LAG Düsseldorf: Entlastungsnachweis bei Zielvereinbarun
LAG Düsseldorf, Urteil vom 30.4.2009 - 11 Sa 1504/08
Leitsatz
Ist in der für ein Kalenderjahr von den Parteien getroffenen Zielvereinbarung deren Nachwirkung für den Fall des Nichtzustandeskommens einer Folgevereinbarung vorgesehen, ist jeglicher Entlastungsnachweis des Arbeitgebers, er habe den Nichtabschluss einer neuen Zielvereinbarung nicht zu vertreten, entbehrlich.
Sachverhalt
Die Parteien streiten über Ansprüche auf variable Arbeitsvergütung.
Der Kläger war vom 1.2.2003 bis zum 31.5.2007 bei der Beklagten als Projektleiter C. Projekt E-Plus beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag der schriftliche Anstellungsvertrag vom 6.1.2003 zugrunde. In Art. 3 "Vergütung" unter lit. a) heißt es:
"Der Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt in Höhe von 61 350,-- Euro brutto. Dieses setzt sich wie folgt zusammen:
75,79 % Jahresfestgehalt = 46 500,-- Euro brutto. Die Auszahlung erfolgt in 12 monatlich gleichen Beträgen in Höhe von monatlich 3 875,-- Euro brutto.
25,21 % variables Jahresgehalt = 14 850,-- Euro brutto gemäß Zielvereinbarung.
Im Jahr des Eintritts bzw. Austritts wird das Gehalt anteilig, pro rata temporis, bezahlt."
Für den variablen Gehaltsbestandteil schlossen die Parteien für das Kalenderjahr 2003 am 6.1.2003 sowie für das Kalenderjahr 2004 am 28.5.2004 jeweils eine Zielvereinbarung. In der Zielvereinbarung vom 28.5.2004 heißt es unter der Überschrift "Variable Zielvergütung":
"Das Jahreszieleinkommen (100 %) wird auf 61 354 Euro brutto festgelegt. Es setzt sich wie folgt zusammen:
Festgehalt = 48 500 Euro brutto
Die Auszahlung erfolgt in 12 monatlich gleichen Beträgen in Höhe von 3 875 Euro brutto.
Variabler Bonusanteil = 14 854 Euro brutto.
Der variable Anteil des Jahresgehaltes wird nach folgender Matrix ermittelt:
- 20 % bei Erreichung der Unternehmensziele in Umsatz und Gewinn. (26. Mio. Euro Umsatz, 800K Euro Ebit).
- 40 % bei Erzielung eines durchschnittlichen Deckungsbeitrages über alle betreuten Projekte von 20 %.
- 40 % bei der Abnahme von 273 Mellensteinen M4 durch den Kunden F. in der Region C. für das Kalenderjahr 2004.
Der variable Anteil des Jahresgehalts wird nach Vorlage des testierten Jahresabschlusses der J. Telecom GmbH gezahlt.
Die Zielvereinbarung gilt ab dem 1.1.2004 für mindestens ein Jahr bis zur Unterzeichnung einer neuen Zielvereinbarung. Ansprüche auf Prämienzahlungen für den zurückliegenden Zeitraum bestehen nicht.
Die Geschäftsleitung behält sich vor, die Stückzahl der zu erreichenden Mellensteine M4 an eine sich im Verlauf des Kalenderjahres ändernde Kundenzusage gegenüber F. anzupassen.
Im Falle des Ausscheidens des Mitarbeiters, sei es auf Veranlassung des Unternehmens oder des Mitarbeiters selbst, gilt für die Berechnung des zu zahlenden Bonus aus der Zielvereinbarung, die bis zum letzten Arbeitstag erbrachte Leistung.
Alle anderen Bestimmungen des Vertrages bleiben unverändert."
Die Zahl "273" ist durchgestrichen und dafür handschriftlich die Zahl "260" gesetzt mit dem handschriftlichen Hinweis: "siehe Mail von G. I.". Für das Jahr 2004 erhielt der Kläger eine variable Vergütung in Höhe von 9 000,-- Euro.
Der Kläger war in einem Projektteam für den Kunden E-Plus tätig. Dieses Team koordinierte den Aufbau von Basisstationen. Der in der Zielvereinbarung genannte Meilenstein "M4" stellt die Inbetriebnahme eines Standortes im Netz dar.
Für das Jahr 2005 unterbreitete die Beklagte dem Kläger eine Zielvereinbarung, in der das Ziel sich zu 10 % aus Unternehmenszielerreichung, zu 60 % aus Neukundengewinnung sowie zu 30 % aus der Erreichung von 71 Meilensteinen unter einem bestimmten Deckungsbeitrag zusammensetzte. Dieses Angebot nahm der Kläger nicht an. Auch das ihm am 11.2.2006 seitens der Beklagten unterbreitete Änderungsangebot akzeptierte er nicht. Stattdessen bot der Kläger von sich aus mit Schreiben vom 13.3.2006 für 2006 eine Zielvereinbarung an, nach der 40 % durch Unternehmensziele sowie 60 % durch Projektziele erreicht werden sollten. Für die Jahre 2005 bis 2007 wurde letztlich keine Zielvereinbarung abgeschlossen.
Mit seiner beim Arbeitsgericht Düsseldorf am 24.10.2007 eingereichten Klage hat der Kläger zunächst die Zahlung der variablen Vergütung für die Jahre 2005 und 2006 in Höhe von jeweils 14 850,-- Euro und hilfsweise Auskunft über den Grad der Zielerreichung in den Jahren 2005 und 2006 auf der Basis der zwischen den Parteien für das Jahr 2004 vereinbarten Zielvereinbarung verlangt. Gemäß dem am 17.12.2007 vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Teilvergleich hat die Beklagte dem Kläger für die Jahre 2005 und 2006 eine Auskunft erteilt, nach der keine variable Vergütung verdient worden sei. Im Wege der Klageerweiterung begehrt der Kläger außerdem die Zahlung von 6 187,50 Euro anteilig für die Monate Januar bis Mai 2007.
Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht:
Er könne die begehrte variable Vergütung für die Jahre 2005 bis 2007 beanspruchen, da die Beklagte die Initiative für den Abschluss von Zielvereinbarungen nicht ergriffen habe. Die Beklagte sei ihm deshalb zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihm die Möglichkeit genommen habe, auf realistischer Grundlage sein Ziel zu erreichen. Auf die Zielvereinbarung vom 28.5.2004 könne sich die Beklagte nicht berufen, da diese Ziele enthalte, die von ihm nicht beeinflussbar seien. Weder der 20 %-ige Zielanteil aus Umsatz und Gewinn noch der 40 %-ige Anteil verschiedener Deckungsbeiträge könnten von ihm beeinflusst werden. Lediglich die Vorgabe von Meilensteinen sei durch ihn beeinflussbar. Die Beklagte habe auch einen zweimonatigen Projektaufenthalt in den Niederlanden nicht berücksichtigt. Zudem sei er bereits seit 2005 nicht mehr in der Lage gewesen, die Meilensteinvorgabe von 260 zu erreichen, da sich die Markt- und Auftragslage verändert habe. Dies sei bereits ein Jahr zuvor absehbar gewesen. Die Beklagte hätte daher mindestens ihre mit der Vereinbarung vorbehaltene Änderungsbefugnis bei den Meilensteinen in Anspruch nehmen müssen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 29 700,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 14 850,-- Euro seit dem 1.1.2006 und aus weiteren 14 850,-- Euro seit dem 1.1.2007 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6 187,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.1.2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vor allem die Auffassung vertreten, die Zielvereinbarung vom 28.5.2004 sei auch in den Jahren 2005 bis 2007 anzuwenden gewesen.
Mit seinem am 24.09.2008 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kläger könne seinen Anspruch nicht auf einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB stützen. Die Beklagte habe es nämlich nicht schuldhaft unterlassen, gemeinsam mit dem Kläger für die Zielperioden 2005 bis 2007 Ziele festzulegen. Vielmehr existiere mit der Vereinbarung vom 28.5.2004 eine Zielvereinbarung auch für die Folgejahre. Die in dieser Vereinbarung verabredete Fortgeltung der Zielvereinbarung für 2004 über dieses Jahr hinaus benachteilige den Kläger nicht unangemessen i. S. von § 307 Abs. 1 BGB. Auch sei die vorgenannte Vereinbarung nicht insoweit unwirksam, als die Parteien in dieser als Komponenten der Zielvereinbarung teilweise Ziele des Unternehmens vereinbart hätten. Alleine aus dem Begriff der "Zielvereinbarung" lasse sich nicht der Schluss ziehen, dass die Ziele allein persönlicher Art bzw. die eigene Leistung betreffend gesteckt werden sollten. Ein anderer rechtlicher Gesichtspunkt, der gegen die wirksame Vereinbarung der in der Zielvereinbarung vom 28.5.2004 definierten Ziele spreche, sei nicht ersichtlich. Ein Anspruch und eine daraus resultierende Verpflichtung der Beklagten, eine einseitige Änderung der Zielvereinbarung vom 28.5.2004 vorzunehmen, habe ausschließlich durch das vertraglich vereinbarte Änderungsrecht für die Teilkomponente "Meilensteine M4" bei einer sich ändernden Kundenzusage bestanden. Insoweit sei aber nicht festzustellen, dass die Voraussetzungen der sich ändernden Kundenzusagen gegeben sei. Der Kläger habe hierzu keine für die Beklagte einlassungsfähige konkrete Tatsachen vorgetragen. Über das vertragliche Anpassungsrecht betreffend die Teilkomponente "Meilensteine M4" hinaus sei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nicht ersichtlich. Insbesondere habe der Kläger keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei Nichtzustandekommen der vertraglich vorgesehenen Zielvereinbarung einseitig Ziele vorgebe. Auch komme ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 BGB nicht in Betracht. Der Kläger habe nicht im Ansatz Gesichtspunkte dafür dargelegt, dass die der Vereinbarung zugrunde liegenden Vorgaben insbesondere für die Unternehmensziele sich von 2004 auf 2005 bzw. die Folgejahre derartig gravierend geändert hätten, dass eine Anpassung erforderlich geworden sei. Schließlich sei der Vertrag entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht ergänzend im Sinne eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts einer Partei auszulegen. Der Vertrag spreche deutlich davon, dass - mit der Ausnahme des Anpassungsrechts für die Beklagte im Bereich der Meilensteine für eine bestimmte Konstellation - eine Vereinbarungslösung gewollt sei.
Gegen das ihm am 29.9.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem beim Landesarbeitsgericht am 29.10.2008 eingereichten Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 2.1.2009 - mit einem hier am 2.1.2009 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Kläger hat unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend gemacht:
Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB zu seinen Gunsten abgelehnt. Die Klausel in der Vereinbarung vom 28.5.2004, nach der sich die Zielvereinbarung mangels Neuabschlusses einer ablösenden Vereinbarung automatisch verlängern solle, verstoße gegen §§ 305 ff. BGB. Mit dem Verweis auf § 313 Abs. 1 BGB gehe das Arbeitsgericht ebenfalls fehl. Seine Auffassung würde dazu führen, dass der vertraglich abgesicherte Anspruch auf eine variable Abfindung ausgehebelt würde, dass die Kriterien auf Jahre hinaus nicht mehr erreicht werden könnten und an die Stelle des Anspruchs auf Vereinbarung realistischerweise zu erreichender Ziele ein viel schwieriger durchzusetzender Anspruch auf Anpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB träte. Es widerspreche darüber hinaus der Rechtssicherheit, wenn Zielvereinbarungen unabhängig vom Inhalt der Arbeitsleistung fortgelten sollten. Er sei im Jahre 2005 für circa sechs Wochen in den Niederlanden eingesetzt worden und habe deshalb nicht in irgendeiner Weise auf die Unternehmensziele Einfluss nehmen können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.9.2008, 4 Ca 7771/07, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 35 887,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 14 850,-- Euro seit dem 1.1.2006, aus weiteren 14 850,-- Euro seit dem 1.1.2007 und aus weiteren 6 187,50 Euro seit dem 1.1.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt in erster Linie das angefochtene Urteil und führt unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:
Zu Recht habe die Vorinstanz die Klage abgewiesen. Sie habe richtig gesehen, dass gerade kein Fall der unterbliebenen Zielvereinbarung vorgelegen habe. Der Kläger wende sich weiterhin gegen eindeutige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, indem er beanstande, dass in seiner Zielvereinbarung auch Komponenten enthalten gewesen seien, die an Unternehmensziele angeknüpft hätten. Der Kläger trage weiterhin nicht schlüssig vor, dass die ihm angebotene Zielvereinbarung für 2005 hinsichtlich der Erreichung der Ziele für ihn unmöglich gewesen wäre. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang seinen Aufenthalt in den Niederlanden einbringe, habe dieser nur drei Wochen gedauert. Im Übrigen sei durch seine Abwesenheit die Erfüllung seiner Ziele nicht erschwert worden. Denn diese seien identisch gewesen mit den Gruppenzielen der Arbeitsgruppe des Dr. H. I., der der Kläger angehört und die während seiner Abwesenheit unverändert weitergearbeitet habe. Was den Meilenstein M4, hinsichtlich dessen sie laut der Vereinbarung vom 28.5.2004 ein Anpassungsrecht gehabt habe, betreffe, habe der Kläger selbst in seinem Schriftsatz vom 15.7.2008 eingeräumt, dass die Meilensteine M4, die ihm vorgeschlagen - von ihm aber abgelehnt worden seien - im Jahre 2005 weit übertroffen und 2007 etwas übertroffen, nur im Jahre 2006 nicht erreicht worden seien.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.
Aus den Gründen
A. Die Berufung des Klägers, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
I. Der Kläger kann die von ihm für die Jahre 2005 bis 2007 verlangte variable Vergütung in einer Gesamthöhe von 35.887,50 Euro brutto wegen einer nicht abgeschlossenen Zielvereinbarung nach Ablauf der für sie gedachten Zielperiode allenfalls im Wege eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 280 Abs. 1 und Abs. 3 BGB i. V. m. §§ 283 Satz 1, 252 BGB wegen der entgangenen Vergütung verlangen (vgl. näher BAG 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - Rz. 14, EzA § 611 BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 22 = BB 2008, 617 mit Komm. Simon/Greßlin). Die Festlegung von Zielen wird jedenfalls mit Ablauf der Zielperiode unmöglich i. S. von § 275 Abs. 1 BGB.
II. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch wegen der ihm entgangenen erfolgsabhängigen Vergütung hat, wenn die Parteien entgegen einer Abrede im Arbeitsvertrag für eine Zielperiode nicht gemeinsam Ziele festgelegt haben, kann allerdings ohne die Berücksichtigung der Gründe für das Nichtzustandekommen der für ein Kalenderjahr gedachten Zielvereinbarung nicht entschieden werden (vgl. BAG 10.12.2008 - 10 AZR 889/07 - Rz. 7, EzA § 611 BGB 2002 Gratifikation, BB 2009, 837 mit Komm. Mohnke, Prämie Nr. 23 im Anschluss an BSG 23.3.2006 - B 11 a AL 29/05 - R-NZA-RR 2007, 101).
1. Oblag es dem Arbeitgeber, die Initiative zur Führung eines Gesprächs mit dem Arbeitnehmer über eine Zielvereinbarung zu ergreifen und hat er ein solches Gespräch nicht anberaumt, hat er eine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Allerdings ist der Arbeitgeber nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet, wenn er das Nichtzustandekommen einer Zielvereinbarung nicht zu vertreten hat. Weist der Arbeitgeber nach, dass er seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung, für jede Zielperiode gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, nachgekommen ist und dem Arbeitnehmer Ziele vorgeschlagen hat, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose hätte erreichen können, fehlt es an einer Verletzung der Verhandlungspflicht des Arbeitgebers und damit an einer Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers (BAG 10.12.2008 - 10 AZR 889/07 - Rz. 14, a. a. O.).
2. In der Regel reicht es für den Entlastungsnachweis des Arbeitgebers noch nicht aus, wenn dieser nachweist, dass er dem Arbeitnehmer die Fortführung einer abgelaufenen Zielvereinbarung angeboten und der Arbeitnehmer dieses Angebot abgelehnt hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die für den Abschluss der abgelaufenen Zielvereinbarung maßgebenden Rahmenbedingungen der Leistungserbringung durch inner- oder außerbetriebliche Einflüsse geändert haben. Eine veränderte innerbetriebliche Organisation und/oder eine andere Wettbewerbssituation oder Wirtschaftslage können dazu führen, dass die bisherigen Ziele vom Arbeitnehmer nicht mehr oder auch leichter erreicht werden können und die Parteien sich deshalb im Vergleich zur abgelaufenen Zielperiode auf weniger ehrgeizigere oder auf anspruchsvollere Ziele verständigen müssen, um dem mit dem Abschluss einer Zielvereinbarung verbundenen Sinn und Zweck gerecht zu werden. Ist nicht vereinbart, dass eine getroffene Zielvereinbarung nach Ablauf der Zielperiode nachwirkt, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt wird, ist dieser Wille der Arbeitsvertragsparteien zu achten (BAG 10.12.2008 - 10 AZR 889/07 - Rz. 16, a. a. O.).
3. Ist allerdings in der für ein Kalenderjahr von den Parteien getroffenen Zielvereinbarung deren Nachwirkung für den Fall des Nichtzustandekommens einer Folgevereinbarung vorgesehen, ist nach Auffassung der Kammer jeglicher Entlastungsnachweis des Arbeitgebers, er habe den Nichtabschluss einer neuen Zielvereinbarung nicht zu vertreten, entbehrlich. Denn ebenso wie der Wille der Vertragsparteien zu achten ist, dass eine neue Zielvereinbarung getroffen werden soll, falls die bisherige keine Nachwirkungsklausel enthält, muss dies im umgekehrten Fall gelten. Denn die Parteien können gemeinsame Ziele nicht nur für ein bestimmtes Kalenderjahr, sondern auch für künftige Jahre vereinbaren (vgl. BAG 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - Rz. 18, a. a. O.).
4. Im Streitfall bestand eine derartige nachwirkende Zielvereinbarung aufgrund der am 28.5.2004 getroffenen Abrede. Denn die Parteien hatten in der Zielvereinbarung für das Kalenderjahr 2004 die Regelung getroffen, dass diese Zielvereinbarung ab dem 1.1.2004 für mindestens ein Jahr bis zur Unterzeichnung einer neuen Zielvereinbarung gilt.
III. Die für die Jahre 2005 bis 2007 mangels einer anderweitig getroffenen Zielvereinbarung weitergeltende Zielvereinbarung vom 28.5.2004 unterliegt keiner allgemeinen Billigkeits- oder Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB. Denn ist, wie im Streitfall, vereinbart, dass die Zahlung einer variablen Vergütung durch die Erreichung von Zielen innerhalb einer Zielperiode aufschiebend bedingt ist (§ 158 Abs. 1 BGB), und sind, wie vorliegend, nach der vertraglichen Regelung die Ziele von den Arbeitsvertragsparteien gemeinsam festzulegen, unterliegt die getroffene Zielvereinbarung als Entgeltregelung grundsätzlich keiner allgemeinen Billigkeits- oder Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB (BAG 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - Rz. 16, EzA § 611 BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 22 = BB 2008, 617 mit Komm. Simon/Greßlin; vgl. auch Annuß NZA 2007, 290). Es finden die Grundsätze über die freie Entgeltvereinbarung uneingeschränkt Anwendung (BAG 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - Rz. 16, a. a. O.; Bauer/Diller/Göpfert BB 2002, 882, 884; Bauer FA 2002, 295, 297). Denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, über die §§ 305 ff. BGB den "gerechten Preis" zu ermitteln (BAG 31.8.2005 - 5 AZR 545/04 - EzA § 6 ArbZG Nr. 6 = BB 2006, 443; vgl. auch BAG 20.2.2008 - 10 AZR 125/07 - Rz. 14, EzA § 307 BGB 2002 Nr. 31 = BB 2008, 1291). Allerdings muss die Zielvereinbarung dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 3 Satz 2 BGB i. V. m § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) entsprechen (BAG 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - Rz. 16, a. a. O.). Hiervon ist im Streitfall auszugehen.
1. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des in dieser Vorschrift geregelten Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (BAG 3.4.2007 - 9 AZR 867/06 - Rz. 30, NZA 2007, 1046, 1048; BAG 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 - Rz. 14, NZA 2008, 40, 41 = BB 2008, 166 mit Komm. Lembke). Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen sein Recht nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i. S. von § 307 Abs. 1 BGB (BAG 14.3.2007 - 5 AZR 630/06 - Rz. 27, EzA § 307 BGB, 2002, Nr. 18; BAG 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 - Rz. 14, a. a. O).
2. Unter Beachtung dieser Ausführungen kann im Streitfall nicht von einem Verstoß gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB normierte Transparenzgebot ausgegangen werden. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, ihm sei es kaum möglich gewesen, den Inhalt der Zielvereinbarung vom 28.5.2004 zu verstehen. Im Gegenteil: Der Kläger hat für 2004 auf der Grundlage dieser Vereinbarung 9 000,-- Euro als variable Vergütung erhalten, ohne hiergegen zu remonstrieren.
IV. Unterliegt die auch für die Jahre 2005 bis 2007 geltende Zielvereinbarung vom 28.05.2004 demnach keiner allgemeinen Billigkeits- oder Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB, bleibt, was ihre Wirksamkeit betrifft, nur die für jeden Vertrag geltende Rechtskontrolle bezogen auf allgemein geltende Nichtigkeits- bzw. Unwirksamkeitsnormen, wie z. B. § 138 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB (vgl. Annuß NZA 2007, 290; Bauer/Diller/Göpfert BB 2002, 882, 884; vgl. auch BAG 21.6.2000 - 5 AZR 806/98 - DB 2000, 1920, 1921). Dieser Rechtskontrolle hält die Zielvereinbarung vom 28.5.2004 insbesondere auch im Hinblick auf die Regelung, wonach die Parteien als Komponenten für die Zielerreichung teilweise auch Ziele des Unternehmens (die Erreichung eines bestimmten Umsatzes, Erreichen eines bestimmten EBITs, Erreichen eines durchschnittlichen Deckungsbeitrages) vereinbart haben, stand. Es ist allgemein anerkannt, dass die Arbeitsvertragsparteien Unternehmensziele und damit Ziele festlegen können, die an den Erfolg des Unternehmens, z. B. den Gewinn oder den Umsatz, anknüpfen. Sie können bestimmen, dass für die Zielerreichung der Erfolg einer Abteilung oder eines "Teams" maßgebend sein soll. Gegenstand einer Zielvereinbarung können aber auch persönliche Ziele sein, die individuelle Leistungen im Blick haben (BAG 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - Rz. 26, a. a. O.; vgl. auch Hess. LAG 14.8.2008 - 20 Sa 1172/07 - Rz. 37, juris; Annuß NZA 2007, 290; Heiden DB 2006, 2401, 2403; Lembke BB 2008, 170).
V. Eine Unverbindlichkeit der Zielvereinbarung vom 28.5.2004 für die Jahre 2005 bis 2007 folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte in den genannten Jahren von ihrem in der vorgenannten Zielvereinbarung enthaltenen Recht, die Stückzahl der zu erreichenden Meilensteine M4 an eine sich im Verlaufe des Kalenderjahres ändernde Kundenzusage gegenüber F. anzupassen, keinen Gebrauch gemacht hat. Bei dieser Anpassungsklausel handelt es sich um ein sog. einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten, auf dessen Ausübung der Kläger keinen Anspruch hat. Insofern teilt die Kammer auch nicht die Auffassung der Vorinstanz, dass erst, wenn feststehe, die Kundenzusage habe sich geändert, die Beklagte verpflichtet sei, eine entsprechende Änderung unter Ausübung des billigen Ermessens durchzuführen. Einen Anpassungsanspruch zugunsten des Klägers haben die Parteien in der Zielvereinbarung vom 28.5.2004 gerade nicht vereinbart. Der Kläger hätte nur dann, wenn die Beklagte von ihrem einseitigen Anpassungsrecht Gebrauch gemacht hätte, das Ergebnis auf seine Billigkeit gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB überprüfen lassen können. Diese Billigkeitskontrolle erübrigt sich im Streitfall, da die Beklagte, wie bereits erwähnt, von ihrem Anpassungsrecht in den Jahren 2005 bis 2007 keinen Gebrauch gemacht hat.
VI. Eine Anpassung der in der Zielvereinbarung vom 28.5.2004 enthaltenen Komponenten für die Zielerreichung könnte der Kläger bezogen auf die Jahre 2004 bis 2007 allerdings, worauf die Vorinstanz zu Recht hinweist, nach § 313 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen (vgl. auch Bauer/Diller/Göpfert BB 2002, 882, 884). Danach kann, sofern sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, die Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Der insoweit darlegungspflichtige Kläger hat jedoch weder erst- noch zweitinstanzlich Gesichtspunkte dafür vorgetragen, dass die der Zielvereinbarung vom 28.5.2004 zugrunde liegenden Vorgaben, insbesondere für die Unternehmensziele, sich im Vergleich des Jahres 2004 mit den Jahren 2005 bis 2007 derartig gravierend geändert haben, dass eine Anpassung nach § 313 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlich gewesen wäre.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.
Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und deshalb die Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG zugelassen.
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