BAG: Inhaltskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen
BAG , Urteil vom 22.07.2010 - Aktenzeichen 6 AZR 847/07 (Vorinstanz: LAG Frankfurt/Main vom 13.07.2007 - Aktenzeichen 3/6 Sa 177/07; ) (Vorinstanz: ArbG Darmstadt vom 28.11.2006 - Aktenzeichen 3 Ca 123/06; ) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Leitsätze: 1. Bei der Inhaltskontrolle von im Arbeitsvertrag dynamisch in Bezug genommenen kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen ist als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit zu berücksichtigen, dass das Verfahren des Dritten Weges mit paritätischer Besetzung der Arbeitsrechtlichen Kommission und Weisungsungebundenheit ihrer Mitglieder gewährleistet, dass die Arbeitgeberseite nicht einseitig ihre Interessen durchsetzen kann. 2. Auf dem Dritten Weg ordnungsgemäß zustande gekommene Arbeitsvertragsregelungen sind unabhängig davon, ob sie tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernehmen, wie Tarifverträge nur daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstoßen. Orientierungssätze: 1. Die dynamische Bezugnahme auf kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen in einem Formulararbeitsvertrag unterliegt der AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. 2. Ergibt die Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel, dass sie nur Arbeitsvertragsregelungen erfasst, die auf dem Dritten Weg ordnungsgemäß zustande gekommen sind, benachteiligt die Klausel den Arbeitnehmer nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. 3. Die in Bezug genommenen kirchlich-diakonischen Arbeitsvertragsregelungen und ihre Änderungen und Ergänzungen gelten nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB als vom Arbeitgeber gestellt und unterliegen daher einer Inhaltskontrolle gemäß den §§ 305 ff. BGB. 4. Bei dieser Kontrolle ist als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit angemessen zu berücksichtigen, dass das Verfahren des Dritten Weges mit paritätischer Besetzung der Arbeitsrechtlichen Kommission und Weisungsungebundenheit ihrer Mitglieder gewährleistet, dass die Arbeitgeberseite nicht einseitig ihre Interessen durchsetzen kann. 5. Die Berücksichtigung dieser Besonderheit bewirkt, dass kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen unabhängig davon, ob sie tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernehmen, grundsätzlich wie Tarifverträge nur daraufhin zu überprüfen sind, ob sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstoßen. 6. Eine Vorlagepflicht nach § 45 ArbGG kommt nur dann in Betracht, wenn eine entscheidungserhebliche Abweichung zu der identischen Rechtsfrage vorliegt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Normenkette: BGB § 305c Abs. 1; BGB § 307; BGB § 308 Nr. 4; BGB § 310 Abs. 3 Nr. 1; BGB § 310 Abs. 4 S. 2; BGB § 317; BGB § 319; GG Art. 9 Abs. 3; ArbGG § 45; Redaktionelle Normenkette: BGB § 305c Abs. 1; BGB § 307; BGB § 308 Nr. 4; BGB § 310 Abs. 3 Nr. 1; BGB § 310 Abs. 4 S. 2; BGB § 317; BGB § 319; GG Art. 9 Abs. 3; ArbGG § 45;
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