BAG: Gewerkschaftlicher Wahlvorschlag zur Betriebsratswahl
BAG, Beschluss vom 15.5.2013 - 7 ABR 40/11
Leitsätze
1. Ein gewerkschaftlicher Wahlvorschlag zur Betriebsratswahl liegt nur vor, wenn er nach § 14 Abs. 5 BetrVG von zwei Gewerkschaftsbeauftragten unterzeichnet ist. Nur dann darf die Bezeichnung der Gewerkschaft auch als Kennwort verwendet werden.
2. Der Wahlvorstand hat bei einem Wahlvorschlag, der zu Unrecht eine Gewerkschaftsbezeichnung als Kennwort trägt, das Kennwort zu streichen und ihn stattdessen mit Namen und Vornamen der beiden Erstbenannten auf der Liste zu bezeichnen.
3. Es ist nicht Aufgabe des Wahlvorstands zu prüfen, ob Wähler bei der Sammlung von Stützunterschriften beim Wahlvorschlag getäuscht wurden.
Aus den Gründen
1 A. Soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse, betreiben die drei Antragsteller die Anfechtung der Wahl des zu 4. beteiligten 15-köpfigen Betriebsrats. Die Antragsteller sind wahlberechtigte Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin, eines Stahlunternehmens. Diese unterhält in Kr zwei Werke, in denen der Betriebsrat in der Zeit vom 8. bis 11. März 2010 gewählt wurde.
2 Der für die Betriebsratswahl gebildete Wahlvorstand leitete die Wahl mit einem Wahlausschreiben ein, das am 11. Januar 2010 ausgehängt wurde. Darin war die Frist für die Einreichung von Wahlvorschlagslisten auf den 25. Januar 2010, 15.30 Uhr, festgesetzt. Am letzten Tag dieser Frist um 13.15 Uhr überreichte der Antragsteller zu 1. K als Listenvertreter einen Wahlvorschlag mit dem Kennwort „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit". Der damalige und jetzige Betriebsratsvorsitzende O hatte bereits am 19. Januar 2010 einen Wahlvorschlag mit dem Kennwort „Kompetenz für Gute Arbeit und Sicherheit" eingereicht. Auf den Seiten für die Bewerber und die Stützunterschriften war als Kennwort „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit und Sicherheit" aufgeführt. Ua. kandidierten auf dieser Liste der damalige Betriebsratsvorsitzende O und der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende G. Beide waren freigestellt. Unter der Rubrik „Beschäftigung im Betrieb" waren für den Bewerber O „Angestellter/Logistik EI" und für den Bewerber G „Arbeiter/Zurichtung EI" angegeben.
3 Am 25. Januar 2010 um 15.45 Uhr trat der Wahlvorstand zu einer Sitzung zusammen. Daran nahm auch der Antragsteller zu 1. teil. Der Wahlvorstand beschloss, das Listenkennwort der Liste „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit" wegen erheblicher Verwechslungsgefahr zu beanstanden. Sowohl der Listenvertreter K als auch der Listenvertreter O sollten aufgefordert werden, dem Wahlvorstand einen Nachweis der IG Metall Frankfurt vorzulegen, dass der jeweilige Listenvertreter berechtigt ist, den Kennwortbestandteil „IG Metall" zu verwenden. Mit Schreiben vom 26. Januar 2010 forderte der Wahlvorstand die beiden Listenvertreter auf, „innerhalb einer Frist von drei Arbeitstagen einen Nachweis der IG Metall Frankfurt darüber vorzulegen, dass diese hinter der von ihnen eingereichten Wahlvorschlagsliste steht und somit die Bezeichnung ‚IG Metall' als Bestandteil des Kennwortes verwendet werden darf". Der Listenvertreter O legte daraufhin dem Wahlvorstand einen Nachweis der IG-Metall-Verwaltungsstelle S vor, wonach am 20. Januar 2010 durch die Ortsverwaltung festgelegt wurde, dass sie hinter dessen Liste „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit und Sicherheit" steht. Der Listenvertreter K reagierte nicht. Daraufhin fasste der Wahlvorstand am 1. Februar 2010 den Beschluss, die Vorschlagsliste des Listenvertreters K von der Betriebsratswahl auszuschließen.
4 Das Ergebnis der Betriebsratswahl wurde am 19. März 2010 im Betrieb ausgehängt.
5 Mit am 1. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz haben die Antragsteller die Wahl angefochten und die Anordnung von Neuwahlen begehrt. Sie haben insbesondere geltend gemacht, ihre Liste sei zu Unrecht zurückgewiesen worden. Eine Verwechslungsgefahr habe nicht bestanden. Das „IG" im Kennwort ihrer Liste habe für „Interessengemeinschaft" gestanden. Der Wahlvorstand sei allenfalls berechtigt gewesen, ihre Liste mit den Familien- und Vornamen der beiden in der Liste an erster Stelle benannten Personen zu bezeichnen. Ferner sei der Wahlvorstand seiner Pflicht zur unverzüglichen Prüfung und Beanstandung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG nicht nachgekommen. Er habe auch dem Listenvertreter weder das Original der Vorschlagsliste noch Kopien ausgehändigt, so dass es diesem nicht möglich gewesen sei, das Kennwort zu ändern. Zudem habe auch der Listenvertreter O nur einen Nachweis der IG-Metall-Verwaltungsstelle S, nicht aber die Bestätigung des Vorstands der IG Metall in Frankfurt am Main vorgelegt, wonach die IG Metall diese Liste unterstütze. Außerdem seien auf dem Wahlvorschlag des Listenführers O die Angaben zur „Beschäftigung im Betrieb" bezüglich der Bewerber O und G irreführend, weil diese seit Jahren von der Arbeit freigestellt seien.
6 Die Antragsteller haben - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - beantragt,
die Betriebsratswahl vom 8. bis 11. März 2010 für unwirksam zu erklären.
7 Der Betriebsrat hat beantragt, diesen Antrag abzuweisen.
8 Er hat die Auffassung vertreten, ein Anfechtungsgrund liege nicht vor.
9 Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller den Wahlanfechtungsantrag weiter. Der Betriebsrat begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
10 B. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Vorinstanzen haben den Wahlanfechtungsantrag zu Unrecht abgewiesen.
11 I. Nach § 19 BetrVG können ua. mindestens drei Wahlberechtigte binnen einer Frist von zwei Wochen vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet beim Arbeitsgericht die Wahl anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
12 II. Danach liegen die Voraussetzungen einer erfolgreichen Wahlanfechtung hier vor.
13 1. Die formellen Voraussetzungen der Regelung sind eingehalten.
14 a) Die drei Antragsteller sind als wahlberechtigte Arbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin anfechtungsberechtigt.
15 b) Die Zweiwochenfrist ist eingehalten. Das endgültige Wahlergebnis wurde durch Aushang am 19. März 2010 bekannt gemacht. Die Antragsschrift ist am 1. April 2010 und damit innerhalb der Frist beim Arbeitsgericht eingegangen.
16 2. Auch die materiellen Voraussetzungen einer Wahlanfechtung liegen vor. Der Wahlvorstand hat dadurch gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen, dass er die vom Antragsteller zu 1. eingereichte Liste von der Wahl ausgeschlossen hat anstatt lediglich an Stelle des unzulässigen Kennworts „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit" nach Streichung des Kennworts die Liste mit Familienname und Vorname der beiden in der Liste an erster Stelle Benannten zu bezeichnen. Durch diesen Verstoß konnte das Wahlergebnis auch beeinflusst werden. Daher kann dahinstehen, ob der Wahlvorstand auch seine Pflicht zur unverzüglichen Prüfung des vom Antragsteller zu 1. eingereichten Wahlvorschlags verletzt hat und ob hierdurch das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte.
17 a) Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen, dass der Wahlvorstand die Zulässigkeit der Kennworte auf den eingereichten Vorschlagslisten prüfen durfte und die Verwendung der Bezeichnung „IG Metall" im Kennwort der durch den Vertreter K eingereichten Vorschlagsliste unzulässig war.
18 aa) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG hat der Wahlvorstand eine eingereichte Vorschlagsliste unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste die Listenvertreterin oder den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Dabei erstreckt sich die Prüfpflicht des Wahlvorstands auf alle erkennbaren Unwirksamkeitsgründe für den eingereichten Wahlvorschlag. Sie umfasst alle Umstände, die geeignet sind, seine Gültigkeit in Frage zu stellen, und die der Wahlvorstand bei einer Prüfung der äußeren Gestaltung der eingereichten Urkunde unschwer erkennen kann (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25).
19 bb) § 8 Abs. 1 und Abs. 2 WO BetrVG bezeichnet mögliche Gründe für die Ungültigkeit einer Vorschlagsliste. Die Unzulässigkeit eines Kennworts ist darin nicht erwähnt. Allerdings folgt aus § 7 Abs. 2 Satz 1 WO BetrVG, dass der Wahlvorstand zumindest das Vorhandensein eines Kennworts auf dem Wahlvorschlag zu prüfen hat. Nach dieser Bestimmung hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten, wenn die Liste nicht mit einem Kennwort versehen ist, mit Familienname und Vorname der beiden in der Liste an erster Stelle benannten Bewerber zu bezeichnen. Bei der Prüfung des Vorhandenseins eines Kennworts kann der Wahlvorstand auch dessen Zulässigkeit prüfen.
20 cc) Nach zutreffender allgemeiner Auffassung können Kennworte auf Vorschlagslisten unzulässig sein (vgl. BVerwG 13. Mai 1966 - VII P 5.65 -; Fitting 26. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2; DKKW-Homburg 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 4 bis 6; Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 WO Rn. 6 f.; Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2). Daran ist insbesondere zu denken, wenn Kennworte strafbaren, diskriminierenden, beleidigenden oder irreführenden Charakter haben. Auch darf durch Kennwörter keine Verwechslungsgefahr zwischen mehreren Vorschlagslisten eintreten. Der Streitfall verlangt keine umfassende Beurteilung, in welchen Fällen ein Kennwort auf einer Vorschlagsliste als unzulässig zu erachten ist.
21 dd) Vorliegend ist das Landesarbeitsgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht von der Unzulässigkeit des Kennworts auf der Liste des Antragstellers zu 1. ausgegangen.
22 (1) Es spricht bereits sehr viel dafür, dass das Kennwort „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit" auf der Liste des Antragstellers zu 1. offenkundig grob irreführend und bereits aus diesem Grunde unzulässig war. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, wurde hierdurch der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, die Liste werde durch die Industriegewerkschaft Metall unterstützt. Das Vorbringen der Antragsteller, „IG" habe für „Interessengemeinschaft" gestanden, erscheint bei lebensnaher Betrachtung abwegig. In einem Stahlbetrieb wird - jedenfalls bei Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte - unter „IG Metall" die Industriegewerkschaft Metall verstanden. Es kann dies hier jedoch letztlich dahinstehen.
23 (2) Das Kennwort „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit" auf der Liste des Antragstellers zu 1. war jedenfalls deshalb unzulässig, weil es sich bei der Liste offenkundig nicht um einen Vorschlag der Gewerkschaft handelte.
24 (a) Nach § 14 Abs. 3 BetrVG können zur Wahl des Betriebsrats sowohl die wahlberechtigten Arbeitnehmer als auch die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen. Das BetrVG unterscheidet damit ausdrücklich zwischen Wahlvorschlägen der Arbeitnehmer und gewerkschaftlichen Wahlvorschlägen. Das zeigt sich auch an den unterschiedlichen Voraussetzungen, die das Gesetz in § 14 Abs. 4 und Abs. 5 BetrVG hinsichtlich der Anzahl und Eigenschaft der Unterzeichner vorsieht. Während nach § 14 Abs. 4 BetrVG die Unterzeichnung durch eine bestimmte Anzahl wahlberechtigter Arbeitnehmer erforderlich ist, muss nach § 14 Abs. 5 BetrVG der Wahlvorschlag einer Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein. Das Gesetz legt damit fest, wann ein gewerkschaftlicher Wahlvorschlag vorliegt. Hieraus folgt zugleich, dass nur ein solcher Vorschlag durch sein Kennwort als gewerkschaftlicher Vorschlag ausgewiesen werden darf (Boemke Die Betriebsratswahl Rn. 293; ebenso wohl: Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2; VG Stuttgart 26. September 2005 - PL 21 K 8/05 -; aA VGH Baden-Württemberg 12. April 2007 - PL 15 S 940/05 -; LAG Berlin 14. Mai 2003 - 15 TaBV 2341/02 - zu II 2.2.4 der Gründe; DKKW-Homburg 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 4; Fitting 26. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2; Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 WO Rn. 7). Nur so können rechtssicher Streitigkeiten darüber vermieden werden, unter welchen Voraussetzungen sich ein Wahlvorschlag durch sein Kennwort als „gewerkschaftlicher" bezeichnen darf. Das schließt allerdings nicht aus, dass auf einem Wahlvorschlag nach § 14 Abs. 5 BetrVG zusätzlich Stützunterschriften wahlberechtigter Arbeitnehmer gesammelt werden, etwa um zu verdeutlichen, dass es sich auch um einen aus der Belegschaft unterstützten Wahlvorschlag handelt.
25 (b) Vorliegend war der vom Antragsteller zu 1. eingereichte Vorschlag kein Vorschlag einer Gewerkschaft iSv. § 14 Abs. 5 BetrVG. Schon deshalb war das Kennwort „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit" unzulässig.
26 b) Entgegen der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts durfte der Wahlvorstand aber den vom Antragsteller zu 1. eingereichten Vorschlag nicht wegen der Unzulässigkeit des Kennworts insgesamt zurückweisen. Er hätte vielmehr das Kennwort streichen und die Liste stattdessen mit dem Familien- und Vornamen der beiden ersten in der Liste Benannten bezeichnen müssen.
27 aa) Der Wahlvorstand darf im Falle eines unzulässigen Kennworts einen Wahlvorschlag nicht insgesamt zurückweisen, sondern darf nur das Kennwort streichen.
28 (1) Das BetrVG regelt nicht ausdrücklich, wie ein Wahlvorstand zu verfahren hat, wenn eine eingereichte Vorschlagsliste ein unzulässiges Kennwort enthält. Insbesondere bezeichnet es einen solchen Sachverhalt weder als einen nach § 8 Abs. 1 WO BetrVG unheilbaren noch als einen nach § 8 Abs. 2 WO BetrVG heilbaren Mangel. Auch wenn die Aufzählung in dieser Bestimmung nicht abschließend sein dürfte (vgl. DKKW-Homburg 13. Aufl. § 8 WO 2001 Rn. 2; Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 8 WO Rn. 1; Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 8 WO 2001 Rn. 4; wie zum Personalvertretungsrecht: BVerwG 27. Mai 1960 - VII P 13.59 - BVerwGE 10, 344; OVG Münster 27. Oktober 1958 - VB 569/58 - zu 1 der Gründe), spricht bereits dieser Umstand dafür, an die Unzulässigkeit des Kennworts nicht die weitreichende Rechtsfolge der Ungültigkeit des Wahlvorschlags zu knüpfen. Das gilt vor allem auch deshalb, weil ein Kennwort ein zwar möglicher, aber keineswegs ein notwendiger Bestandteil eines Wahlvorschlags ist. Vielmehr kann, wie sich ohne Weiteres aus § 7 Abs. 2 Satz 1 WO BetrVG ergibt, eine Vorschlagsliste auch ohne Kennwort eingereicht werden. Fehlt eine Kennzeichnung, so ist die Liste vom Wahlvorstand nach § 7 Abs. 2 Satz 1 WO BetrVG mit Namen und Vornamen der beiden in ihr an erster Stelle benannten Bewerber zu bezeichnen. Es drängt sich auf, diese Regelung jedenfalls entsprechend anzuwenden, wenn eine Vorschlagsliste zwar mit einem Kennwort versehen ist, dieses aber nicht verwendungsfähig ist. Ein unzulässiges Kennwort ist danach zu behandeln wie ein fehlendes Kennwort (im Ergebnis ebenso Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 WO Rn. 6; aA LAG Berlin 14. Mai 2003 - 15 TaBV 2341/02 - zu II 2.2.4 der Gründe; DKKW-Homburg 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 10; Fitting 26. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2 und Rn. 5). Dass eine Zurückweisung des gesamten Wahlvorschlags nicht sachgerecht ist, wird besonders deutlich in Fällen, in denen identische Kennworte auf verschiedenen Listen wegen der Verwechslungsgefahr nicht verwendbar sind, ohne dass die Einreicher der Listen hieran ein Verschulden träfe. Aber auch in Fällen, in denen dem Einreicher der Liste die Verwendung eines unzulässigen Kennworts vorwerfbar ist, ist die Streichung des Kennworts gegenüber der vollständigen Zurückweisung des Wahlvorschlags die angemessene, da mildere Sanktion.
29 (2) Eine andere Beurteilung ist auch nicht etwa in den Fällen geboten, in denen sich ein irreführendes Kennwort möglicherweise bereits bei der Sammlung von Stützunterschriften ausgewirkt hat.
30 (a) Allerdings gehört die freie Willensentscheidung der einen Wahlvorschlag bei einer Betriebsratswahl unterzeichnenden Wahlberechtigten zu den in einem demokratischen Rechtsstaat geltenden Wahlgrundsätzen (vgl. BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 - zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480). Auch ist im Falle eines irreführenden Kennworts nicht auszuschließen, dass Arbeitnehmer eine Vorschlagsliste auch oder gar gerade wegen des Kennworts unterzeichnet haben. Dies gilt ebenso, wenn eine Liste als Gewerkschaftsliste ausgegeben wird, obwohl die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (vgl. LAG Berlin 14. Mai 2003 - 15 TaBV 2341/02 -; DKKW-Homburg 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 4; Fitting 26. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2; Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 WO Rn. 7). Mit einer solchen Liste verbindet sich bei Betriebsratswahlen die Vorstellung, dass die Bewerber sich von den Gedanken und Anschauungen der Organisation bei ihrer Arbeit im Betrieb leiten lassen werden (OVG Münster 27. Oktober 1958 - VB 569/58 - zu 1 b aa der Gründe, für das Personalvertretungsrecht). Außerdem entsteht bei den Wahlberechtigten die Vorstellung, dass die Gewerkschaft die auf der Liste gewählten Betriebsratsmitglieder bei ihrer Betriebsratsarbeit unterstützen wird (VGH Baden-Württemberg 12. April 2007 - PL 15 S 940/05 - zum Landespersonalvertretungsrecht).
31 (b) Gleichwohl ist der Wahlvorstand nicht berechtigt, aufgrund derartiger Erwägungen eine Liste von der Wahl auszuschließen. Er kann das irreführende Kennwort streichen, um eine Täuschung der Wähler bei der Wahl zu vermeiden. Eine etwaige Täuschung der Unterstützer einer Vorschlagsliste durch die Listenführer mag, sofern sie festgestellt wird, möglicherweise die spätere Anfechtbarkeit der Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG nach sich ziehen. Eine solche festzustellen, ist aber im Falle ihrer Anrufung Sache der Arbeitsgerichte und nicht „im Vorgriff" Sache des Wahlvorstands. Dieser hat nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Wahl unverzüglich einzuleiten, sie durchzuführen und das Wahlergebnis festzustellen. Ihm obliegt nach § 1 Abs. 1 WO BetrVG die „Leitung der Wahl". Hieraus wird deutlich, dass der Wahlvorstand im Wesentlichen organisatorische Aufgaben hat. Dazu gehört nicht die Prüfung, ob durch ein Kennwort möglicherweise bereits die Unterstützer des Wahlvorschlags getäuscht und zur Unterschrift veranlasst worden sind.
32 bb) Hiernach durfte der Wahlvorstand die Vorschlagsliste des Antragstellers zu 1. nicht zurückweisen. Die unzulässige Zurückweisung war geeignet, das Ergebnis der Wahl zu beeinflussen. Es kam daher nicht mehr darauf an, ob der Wahlvorstand gegen seine Pflicht nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG zur unverzüglichen Prüfung verstoßen hat (vgl. dazu BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25) und ob hierdurch das Wahlergebnis iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG beeinflusst werden konnte. Auch auf die weiteren von den Antragstellern behaupteten Verstöße kam es nicht an.