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Arbeitsrecht
27.02.2009
Arbeitsrecht
OVG Nordrhein-Westfalen: Keine Mitbestimmung bei Chat-Programm

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.1.2009 - 16 A 2412/07.PVL

Vorinstanz: VG Aachen, 16 K 1715/06.PVL

Sachverhalt

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 teilte die Leiterin der Hochschulbibliothek der Fachhochschule Aachen deren Kanzler mit, sie plane, ein Chat-Programm für die interne Kommunikation der Bibliotheksbeschäftigten einzusetzen. Die Nutzung solle freiwillig sein. Mit Schreiben vom 3. November 2006 wandte sich der Kanzler der Fachhochschule an den Antragsteller und führte aus, im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit übersende er das Schreiben der Bibliotheksleiterin mit der Bitte um Kenntnisnahme. Der Antragsteller antwortete, er bitte das Mitbestimmungsverfahren einzuleiten. Dies lehnte der Beteiligte mit Schreiben vom 27. November 2006 ab. Daraufhin beschloss der Antragsteller die Einleitung eines personalvertretungsrechtlichen Beschussverfahrens vor dem Verwaltungsgericht.

Der Chat ist eine textbasierte Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Nutzern nahezu in Echtzeit. Der Beteiligte hat den Einsatz des Chat-Programms - derzeit Openfire/Spark - auf das Intranet der Bibliothek beschränkt und keine Verbindung zum Internet oder Intranet der Fachhochschule hergestellt. Die Beschäftigten in der Bibliothek verteilen sich auf vier Standorte in Aachen sowie die Bereichsbibliothek in Jülich. Dort steht jeweils nur ein Raum zur Verfügung, in dem die Bücher gelesen und auch alle sonstigen Bibliotheksgeschäfte wie etwa Ausleihe und Benutzerberatung einschließlich der anfallenden Telefongespräche abgewickelt werden. Die Nutzung des Chat-Programms steht jedem Bibliotheksbeschäftigten frei. Die Bibliotheksbeschäftigten können weiterhin persönlich sowie mittels Telefon und E-Mail kommunizieren. Auch wer sich grundsätzlich entschieden hat, das Programm zu nutzen, hat jederzeit die Möglichkeit, sich offline zu melden. Zusätzlich wechselt das Programm automatisch von online zu offline, wenn in einer bestimmten Zeit keine Kommunikation stattgefunden hat; die Zeit bis zu diesem Statuswechsel kann der Benutzer selbst vorgeben. Es können Textdialoge geführt und Dateien übermittelt werden. Es besteht die Möglichkeit, mit mehreren Beschäftigten gleichzeitig zu kommunizieren. Man kann eine Fernwartung zulassen, d. h. den eigenen Desktop für den Systemadministrator der Bibliothek freischalten, um sich bei Problemen helfen zu lassen.

Der Antragsteller hat am 19. Dezember 2006 das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und zur Begründung maßgeblich geltend gemacht: Der Einsatz des Chat-Programms sei mitbestimmungspflichtig, weil damit ein neues betriebliches Informations- und Kommunikationsnetz eingeführt, jedenfalls aber das vorhandene Kommunikationsnetz wesentlich geändert und ausgeweitet worden sei.

Der Antragsteller hat beantragt,

festzustellen, dass der Einsatz eines Chat-Programms innerhalb der Bibliothek der Dienststelle seiner Mitbestimmung unterliegt.

Weiterhin der Auffassung, dass der Einsatz des Chat-Programms nicht mitbestimmungspflichtig sei, hat der Beteiligte beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Mit Beschluss vom 12. Juli 2007 hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts den Antrag abgelehnt und im Kern ausgeführt: Der Beteiligte habe kein Kommunikationsnetz eingeführt, sondern nur das vorhandene geändert. Diese Änderung sei aber nicht so wesentlich, dass sie der Mitbestimmung unterliege. Es sei weder erkennbar noch vom Antragsteller geltend gemacht, dass das Chat-Programm wesentliche, belastende Auswirkungen auf die Beschäftigten habe. Seine Einführung erweise sich auch nicht als mitbestimmungspflichtige Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung. Es gehe allein darum, der Kommunikation mittels E-Mail eine weitere, aber einfachere und unkompliziertere Möglichkeit via Chat hinzuzufügen.

Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 24. Juli 2007 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 31. Juli 2007 Beschwerde eingelegt und bis zur mündlichen Anhörung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Inkrafttreten des novellierten Landespersonalvertretungsgesetzes Ende 2007 schließe es nicht aus, das vorliegende Verfahren noch nach den bis dahin geltenden Regelungen zu entscheiden. Nach altem Recht sei die Angelegenheit mitbestimmungspflichtig, weil mit dem Chat ein völlig neues Kommunikationsmittel, nämlich das Telefonieren in Schriftform eingeführt worden sei. Dadurch bestünden neue Gefahren für die Mitarbeiter. Die Beschäftigten seien mit einer schnelleren und konstant aktiven Kommunikation kumulativ Anforderungen wie beim Telefonieren und E-Mail-Schreiben ausgesetzt. Es handle sich überdies um eine auch nach dem neuen Personalvertretungsrecht weiterhin mitbestimmungspflichtige Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung sowie zur Erleichterung des Arbeitsablaufs. Mit der via Chat beschleunigten Kommunikation ziele der Beteiligte auf messbare Arbeitszeiteinsparungen. Diese Kommunikation mache zudem bestimmte zeitaufwändige Formen wie Meetings überflüssig. Das Chat-Programm sei schließlich dazu bestimmt, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Der Dienstsstellenleiter müsse nicht ausdrücklich erklären, das Programm zur Überwachung der Beschäftigten einsetzen zu wollen. Es genüge, dass das Programm dazu geeignet sei. Mittels des Chat-Programms könne überprüft werden, welcher Beschäftigte anwesend bzw. an seinem Arbeitsplatz sei. In der mündlichen Anhörung hat der Antragsteller zusätzlich geltend gemacht: Mit dem Chat-Programm werde eine grundlegend neue Arbeitsmethode eingeführt.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen vom 12. Juli 2007 abzuändern und festzustellen, dass der Einsatz eines Chat-Programms zum Chat der Beschäftigten der Bibliothek des Beteiligten (einschließlich der Beschäftigten in der Bereichsbibliothek K. ) innerhalb des Intranets der Bibliothek seiner Mitbestimmung unterliegt.

Der Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und führt ergänzend aus: Das alte Recht sei ersatzlos weggefallen. Abgesehen davon hätten die Voraussetzungen für eine Mitbestimmung nicht vorgelegen. Auch nach heute geltendem Recht sei der Einsatz des Chat-Programms nicht mitbestimmungspflichtig. Das Programm sei weder so fordernd wie der E-Mail-Verkehr noch bestehe ein Antwortzwang wie beim Telefon. Das Programm erlaube auch keine Rückschlüsse auf die Anwesenheit der Beschäftigten. Der Chat helfe, die Lärmbelästigung im Lesesaal der Bibliothek zu reduzieren, weil Telefongespräche eingespart würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beteiligten (Beiakte Heft 1) Bezug genommen.

Aus den Gründen

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers zu Recht abgelehnt.

Der vom Antragsteller lediglich zur Klarstellung seines Begehrens neu gefasste Antrag ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass das Chat-Programm bereits in der Bibliothek eingesetzt wird. Diese Maßnahme des Beteiligten könnte ohne Weiteres technisch rückgängig gemacht werden, sodass sich das Mitbestimmungsverfahren mit dem Beginn ihrer Umsetzung nicht erledigt hat.

Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Die zwischen dem Antragsteller und dem Beteiligten umstrittene Maßnahme unterliegt nicht der Mitbestimmung.

Mangels einer anderslautenden Übergangsregelung ist das Landespersonalvertretungsgesetz in der Fassung anwendbar, die es durch Art. I des am 17. Oktober 2007 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Personalvertretungsrechts und schulrechtlicher Vorschriften (GV. NRW S. 394) gefunden hat.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. September 2008 - 16 A 780/07.PVL -.

Ausgehend hiervon kann dahinstehen, ob die streitige Maßnahme sich als Einführung oder wesentliche Änderung eines betrieblichen Informations- und Kommunikationsnetzes darstellt. Denn mit der Novellierung des Landespersonalvertretungsgesetzes ist das diesbezügliche, bislang in § 72 Abs. 3 Nr. 6 LPVG a. F. geregelte Mitbestimmungsrecht ersatzlos weggefallen.

Ein Recht zur Mitbestimmung ergibt sich weiterhin nicht aus § 72 Abs. 3 Nr. 3 LPVG (vormals § 72 Abs. 3 Nr. 5 LPVG a. F.), wonach der Personalrat, soweit - wie hier - eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, bei Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung und Erleichterung des Arbeitsablaufs mitzubestimmen hat.

Der Einsatz des Chat-Programms in der vom Beteiligten geübten Weise stellt zunächst keine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung im Sinne der ersten Alternative des § 72 Abs. 3 Nr. 3 LPVG dar. Unter diesen Mitbestimmungstatbestand fallen Maßnahmen, die darauf angelegt sind, die Effektivität der Arbeit in der vorgegebenen Zeit qualitativ oder quantitativ zu fördern, d. h. die Güte oder die Menge der zu leistenden Arbeit zu steigern. Dabei ist als Hebung der Arbeitsleistung nicht die Steigerung der Menge oder Qualität des Arbeitsertrags anzusehen, sondern vielmehr die erhöhte Inanspruchnahme des oder der betroffenen Beschäftigten, zu der solche Maßnahmen typischerweise führen. Diese kann in gesteigerten körperlichen Anforderungen oder in einer vermehrten geistig-psychischen Belastung bestehen. Der Zweck der Mitbestimmung besteht darin, die betroffenen Beschäftigten vor einer unnötigen oder unzumutbaren Belastung zu bewahren. Auf eine Hebung der Arbeitsleistung angelegt sind zunächst alle Maßnahmen, die unmittelbar darauf abzielen. Von dem Mitbestimmungstatbestand erfasst werden darüber hinaus aber auch solche Maßnahmen, mit denen zwangsläufig und für die Betroffenen unausweichlich verbunden ist, das Arbeitsergebnis zu erhöhen. Letzteres ist anzunehmen, wenn bestimmte Tätigkeiten in unverminderter Menge und Güte in verringerter minutengenauer Zeit oder aber in größerer Zahl bei unverminderter Güte in gleichbleibender, exakt festgelegter Zeit zu verrichten sind. An der vorausgesetzten Unausweichlichkeit fehlt es u. a. dann, wenn eine Kompensation an anderer Stelle etwa in der Weise in Betracht kommt, dass eine Verringerung anderer Tätigkeiten oder eine Verminderung der Arbeitsgüte anheim gestellt wird.

Vgl. zum Ganzen etwa: BVerwG, Beschluss vom 1. September 2004 - 6 P 3.04 -, juris Rdnr. 38 (= PersR 2004, 437), sowie OVG NRW, Beschuss vom 30. Januar 2003 - 1 A 5765/00.PVL -, juris Rdnr. 3 (= PersR 2003, 244) - jeweils m. w. N.

Die Mitbestimmungspflichtigkeit lässt sich - anders als vom Antragsteller in der mündlichen Anhörung geltend gemacht - nicht damit begründen, dass die das Chat- Programm nicht nutzenden Beschäftigten zunehmendem Druck ausgesetzt seien, doch davon Gebrauch zu machen, wenn immer mehr andere Beschäftigte via Chat kommunizierten. In Bezug auf die nicht nutzenden Beschäftigten fehlt es schon an einer Maßnahme, die der Mitbestimmungspflicht unterliegen könnte. Sie müssen ihr Verhalten nicht ändern und können die Teilnahme am Chat-Programm ohne Angabe von Gründen ablehnen. Der Beteiligte hat eine eigenverantwortliche Arbeitsgestaltung ausdrücklich zugestanden.

Eine Mitbestimmungspflicht ergibt sich aber auch nicht für diejenigen Beschäftigten, die freiwillig am Chat teilnehmen. Allerdings lässt nicht schon die Freiwilligkeit eine etwaige Mitbestimmungspflichtigkeit entfallen. Die Beteiligung des Personalrats soll auch diejenigen Beschäftigten schützen, die den Schutz nicht ausdrücklich beanspruchen. Die Mitbestimmungspflichtigkeit der Maßnahme scheitert aber entweder daran, dass sich zwar die Qualität des Arbeitsergebnisses verbessert, insoweit aber die Arbeitsleistung nicht gehoben wird. Das gilt für den Chat zu zweit (als Ersatz für ein Telefongespräch oder eine E-Mail sowie zum Zwecke der Fernwartung). Oder die Mitbestimmungspflichtigkeit ist zu verneinen, weil zwar die geistig-psychische Belastung der Bibliotheksbeschäftigten wächst, der Beteiligte jedoch die Maßnahme nicht mit der Zielrichtung vorgenommen hat, die Arbeitsleistung der Beschäftigten zu verdichten, und diese Folge auch nicht unausweichlich eintritt. Das gilt für den Chat mit mehreren (als Ersatz für herkömmliche Besprechungen).

Bleibt es bei einem Chat zwischen nur zwei Beschäftigten oder wird das Programm zur Fernwartung genutzt, fehlt es schon an einer Hebung der Arbeitsleistung. Die Zeitersparnis, wenn eine Datei per Chat nahezu in Echtzeit und nicht mittels E-Mail übermittelt wird, ist kaum nennenswert. Eine Hebung der Arbeitsleistung tritt ferner nicht ein, wenn der Chat als Ersatz für ein Telefongespräch oder eine E-Mail sowie zum Zwecke der Fernwartung genutzt wird. Zwar verbessert sich die Qualität des Arbeitsergebnisses unter dem Blickwinkel, dass weniger Gespräche in der Bibliothek anfallen. Dadurch können die Bibliotheksbenutzer ungestörter und mit mehr Ruhe lesen. Chatten zwei Beschäftigte anstatt zu telefonieren oder mittels E-Mail zu kommunizieren, führt dies aber (noch) nicht zu einer vermehrten geistig-psychischen Belastung. Eine solche ist (erst) zu verzeichnen, wenn mehrere Beschäftigte miteinander chatten, statt zu einer Besprechung zusammenzukommen. Da beim Chat Schriftlichkeit und Mündlichkeit vermischt werden, handelt es sich letztlich um ein schriftliches („getipptes") Gespräch. In chatbasierten Kommunikationssituationen ist die Koordination deshalb insgesamt aufwändiger als bei herkömmlichen gemeinsamen Besprechungen. Durch den Austausch nahezu in Echtzeit kann eine gleichermaßen lebhafte Diskussion entstehen, wie sie in gemeinsamen Besprechungen möglich ist. Dabei wirkt sich allerdings der Zwang zur Textform leicht zeitverzögernd aus, verhindert unter Umständen spontane Äußerungen und beschränkt die kommunikativen Ausdrucksformen, wenn auch die korrekte Schreib- und Ausdrucksweise einen geringeren Stellenwert hat. Auch die Koordination des Gesprächsverlaufs ist in einem Chat erschwert. Non- oder paraverbale Kommunikationsanteile wie Blickkontakt, Körpersprache oder Wortmeldungen, die in Präsenzsituationen als Koordinationsmittel dienen, sowie die Gesamtheit spezifischer sprachlicher Eigenschaften wie Akzent, Intonation, Quantität und (Sprech-)Pausen haben im Chat keine Entsprechung. Im Chat können Gesprächsbeiträge simultan produziert und verschickt werden. Die Beitragsproduktion ist für die anderen Chat-Teilnehmer unsichtbar. Die Gesprächsbeiträge werden durch das Chat-Programm nur in chronologischer Reihenfolge ausgegeben. Es ergeben sich spezifische Kommunikationsprobleme wie die mangelhafte Koordination von aufeinander bezogenen Gesprächsbeiträgen, die Verschränkung, Fragmentierung und Überschneidung von Äußerungen und wechselseitigen Bezugnahmen im Chat- Display sowie die gegenseitige Störung mehrerer paralleler Gesprächsstränge. Hinzu kommt, dass die Beiträge im Chat unter Zeitdruck verfasst werden: Bei Eintreffen neuer Beiträge werden ältere Äußerungen nach oben bzw. unten verschoben. Die Reaktion auf einen Beitrag muss also erfolgen, bevor dieser aus dem Blickfeld des aktuellen Chat-Fensters verschwunden ist. Hinzu kommt, dass der Zwang zur Kürze und die fehlenden gestischen und mimischen Informationen in neue Ausdruckformen münden: Zeichenkombinationen und Abkürzungen ersetzen umfangreichere Ausführungen oder körpersprachliche Signale. Emoticons oder in Sternchen eingebundene Kommentare werden eingesetzt, um Emotionen und Stimmungen des Sprechenden zu untermalen.

Der Einsatz des Chat-Programms für Besprechungen der Bibliotheksbeschäftigten führt zu einer Leistungsverdichtung, weil dieselbe Arbeitsmenge in kürzerer Zeit erledigt werden kann. Das ist schon deshalb der Fall, da bei einer Besprechung via Chat für die Beschäftigten keine Wege mehr zum Besprechungsraum hin und zurück anfallen. Sie bleiben an ihrem Arbeitsplatz sitzen. Die dadurch eingesparte Zeit könnte auf weitere Arbeit verwendet werden.

Auf eine Zuweisung zusätzlicher Aufgaben ist der Beteiligte aber weder aus noch wäre die Hebung der Arbeitsleistung eine unausweichliche Folge, wenn Konferenzen via Chat abgewickelt werden. Der Beteiligte hat keine zusätzliche Arbeit vorgesehen, die die Beschäftigten in der eingesparten Zeit erledigen sollen. Es ist auch nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Bibliotheksbeschäftigten mit der bisherigen Arbeitsmenge überlastet sind und gerade der Einsatz des Chat- Programms sie in die Lage versetzen soll, ihr Arbeitspensum innerhalb der regulären Arbeitszeit zu schaffen. Den Beschäftigten steht im Gegenteil ein großer Gestaltungsspielraum zur Verfügung, der bei einer Chat-Konferenz möglichen vermehrten geistig-psychischen Belastung entgegen zu wirken. So können Chat- Konferenzen jederzeit ohne nennenswerte Rüstzeiten einberufen werden und bieten sich damit bereits für einzelne oder für sich genommen geringfügige Besprechungspunkte an. Auf diese Weise käme es zu kurzen Konferenzzeiten, die die Konzentration sogar weniger beanspruchen können als eine Konferenz herkömmlicher Art, die üblicherweise erst dann angesetzt wird, wenn sich der Wegeaufwand für mehrere Tagesordnungspunkte rechnet.

Der Einsatz des Chat-Programms ist ferner keine Maßnahme zur Erleichterung des Arbeitsablaufs im Sinne der zweiten Alternative des § 72 Abs. 3 Nr. 3 LPVG. Unter Arbeitsablauf ist die funktionelle, räumliche und zeitliche Aufeinanderfolge von Arbeitsvorgängen zur Erzielung eines bestimmten Arbeitsergebnisses zu verstehen. Eine Erleichterung des Arbeitsablaufs ist beabsichtigt, wenn dieser unter Senkung der körperlichen und/oder geistigen Inanspruchnahme flüssiger und einfacher gestaltet werden soll. Der Maßnahme muss mehr als lediglich untergeordnete Bedeutung zukommen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Februar 2002 - 1 A 3279/00.PVL -, juris Rdnr. 17 ff. (= PersR 2002, 406), und vom 10. Februar 1999 - 1 A 411/97.PVL -, juris Rdnr. 21 (= PersR 1999, 314); Cecior/Vallendar/ Lechtermann/Klein, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen, Stand: Oktober 2008, § 72 Rdnr. 450.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Wie bereits ausgeführt, bezweckt die Einführung des Chat-Programms keine Art oder Maß der Beanspruchung der Beschäftigten mindernde Veränderung im Arbeitsablauf. Im Gegenteil kann es im Rahmen von Besprechungen sogar zu einer vermehrten geistig-psychischen Belastung der Beschäftigten kommen. Der Maßnahme kommt zudem nur eine untergeordnete Rolle zu. Die Arbeit in der Bibliothek der Fachhochschule wird nicht von einem hohen Kommunikationsanteil der Beschäftigten untereinander geprägt. Diese können die nötige Kommunikation im Übrigen auch ohne das Chat-Programm auf schnelle Art und Weise mittels Telefon oder E-Mail erledigen. Noch weitaus weniger wird die Arbeit von Konferenzen der Bibliotheksbeschäftigten bestimmt.

Darüber hinaus scheidet auch ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 72 Abs. 3 Nr. 1 LPVG aus. Nach dieser Vorschrift hat der Personalrat mitzubestimmen bei Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Es kann offen bleiben, ob schon diejenigen technischen Einrichtungen der Mitbestimmung des Personalrats unterliegen, die ihrer Konstruktion oder konkreten Verwendungsweise nach unmittelbar eine Überwachung von Verhalten oder Leistung der Beschäftigten ermöglichen, ohne dass der Dienststellenleiter bei ihrer Einführung und Anwendung - subjektiv - die Absicht haben müsste, sie zu diesem Zweck einzusetzen.

Vgl. zum BPersVG: BVerwG, Beschluss vom 26. September 2006 - 6 PB 10.06 -, juris Rdnr. 4 m. w. N.; Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 75 Rdnr. 542; zum LPVG siehe: Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, a. a. O., § 72 Rdnr. 403, 412.

Das Chat-Programm ist bereits objektiv nicht geeignet, Aussagen über das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu liefern. Anders als der Antragsteller meint, ermöglicht es keine Überwachung der Beschäftigten im Sinne einer Anwesenheitskontrolle. Es ist kein verlässlicher Rückschluss darauf möglich, ob sich ein Beschäftigter an seinem Arbeitsplatz aufhält oder nicht. Zwar wird auf dem Bildschirm - auch des zum Chat angemeldeten Systemadministrators der Bibliothek - angezeigt, welcher der in einer Kontaktliste geführten Benutzer gerade „online" ist. Feststellbar wäre damit aber lediglich die aktuell bestehende grundsätzliche Gesprächsbereitschaft eines Teilnehmers, nicht hingegen seine An- oder Abwesenheit am Arbeitsplatz. Denn auch ein als „offline", d. h. als aktuell nicht gesprächsbereit verzeichneter Teilnehmer kann an seinem Arbeitsplatz anwesend sein, während umgekehrt ein Beschäftigter, der „online" ist, seinen Arbeitsplatz (vorübergehend) verlassen haben kann. Es besteht auch nicht der vom Antragsteller behauptete Antwortzwang. Jedem grundsätzlich gesprächsbereiten Teilnehmer steht es wie beim Telefonieren und bei einer Kommunikation mittels E-Mail frei, ob und zu welchem Zeitpunkt er auf eine Anfrage reagiert. Weitergehende Anhaltspunkte für eine Eignung zur Verhaltens- oder Leistungsüberwachung hat weder der Antragsteller dargetan noch sind solche ersichtlich.

Schließlich hat der Beteiligte keine grundlegend neue Arbeitsmethode i.S.v. § 72 Abs. 3 Nr. 2 LPVG eingeführt.

Mit dem Begriff der Arbeitsmethode bezeichnet die Vorschrift die Konzeption, welche hinter dem in mehr oder weniger viele einzelne, unselbständige Arbeitsvorgänge gegliederten Arbeitsablauf steht, d. h. die Festlegung, auf welchem Bearbeitungsweg und mit welchen Arbeitsmitteln durch welche Beschäftigten die der Dienststelle gestellte Aufgabe erfüllt werden soll. Die Arbeitsmethode erweist sich als das auf der Grundlage der personellen, räumlichen, technischen und sonstigen bedeutsamen Gegebenheiten und Möglichkeiten der Dienststelle entwickelte Modell des Ablaufs derjenigen Arbeit, die zur Erfüllung der gestellten Aufgabe geleistet werden muss. Damit bildet sie das Leitbild für die Organisation und die technische Ausgestaltung des Arbeitsablaufs, indem sie einen methodisch geordneten Bezug zwischen der zu erfüllenden Aufgabe einerseits und den zu ihrer Erfüllung bereitstehenden oder benötigten Personen, Geräten und Sachmitteln andererseits herstellt, welcher sodann in konkret personenbezogene Arbeitsaufträge und sachbezogene Arbeitsvorgänge umzusetzen ist. Unter den Begriff der Arbeitsmethode fallen danach die Regeln, welche die Ausführung des Arbeitsablaufs durch den Menschen bei einem bestimmten Arbeitsverfahren betreffen und besagen, in welcher Art und Weise der Mensch an dem Arbeitsablauf beteiligt sein soll bzw. beteiligt ist.

Vgl. Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, a. a. O., § 72 Rdnr. 422 m. w. N.

Danach gehört es zu den Arbeitsmethoden der Bibliothek der Fachhochschule, dass die Beschäftigten miteinander kommunizieren, um etwa den Abstimmungsbedarf zu erfüllen, der durch die Verteilung der Bibliothek auf mehrere Standorte entsteht. Zur Kommunikation selbst hat der Beteiligte jedoch keine weiteren Regeln aufgestellt. Es sind keine Bestimmungen vorgetragen oder sonst ersichtlich, in welchen Fällen sich die Bibliotheksbeschäftigten mittels Telefon oder E-Mail austauschen oder sich mit anderen Beschäftigten in einer Besprechung verständigen müssen. Vielmehr können sie für die zu leistende Kommunikation frei wählen, ob sie persönliche Gespräche führen, sich in Besprechungen treffen, das Telefon benutzen oder E-Mails wechseln. Vor diesem Hintergrund wird keine neue Arbeitsmethode eingeführt, wenn der Beteiligte lediglich die Möglichkeiten der Beschäftigten erweitert, d. h. ihnen weiterhin die herkömmliche Besprechung, das Telefongespräch sowie den E-Mail-Verkehr anbietet und nur als zusätzliche technische Option ein Chat-Programm zur Verfügung stellt. An der Konzeption, die Arbeit durch die Methode der Kommunikation zu erledigen, ändert sich nichts.

Ob der zusätzliche Kommunikationsweg via Chat die bisherige Kommunikation in der Bibliothek wesentlich verändert, kann offen bleiben. Eine wesentliche Änderung der Arbeitsmethode unterliegt seit der Novelle 2007 nicht mehr der Mitbestimmung.

Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

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