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Arbeitsrecht
03.09.2010
Arbeitsrecht
LAG Rheinland-Pfalz: Fristlose Kündigung bei Arbeitszeitbetrug Abmahnung nötig

LAG Rheinland-Pfalz , Urteil  vom 06.05.2010 - Aktenzeichen 10 Sa 712/09
(Vorinstanz: ArbG Koblenz - 2 Ca 41/09 - 23.10.2009 )
Redaktionelle Leitsätze:
1. Die Arbeitgeberin ist berechtigt, das Rauchen am Arbeitsplatz zu untersagen; ein Anspruch auf bezahlte Raucherpausen besteht nicht.
2. Die Pflicht, die Zeit des Rauchens auszustempeln, stellt keine unverhältnismäßige Belastung der Raucher dar; Raucher leisten während der Zigarettenpause keine Arbeit, weshalb schon aus diesem Grund eine Pflicht zum Ausstempeln gerechtfertigt ist.
3. Besteht eine ausdrückliche Pflicht zum Ausstempeln und bedient ein Arbeitnehmer das Zeiterfassungsgerät nicht, veranlasst er die Arbeitgeberin, ihm Entgelt zu zahlen, ohne die geschuldete Leistung erbracht zu haben; Verstöße in diesem Bereich rechtfertigen an sich eine außerordentliche Kündigung.
4. Hat die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer bereits abgemahnt oder in anderer Weise deutlich gemacht, dass sie ein bestimmtes Verhalten nicht hinnehmen wird, kann sich der Arbeitnehmer in der Regel nicht darauf berufen, eine Kündigung sei ohne eine (weitere) Abmahnung unverhältnismäßig; aufgrund der vorausgegangenen Erklärung der Arbeitgeberin kann der Arbeitnehmer in einem solchen Fall nicht mehr darüber im Zweifel sein, dass die Arbeitgeberin ein erneutes Fehlverhalten zum Anlass für eine Kündigung nehmen wird.
5. Das Nichtabstempeln der Raucherpausen kann nicht mit einer Nikotinabhängigkeit entschuldigt werden; auch wenn ein Raucher "von Zeit zu Zeit der Auffrischung des Nikontinspiegels" bedarf, bedeutet dies nicht, dass es ihm suchtbedingt unmöglich ist, die Stempeluhr zu betätigen.
Amtliche Normenkette: BGB § 626; KSchG § 1 Abs. 2; Redaktionelle Normenkette: BGB § 314 Abs. 2 S. 1; BGB § 626 Abs. 1; GewO § 106;

Tatbestand: 
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten zu 2) vom 22.12.2008 wegen Raucherpausen. 
Der Kläger (geb. am 03.08.1974, getrennt lebend, ein Kind) war seit dem 01.12.2000 im Betrieb der Beklagten als Maschinenführer zu einem Bruttomonatentgelt von zuletzt € 2.193,92 beschäftigt. Der Kläger ist von der Beklagten zu 1) eingestellt worden; die Beklagte zu 2) ist am 10.10.2003 durch formwechselnde Umwandlung der Beklagten zu 1) entstanden (AG W.-Stadt HRA ...). Die Beklagte zu 2) stellt Verpackungsmaterial her. Sie beschäftigt nach ihren Angaben 20 bis 21, nach Angaben des Klägers 30 Arbeitnehmer. 
Die Beklagten haben dem Kläger seit 2002 insgesamt sechs schriftliche Abmahnungen erteilt (Bl. 50-56 d.A.). Die vorletzte Abmahnung vom 21.02.2006 (Bl. 55 d.A.) hat auszugsweise folgenden Wortlaut: 
"1. Trotz mehrfacher mündlicher Abmahnungen halten Sie es nicht für nötig, Ihre Raucherpausen an- und abzustempeln. 
Dieses ist Betrug und kann unter anderem auch lt. Arbeitsgericht zur fristlosen Kündigung führen (Persönliche Vorteilsnahme und Bereicherung). ..." 
Die letzte Abmahnung vom 02.05.2007 (Bl. 56 d.A.) hat auszugsweise folgenden Wortlaut: 
"Sie haben zum wiederholten Mal Ihre Pausen nicht an- und abgestempelt. 
Wir haben diesen und auch andere Punkte bereits mehrfach mit Ihnen besprochen. Sie haben bereits im vergangenen Jahr wegen genau diesem Punkt eine schriftliche Abmahnung erhalten. ..." 
Mit Schreiben vom 31.07.2007 hatte die Beklagte zu 2) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30.09.2007 gekündigt. Diese Kündigung soll nach dem Vortrag der Beklagten wegen Nichtabstempelns von Raucherpausen erfolgt sein, was der Kläger bestreitet. Im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Koblenz (Az.: 2 Ca 1809/07) einigten sich die Parteien in einem gerichtlich protokollierten Vergleich vom 31.08.2007 auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen. 
Am 08.12.2008 erteilte die Beklagte zu 2) allen Arbeitnehmern eine schriftliche Betriebsanweisung zum Rauchverbot (Bl. 57 d.A.). Die Anweisung wurde laut Verteiler insgesamt 24 Arbeitnehmern ausgehändigt. Der Kläger hat den Empfang am 08.12.2008 durch seine Unterschrift bestätigt. Die Anweisung hat auszugsweise folgenden Wortlaut: 
"... Die Unterbrechung der Arbeit zum Zwecke des Rauchens ist keine Arbeitszeit. Diese sind daher Pausen (Raucherpausen) und als solche abzustempeln. 
... 
Verstöße gegen diese Betriebsanweisung ziehen unmittelbar arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich. 
Nichtstempeln der Raucherpausen führt zu einer fristlosen Entlassung, da es sich hierbei um Urkunden-/Dokumentenfälschung handelt. ..." 
Die Zeugin B. fertigte am 08.12.2008 ein Gesprächsprotokoll (Bl. 59-62 d.A.). Danach soll am 08.12.2008 in ihrer Anwesenheit ein Einzelgespräch - u.a. zum Rauchverbot - zwischen dem Geschäftsführer und dem Kläger stattgefunden haben, was der Kläger bestreitet. 
Die Beklagte zu 2) wirft dem Kläger vor, am 15.12.2008 und am 16.12.2008 Raucherpausen eingelegt zu haben, ohne die Pausen abzustempeln, was der Kläger bestreitet. 
Die Beklagte zu 2) kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22.12.2008, dem Kläger am 23.12.2008 zugegangen, fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31.03.2009. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 06.01.2009 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage. Die Klage gegen die Beklagte zu 1) hat er am 06.05.2010 mit Einwilligung der Beklagten zurückgenommen. 
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.10.2009 (dort Seite 2-4 = Bl. 85-87 d.A.) Bezug genommen. 
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, 
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigungen vom 22.12.2008 nicht aufgelöst worden ist. 
Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben beantragt, 
die Klage abzuweisen. 
Das Arbeitsgericht Koblenz hat der Klage mit Urteil vom 23.10.2009 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, sowohl die fristlose, als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung seien unwirksam, weil der Kläger nicht ordnungsgemäß abgemahnt worden sei. In den einschlägigen Abmahnungen vom 21.02.2006 und vom 02.05.2007 sei das dem Kläger vorgeworfene Verhalten nicht nach Zeit, Ort und den einzelnen Umständen hinreichend substantiiert dargestellt worden. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 4 bis 7 des Urteils (= Bl. 87-90 d.A.) Bezug genommen. 
Die Beklagten zu 1) und zu 2), denen das Urteil am 19.11.2009 zugestellt worden ist, haben am 27.11.2009 Berufung eingelegt und diese mit am 14.12.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. 
Sie machen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts, liege ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor. Der Arbeitgeber sei berechtigt, den Arbeitnehmer zu verpflichten, Raucherpausen abzustempeln. Auf diese Pflicht sei der Kläger durch die Betriebsanweisung vom 08.12.2008 ausdrücklich hingewiesen worden. Außerdem habe ihr Geschäftsführer am gleichen Tag in Anwesenheit der Zeugin B. ein Personalgespräch mit dem Kläger geführt. Er habe mit ihm u. a. über die Raucherpausen gesprochen. Der Kläger habe versprochen, ab sofort seine Zigarettenpausen abzustempeln. Der Geschäftsführer habe dem Kläger erklärt, dass er nicht nochmals enttäuscht werden wolle. Dies würde er als Vertrauensbruch werten und sofortige Konsequenzen ziehen. Dies sei die letzte Chance, die er bekomme. Gleichwohl habe der Kläger am 15.12.2008, um 21:15 Uhr eine Raucherpause eingelegt, ohne abzustempeln. Er habe der Zeugin A., die ihn darauf angesprochen habe, erklärt, er sei der "Freund vom Chef" und dürfe sich so verhalten. Auch am 16.12.2008, um 21:18 Uhr habe der Kläger ohne auszustempeln geraucht. Er habe der Zeugin A. zugerufen: "Ich gehe jetzt nach hinten eine rauchen. Abstempeln brauche ich nicht, ich bin schließlich schon seit 11:00 Uhr da". Obwohl ihn die Zeugin an die Betriebsanweisung zum Rauchen erinnert habe, sei er mit dem Fahrrad durch die Produktionshalle in den Pufferraum zum Rauchen gefahren. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 09.12.2009 (Bl. 109-118 d. A.) Bezug genommen. 
Die Beklagte zu 2) beantragt zweitinstanzlich, 
das Urteil des Arbeitgerichts Koblenz vom 23.10.2009, Az.: 2 Ca 41/09, abzuändern und die Klage abzuweisen. 
Der Kläger beantragt, 
die Berufung zurückzuweisen. 
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er habe weder am 15.12. noch am 16.12.2008 ohne auszustempeln eine Raucherpause eingelegt. Der Vortrag der Beklagten sei falsch. Auch die Behauptung der Beklagten, am 08.12.2008 habe ein Gespräch mit dem Geschäftsführer im Beisein der Zeugin B. stattgefunden, werde bestritten, insbesondere der von der Beklagten behauptete Inhalt. Es gebe keine "Vorfallskette". Das Vorbringen der Beklagten zum 15. und 16.12.2008 sei auch nicht hinreichend substantiiert. Sie habe nicht dargelegt, wo er genau bei einer Raucherpause erwischt worden sein soll. Zum 16.12.2008 habe die Beklagte pauschal behauptet, er habe mehrfach Pausen ohne abzustempeln gemacht. Auch hier habe sie nicht dargelegt, wann und wo und in welchen Zeiträumen er mehrfach Pausen ohne abzustempeln gemacht haben soll. Selbst wenn er ohne abzustempeln geraucht haben sollte, sei die fristlose Kündigung unwirksam, weil unverhältnismäßig. Er sei immerhin schon neun Jahre bei der Beklagten beschäftigt und unterhaltspflichtig. Schließlich sei allseits bekannt, dass Rauchen süchtig mache. Ein Raucher bedürfe von Zeit zu Zeit der Auffrischung des Nikontinspiegels, um weiterhin konzentriert seinem Tagesgeschäft nachgehen zu können. Vor dem Hintergrund des Suchtverhaltens bedürfe die Kündigung wegen Raucherpausen einer besonderen Abwägung. Der Arbeitgeber sei - ähnlich wie bei einem Alkoholkranken - verpflichtet, mit dem Raucher ein entsprechendes Gespräch zu führen und zu erörtern, wie durch entsprechende Maßnahmen dem Suchtverhalten entgegengewirkt werden könne. Schließlich fehle es an einer rechtmäßigen Abmahnung. Die Abmahnungen aus den Jahren 2002 bis 2005 könnten wegen Zeitablaufs nicht entscheidend gewertet werden. Die Abmahnungen vom 21.02.2006 und vom 02.05.2007 seien mangels konkreter Einzelheiten nicht ordnungsgemäß. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 26.01.2010 (Bl. 136-139 d. A.) Bezug genommen. 
Die Berufungskammer hat Beweis erhoben über die Behauptungen der Beklagten durch Vernehmung der Zeuginnen A. und B.. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 06.05.2010 Bezug genommen. Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 25.03.2010 (Bl. 145-149 d.A.) und vom 06.05.2010 (Bl. 157-164 d.A.) sowie der zur Information des Gerichts beigezogenen Akte 2 Ca 1809/07 verwiesen.
 
Entscheidungsgründe: 
I. Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig. 
II. Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) ist durch die fristlose Kündigung vom 22.12.2008 mit deren Zugang am 23.12.2008 aufgelöst worden. 
1. Die Beklagte zu 2) war berechtigt, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aus wichtigem Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB außerordentlich zu kündigen. 
1.1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die erforderliche Überprüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, vollzieht sich zweistufig: Im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (vgl. unter vielen: BAG Urteil vom 26.03.2009 - 2 AZR 953/07 - AP Nr. 220 zu § 626 BGB; m.w.N.). 
1.2. Nach dem Ergebnis der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung steht zur vollen Überzeugung der Berufungskammer fest, dass der Kläger am 15.12.2008 eine Raucherpause eingelegt hat, ohne das Zeiterfassungsgerät zu bedienen. Dadurch hat er die Beklagte zu 2) veranlasst, ihm Arbeitsentgelt zu zahlen, ohne die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Die Erbringung der Arbeitsleistung in der geschuldeten Zeit ist die Hauptpflicht, die der Arbeitnehmer schuldet. Verstöße in diesem Bereich berühren den Kernbereich des gegenseitigen Austauschverhältnisses. 
Die Zeugin A., die bei der Beklagten zu 2) als Reinigungskraft beschäftigt ist, hat während ihrer Vernehmung bekundet, dass sie am 15.12.2008 selbst eine Zigarettenpause eingelegt hat. Sie habe den Kläger in der Raucherzone am Aschenbecher getroffen. Der Kläger habe dort eine Zigarette geraucht. Sie habe den Kläger gefragt: "Hast du auch ausgestempelt?" Der Kläger habe ihr geantwortet: "Nein, habe ich nicht. Das ist auch egal, ich bin eh ein Freund vom Chef." 
Die Darstellung der Zeugin A. ist ohne Einschränkung glaubhaft. Nach ihrem persönlichen Eindruck auf die Berufungskammer bestehen keine Anhaltspunkte, die die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Zweifel ziehen könnten. Dass sich die Zeugin A. bei ihrer Vernehmung am 06.05.2010 nicht mehr an die Uhrzeit erinnern konnte, zu der sie den Kläger am 15.12.2008 am Aschenbecher angetroffen hat, spricht für die Gewissenhaftigkeit der Zeugin. Erinnerungslücken sind nach einem Zeitraum von mehr als zwei Jahren nachvollziehbar. Die Zeugin A. war erkennbar bestrebt wahrheitsgemäße Angaben zu machen und nur solche Tatsachen mitzuteilen, die sie noch sicher in Erinnerung hatte. Für eine bewusst falsche oder auch nur irrtümlich falsche Aussage zu Lasten der einen oder anderen Partei fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Eine Belastungstendenz war zu keinem Zeitpunkt zu erkennen. 
Für den ebenfalls durch ihre Vernehmung unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten zu 2) zum 16.12.2008 konnte die Zeugin A. nicht bestätigen, dass sie den Kläger beim Rauchen einer Zigarette gesehen hat. Zu diesem Tag hat sie ausgesagt, dass sie das Schichtführerbüro geputzt hat. Der Kläger habe ihr zugerufen: "Ich gehe jetzt eine rauchen, ohne auszustempeln." Er habe sich das Fahrrad ihres Sohnes genommen, sei damit - ohne an der Stempeluhr anzuhalten - durch die Halle gefahren, die er zum Hof verlassen habe. Sie habe von ihrem Standort aus nicht gesehen, ob der Kläger tatsächlich eine Zigarette geraucht habe. Der Kläger sei kurze Zeit später mit einem anderen Arbeitnehmer und dem Chef wieder zurückgekommen. Der Chef habe ihr mitgeteilt, dass er die beiden beim Rauchen erwischt habe. Auch wenn die Zeugin am 16.12.2008 nicht mit eigenen Augen gesehen hat, dass der Kläger eine Zigarette geraucht hat, konnte sie dies für den 15.12.2008 bestätigen. Die Kammer sieht es deshalb aufgrund der Aussage der Zeugin A. als erwiesen an, dass der Kläger am 15.12.2008 eine Zigarettenpause eingelegt hat ohne auszustempeln. Dieses Verhalten stellt an sich einen wichtigen Kündigungsgrund dar. 
1.3. Der Kläger war vor Ausspruch der fristlosen Kündigung hinreichend gewarnt. 
Die Beklagte zu 2) hat unstreitig mit der Betriebsanweisung zum Rauchverbot vom 08.12.2008 die eindeutige Regelung getroffen, dass Raucherpausen abzustempeln sind. Eine solche Regelung ist zulässig. Der Arbeitgeber ist berechtigt, das Rauchen am Arbeitsplatz zu untersagen. Ein Anspruch auf bezahlte Raucherpausen besteht nicht (vgl. LAG Mainz Urteil vom 21.01.2010 - 10 Sa 562/09 - Juris; ArbG Duisburg Urteil vom 14.09.2009 - 3 Ca 1336/09 - LAGE § 626 BGB 2002 Nr. 23). Die Pflicht, die Zeit des Rauchens auszustempeln, stellt auch keine unverhältnismäßige Belastung der Raucher dar. Die Raucher leisten während der Zigarettenpause keine Arbeit, weshalb schon aus diesem Grund eine Pflicht zum Ausstempeln gerechtfertigt ist (vgl. auch LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 21.06.2007 - 4 TaBV 12/07 - Juris). Besteht - wie hier - eine ausdrückliche Pflicht zum Ausstempeln und bedient ein Arbeitnehmer das Zeiterfassungsgerät nicht, so veranlasst er den Arbeitgeber, ihm Entgelt zu zahlen, ohne die geschuldete Leistung erbracht zu haben. Verstöße in diesem Bereich rechtfertigen an sich eine außerordentliche Kündigung. 
Dem Kläger ist die Betriebsanweisung vom 08.12.2008 zum Rauchverbot ausweislich seiner Unterschrift auf dem Verteiler am gleichen Tag ausdrücklich bekannt gemacht worden. Dies wird von ihm nicht in Abrede gestellt. 
Nach dem Ergebnis der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung der Berufungskammer fest, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 2) mit dem Kläger am 08.12.2008 zusätzlich noch ein Einzelgespräch geführt hat. Die Zeugin B., die bei der Beklagten zu 2) als kaufmännische Angestellte beschäftigt ist, hat während ihrer Vernehmung bekundet, dass sie zu diesem Personalgespräch als Zeugin hinzugezogen worden sei und ein Protokoll geführt habe. Der Geschäftsführer habe dem Kläger vorgeworfen, dass er in der Vergangenheit wiederholt Raucherpausen - trotz Anweisung - nicht abgestempelt habe. Hierauf habe er ihn schon öfter angesprochen. Der Kläger habe ihm "hoch und heilig" versprochen, die Raucherpausen abzustempeln, danach sei wieder der "Schlendrian" eingekehrt. Der Geschäftsführer habe dem Kläger zum Ausgang des Gesprächs Konsequenzen angedroht, wenn das noch mal vorkomme. Der Kläger habe erwidert, das sei "okay"; er würde sich jetzt daran halten. 
Auch die Darstellung der Zeugin B. war ohne Einschränkung glaubhaft. Die Berufungskammer hat keinen vernünftigen Anlass, an der Richtigkeit ihrer Aussage zu zweifeln. 
Wenn der Kläger gerade einmal eine Woche nach Übergabe der schriftlichen Betriebsanweisung und dem zusätzlichen Einzelgespräch vom 08.12.2008 bereits am 15.12.2008 die Raucherpause nicht abstempelt, kann er nicht mit dem Argument gehört werden, er sei nicht ausreichend gewarnt gewesen. Der Kläger konnte nicht ernsthaft damit rechnen, dass die Beklagte zu 2) einen erneuten Verstoß gegen die Pflicht, Raucherpausen auszustempeln, sanktionslos hinnehmen wird. 
Der Kläger war auch durch die beiden Abmahnungen vom 21.06.2006 und vom 02.05.2007 ausreichend gewarnt. Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bereits abgemahnt oder in anderer Weise deutlich gemacht, dass er ein bestimmtes Verhalten nicht hinnehmen werde, kann sich der Arbeitnehmer in der Regel nicht darauf berufen, eine Kündigung sei ohne eine (weitere) Abmahnung unverhältnismäßig. Denn aufgrund der vorausgegangenen Erklärung des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer in einem solchen Fall nicht mehr darüber im Zweifel sein, dass der Arbeitgeber ein erneutes Fehlverhalten zum Anlass für eine Kündigung nehmen wird. Diese Klarstellungsfunktion kommt unter Umständen auch einer unwirksamen Abmahnung zu, wenn aus ihr deutlich hervorgeht, dass der Arbeitgeber im Wiederholungsfall kündigen wird (BAG Urteil vom 23.06.2009 - 2 AZR 283/08 - AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Abmahnung, m.w.N.). Auch wenn die beiden Abmahnungen vom 21.06.2006 und vom 02.05.2007 nicht konkret dokumentieren, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit genau der Kläger Raucherpausen nicht abgestempelt haben soll, konnte er erkennen, welches Verhalten die Beklagte zu 2) von ihm erwartet und welches Fehlverhalten sie als so schwerwiegend ansieht, dass es aus ihrer Sicht Anlass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geben wird. Der Kläger konnte - bezogen auf das Abstempeln von Raucherpausen - den beiden Abmahnungen klar und deutlich entnehmen, was er nach Meinung der Beklagten zu 2) "tun und lassen" sollte. Wenn ihm dies nochmals am 08.12.2008 durch Betriebsanweisung und zusätzliches Einzelgespräch vor Augen geführt worden ist, konnten beim Kläger keine Zweifel aufkommen, dass die Beklagte zu 2) bei erneuten Verstößen gegen die Stempelpflicht die Konsequenzen ziehen und ihm kündigen wird. 
1.4. Der Kläger kann das Nichtabstempeln der Raucherpausen nicht mit seiner Nikotinabhängigkeit entschuldigen. Auch wenn ein Raucher "von Zeit zu Zeit der Auffrischung des Nikontinspiegels" bedarf, bedeutet dies nicht, dass es ihm suchtbedingt unmöglich ist, die Stempeluhr zu betätigen. Entgegen der Ansicht des Klägers war die Beklagte zu 2) vor Ausspruch der Kündigung nicht verpflichtet, mit ihm zu erörtern, wie seiner Nikotinsucht entgegengewirkt werden könnte. Die Beklagte zu 2) musste dem Kläger keine Hilfsmaßnahmen zur Raucherentwöhnung anbieten, bevor sie ihm aus verhaltensbedingten Gründen wegen Nichteinhaltung der Stempelpflicht bei Zigarettenpausen kündigt. 
1.5. Im Rahmen der stets gebotenen Interessenabwägung überwiegt im Ergebnis das Interesse der Beklagten zu 2) an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Fortsetzungsinteresse des Klägers. 
Zwar stellt die außerordentliche Kündigung im Hinblick auf die damit verbundenen Folgen für den Kläger eine erhebliche Härte dar. Zu Gunsten des Klägers sprechen die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit von acht Jahren seit dem 01.12.2000 sowie seine Unterhaltspflichten gegenüber der getrennt lebenden Ehefrau und einem Kind. Der Kläger war bei Zugang der Kündigung 34 Jahre alt und damit in einem Lebensalter, in dem es ihm gelingt, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Zu Lasten des Klägers fällt ins Gewicht, dass das Arbeitsverhältnis seit Jahren nicht beanstandungsfrei verlaufen ist, wie die insgesamt sechs Abmahnungen seit 2002 und der Ausspruch der ordentlichen Kündigung vom 31.07.2007 zeigen, die die Beklagte zu 2) allerdings wieder "zurückgenommen" hat. Der Kläger ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass er Zigarettenpausen abzustempeln hat, er hat dies "hoch und heilig" (so die Zeugin B.) versprochen. Darüber hinaus wurde ihm nochmals mit Betriebsanweisung vom 08.12.2008 und zusätzlich durch ein Einzelgespräch deutlich vor Augen geführt, dass ein Verstoß gegen die Pflicht, Raucherpausen auszustempeln, die fristlose Kündigung nach sich zieht. Von diesen Anweisungen hat er sich völlig unbeeindruckt gezeigt und sein Verhalten bei Zigarettenpausen nicht den berechtigten Erwartungen angepasst. Aus der Äußerung gegenüber der Zeugin A. "das ist egal, ich bin ein Freund vom Chef", stand für die Beklagte zu 2) zu befürchten, dass sich ein gleichgelagertes Fehlverhalten des Klägers schon in naher Zukunft wiederholen wird. Diese Äußerung zeigt zudem einen gravierenden Mangel an Einsicht. Zu Gunsten der Beklagten zu 2) spricht schließlich auch ihr Interesse an der Aufrechterhaltung der Betriebsdisziplin. Die Beklagte zu 2) durfte berücksichtigen, wie es sich auf die anderen Arbeitnehmer auswirkt, wenn sie das Verhalten des Klägers sanktionslos hinnimmt. Raucherpausen sind, wenn sie unbezahlt geduldet werden, gerichtsbekannt in den meisten Betrieben Gegenstand kontroverser Diskussionen. Um solche Diskussionen zu vermeiden und so letztlich die Zusammenarbeit aller zu fördern, besteht ein anerkennenswertes und nachvollziehbares Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung der Stempelpflicht (so auch: ArbG Duisburg Urteil vom 14.09.2009, aaO.). Es ist deshalb ein berechtigtes Interesse der Beklagten zu 2) anzuerkennen, im Interesse der Betriebsdisziplin auf das Nichtausstempeln von Zigarettenpausen hart zu reagieren. 
In Ansehung all dieser Umstände war es der Beklagten zu 2) nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, die gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 3 BGB am 31.03.2009 endete, fortzusetzen. 
2. Die Beklagte zu 2) hat die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Die streitgegenständliche Kündigung ist dem Kläger am 23.12.2008 zugegangen. Der Vorfall vom 15.12.2008 lag keine zwei Wochen zurück. 
III. Nach alledem war das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger hat gemäß §§ 269 Abs. 3, 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er die Klage gegen die Beklagte zu 1) zurückgenommen hat und gegen die Beklagte zu 2) in vollem Umfang unterlegen ist. 
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht. 
 

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