 II Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung ausübe.
Zwar seien bei der Beklagten noch weitere Mitarbeiter neben der Klägerin als Reinigungskräfte angestellt. Hierbei handele es sich jedoch im Jahre 2015 um durchschnittlich 97,24 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit 67,21 Vollzeitäquivalenten (VK), wobei die Beklagte insgesamt im Jahre 2015 durchschnittlich 372,28 Arbeitnehmer mit 307,78 VK beschäftigte. Auf den Bereich Reinigung entfielen somit im Jahr 2015 genau 21,46 % der gesamten betrieblichen Arbeitszeit aller Beschäftigten der Beklagten.
Die übrigen Arbeitnehmer übten unterschiedlichste Tätigkeiten aus, beispielsweise im Zusammenhang mit Speiseversorgung (Catering), Transportarbeiten, Gärtnerarbeiten, Sekretariats-, bzw. Schreibdienste, Rezeptionsdienste und handwerklich/technische Arbeiten, aber auch als Servicekräfte, Stationshilfen und Versorgungsassistenten.
Bei der Beklagten existiere auch keine selbstständige Betriebsabteilung, die die Reinigungsarbeiten erbringe. Es existiere keine für Außenstehende wahrnehmbare organisatorisch und räumlich abgrenzbare Einheit von Arbeitnehmern, die über eigene technische Betriebsmittel verfüge und einen eigenständen spezifischen Betriebszweck verfolge.
Wegen der weiteren konkreten Ausführungen der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 26.11.2015 (Bl. 275 ff. d. A.), 29.12.2015 (Bl. 382 ff. d. A.) und 04.02.2016 (Bl. 457 ff. d. A.) sowie der Beklagten vom 01.02.2016 (Bl. 391 d. A.) verwiesen.
Aus den Gründen
I.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe b, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG; §§ 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat sich die Klägerin eingehend mit der Entscheidung des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel ab Seite 17 der Berufungsbegründung, Bl. 291 ff. auseinandergesetzt und nicht nur ihren Vortrag erster Instanz wiederholt.
In der Sache ist die Berufung der Klägerin jedoch zum allergrößten Teil nicht begründet. Die Klägerin durfte jedoch die Klage auch in der Berufungsinstanz und die laufenden Entgeltansprüche bzw. die Entgeltdifferenzen auch hinsichtlich der Sonderzuwendung erweitern. Dabei kann es dahinstehen, ob die Erweiterung der Zahlungsansprüche überhaupt eine Klageänderung im Sinne von §§ 263; 264 Nr. 2 ZPO darstellt, so dass die Voraussetzungen des § 533 ZPO der Sachdienlichkeit oder der Zustimmung der Gegenpartei nicht erfüllt sein müssen (vgl. dazu nur Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG, 8. Aufl. § 64 Rdziff. 91), oder ob jedenfalls die Sachdienlichkeit wie vorliegend vom Gericht bejaht wird und die Gegenpartei auch durch rügelose Einlassung in der mündlichen Verhandlung in die Klageerweiterung eingewilligt hat gemäß § 267 ZPO.
1. Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf weitere Entgeltdifferenzen aus § 1 Abs. 2 MiLoG.
a) Nach der zutreffend für jeden einzelnen Monat ab Januar 2015 berechneten Lohnhöhe nach dem MiLoG hat die Klägerin danach Anspruch auf Zahlung von 8,50 EUR je Zeitstunde. Bei einer 30-Stunden-Woche wie in den Monaten Januar bis Oktober 2015 errechnet sich daraus monatlich ein Zahlungsanspruch in Höhe von 8,50 EUR x 30 Wochenstunden x 13 Wochen : 3 Monate = 1.105,00 EUR brutto. Dieser Betrag ist durch die Zahlung von 1.064,39 EUR + 86,96 EUR 13. Monatsgehalt ebenso erfüllt worden gemäß § 362 Abs. 1 BGB wie durch die Zahlung von 1.043,52 EUR + 86,96 EUR. Gleiches gilt für die berechnete Zahlung von 1.473,33 EUR (8,50 EUR x 40 Stunden x 13 Wochen : 3 Monate) und die Erfüllung durch Zahlung von 1.391,36 EUR zuzüglich 13. Gehalt von insgesamt 115,96 EUR für den Monat November 2015 (vgl. dazu die Abrechnung Bl. 389 d. A., Anlage B 20).
b) Die Beklagte durfte nicht nur durch die Zahlung des Grundlohnes von 1.043,52 EUR bzw. 1.064,39 EUR den Anspruch der Klägerin aus § 1 Abs. 2 MiLoG erfüllen, sondern auch mit der Zahlung des „13. Monatsgehalts“.
aa) Wie die 19. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg in der Entscheidung vom 12.01.2016 - 19 Sa 1851/15 auf Seite 20 des Urteils zutreffend ausgeführt hat, hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 1 MiLoG Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns. Es handelt sich somit um eine Geldsummenschuld, da die Geldschuld durch § 1 Abs. 2 Satz 1 bzw. § 1 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. einer Mindestlohnverordnung nach § 11 Abs. 1 ziffernmäßig bestimmt ist (Riecher/Nimmerjahn, Mindestlohngesetz, 1. Aufl. 2015, § 1 Rdnr. 11). Leistungen wie Weihnachtsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld soll nach der verlautbaren Vorstellung des Gesetzgebers dann als Bestandteil des Mindestlohns gewertet werden können, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer den Betrag jeweils zu dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitsdatum tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt erhält (vgl. BT-Drucks. 18/1558, Seite 67).
Bei der Anrechnung von Leistungen ist, wie das BAG vergleichbar schon in Zusammenhang mit einem Mindestlohn nach dem Mindestlohntarifvertrag entschieden hat, darauf abzustellen, ob die vom Arbeitgeber erbrachte Leistung ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten soll, die mit der tariflich begründeten Zahlung zu vergüten ist. Daher ist dem erkennbaren Zweck des tariflichen Mindestlohns, den der Arbeitnehmer als unmittelbare Leistung für die verrichtete Tätigkeit begehrt, der zu ermittelnde Zweck der jeweiligen Leistung des Arbeitgebers, die dieser aufgrund anderer (individual- oder kollektivrechtlicher) Regelung erbracht hat, gegenüberzustellen. Besteht danach – ähnlich wie bei einem Günstigkeitsvergleich mit Sachgruppenbildung nach § 4 Abs. 3 TVG – eine funktionale Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistungen, ist die erbrachte Leistung auf den zu erfüllenden Anspruch anzurechnen (BAG 16. April 2014 – 4 AZR 802/11 – Rdnr. 39, zitiert nach Juris; so auch für die Anrechenbarkeit von Weihnachtsgeld/Sonderzahlungen Lembke, NZA 2016, 1, 7 Fußnote 88 m.w.N.; Arbeitsgericht Herne 07.07.2015 – 3 Ca 684/15 – zitiert nach Juris).
bb) Danach ist vorliegend die funktionale Gleichwertigkeit jedenfalls nach § 2 des Änderungsvertrages vom 21.12.2014 gegeben. Denn die Zahlungen sind gerade kein „Urlaubsgeld“ oder „Weihnachtsgeld“, obwohl dies in der Überschrift zu § 2 „Sonderzahlungen Urlaubsgeld/Weihnachtsgeld“ so genannt ist. Denn in dem Text ist ausdrücklich davon die Rede, dass die bisherigen Regelungen zu Sonderzahlungen „Urlaubsgeld und/oder Weihnachtsgeld“ vollständig aufgegeben und durch die nachfolgende Regelung ersetzt werden, wonach die Klägerin ein 13. Gehalt – und damit reines Entgelt – erhält, welches in Höhe von 1/12 für jeden Kalendermonat zur betriebsüblichen Fälligkeit der Vergütung gezahlt wird. Auch der letzte Satz in § 2 des Änderungsvertrages unterstreicht diese reine Entgeltfunktion, wonach der Anspruch auf 1/12 für jeden Monat entfällt, indem keinerlei Anspruch auf die Grundvergütung besteht.
c) Der Änderungsvertrag vom 21.12.2014 ist wirksam.
aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist keine aufschiebende Bedingung vereinbart worden.
(1) Bedingung im Sinne von §§ 158 ff. BGB ist die durch den Parteiwillen in ein Rechtsgeschäft eingefügte Bestimmung, die die Rechtswirkungen des Geschäfts von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig macht (vgl. BAG 12.12.2007 – 10 AZR 97/07 – BAGE 125, 147 ff = AP Nr. 7 zu § 280 BGB Rz. 7 mwN; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., Einführung vor § 158 Rdziff. 1).
(2) Vorliegend ist die von der Klägerin als Bedingung angenommene Äußerung der Beklagten, dass sie den unterschriebenen Vertrag zurückschicken werde, wenn alle Beschäftigten unterschrieben hätten, nicht in den Vertrag eingefügt worden. Der Vertrag ist vielmehr mit der Unterschrift der Klägerin als Angebot im Sinne von §§ 145 ff. BGB an die Beklagte zurückgeschickt worden, die diesen nach dem 21.12.2014 angenommen hat. Im Vertrag, also im Rechtsgeschäft, finden sich keinerlei Bedingungen.
bb) Die Klägerin konnte vom Vertrag auch nicht zurücktreten. Gemäß § 346 BGB bedarf es dazu eines vertraglichen oder gesetzlichen Rücktrittsrechts. Ein vertragliches Rücktrittsrecht ist nicht vereinbart worden, ein gesetzliches ist nicht ersichtlich.
cc) Der Änderungsvertrag ist auch nicht gemäß §§ 142 Abs 1; 123 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung seitens der Beklagten (von Anfang an) unwirksam. Eine arglistige Täuschung ist insbesondere nicht im Schreiben vom 16.12.2014 zu ersehen. Mit diesem Schreiben hat die Beklagte der Klägerin den Änderungsvertrag zugesandt und darauf hingewiesen, dass bei Unterzeichnung eines zweiprozentige Vergütungserhöhung vereinbart würde, „um die Wirtschaftlichkeit dieser Vergütungserhöhung zu sichern“, aber die Jahressonderzahlung nunmehr zu einem 13. Gehalt umgerechnet werden solle, welches jeden Monat zu einem 1/12 gezahlt werden solle und dass der Betriebsrat einer entsprechenden Betriebsvereinbarung zugestimmt hätte. Alle drei angesprochenen Tatsachen sind nicht vorgetäuscht, sondern ergeben sich entweder aus § 1 oder § 2 des Änderungsvertrages bzw. aus der vom Betriebsrat unterschriebenen Betriebsvereinbarung vom 08./10.12.2014. Endlich stellt der Satz, „nach Ihrer Unterzeichnung soll dann eine Unterzeichnung durch die Arbeitgeberin erfolgen, sobald von allen Beschäftigten … die Änderungsverträge unterzeichnet der Personalabteilung wieder vorliegen“ keine Täuschungshandlung dergestalt dar, dass man seitens der Beklagten den Vertrag nur annehmen werde, wenn alle Beschäftigten unterzeichnet hätten. Die Beklagte hat sich dies vorbehalten, wie aus der Formulierung „soll“ und nicht „wird“ bereits hervorgeht.
dd) Endlich ist der Vertrag auch nicht gemäß § 134 BGB i. V. m. § 3 MiLoG unwirksam. Es liegt insbesondere keine Vereinbarung vor, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreitet oder seine Geltendmachung einschränkt oder ausschließt. Das Angebot zur Unterbreitung eines Angebots seitens der Klägerin durch die Unterzeichnung des Änderungsvertrages sieht die Umgestaltung der Zahlung von einem Monatsgehalt Urlaubsgeld/Weihnachtsgeld hin zu einem 13. Monatsgehalt vor, verbunden mit einer Auszahlung von 1/12 je Monat und einer Erhöhung des Entgelts. Es ist ein Angebot, mit dem die Klägerin unstreitig mehr Entgelt erhält als ihr nach dem MiLoG zustehen würde. Damit verhält sich die Beklagte rechtstreu, um ihre Pflichten nach dem MiLoG zu erfüllen. Eine solche Regelung ist nach allgemeiner Meinung zulässig (vgl. nur Arbeitsgericht Herne, 07.07.2015 – 3 Ca 684/15 zitiert nach Juris = Beck RS 2015, 72022; Lembke, NZA 2016, 1, 8; Elking, AuA 2015, 668 f.; Boemke, JuS 2015, 385, 391; Däubler, NJW 2014, 1924, 1927; Lakies, AuR 2014, 360, 361; Schweibert/Leßmann, DB 2014, 1866, 1869; Ulber, RdA 2014, 176, 179).
ee) Schließlich ist der Änderungsvertrag vom 21.12.2014 auch nicht konkludent dadurch abgeändert worden, dass die Beklagte ab April 2015 die zweiprozentige Entgelterhöhung nicht mehr bezahlt hat. Die Nichterfüllung eines Vertrages hat keine Auswirkung auf die Rechtswirksamkeit des Vertrages, sondern löst nur Sekundärrechte wie ggf. Schadensersatzansprüche aus. Im Übrigen konnte auch der Änderungsvertrag gemäß § 4 i. V. m. § 9 des Arbeitsvertrages vom 28.12.2010 nur schriftlich geändert werden, dies ist nicht erfolgt.
2. Damit hat die Klägerin grundsätzlich den Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen der ursprünglichen Vergütung (1.043,52 EUR) und der Vergütung nach dem Änderungsvertrag (1.064,52 EUR brutto) bzw. für den Monat 2015 die entsprechende Differenzvergütung nach der Erhöhung auf die 40-Stunden-Woche. Die Klägerin hat diese Differenz aber nicht eingeklagt, sondern ihre Ansprüche immer nach dem MiLoG berechnet, da sie den Änderungsvertrag als unwirksam ansieht. Die Differenz kann ihr wegen § 308 Abs. 1 ZPO daher nicht zugesprochen werden.
3. Dementsprechend ist nach dem oben zu Ziff. II 1 der Gründe Ausgeführten auch der Antrag zu Ziff. 2 abzuweisen, da die Beklagte zutreffend das „Urlaubsgeld“ bzw. die „Sonderzuwendung“ gemäß § 2 des Änderungsvertrages jeweils zu 1/12 in jedem Monat ab Januar 2015 abgerechnet hat. Im Übrigen gibt es bereits keinen Feststellungsanspruch darauf, dass eine Abrechnung unwirksam ist. Nach § 108 GewO ist dem Arbeitnehmer, wenn ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt besteht, „bei Zahlung“ eine Abrechnung zu erteilen. Die Abrechnung bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung. Die Regelung dient der Transparenz. Der Arbeitnehmer soll erkennen können, warum er gerade den ausgezahlten Betrag erhält. Deshalb entfällt die Verpflichtung zur Abrechnung, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben (§ 108 Abs. 2 GewO). Dagegen regelt § 108 GewO keinen selbstständigen Abrechnungsanspruch zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs oder die Feststellungsmöglichkeit, dass die Abrechnung unwirksam sein könnte (vgl. nur BAG 12.07.2006 – 5 AZR 646/05 – EzA § 108 GewO Rdziff. 13).
4. Dementsprechend sind nach dem oben zu Ziff. II 1 der Gründe Ausgeführten auch die Anträge zu Ziff. 3 und Ziff. 4 abzuweisen, da die Klägerin keine Ansprüche mehr auf Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld nach § 4 des alten Vertrages vom 28.10.2010 hat, sondern „nur“ Ansprüche nach § 2 des Änderungsvertrages vom 21.12.2014. Diese sind selbst nach der „Verrechnung“ ab April 2015 erfüllt worden.
5. Im Hinblick auf die von der Klägerin beanspruchten Vergütungsdifferenzen im Übrigen (Überstundenzuschläge, Sonntagszuschläge, Feiertags- und Nachtzuschläge) ist zu unterscheiden:
a) Der Anspruch auf Überstundenzuschläge, Sonntagszuschläge und Feiertagszuschläge ist in § 3 Buchstabe b und c des Arbeitsvertrages geregelt, worin überhaupt erst eine Vergütungspflicht neben dem monatlichen Grundlohn insoweit begründet wird. § 3 Buchstabe b Satz 2 regelt ausdrücklich, dass die Mehrarbeit „mit dem vereinbarten Stundensatz zuzüglich des nachstehenden Zuschlags“ – hier 25 % - berechnet wird. Diese klare vertragliche Regelung bietet sowohl nach Auffassung der Kammer 19 des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg als auch nach Auffassung der erkennenden Kammer keinen Ansatzpunkt dafür, den Zuschlag für Mehrarbeit auf der Basis von 8,50 EUR zu berechnen. Gleiches gilt für § 3 Buchstabe c des Arbeitsvertrages, wonach für Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Zuschlag in näher bestimmter Höhe „des vereinbarten Stundenlohns“ gezahlt wird. In diesem direkten inhaltlichen Zusammenhang wird auch der Feiertagszuschlag geregelt, der daher auf der Basis des vereinbarten vertraglichen Stundenlohns zu vergüten ist. Auch bezogen auf die beanspruchten Sonntags-, Überstunden- und Feiertagszuschlagsdifferenzen ist daher die Klage unbegründet.
b) Etwas anderes gilt jedoch für den Nachtzuschlag: Bezogen auf den Nachtzuschlag ist neben dem Arbeitsvertrag auch § 6 Abs. 5 ArbZG zu beachten, wonach der Nachtarbeitnehmer für die Nachtarbeit u.a. einen „angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt“ zu erhalten hat. Vorliegend soll der Nachtarbeitszuschlag nach der vertraglichen Regelung 10 % des vereinbarten Stundenlohns betragen. Der Prozentsatz als solcher wird von den Parteien nicht in Frage gestellt, so dass weitere Ausführungen zu dem Prozentsatz als solchen – ggf. auch in Hinblick auf § 308 Abs. 1 ZPO – nicht geboten sind.
Der Nachtzuschlag ist jedoch auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns, also 8,50 EUR, zu berechnen. Nach dem Arbeitsvertrag soll es sich bei dem Nachtarbeitszuschlag zwar um den Prozentwert des „vereinbarten Stundenlohns“ handeln. Erfolgt durch den Gesetzgeber allerdings durch die Einführung des Mindestlohns eine Erhöhung des Grundlohns auf 8,50 EUR pro Stunde, dann ist das dem Nachtarbeitnehmer „zustehende Bruttoarbeitsentgelt“ 8,50 EUR und dieser Stundensatz ist der Berechnung eines angemessenen Zuschlags im Sinne von § 6 Abs. 5 ArbZG zugrunde zu legen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 12.01.2016 – 19 Sa 1851/15, Seite 24 f.; Arbeitsgericht Bautzen 25.06.2015 – 1 Ca 1094/15 Rdziff. 24, zitiert nach Juris). § 3 Buchstabe b des Arbeitsvertrages ist insoweit gesetzeskonform auszulegen.
Legt man für die Berechnung der Nachtzuschläge eine Berechnungsgrundlage von 8,50 EUR brutto statt bisher 8,00 EUR nach der ( unzulässigen ) Neuberechnung im April 2015 an, ergibt sich für den Monat Januar 2015 eine Differenz in Höhe von 0,63 EUR, für Februar 2015 eine Differenz in Höhe von 0,39 EUR, für März 2015 eine Differenz in Höhe von 0,66 EUR, für April 2015 eine Differenz in Höhe von 0,80 EUR, für Mai 2015 eine Differenz in Höhe von 0,09 EUR, für Juni 2015 eine Differenz in Höhe von 1,00 EUR, für Juli 2015 eine Differenz in Höhe von 1,15 EUR, für August 2015 eine Differenz in Höhe von 0,55 EUR, für September 2015 eine Differenz in Höhe von 1,05 EUR sowie für Oktober 2015 eine Differenz in Höhe von 0,85 EUR brutto (vgl. die Gegenüberstellung im klägerischen Schriftsatz vom 29.12.2015 S. 3 ff., Bl. 384 – 386 d. A.).
In diesem minimalen Umfang bestehen zugunsten der Klägerin Differenzlohnansprüche nebst Verzugszinsansprüche, so dass auf die Berufung der Klägerin das angefochtene Urteil teilweise abzuändern ist und die Beklagte entsprechend zur Zahlung zu verurteilen ist.
6. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus dem allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung. Voraussetzung dafür wäre u.a., dass sie und die Beklagte dem Geltungsbereich des Tarifvertrages unterfielen. Gem. § 1 Abschnitt II Satz 2 Rahmentarifvertrag für die Gebäudereinigung fallen die Betriebe, soweit von ihnen oder in ihnen Gebäudereinigungsleistungen überwiegend erbracht werden, als Ganzes unter diesen Tarifvertrag. Eine überwiegende Gebäudereinigungsdienstleistung seitens der Beklagten ist von der darlegungsbelasteten Klägerin nach dem konkreten Bestreiten der Beklagten nicht dargelegt worden.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen (§§ 97 Abs. 1; 91; 92 Abs. 2 ZPO).
IV.
Für die Parteien war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zuzulassen.