R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Arbeitsrecht
16.01.2020
Arbeitsrecht
OLG München: Kündigung eines Vorstandsvertrages aus wichtigem Grund

OLG München, Urteil vom 4.12.2019 – 7 U 2464/18

Volltext: BB-ONLINE BBL2020-180-7

Orientierungssätze

1. Bestehen Dienstverhältnisse eines Vorstandes zu einer Muttergesellschaft und einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft, können Pflichtverletzungen gegenüber der einen Gesellschaft auch Kündigungsgründe für das Dienstverhältnis gegenüber der anderen darstellen. (Rn. 16).

2. Bei einem befristeten Dienstverhältnis ist es nicht gerechtfertigt, Kündigungsgründe nachzuschieben, die dem Kündigenden erst bekannt werden, nachdem die Frist für die reguläre Beendigung des Vertrages eingetreten ist, da bei Bekanntwerden der Kündigungsgründe kein Vertrauen in die weitere Zusammenarbeit mehr zerstört werden kann. (Rn. 59).

3. Die bewusste Falschbewertung von Aktiva in der Bilanz stellt eine erhebliche Pflichtverletzung des Vorstandes dar. (Rn. 67).

Sachverhalt

A.

Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung eines Vorstandsdienstverhältnisses.

Der Kläger war zum Vorstandsmitglied der Beklagten bestellt. Vorstandsvorsitzender war im streitgegenständlichen Zeitraum der benannte Zeuge M. Am 30.9. 2014 schlossen der Kläger und die Beklagte, diese vertreten durch ihren Aufsichtsrat, den als Anlage K 1 vorgelegten, bis 30.9.2017 befristeten Vorstandsdienstvertrag. Der Kläger war ferner Vorstandsmitglied der m. D. AG, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Beklagten. Auch dort war Vorstandsvorsitzender der benannte Zeuge M.

Mit Schreiben vom 16.9.2016 (Anlage K 4), dem Kläger zugegangen am selben Tag, kündigte der (damalige) Vorsitzende des Aufsichtsrats der Beklagten F. namens des Aufsichtsrats unter Beilage eines diesbezüglichen Beschlusses des Aufsichtsrats (Anlage K 5) das Dienstverhältnis zwischen den Parteien fristlos.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass das zwischen den Parteien mit Dienstvertrag vom 30.9.2014 mit Wirkung zum 1.10.2014 begründete Vorstandsdienstverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 16.9.2016 nicht beendet worden ist, sondern über den 16.9.2016 bis zum 30.9.2017 bestand.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Mit ihrer Widerklage begehrte die Beklagte die Erstattung von Leasingraten für den nach dem Vortrag der Beklagten verspätet zurückgegebenen Dienstwagen des Klägers, die Rückzahlung erstatteter Reisekosten sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht des Klägers wegen Wettbewerbsverstößen.

Die Beklagte hat widerklagend beantragt,

I. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 7.431,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.9.2016 aus 571,64 €, seit dem 1.10.2016, 1.11.2016, 1.1.2017, 1.2.2017, 1.3.2017 aus je 1.143,27 € zu zahlen.

II. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 436,73 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2016 zu zahlen.

III. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten jeglichen Schaden zu ersetzen, der dieser bereits daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass der Kläger durch seine Tätigkeit für die C. AG, Zürich, Schweiz das bestehende Wettbewerbsverbot verletzt hat, insbesondere indem er während des Bestehens seines Dienstverhältnisses zur Beklagten und seiner Organstellung als deren Vorstand Investoren für die C. AG geworben hat.

Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Widerklage hat es in Antrag I. (Leasingraten für den Dienstwagen) stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen. Die Beklagte nimmt die Teilabweisung der Widerklage hin. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren hinsichtlich der Klage und der Widerklage weiter, soweit ihm nicht entsprochen wurde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 15.6.2018, Az.: 5 HK O 1197/17, aufzuheben und wie folgt abzuändern:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien mit Dienstvertrag vom 30.9.2014 mit Wirkung zum 1.10.2014 begründete Vorstandsanstellungsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 16.9.2016 nicht beendet worden ist und über den 16.9.2016 hinaus bis zum 30.9.2017 bestand.

2. Die Widerklage wird auch insoweit abgewiesen, als der Kläger zur Zahlung eines Betrages von 7.431,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.9.2016 aus 571.64 €, seit dem 1.10.2016, 1.11.2016. 1.12.2016, 1.1.2017, 1.2.2017, 1.3.2017 aus je € 1.143,37 an die Beklagte verurteilt wurde.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Aus den Gründen

B.

Auf die Berufung des Klägers war die begehrte Feststellung zu treffen.

Dahin stehen können in diesem Zusammenhang die (aus der Sicht des Senats zutreffenden) Ausführungen des Landgerichts zu den Formalien der Kündigungserklärung sowie die Frage der Einhaltung der Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB (bei der die Ausführungen des Landgerichts die Problematik jedenfalls nicht erschöpfen würden). Denn jedenfalls fehlt es an einem Kündigungsgrund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB.

I. Nach der genannten Vorschrift kann ein befristetes Dienstverhältnis dann gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die es unter Abwägung der Interessen beider Parteien dem Kündigenden unzumutbar machen, das Dienstverhältnis bis zum Eintritt des Befristungstermins fortzusetzen. Dieser Obersatz entspricht einem allgemeinen Rechtsgedanken, wie er etwa auch in den §§ 314, 543 BGB, 89 a HGB zum Ausdruck kommt. Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Dienstverhältnisses kann sich dabei insbesondere dann ergeben, wenn das wechselseitige Vertrauen zwischen den Parteien durch einen vom Kündigungsempfänger zu verantwortenden Umstand so weit zerstört ist, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint.

Vor diesem Hintergrund teilt der Senat die Einschätzung des Landgerichts, dass in Fällen wie dem vorliegenden, wo Dienstverhältnisse zu einer Muttergesellschaft und einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft bestehen, Pflichtverletzungen des Klägers gegenüber der einen Gesellschaft auch Kündigungsgründe für das Dienstverhältnis gegenüber der anderen darstellen können. Denn insoweit ist vorstellbar, dass das Vertrauen des zuständigen Organs (hier des jeweiligen Aufsichtsrats) der einen Gesellschaft in den Dienstnehmer auch durch Pflichtverletzungen gegenüber der anderen erschüttert wird, zumal Mutter- und Tochtergesellschaft über ihre jeweiligen Vermögensinteressen (nicht nur rechtlich, sondern auch) wirtschaftlich verbunden sind.

II. Vor diesem Hintergrund trägt der vom Landgericht herangezogene Kündigungsgrund die außerordentliche Kündigung des Klägers nicht.

1. Dem diesbezüglichen Vorwurf gegen den Kläger liegt folgender Sachverhalt zugrunde. Die Tochtergesellschaft der Beklagten, die m. D. AG, ist an der Di. AG, einer Gesellschaft Schweizer Rechts mit Sitz in der Schweiz beteiligt. Der Kläger soll nach dem Vortrag der Beklagten als Vertreter der m. D. AG im Verwaltungsrat der Di. AG letztere zum Abschluss eines Kooperationsvertrages mit der I. AG veranlasst haben, und zwar mit der unzutreffenden Behauptung auf einer Verwaltungsratssitzung der Di. AG am 11.12.2015, eine Beteiligung der m. D. AG an der In. AG stehe unmittelbar bevor, weshalb eine Kooperation der Di. AG mit der In. AG für die Di. AG risikolos sei. Unstreitig wurde am 18.12.2015 ein Kooperationsvertrag zwischen der Di. AG und der In. AG (Anlage B 7) geschlossen, welcher eine (unbesicherte) Vorschusszahlung der Di. AG an die In. AG in Höhe von 100.000,- sfr vorsah, die am 21.12.2015 auch erfolgte. Hierwegen seien letztlich durch die Äußerungen des Klägers die Vermögensinteressen der Di. AG und damit auch diejenigen der m. D. AG, die an der Di. AG beteiligt ist, gefährdet worden.

Tatsächlich stand die m. D.a AG in Verhandlungen mit der In. AG über eine Beteiligung an letzterer Gesellschaft. Ein entsprechender Aktienkaufvertrag war am 8.12.2015 geschlossen worden, stand aber unter der Bedingung, dass die Kapitalaufbringung gesichert werden konnte, und musste noch vom Aufsichtsrat der In. AG genehmigt werden. Das Projekt zerschlug sich schließlich Ende Dezember 2015, nachdem die m. d. AG das erforderliche Kapital nicht aufbringen konnte.

2. Dieser Sachverhalt belegt schon keine Pflichtwidrigkeit des Klägers gegenüber der unmittelbar involvierten m. D. AG und damit (nach den obigen Ausführungen) gegenüber der Beklagten.

a) Nachdem der Aktienkaufvertrag zwischen der m. D. AG und der In. AG am 8.12.2015 - wenn auch bedingt - abgeschlossen war, erscheint die auf der Verwaltungsratssitzung der Di. AG drei Tage später geäußerte Einschätzung des Klägers, eine Beteiligung der M. d. AG an der In. AG stehe unmittelbar bevor, aus kaufmännischer Sicht vertretbar und damit nicht pflichtwidrig. Dass der Kläger naturgemäß wusste, dass noch Bedingungen zu erfüllen waren, steht dieser Annahme nicht entgegen. Anders läge es nur, wenn der Kläger am 11.12.2015 gewusst hätte oder es sich ihm hätte aufdrängen müssen, dass der Aktienkaufvertrag voraussichtlich an den genannten Bedingungen scheitern werden würde. Dafür lassen sich aber dem Beklagtenvortrag keine hinreichenden Anhaltspunkte entnehmen.

b) Dasselbe gilt letztlich für die auf der Verwaltungsratssitzung der Di. AG geäußerte Einschätzung des Klägers, eine Kooperation der Di. AG mit der In. AG sei für erstere „risikolos“. Zum einen handelt es sich um eine wertende kaufmännische Beurteilung, die entsprechend den Ausführungen unter a) auf der Basis des Kenntnisstandes vom 11.12.2015 nicht unvertretbar erscheint. Und zum anderen entband diese Einschätzung des Klägers den Vorstand der Di. AG nicht von der eigenverantwortlichen Prüfung, ob man sinnvollerweise mit der In. AG zusammenarbeiten und ihr gegenüber sogar in Vorleistung gehen sollte. Insoweit war die wertende Einschätzung des Klägers nur ein Baustein unter vielen, die der Vorstand der Di. AG in seine Abwägung einzustellen hatte, so dass die wie gezeigt vertretbare Einschätzung des Klägers nicht unmittelbar zu einer Vermögensgefährdung der Di. AG (und damit der m. D. AG) geführt hat.

Dem kann die Beklagte nicht entgegen halten, dass der Kläger - wie das Landgericht annimmt - bei den von ihm geäußerten Einschätzungen auf der Verwaltungsratssitzung besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen habe. Das mag man bei einem Vertreter eines Anteilseigners so sehen; doch wenn die Einschätzungen als solche vertretbar erscheinen, fehlt schon die Basis für die Annahme eines Haftungstatbestandes aufgrund der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens.

Keine andere Beurteilung rechtfertigt auch die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Behauptung der Beklagten, der Kläger habe die Di. AG „angewiesen“, den Kooperationsvertrag zu schließen und den Vorschuss zu leisten (so dass dahin stehen kann, ob dieser Vortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen wäre). Dass ein Mitglied des Aufsichts- bzw. Verwaltungsrats einer Aktiengesellschaft (oder gar der Vertreter eines Aktionärs) dem Vorstand Weisungen erteilen kann, sieht weder das deutsche noch das Schweizer Aktienrecht vor. Damit ändert dieser Vortrag nichts daran, dass der Kläger der Sache nach nur vertretbare wertende Einschätzungen abgegeben hat, die der Vorstand der Di. AG in Eigenverantwortung in seine Abwägung des Ob und Wie der Kooperation mit der In. AG einzustellen hatte.

c) Unzutreffend ist die Behauptung der Beklagten, dass der Kläger für sein Handeln auf der Verwaltungsratssitzung der Di. AG einer Zustimmung des Aufsichtsrats der M. d. AG bedurft hätte. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte insoweit auf § 9 Abs. 1 lit. x) der Geschäftsordnung des Vorstandes der m. D. AG (Anlage B 20).

Nach der genannten Bestimmung der Geschäftsordnung bedarf ein Vorstandsmitglied der Zustimmung des Aufsichtsrats der m. D. AG für die Ausübung von Stimmrechten in Gesellschafterversammlungen von beherrschten Unternehmen über die Zustimmung oder Ablehnung der Vornahme von Rechtsgeschäften und Maßnahmen, die unter § 9 Abs. 1 lit. a) bis w) fallen. Die Vorschrift ist schon nach ihrem Wortlaut nicht einschlägig, weil der Kläger bei der Di. AG nicht auf einer Gesellschafterversammlung, sondern auf einer Verwaltungsratssitzung (entsprechend einer Aufsichtsratssitzung) agierte. Selbst wenn man dies mit Blick auf Sinn und Zweck des Zustimmungsvorbehalts anders sähe, scheitert die Anwendung der Vorschrift daran, dass kein Fall des lit. x) vorliegt. Der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mit einer anderen Firma und eine Vorschussleistung gemäß dieser Kooperationsvereinbarung stellten sich aus der Sicht der Di. AG (also des von der m. D. AG beherrschten Unternehmens) vielmehr als normaler Geschäftsvorgang dar und fiel nicht unter die lit. a) - w).

Insbesondere betrifft der Kooperationsvertrag nicht den Erwerb oder die Vergabe von Softwarelizenten durch die Di. an den Vertragspartner (In.), sondern die Zusammenarbeit mit In. beim Vertrieb von Softwarelizenzen. Die Kooperationsvereinbarung fällt daher nicht unter lit. d).

Nicht einschlägig ist auch lit. v). Dass durch den Kooperationsvertrag die Risikodisposition der Di. AG grundlegend verändert würde, ist nicht ersichtlich.

Nicht einschlägig ist schließlich auch lit. w). Zwar mag man eine Vorschussleistung der Di. AG auf die Kooperationsvereinbarung in Höhe von 100.000,- sfr bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Einräumung eines Kredits ansehen. Diese überstieg jedoch nicht 100.000,- €. Der Wechselkurs € - sfr betrug im Dezember 2015 etwa 1,08. 100.000,- sfr entsprachen daher lediglich rund 92.600,- €.

3. Unabhängig von den obigen Ausführungen machten die dargestellten Vorgänge eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ende seines befristeten Dienstverhältnisses für die Beklagte nicht unzumutbar. Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger hierdurch die Vermögensinteressen der Di. AG und damit mittelbar diejenigen der m. D. AG gefährdet hat, wird aus dem Vortrag der Beklagten nicht klar, ob sich diese Gefährdung realisiert hat, d.h. ob die Kooperation der Di. AG mit der In. AG sich unter dem Strich für die Di. AG nachteilig ausgewirkt hat. Hinzu kommt, dass es (wenn auch nicht zu dem intendierten Aktienkauf, so doch) zu irgendeiner Art von Kooperation zwischen der m. D. AG und der In. AG gekommen sein muss, wie die unten (III.1., 3.) zu erörternden Vorgänge um die Gewährung eines „Darlehens“ für die In. AG durch die m. D. AG und die Dienstreise des Klägers nach Frankfurt zeigen, so dass sich die Äußerungen des Klägers auf der Verwaltungsratssitzung der Diso AG auch aus heutiger Sicht nicht als substanzlos begreifen lassen. Damit liegt selbst dann, wenn man den Ausführungen oben unter 2. nicht folgen würde, allenfalls ein geringfügiges Fehlverhalten des Klägers vor, welches die weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien für den überschaubaren Zeitraum vom noch etwa einem Jahr ab der Kündigung nicht für die Beklagte unzumutbar erscheinen lässt.

III. Auch die übrigen erstinstanzlich geltend gemachten Kündigungsgründe vermögen die außerordentliche Kündigung des Klägers nicht zu rechtfertigen.

1. Die Veranlassung der Zahlung eines Betrages von 49.706,28 € durch den Kläger an die In. AG stellt keinen (jedenfalls aber keinen so schwerwiegenden) Pflichtverstoß dar, der die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum ordentlichen Ende seines Dienstvertrages für die Beklagte unzumutbar gemacht hätte.

a) Dem diesbezüglichen Vorwurf gegen den Kläger liegt der folgende Sachverhalt zugrunde. Der m. D. AG stand im Jahr 2016 ein erheblicher Anspruch auf Dividendenzahlung gegen die Di. AG zu. Der Kläger wies die Di. AG mit Mail vom 30.5.2016 (Anlage B 4) an, 55.000,- sfr davon direkt an die In. AG zu bezahlen. Nahezu zeitgleich, nämlich am 31.5.2016 schlossen der Kläger namens der m. D. AG und die In. AG einen Darlehensvertrag über 49.706,28 € (Anlage B 5).

Nach der Version der Beklagten soll der Betrag von 55.000,- sfr der Valutierung dieses Darlehens gedient haben. Der Kläger habe somit das Darlehen zu Lasten der m. D. AG ausbezahlt, wobei er den Darlehensvertrag ohne alleinige Vertretungsmacht und ohne jegliche Sicherheit geschlossen habe, obwohl er gewusst habe, dass sich die In. AG in Zahlungsschwierigkeiten befunden habe.

Nach der Version des Klägers habe es sich nicht um ein Darlehen gehandelt, sondern um eine Anzahlung auf die Vergütung von Dienstleistungen der In. AG für die di. GmbH, eine weitere Gesellschaft im Konzernverbund der m. D. AG. Insoweit habe sich die In. AG gegenüber der m. D. AG, vertreten durch den Kläger, verpflichtet gehabt, gegen Vergütung die Management-Betreuung der di. GmbH zu übernehmen. Der Darlehensvertrag habe - so der Kläger - lediglich dazu dienen sollen, der m. D. AG gegebenenfalls schnell einen Titel verschaffen zu können, falls die Zusammenarbeit mit der In. AG im Konzernverbund doch noch scheitern sollte.

b) Insoweit trifft nach dem Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme die klägerische Version der Ereignisse zu. Der vom Landgericht als Zeuge einvernommene Vorstand B. der In. AG hat bestätigt, dass die In. AG die Managementbetreuung der di. GmbH gegen Vergütung übernommen hatte und dass die über die Di. AG vereinnahmte Zahlung kein Darlehen, sondern ein Vorschuss auf die vereinbarte Vergütung sein sollte (vgl. Protokoll vom 27.4.2018, Bl. 179 ff. der Akten, dort S. 6 ff.). Diese Sicht der Dinge wird gestützt durch die vorgelegten Mails des Zeugen B. an den Kläger vom 17.12.2015 bzw. an den Mitvorstand M. des Klägers vom 28.1.2016 (jeweils bei Anlage K 7).

Damit kann dem Kläger nicht zum Vorwurf gemacht werden, ein unbesichertes Darlehen ausgereicht zu haben. Der schriftliche Darlehensvertrag entspricht also nicht dem zwischen den Vertragsparteien (die m. D. AG insoweit vertreten durch den Kläger) tatsächlich Gewollten. Damit liegt kein Darlehen, sondern die Zahlung einer vereinbarten Vergütung vor (§ 117 Abs. 2 BGB).

c) Damit verbleibt aber zu Lasten des Klägers der Befund, dass er namens der m. D. AG die Vereinbarung mit der In. AG über die Managementbetreuung bei der di. GmbH geschlossen und Zahlungen hierauf erbracht hat, obwohl er unstreitig nur zusammen mit einem weiteren Vorstandsmitglied der M. d. AG zur Vertretung berechtigt gewesen wäre. Dies rechtfertigt aber nach der Auffassung des Senats die außerordentliche Kündigung gegen den Kläger nicht.

Der Kläger verweist gegen den Vorwurf der Überschreitung seiner Vertretungsmacht darauf hin, dass der Vorstandsvorsitzende M. in die dargestellten Geschehensabläufe ständig mit eingebunden gewesen sei. Dies scheint nach den vorgelegten Unterlagen zuzutreffen. Entsprechendes legt schon die genannte Mail des Zeugen B. an den Vorstandsvorsitzenden M. vom 28.1.2016 nahe, auch wenn dort von einer Zahlungspflicht der m. D. AG nicht die Rede ist. In die selbe Richtung deutet eine Mail des Klägers an den Vorstandsvorsitzenden Müller (Anlage BK 1) vom 3.6.2016, also kurz nach der Anweisung an die Di. AG, die Dividende direkt an die In. AG zu zahlen, wo der Kläger ausführt, dass er nächste Woche Geld von der Di. für die m. D. AG bekomme, dass ihm das meiste davon aber gleich wieder von der di. und der In. aus der Tasche gezogen werde. Schließlich hat auch der Zeuge B. (a.a.O.) bekundet, in dieser Angelegenheit ständig mit Herrn M. telefoniert zu haben.

Aufgrund dieser Befunde ist der Senat davon überzeugt, dass der Vorstandsvorsitzende Müller die Vereinbarung zwischen m. D. AG und der In. s AG, wonach die In. AG Dienstleistungen für die di. GmbH erbringen und von der m. D. AG hierfür vergütet werden sollte, kannte und billigte. Damit liegt jedenfalls eine nachträgliche Genehmigung (wenn schon keine vorgängige Einwilligung) des Mitvorstandes M. zu dem Geschäft vor, die den Vertretungsmangel heilte. Daher hat der Kläger mit der Auszahlung der von der Di. AG zu erwartenden Dividende an die In. AG eine wirksame Verpflichtung der M. d. AG erfüllt, was sich nicht als pflichtwidrig darstellt.

d) Selbst wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen insoweit eine Pflichtwidrigkeit des Klägers annehmen wollte, weil er jedenfalls zunächst seine Vertretungsmacht überschritten hatte, wog diese nicht so schwer, dass sie der Beklagten die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum regulären Ende seiner Vertragslaufzeit unzumutbar gemacht hätte. Denn dann verbliebe der Befund, dass der Vorstandsvorsitzende Müller den Pflichtverstoß des Klägers kannte und nicht eingeschritten ist, sondern das Geschäft durch seine Genehmigung nachträglich sanktioniert hat.

Den Mitvorstand M. hat die Beklagte wegen des gegenständlichen Vorfalls nach dem Vortrag des Klägers nicht gekündigt. Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht hinreichend bestritten. Sie hat nur behauptet, dass Herr M. zwischenzeitlich nicht mehr für die Beklagte tätig sei, aber offensichtlich bewusst die Behauptung vermieden, Herrn M. sei wegen des gegenständlichen Vorfalls gekündigt worden. Die Beklagte hat daher die Weiterbeschäftigung des Herrn M. für zumutbar erachtet, obwohl Herr M. den Vertrag mit der In. genehmigt und dadurch einen Rechtsgrund für diese Zahlung geschaffen hat. Dies zeigt nach Auffassung des Senats, dass der Beklagten auch eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Eintritt der Befristung seines Dienstverhältnisses (etwa ein Jahr nach der gegenständlichen Kündigung) zumutbar gewesen wäre.

Damit statuiert der Senat entgegen der Auffassung der Beklagten keinen Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung im Unrecht, sondern schließt aus der Tatsache der Weiterbeschäftigung des Herrn Müller auf eine Zumutbarkeit auch einer Weiterbeschäftigung des Klägers.

2. Dem Kläger liegen Wettbewerbsverstöße zu Lasten der Beklagten bzw. der m. D. AG nicht zur Last.

a) Gemäß § 5.1 S. 4 des Vorstandsdienstvertrages zwischen den Parteien (Anlage K 1) waren dem Kläger „die Tätigkeiten wie in Anlage 1 aufgelistet“ ausdrücklich gestattet. Soweit in erster Instanz umstritten war, ob diese Anlage 1 (die dem schließlich unterschriebenen Original des Dienstvertrages nicht beilag) Vertragsbestandteil geworden ist, hat das Landgericht hierzu den Zeugen F. (damals Aufsichtsvorsitzender der Beklagten und Verhandlungsführer für die Beklagte gegenüber dem Kläger) vernommen (vgl. Protokoll vom 27.4.2018, Bl. 179 ff. der Akten, dort S. 2 ff.), der bekundet hat, dass die Anlage 1 dem ersten Vertragsentwurf beilag und danach nie mehr Gegenstand von Verhandlungen zwischen den Parteien war. Auf der Basis dieser Angaben, deren Richtigkeit von den Parteien weder erst- noch zweitinstanzlich bezweifelt wurde, ist die Anlage 1 (deren Inhalt aus Anlage K 6 = Dienstvertrag des Klägers mit der m. D. AG ersichtlich ist) Vertragsbestandteil geworden; wenn die Parteien die Bezugnahme auf Anlage 1 in § 5.1 des Vertragstextes aufnahmen und die Anlage 1 im ersten Entwurf enthalten war und anschließend niemals verhandelt wurde, ging der übereinstimmende Willen der Parteien dahin, dass die Regelung in Anlage 1 für die Parteien gelten sollte.

Hiernach waren dem Kläger Nebentätigkeiten „für die folgenden Investment-Fonds und Investmentgesellschaften … gestattet, insbesondere der Besuch von Gesellschafterversammlungen und das Teilnehmen an Investitionsrunden… 2) C. AG“.

b) Auf dieser Basis handelte der Kläger nicht pflichtwidrig, wenn er auf einer „Road Show“ in Singapur potentiellen Investoren das „Tr.-Projekt“ der C. AG präsentierte. Denn die Klausel in Anlage 1 zum Dienstvertrag zwischen den Parteien, wonach ihm ausdrücklich die Teilnahme an Investionsrunden für die C. AG gestattet war, durfte der Kläger jedenfalls so verstehen, dass er Investoren für die C. AG werben durfte.

Das entband den Kläger zwar nicht von seiner Treuepflicht gegenüber der Beklagten, d.h. er durfte auch bei Ausübung der gestatteten Nebentätigkeit nicht gegen die Interessen der Beklagten handeln. Insoweit könnte der nunmehrige (unter Zeugenbeweis gestellte) Vortrag relevant sein, der Kläger habe im Zusammenhang mit der „Road Show“ geäußert, an Geschäften für die Beklagte nicht besonders interessiert zu sein. Dieser Vortrag erfolgte jedoch erst in zweiter Instanz. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, warum dieser Vortrag nicht schon in erster Instanz gehalten hätte werden können. Damit ist dieser Vortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

c) Keine andere Beurteilung rechtfertigt die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe sein Investorennetzwerk Geschäftspartnern zur Verfügung gestellt. Diese Behauptung ist zu allgemein gehalten und zu wenig greifbar, als dass man hieraus einen Verstoß des Klägers gegen das Wettbewerbsverbot oder seine Treuepflicht zur Beklagten herleiten könnte. Die Tatsache, dass der Kläger behauptete Pflichtwidrigkeiten zu widerlegen hat, entbindet die Beklagte nicht davon, zunächst eine mögliche Pflichtwidrigkeit des Klägers schlüssig darzutun.

d) Die vorstehenden Ausführungen gelten letztlich auch für die Behauptung, der Kläger habe der Beklagten von einer Investition in eine Firma ne. abgeraten und dieses Investment der C. AG überlassen. Das Abraten von einem Investment ist nicht per se pflichtwidrig; es kann viele, insbesondere auch gute kaufmännische Gründe haben. Mit der bloßen Behauptung, der Kläger habe von dem genannten Investment abgeraten, hat die Beklagte eine mögliche Pflichtwidrigkeit des Klägers damit noch nicht schlüssig dargetan; insbesondere ist aus dieser Behauptung nicht ersichtlich, warum dieses Abraten den Interessen der Beklagten zuwider lief. Eine mögliche Pflichtwidrigkeit des Klägers wird auch nicht durch die Behauptung dargelegt, er habe das Geschäft der C. AG „überlassen“. Denn dies kann schon nach dem Wortlaut auch bedeuten, dass die C. AG das Investment ohne weiteres Zutun des Klägers tätigte, nachdem die Beklagte insoweit (dem Rat des Klägers folgend) nicht eingestiegen war.

e) Selbst wenn man die dem Kläger nach Anlage 1 zum Dienstvertrag zwischen den Parteien gestattete Nebentätigkeit enger interpretieren und damit in gewissem Umfang Verstöße des Klägers gegen das Wettbewerbsverbot und / oder die Treuepflicht bejahen wollte, wiegen diese dann gegebenen Pflichtverletzungen nach Auffassung des Senats nicht so schwer, dass sie der Beklagten eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum regulären Ende des Dienstvertrages unzumutbar machten. Dabei ist neben der verbleibenden Dauer des Dienstvertrags von nurmehr etwa einem Jahr insbesondere zu berücksichtigen, dass dem Kläger jedenfalls in gewissem Umfang Konkurrenztätigkeit gestattet war (so dass ihm allenfalls die Überschreitung der Grenzen der Gestattung vorgeworfen werden könnte), dass die Beklagte seine Tätigkeit für andere Investmentgesellschaften schon bei Vertragsschluss kannte und dies, um den Kläger überhaupt gewinnen zu können, ausdrücklich hinnahm (vgl. dazu insbesondere die Aussage des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden F., a.a.O.) und dass sich schon aus dem Vortrag der Beklagten ein hierdurch der Beklagten entstandener greifbarer Schaden nicht ergab (vgl. dazu die Ausführungen des Landgerichts LGU 31). Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass eventuelle Verstöße des Klägers das Vertrauen zwischen den Parteien so weit zerrüttet hätten, dass es auch durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt hätte werden können.

3. Dem Kläger liegt eine unkorrekte Reisekostenabrechnung gegenüber der Beklagten nicht zur Last.

a) Der diesbezügliche Vorwurf der Beklagten geht dahin, dass der Kläger gegenüber der Beklagten Reisekosten in Höhe von insgesamt 436,73 € für eine Reise nach Frankfurt am 28.1.2016 abgerechnet habe, obwohl die Reise der Teilnahme an der Hauptversammlung der C. AG gedient habe. Der Kläger bestreitet einen Besuch bei der C. AG an diesem Tag nicht, führt aber aus, die Reise habe auch einer Besprechung mit dem Vorstand B. der In. AG, einer Geschäftspartnerin der Beklagten (zu dieser Geschäftsbeziehung vgl. oben Ii. und III.1.) gedient.

b) Das Landgericht hat den Zeugen B. vernommen (Protokoll, a.a.O.) und hiernach die Überzeugung gewonnen, dass sich der Kläger an diesem Tag tatsächlich mit Herrn B. in Frankfurt zu Gesprächen über die Di. AG und die Dim. AG (zu diesen Firmen vgl. bereits oben II. und III.1.) getroffen hat. Damit war die Reise für den Kläger dienstlich veranlasst und konnte von ihm abgerechnet werden.

Der Kläger war nicht gehindert, am selben Tag in Frankfurt auch die C. AG aufzusuchen. Hierdurch sind zusätzliche Kosten nicht entstanden, was daraus erhellt, dass der Kläger, wenn er an diesem Tag nur den Zeugen B .besucht hätte, denknotwendig und zweifellos berechtigterweise die selben Kosten abgerechnet hätte. Daher ist der Senat auch nicht der Auffassung, dass der Kläger verpflichtet gewesen wäre, die Reisekosten für die Reise nach Frankfurt in einen dienstlich veranlassten und in einen privat veranlassten Teil aufzuteilen.

IV. Schließlich rechtfertigen auch die von Beklagtenseite in zweiter Instanz nachgeschobenen Kündigungsgründe die außerordentliche Kündigung nicht.

1. Massive Bedenken bestehen im vorliegenden Fall schon aus grundsätzlichen dogmatischen Erwägungen gegen das Nachschieben von Kündigungsgründen, von denen die Beklagte (bzw. ihr für die Rechtsbeziehungen zum Kläger zuständiger Aufsichtsrat) erst Anfang 2019 erfahren haben will, also zu einer Zeit, als das Dienstverhältnis zwischen den Parteien jedenfalls durch Fristablauf schon beendet war.

a) Zwar ist anerkannt, dass Kündigungsgründe, die vor dem Kündigungszeitpunkt (hier: 16.8.2016) entstanden sind, aber erst nach dem Kündigungszeitpunkt bekannt werden, zur Begründung der Kündigung ohne Rücksicht auf die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nachgeschoben werden können (BAG, Urteil vom 18.6.2015 - 2 AZR 256/14, Rz. 46). Dies gilt jedenfalls bei unbefristeten Dienstverhältnissen unbeschränkt.

Vorliegend ist jedoch zu beachten, dass das Dienstverhältnis der Parteien auf den 30.9.2017 befristet war. Obersatz für die außerordentliche Kündigung ist, dass dem Kündigenden das Festhalten am Vertrag bis zur ordentlichen Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zuzumuten ist, insbesondere weil das nötige Vertrauen in den Kündigungsgegner zerstört ist (vgl. oben I.). Dies rechtfertigt es, beim unbefristeten Dienstvertrag Kündigungsgründe, die im Zeitpunkt der Kündigung unbekannt waren, nachzuschieben; denn auch bei nachträglicher Kenntniserlangung kann das Vertrauen des Kündigenden für die Zukunft zerstört sein. Anders liegt es aber nach Auffassung des Senats beim befristeten Dienstverhältnis, wenn die nachgeschobenen Kündigungsgründe dem Kündigenden erst bekannt werden, nachdem die Frist für die reguläre Beendigung des Vertrages eingetreten ist. Denn hier kann denknotwendig bei Bekanntwerden der Kündigungsgründe kein Vertrauen in die weitere Zusammenarbeit mehr zerstört werden.

Die vom Schriftsatz der Beklagten vom 13.8.2019 herangezogenen Entscheidungen stehen der vorstehend skizzierten Rechtsauffassung nicht entgegen. Diese haben zwar überwiegend befristete Vorstands- bzw. Geschäftsführerdienstverträge zum Gegenstand, befassen sich aber nicht explizit mit der Frage, welche Bedeutung die Kenntniserlangung von einem potentiellen Kündigungsgrund erst nach ordentlichem Vertragsende (= Eintritt der Befristung) für die Möglichkeit, diesen Kündigungsgrund nachzuschieben, hat.

b) Vorstehende Überlegungen gelten auch und erst Recht, soweit die in der Berufungsinstanz neu vorgebrachten Sachverhalte als Verdachtskündigungsgründe nachgeschoben werden.

Eine Verdachtskündigung ist unter bestimmten engen Voraussetzungen (starke Verdachtsmomente, objektive Anhaltspunkte, Zerstörung des Vertrauensverhältnisses durch den Verdacht, große Wahrscheinlichkeit, dass Verdacht zutrifft) möglich (BAG, Urteil vom 23.5.2013 - 2 AZR 102/12, Rz. 19 - 21). Unter diesen Voraussetzungen können Verdachtskündigungsgründe auch nachgeschoben werden (BAG vom 18.6.2015, a.a.O. Rz. 46).

Vorliegend hat die Beklagte ihren Verdacht nach ihrem eigenen Vortrag erst Anfang 2019, also zu einer Zeit, als der Dienstvertrag längst ordentlich beendet war, gefasst. Die Verdachtskündigung rechtfertigt sich wie dargestellt vor allem daraus, dass auch ein begründeter Verdacht wegen des dadurch zerstörten Vertrauens die weitere Zusammenarbeit unzumutbar macht. Wird der Verdacht - wie vorliegend - aber erst nach regulärem Ende der Vertragslaufzeit gefasst, kann er denknotwendig das Vertrauen in die weitere Zusammenarbeit nicht mehr beeinträchtigen und stellt damit kein Kriterium für die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Klägers dar.

2. Aber auch unabhängig von den Überlegungen unter 1. rechtfertigen die in der Berufungsinstanz nachgeschobenen Sachverhalte die außerordentliche Kündigung nicht.

a) Der Vortrag zu den Falschbewertungen der Beteiligungen der Beklagten ist nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Vorwurf geht dahin, dass im Jahresabschluss der Beklagten) für 2015 vom 24.6.2016 diverse Beteiligungen (insbesondere auch an der GPS Op. GmbH und an der Pr. DA GmbH) zu Zwecken der Anlegertäuschung bewusst zu hoch bewertet worden seien.

Dieser Sachverhalt, über den, wenn es auf ihn ankäme, noch Sachverständigenbeweis zu erheben wäre, könnte grundsätzlich einen Grund für eine fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses des Klägers darstellen. Denn die bewusste Falschbewertung von Aktiva in der Bilanz stellt eine erhebliche Pflichtverletzung des Vorstandes dar (allgemein zur Verletzung von Buchführungspflichten BGH, Urteil vom 12.1.2009 - II ZR 27/08, Rz. 6). Ob der Kläger - entsprechend der bestrittenen Behauptung der Beklagten - intern für die Bewertung von Beteiligungen verantwortlich war, kann dahinstehen. Jedenfalls hat er den Jahresabschluss mit unterschrieben und daher aufgrund der Gesamtverantwortung des Vorstandes auch für ihn einzustehen. Dass der Kläger von einer (unterstellten) Unrichtigkeit der Bewertungen wusste oder dies zumindest billigend in Kauf nahm, ergibt sich aus seiner Gesprächsnotiz vom 24.6.2016 (Anlage BB 8).

Es ist aber unstreitig und ergibt sich auch aus der genannten Gesprächsnotiz des Klägers, dass jedenfalls der (damalige) Aufsichtsratsvorsitzende F. der Beklagten Kenntnis davon hatte, dass die Beteiligungen nach Auffassung des Klägers bilanziell überbewertet waren. Es wäre daher die Pflicht des Aufsichtsratsvorsitzenden Fischer gewesen, den Aufsichtsrat als Ganzes von der damit im Raum stehenden und hier streitgegenständlichen möglichen Pflichtverletzung zu informieren. Der (damalige) Aufsichtsrat als zuständiges materielles und prozessuales Vertretungsorgan gegenüber dem Kläger musste daher bei regulärem Verlauf der Dinge den auf die dargestellte Pflichtwidrigkeit des Klägers gestützten Kündigungsgrund kennen. Dieses Kennenmüssen muss sich der heutige Aufsichtsrat der Beklagten zurechnen lassen. Von daher beruht es auf einer (aus deren Innenverhältnis herrührenden) Nachlässigkeit der Beklagten, dass dieser Gesichtspunkt nicht schon in erster Instanz geltend gemacht wurde (§ 531 Abs. 2 ZPO).

b) Die Rolle des Klägers bei den Pressemitteilungen des Vorstandsvorsitzenden Müller betreffend den „Pi.-Deal“ machten die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Eintritt der regulären Beendigung des Dienstverhältnisses nicht unzumutbar.

Dem Vorwurf liegt folgender Sachverhalt zugrunde. Die Sm. AG ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Beklagten. Vorstand der Sm. AG war im streitgegenständlichen Zeitraum ein Herr D., der später in den Vorstand der Beklagten berufen wurde. Die Sm. AG hielt Anteile an der Pi. GmbH, deren Geschäftsführer der Mitvorstand des Klägers bei der Beklagten M. war. Herr M. habe drei Pressemitteilungen (Anlagen BB 15 - BB 17) der Beklagten herausgegeben, wonach die Pi. GmbH bzw. wesentliche Teile ihrer Assets an eine indische Gesellschaft zu sehr günstigen Konditionen veräußert werden sollten bzw. veräußert wurden. Diese Pressemitteilungen seien dem Kläger bekannt gewesen; er habe auch erkennen können und tatsächlich erkannt, dass der Deal platzen würde, wie es dann tatsächlich geschah; deshalb habe er es pflichtwidrig unterlassen, die Veröffentlichung der Pressemitteilungen zu verhindern oder deren Richtigstellung zu veranlassen.

Hierzu ist festzustellen, dass die Hauptverantwortung für die Pressemitteilungen der Mitvorstand des Klägers und Geschäftsführer der Pi. GmbH M. trug. Herrn M. ist wegen dieses Vorfalles nach Vortrag des Klägers nicht gekündigt worden. Dies hat die Beklagte nicht hinreichend bestritten. Sie hat nur behauptet, dass Herr M. zwischenzeitlich nicht mehr für die Beklagte tätig sei, ohne konkret zu behaupten, dass im wegen der Pressemitteilungen außerordentlich gekündigt wurde. Die Beklagte hat daher die Weiterbeschäftigung des hauptverantwortlichen Müller trotz der Pressemitteilungen für durchaus zumutbar erachtet. Den weiteren Verantwortlichen D., der als Vorstand der S. primär für die Überwachung der Geschäftstätigkeit der P. zuständig gewesen wäre, hat die Beklagte sogar in ihren Vorstand befördert. Dies zeigt nach Auffassung des Senats, dass der Beklagten auch eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Eintritt der Befristung seines Dienstverhältnisses zumutbar gewesen wäre.

Damit statuiert der Senat entgegen der Auffassung der Beklagten keinen Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung im Unrecht, sondern schließt aus der Tatsache der Weiterbeschäftigung der Herren M. und D. auf eine Zumutbarkeit auch der Weiterbeschäftigung des Klägers.

c) Der Vorwurf des Verrats von Geschäftsgeheimnissen der Beklagten an den benannten Zeugen W. (Aufsichtsratsvorsitzender der neuen Dienstherrin des Klägers) durch die als Anlagen BB 22 und BB 23 vorgelegten Emails des Klägers vom 26.3.2017 und 14.9.2017 vermögen die gegenständliche Kündigung aus zeitlichen Gründen nicht zu rechtfertigen.

Dahin stehen kann in diesem Zusammenhang, ob gesetzliche oder vertragliche Wettbewerbsverbote (bzw. die Treuepflicht) nach einer unterstellt unberechtigten außerordentlichen Kündigung fortbestehen (dazu BAG, Urteil vom 25.4.1991 - 2 AZR 624/90; BGH, Urteil vom 12.3.2003 - VIII ZR 197/02). Denn jedenfalls liegt ein eventueller Verstoß durch die genannten Emails zeitlich nach der streitgegenständlichen Kündigung vom 16.9.2016 und kann daher nicht zur Rechtfertigung dieser Kündigung nachgeschoben werden. Allenfalls hätte dieser Vorgang zum Anlass für eine erneute Kündigung genommen werden können; eine solche hat die Beklagte allerdings nicht erklärt und kann sie nunmehr nach Ablauf der Frist für die ordentliche Beendigung des Dienstverhältnisses auch nicht mehr erklären.

d) Vom Kläger zu verantwortende Defizite bei der Liquidationsplanung der Beklagten können die streitgegenständliche Kündigung aus mehreren Gründen nicht rechtfertigen.

Zum einen ist der entsprechende Vortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Beklagte trägt selbst vor, dass die mangelnde Liquiditätsplanung vom Aufsichtsrat der Beklagten ständig kritisiert wurde. Damit war dem Aufsichtsrat als dem für das Dienstverhältnis zuständigen Organ der Beklagten aber die mangelnde Liquidationsplanung schon zu Zeiten der Beschäftigung des Klägers und damit denknotwendig schon vor Beginn der ersten Instanz bekannt. Von daher ist weder ersichtlich noch wird von der Berufung dargelegt, warum dieser Vortrag nicht schon in erster Instanz gehalten werden konnte.

Zum anderen ist der Senat der Auffassung, dass die mangelnde Liquidationsplanung selbst bei Zulassung dieses Vortrages es der Beklagten nicht unzumutbar gemacht hätte, den Kläger bis zum regulären Ende seines Dienstverhältnisses weiter zu beschäftigen. Hierfür ist nach Auffassung des Senats ausschlaggebend die Tatsache, dass dem Vorstandsvorsitzenden Müller, der - wie die Beklagte einräumt - trotz der Gesamtverantwortung des Vorstandes primär für die Liquidationsplanung zuständig gewesen wäre, der Dienstvertrag nicht gekündigt wurde (vgl. oben). Hinzu kommt, dass nach dem Vortrag der Beklagten die fehlende Liquidationsplanung auch dem neuen Vorstand der Beklagten aufgrund fehlender Unterlagen nicht bekannt wurde. Damit räumt die Beklagte der Sache nach ein, dass sich auch der neue Vorstand nicht hinreichend um eine regelmäßige Prüfung der Liquidität gekümmert hat (weil ihm sonst das Fehlen diesbezüglicher Unterlagen aufgefallen wäre), ohne dass dies offenbar zum Anlass für Schritte gegenüber dem neuen Vorstand genommen wurde. Damit steht fest, dass die Liquidationsplanung der Beklagten schon nach ihrem eigenen Vortrag schon seit Jahren und weit über die Beschäftigungszeit des Klägers hinaus im Argen lag, ohne dass der Aufsichtsrat hierwegen Schritte gegen Vorstandsmitglieder mit Ausnahme des Klägers ergriffen hätte. Vor diesem Hintergrund wäre es nach Auffassung des Senats für die Beklagte zumutbar gewesen, auch beim Kläger das reguläre Ende seines Dienstverhältnisses abzuwarten.

V. Auch die gebotene Gesamtschau der geltend gemachten Kündigungsgründe (soweit sie nicht aus Rechtsgründen, insbesondere wegen Präklusion irrelevant sind) rechtfertigt bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles nicht die Annahme, dass es der Beklagten unzumutbar gewesen wäre, den Kläger bis zum ordentlichen Ablauf des befristeten Dienstverhältnisses am 30.9.2019 weiter zu beschäftigen. Dies gilt selbst dann, wenn man bei den oben erörterten Kündigungsgründen, bei denen der Senat eine Pflichtwidrigkeit des Klägers verneint und die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung lediglich hilfsweise angeführt hat, entgegen der Rechtsauffassung des Senats eine Pflichtwidrigkeit des Klägers bejaht.

Unter der zuletzt genannten Prämisse spricht die Mehrzahl der dann anzunehmenden Pflichtwidrigkeiten eher gegen die Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung des Klägers. Allerdings handelt es sich, wie oben im einzelnen dargestellt, jeweils um nicht besonders schwerwiegende Pflichtwidrigkeiten (wirklich gravierend wäre nur die Mitwirkung des Klägers an der behaupteten Bilanzmanipulation, die aber aus Rechtsgründen - kein Nachschieben möglich, hilfsweise Präklusion - als Kündigungsgrund ausscheidet). Das muss auch bei der Gesamtwürdigung ins Gewicht fallen. Ferner ist zu sehen, dass der Dienstvertrag in etwa einem Jahr nach der Kündigung ohnehin geendet hätte. Ein wesentlicher Gesichtspunkt für den Senat ist aber auch, dass sich dem Senat aus dem gesamten Prozessstoff der Eindruck aufdrängt, dass bei der Beklagten durchgängig ein Missmanagement durch alle Organverantwortlichen herrschte, hierweg aber (nach dem Sach- und Streitstand) nur der Dienstvertrag des Klägers außerordentlich gekündigt wurde. Bei dieser Handhabung der Dinge wäre es der Beklagten zumutbar gewesen, auch beim Kläger den Eintritt der Befristung seines Dienstverhältnisses abzuwarten. Der neue Sachvortrag im Schriftsatz vom 28.11.2019 ist nach § 531 ZPO nicht zu berücksichtigen.

C.

Die Berufung des Klägers hat auch hinsichtlich der Widerklage Erfolg. Da der Dienstvertrag zwischen den Parteien über den 30.9.2016 hinaus fortbestand, hatte der Kläger weiterhin Anspruch auf die vertraglich vorgesehene Nutzung seines Dienstwagens. Die Nichtrückgabe des Dienstwagens vermag daher Schadensersatzansprüche des Beklagten nicht zu begründen.

D.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalles

stats