R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Arbeitsrecht
18.11.2010
Arbeitsrecht
LAG Baden-Württtemberg: Diskriminierung wegen Behinderung

LAG Baden-Württemberg , Urteil  vom 06.09.2010 - Aktenzeichen 4 Sa 18/10 (Vorinstanz: ArbG Pforzheim vom 09.03.2010 - Aktenzeichen 1 Ca 584/09; )
Amtliche Leitsätze: 1. Die Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch entfällt nicht deswegen, weil die ausgeschriebene Stelle als Mutterschaftsvertretung neu zu besetzen ist (§ 82 Satz 1 iVm § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX). 2. Macht ein schwerbehinderter Bewerber im Bewerbungsschreiben unklare Angaben über den Grad und die Art seiner Behinderung, so trifft den Arbeitgeber keine Pflicht, sich im Hinblick auf § 1 AGG über den Grad und die Art der Behinderung zu erkundigen.
  Redaktionelle Normenkette: AGG § 1; AGG § 6 Abs. 1 S. 2; AGG § 7 Abs. 1; AGG § 8 Abs. 1; AGG § 15 Abs. 2; SGB IX § 73 Abs. 2 Nr. 7; SGB IX § 82 S. 1; ZPO § 373;
Tatbestand: 
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen hat. 
Der am 23. März 1964 geborene, ledige Kläger absolvierte von 1982 bis 1985 eine Berufsausbildung als Großhandelskaufmann. Daran anschließend erwarb er im Jahr 1987 die Fachhochschulreife. Von 1987 bis 1992 studierte der Kläger Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule F.. Er erwarb den Abschluss als Dipl.-Betriebswirt FH. Von 1992 bis 1996 übte der Kläger verschiedene Tätigkeiten aus. Von 1996 bis 1998 absolvierte er eine weitere Berufsausbildung als Chemisch-Technischer Assistent. Daran anschließend übte er erneut verschiedene Tätigkeiten aus. 
Von September 2004 bis August 2005 nahm der Kläger am praktischen Einführungsjahr für den gehobenen Verwaltungsdienst bei der Gemeinde H. teil. Von September 2005 bis September 2008 studierte er an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in K.. Im Hauptstudium wählte er das Fach Wirtschaft mit dem Wahlpflichtfach Rechnungswesen. Am 17. September 2008 legte der Kläger die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst mit der Gesamtnote befriedigend (7 Punkte) ab. 
Der Kläger ist seit 23. September 1997 schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60 %. Er leidet an einem essentiellen Tremor, der nicht behandlungsbedürftig ist. 
Im Sommer 2009 schrieb die Beklagte eine Stelle für die Bereiche Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt aus. Die Stelle war als Mutterschaftsvertretung zu besetzen. Für das genannte Aufgabengebiet suchte die Beklagte eine/n Mitarbeiter/in mit der Qualifikation des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes und umfassenden Kenntnissen. Die Vergütung sollte nach dem TVöD erfolgen. Die Beklagte ist eine Gemeinde mit 3.700 Einwohnern. In der Verwaltung sind insgesamt 12 Beschäftigte bei 8 Stellen tätig. 
Mit Schreiben vom 8. Juli 2009 bewarb sich der Kläger um die ausgeschriebene Stelle. Nach seiner Staatsprüfung hatte sich der Kläger bereits um zahlreiche Stellen beworben, jedoch durchweg ohne Erfolg. In seinem ausführlichen Bewerbungsschreiben führte der Kläger am Ende folgendes aus: 
"Durch meine Behinderung bin ich, insbesondere im Verwaltungsbereich, nicht eingeschränkt." 
Mit dem Bewerbungsverfahren war bei der Beklagten Frau U. Ma. betraut. Frau Ma. hatte ebenfalls die Fachhochschule K. besucht und kannte den Kläger flüchtig. Hierbei hatte Frau Ma. den Eindruck gewonnen, dass sich der Kläger anderen Studentinnen und Studenten aufdrängt. Über diesen Eindruck unterrichtete sie den Bürgermeister der Beklagten. Dieser kam daraufhin zur Überzeugung, dass der Kläger nicht berücksichtigt werden könne. Im weiteren Verlauf des Bewerbungsverfahrens wurden von den ca. 10 eingegangenen Bewerbungen zwei Bewerber zur Vorstellung beim Gemeinderat ausgewählt. Eingestellt wurde Frau D.M. Frau D.M. hatte ihr Staatsexamen mit 8 Punkten bestanden. Sie hatte während des Hauptstudiums den Bereich "Verwaltung" und das Schwerpunktfach Kommunalpolitik gewählt. Mit Schreiben vom 30. Juli 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Auswahlentscheidung nicht zu seinen Gunsten ausgefallen sei. 
Mit Anwaltsschreiben vom 14. August 2009 teilte der Kläger mit, dass er seit dem 23. September 1997 einen Grad der Behinderung von 60 % aufweise. Er rügte, dass er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei. Vorsorglich machte der Kläger Schadenersatzansprüche nach § 15 AGG geltend. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 10. September 2009 beanspruchte der Kläger eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern.  
Mit Antwortschreiben vom 24. September 2009 teilte die Beklagte u.a. mit, dass die Einladung zum Vorstellungsgespräch entbehrlich gewesen sei, weil dem Kläger die fachliche Eignung offensichtlich gefehlt habe. Mit Anwaltsschreiben vom 25. September 2009 widersprach der Kläger dieser Auffassung. Der weitere Schriftwechsel zwischen den Prozessbevollmächtigten vom 2. Oktober und 7. Oktober 2009 blieb ergebnislos. 
Im Anschluss an das vorliegende Bewerbungsverfahren machte der Kläger auch gegenüber anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften Ansprüche auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend. Im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (6. September 2010) hatte der Kläger in 27 Fällen Entschädigungsansprüche geltend gemacht. In den Bewerbungsverfahren hatte der Kläger teils - wie hier - auf eine Behinderung, teils aber auch auf eine Schwerbehinderung hingewiesen. Einige Verfahren wurden außergerichtlich beigelegt. In zahlreichen anderen Fällen sind jedoch noch Verfahren vor den Arbeitsgerichten und den Verwaltungsgerichten anhängig. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 26. August 2010 verwiesen. 
Mit seiner am 26. Oktober 2009 beim Arbeitsgericht Freiburg eingegangenen Klage hat der Kläger die Zahlung einer angemessenen Entschädigung, mindestens jedoch in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern (= € 6.689,85) begehrt. Mit Beschluss vom 11. November 2009 verwies das Arbeitsgericht Freiburg den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Arbeitsgericht Pforzheim. 
Der Kläger hat vorgetragen, er sei trotz seiner Schwerbehinderteneigenschaft nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Dies begründe die Vermutung, dass er wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. 
Der Kläger hat beantragt, 
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine angemessene Entschädigung, mindestens jedoch in Höhe von € 6.689,85 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26. September 2009 zu bezahlen. 
Die Beklagte hat beantragt, 
die Klage abzuweisen. 
Sie hat vorgetragen, es treffe zu, dass der Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei. Hierzu sei sie aber auch nicht verpflichtet gewesen. Die Stelle sei als Mutterschaftsvertretung für die Beschäftigte B.W. ausgeschrieben worden. Nach § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGG IX zähle der Arbeitsplatz daher nicht zu den Arbeitsplätzen im Sinne des § 82 SGB IX. Zudem habe der Kläger sie nicht auf seine Schwerbehinderung hingewiesen. Er habe am Ende seines Bewerbungsschreibens lediglich versteckt erwähnt, dass er durch seine Behinderung nicht eingeschränkt sei. Der Kläger kenne den Unterschied zwischen einer Behinderung und einer Schwerbehinderung. Dies lege die Vermutung nahe, dass es der Kläger darauf angelegt habe, eine Entschädigung wegen angeblicher Diskriminierung zu beanspruchen. Schließlich sei der Kläger für die ausgeschriebene Stelle auch fachlich offensichtlich nicht geeignet gewesen. Der Schwerpunkt seines Studiums sei das Fach Rechnungswesen gewesen. Diese Ausrichtung sei eine ganz andere als im Anforderungsprofil für die ausgeschriebene Stelle. Die Behinderung des Klägers sei nicht ausschlaggebend dafür gewesen, dass der Kläger nicht berücksichtigt worden sei. Vielmehr habe sie aufgrund des von Frau Ma. geschilderten Verhaltens des Klägers die Überzeugung gewonnen, dass dieser für die Stelle nicht geeignet sei. 
Der Kläger hat erwidert, Frau Ma. habe aufgrund der gemeinsamen Studienzeit gewusst, dass er schwerbehindert sei. Dies erkenne man auch ohne weiteres an seinem Tremor. Außerdem sei die Schwerbehinderteneigenschaft auch deswegen erkennbar gewesen, weil er aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nur als Schwerbehinderter die Zulassung zum Studium habe erhalten können. Aufgrund der abgelegten Staatsprüfung sei er für die ausgeschriebene Stelle nicht offensichtlich ungeeignet gewesen. 
Die Beklagte hat erwidert, Frau Ma. sei die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht bekannt gewesen. Sie habe auch nicht aufgrund des Alters des Klägers den Schluss ziehen müssen, dass dieser schwerbehindert sei. Denn die Zulassung zum Studium an der Fachhochschule K. erhielten auch andere ältere Personen. 
Mit Urteil vom 9. März 2010 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Beklagte habe den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, weil dieser nicht auf seine Schwerbehinderung hingewiesen habe. Die Beklagte habe auch nicht davon ausgehen müssen, dass der Kläger schwerbehindert sei. Neben der Schwerbehinderung gebe es weitere Ausnahmetatbestände für die Zulassung zum Studium. Die vollständige Kenntnis der Zulassungsvorschriften könne von der Beklagten nicht verlangt werden. 
Gegen das ihm am 13. April 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. Mai 2010 Berufung eingelegt und diese am 21. Mai 2010 begründet. Er trägt vor, er habe ausreichende Indizien vorgetragen, die eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung vermuten ließen. Dazu zähle die unterlassene Meldung der freien Stelle bei der Bundesagentur für Arbeit, die fehlende Einladung zum Vorstellungsgespräch, die unterlassene Unterrichtung des Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung über seine Bewerbung sowie die fehlende Unterrichtung über die Ablehnungsgründe. Die Beklagte habe in der Person von Frau Ma. gewusst, dass er schwerbehindert sei. Zumindest habe die Beklagte seine Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund der Zulassungsbestimmungen zur Ausbildung für den gehobenen Verwaltungsdienst kennen müssen. Soweit die Beklagte die Auffassung vertrete, die ausgeschriebene Stelle sei kein Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX, sei dies unzutreffend. Die Vorschrift des § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX diene ausschließlich dem Zweck, bei der Ermittlung der Schwerbehindertenquote Doppelzählungen zu vermeiden. Er sei für die ausgeschriebene Stelle auch nicht offensichtlich ungeeignet gewesen. Schließlich sei seine Bewerbung auch nicht rechtsmissbräuchlich. Er habe nach Ablegung des Staatsexamens vergeblich versucht, eine Stelle im öffentlichen Dienst zu bekommen. In der Zeit vom 12. Januar bis 31. März 2010 habe er - was unstreitig ist - eine Stelle bei einem öffentlichen Arbeitgeber in Oberbayern innegehabt. Nach Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber sei er wieder arbeitslos. Eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern sei angemessen. 
Der Kläger beantragt: 
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim (1 Ca 584/09) wird aufgehoben. 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine angemessene Entschädigung, mindestens jedoch in Höhe von € 6.689,85 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26. September 2009 zu bezahlen. 
Die Beklagte beantragt, 
die Berufung zurückzuweisen. 
Sie trägt vor, Frau Ma. sei definitiv nicht bekannt gewesen, dass der Kläger schwerbehindert sei. Der Kläger habe lediglich am Rande auf eine "Behinderung" hingewiesen. Auch aus dem Umstand, dass der Kläger älter als die übrigen Studentinnen und Studenten gewesen sei, habe Frau Ma. nicht auf eine Schwerbehinderteneigenschaft schließen müssen. Sie bleibe bei ihrer Auffassung, dass der ausgeschriebene Arbeitsplatz nicht als Arbeitsplatz im Sinne des § 82 SGB IX anzusehen sei. Vorsorglich bestreite sie die Höhe der Entschädigung. 
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen verwiesen. In der Berufungsverhandlung hat die Beklagte vorgetragen, bei ihr bestehe weder ein Personalrat noch eine Schwerbehindertenvertretung. Der Kläger hat dies mit Nichtwissen bestritten. Die Kammer hat daraufhin Beweis erhoben über die bestrittene Behauptung der Beklagten, bei ihr bestehe weder ein Personalrat noch eine Schwerbehindertenvertretung, durch die Vernehmung der Zeugin Ma. Wegen des Inhalts der Zeugenaussage wird auf das Protokoll über die Sitzung vom 6. September 2010 verwiesen. Außerdem hat der Kläger die in der Berufung erweiterte Klage, die Beklagte zur Zahlung von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von € 313,86 zu verurteilen, in der Berufungsverhandlung zurückgenommen. 
Entscheidungsgründe: 
I. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Gegenstand der Berufung ist nur der Antrag auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG. Soweit der Kläger die Klage in der Berufung um den Antrag erweitert hat, außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 313,86 zu bezahlen, hat er die Klage in der Berufungsverhandlung wieder zurückgenommen. 
II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht. 
1. Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, auch wenn der Kläger die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt und lediglich eine Mindestentschädigung verlangt hat. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Somit wird dem Gericht hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Ist die Höhe des Betrages nach billigem Ermessen des Gerichts zu bestimmen, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Allerdings müssen die Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrages zugrundelegen soll, benannt und die Größenordnung des Betrages angegeben werden (zuletzt BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Juris; BAG 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - NZA 2010, 387). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. 
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der Kläger keinen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG hat. Die Beklagte hat den Kläger nicht in dem Bewerbungsverfahren "wegen" seiner Behinderung benachteiligt. 
a) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG können Beschäftigte, zu denen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 auch Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis zählen, wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Der Entschädigungsanspruch setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 AGG voraus. Hiernach dürfen Beschäftigte u.a. nicht wegen einer Behinderung benachteiligt werden. Außerdem bestimmt § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, dass Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen dürfen. Bei einer Verletzung des Benachteiligungsverbots schuldet der Arbeitgeber nach § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 AGG eine angemessene Entschädigung in Geld, die drei Monatsvergütungen nicht übersteigen darf, wenn der Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. 
b) Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der zeitliche und persönliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes eröffnet ist. Ebenso ist unstreitig, dass der Kläger die Fristen für die schriftliche und gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs nach § 15 Abs. 4 AGG und § 61 b Abs. 1 ArbGG gewahrt hat. Es lag auch eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers im Sinne des § 3 Abs. 1 AGG vor, weil er in einer "vergleichbaren Situation" weniger günstig behandelt wurde als diejenige Bewerberin, die die Beklagte letztlich eingestellt hat. An einer "vergleichbaren Situation" würde es nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fehlen, wenn der Kläger von vornherein objektiv für die ausgeschriebene Position ungeeignet gewesen wäre (BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - NZA 2010, 872; BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - NJW 2010, 2970). Maßgeblich für die objektive Eignung ist dabei nicht das formelle Anforderungsprofil des jeweiligen Arbeitnehmers, sondern die Anforderungen, die an die jeweilige Tätigkeit nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung gestellt werden. Dass der Kläger bei diesem Maßstab für die ausgeschriebene Stelle objektiv geeignet war, lässt sich angesichts seiner Ausbildung nicht in Abrede stellen. 
c) Der Kläger hat an sich zwei hinreichende Indizien im Sinne des § 22 AGG vorgetragen, die eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten lassen. 
aa) § 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 AGG verbietet die Benachteiligung "wegen" einer Behinderung. Bei schwerbehinderten Menschen gilt ergänzend § 81 Abs. 2 SGB IX, wonach Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen dürfen. Der Begriff der Behinderung ist weiter als der Begriff der Schwerbehinderung (Däubler/Bertzbach AGG 2. Aufl. § 1 Rn. 74; Bauer/Krieger/Göpfert AGG 2. Aufl. § 1 Rn. 39 ff; Wendeling-Schröder/Stein AGG § 1 Rn. 46). Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist nicht an einen bestimmten Grad der Behinderung geknüpft. Der Begriff erfasst alle Funktionsstörungen, die auf eine psychische, geistige oder physische Beeinträchtigung zurückzuführen sind und die ein Hindernis für die Teilhabe der betreffenden Person am Berufsleben bilden (EuGH 11. Juli 2006 - C-13/05 - NZA 2006, 839; BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - AP AGG § 15 Nr. 2 Rn. 20; BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - AP SGB IX § 81 Nr. 14). 
Das für schwerbehinderte Menschen geltende Benachteiligungsverbot nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verbietet ebenfalls die Benachteiligung "wegen" der Behinderung. Das Merkmal erfordert zwar weder eine Benachteiligungsabsicht noch ein Verschulden des Arbeitgebers. Das unzulässige Unterscheidungsmerkmal "Behinderung" muss aber für die benachteiligende Entscheidung des Arbeitgebers (mit-) ursächlich gewesen sein. Dies setzt voraus, dass der Arbeitgeber die Schwerbehinderung des Stellenbewerbers zur Zeit der benachteiligenden Maßnahme kennt oder kennen musste. Andernfalls ist ihm ein Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX objektiv nicht zurechenbar (BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16; BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 15). 
Beweist im Streitfall die eine Partei Indizien, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, so trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Beruft sich die klagende Partei auf das Benachteiligungsmerkmal der Behinderung, so kommen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verschiedene Indizien in Betracht, die auf eine Benachteiligung schließen lassen (BAG, 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - AP SGB IX § 81 Nr. 7; BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - und 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - AP SGB IX § 82 Nr. 1). 
bb) Nach § 81 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB IX sind die Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldet sind, besetzt werden können. Die Arbeitgeber haben frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufzunehmen. Für öffentliche Arbeitgeber gilt nach § 82 Satz 1 SGB IX, dass sie den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze (§ 73) zu melden haben. Hierdurch soll möglichst vielen geeigneten schwerbehinderten Menschen die Möglichkeit gegeben werden, Arbeit zu finden. 
Die Beklagte hat die Behauptung des Klägers, die gesetzlichen Meldepflichten seien vor Einleitung des Stellenbesetzungsverfahrens nicht erfüllt worden, nicht bestritten. Dieses Versäumnis ist geeignet, die Vermutung einer Benachteiligung wegen einer Schwerbehinderung zu begründen (BAG 12. September 2006 aaO. Rn. 22). Allerdings ist zu beachten, dass die gesetzlichen Meldepflichten im Vorfeld des Stellenbesetzungsverfahrens zu erfüllen sind. Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch trotz dieses Versäumnisses auf eine Anzeige hin auf die freie Stelle und offenbart hierbei seine Schwerbehinderteneigenschaft nicht, so ist die unterlassene Meldung gegenüber der Agentur für Arbeit nicht kausal für die in Unkenntnis der Schwerbehinderung getroffene Entscheidung des Arbeitgebers. Denn die Entscheidung wäre nicht anders ausgefallen, wenn der Arbeitgeber seine Meldepflichten erfüllt hätte. 
cc) Die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung kann sich ferner daraus ergeben, dass der öffentliche Arbeitgeber seine besondere Pflicht nach § 82 Satz 2 SGB IX nicht erfüllt hat. Hiernach hat der öffentliche Arbeitgeber den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Die Einladung darf nur dann unterbleiben, wenn die fachliche Eignung des schwerbehinderten Bewerbers offensichtlich fehlt. Zweck der Vorschrift ist es, dass schwerbehinderten Bewerbern die Möglichkeit gegeben werden soll, den öffentlichen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von ihrer Eignung zu überzeugen. Wird dem schwerbehinderten Bewerber diese Möglichkeit genommen, so kann dies die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung begründen (BAG 12. September 2006 aaO., Rn. 23; BAG 21. Juli 2009 aaO. Rn. 22). 
Unstreitig hat die Beklagte den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Die von der Beklagten hierzu vertretene Auffassung, sie sei schon aus Rechtsgründen nicht zu einer Einladung verpflichtet gewesen, teilt die Kammer nicht. 
(1) Die Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch entfiel nicht deswegen, weil die ausgeschriebene Stelle als Mutterschaftsvertretung neu zu besetzen war. § 82 Satz 1 SGB IX verweist zwar zur Definition des Arbeitsplatzes auf § 73 SGB IX. Nach Abs. 2 Nr. 7 dieser Vorschrift gelten als Arbeitsplätze u.a. nicht die Stellen, auf denen Personen beschäftigt werden, deren Arbeitsverhältnis wegen Elternzeit ruht, solange für sie eine Vertretung eingestellt ist. Zweck der Vorschrift ist es, eine Doppelzählung von Arbeitsplätzen bei der Berechnung der Pflichtzahl nach § 71 Abs. 1 SGB IX zu vermeiden. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass sowohl die Stelle des Vertretenen als auch die des Vertreters gezählt würde (Dau/Düwell/Haines SGB IX 2. Aufl., § 73 Rn. 41; Lachwitz/Schellhorn/Welti SGB IX 3. Aufl., § 73 Rn. 28; Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 11. Aufl., § 73 Rn. 3). Die Vorschrift soll hingegen nicht den öffentlichen Arbeitgeber von seiner Pflicht zur Einladung freistellen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut, wonach die Stelle des Vertretenen nur dann nicht als Arbeitsplatz gilt, wenn für sie eine Vertretung eingestellt ist. Soll eine Stelle nachbesetzt werden, so ist für den Vertretenen aber gerade keine Vertretung eingestellt. Auch vom Schutzzweck der Einladungspflicht ist es nicht gerechtfertigt, die in § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX genannten Stellen von der Einladungspflicht auszunehmen. Denn die Zielsetzung der Vorschrift, die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zu fördern, trifft auch für die Fallgestaltung zu, dass sich ein schwerbehinderter Mensch auf eine in § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX aufgeführte Stelle bewirbt. 
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten entfiel die Einladungspflicht auch nicht deswegen, weil dem Kläger die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich fehlte. In ihrer Stellenanzeige suchte die Beklagte eine/n Mitarbeiter/in mit der Qualifikation des gehobenen nicht technischen Verwaltungsdienstes und umfassenden Kenntnissen für die Bereiche Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt. Der Kläger erfüllte dieses Anforderungsprofil. Er hatte die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst mit der Gesamtnote "befriedigend" (7 Punkte) abgelegt. Die weiter erforderlichen umfassenden Kenntnisse hatte er sich im Rahmen des Grundstudiums an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in K. angeeignet. Dieses Grundstudium umfasst nach § 19 der Verordnung des Innenministeriums über die Ausbildung und Prüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst vom 30. August 2007 (GBl. 2007, 400) alle Fächer, die für das Berufsfeld des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst von Bedeutung sind. Lediglich im sogenannten Vertiefungsstudium hatte der Kläger mit dem Fach "Wirtschaft/Rechnungswesen" einen Schwerpunkt gewählt, der für die ausgeschriebene Stelle nicht einschlägig war. 
Im Rahmen ihrer Argumentation hat die Beklagte nicht hinreichend die Frage der offensichtlichen Ungeeignetheit von der Frage der Bestqualifikation unterschieden. Nach den Erörterungen in der Berufungsverhandlung steht außer Frage, dass der Kläger nicht der bestqualifizierte Bewerber war. Dies war die Bewerberin D.M., die nicht nur ihr Staatsexamen mit einer etwas höheren Punktzahl abgelegt hatte, sondern auch den Schwerpunktbereich "Verwaltung" im Rahmen ihres Vertiefungsstudiums gewählt hatte. Dieser Umstand hat aber lediglich zur Folge, dass der Entschädigungsanspruch des Klägers nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG auf drei Monatsgehälter begrenzt ist. § 82 Satz 3 SGB IX will die Einladungspflicht nicht auf den "nach der Papierform" bestqualifizierten Bewerber beschränken. Vielmehr besteht der Zweck der Norm gerade darin, dass schwerbehinderten Bewerbern die Gelegenheit gegeben werden soll, den öffentlichen Arbeitgeber von ihrer Eignung zu überzeugen. Die Einladungspflicht entfällt daher nur dann, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Bewerber die in der Stellenausschreibung geforderten Qualifikationsmerkmale schon "auf den ersten Blick" nicht erfüllt. Die Funktionsbeschreibung des Dienstpostens bestimmt objektiv die Kriterien, die der Inhaber erfüllen muss (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - NZA 2009, 1087 Rn 23). Davon, dass der Kläger angesichts der abgelegten Staatsprüfung für die ausgeschriebene Stelle ersichtlich nicht in Betracht kam, kann nicht gesprochen werden. 
dd) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 15. Februar 2005 aaO. Rn. 38) kann auch die Nichtbeteiligung der Personalvertretungen nach § 81 Abs. 1 Sätze 4 bis 10 SGB IX auf eine Benachteiligung wegen der (Schwer-) Behinderung schließen lassen. Im vorliegenden Fall kann die vom Kläger behauptete Nichtbeteiligung des Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung aber schon deswegen keine Indizwirkung entfalten, weil bei der Beklagten kein Personalrat und keine Schwerbehindertenvertretung besteht. Dies hat die Aussage der Zeugin U. Ma. ergeben. Die Kammer hat keinen Anlass, angesichts der Größe der Gemeindeverwaltung, die insgesamt zwölf Beschäftigte bei acht Stellen umfasst, an deren Aussage zu zweifeln. Schließlich kann eine Indizwirkung nicht daraus abgeleitet werden, dass die Beklagte dem Kläger nicht die Gründe für die getroffene Entscheidung nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX mitgeteilt hat. Die Vorschrift über die Unterrichtungspflicht gegenüber dem schwerbehinderten Bewerber steht in einem systematischen Zusammenhang mit den Regelungen über die Beteiligung der Personalvertretungen und der Nichterfüllung der Beschäftigungsquote. Wenn wie im vorliegenden Fall weder Personalrat noch Schwerbehindertenvertretung bestehen noch der Arbeitgeber angesichts der geringen Zahl der Arbeitsplätze die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB erfüllen muss, fehlt es an den Tatbestandsvoraussetzungen für die Unterrichtungspflicht gegenüber dem schwerbehinderten Bewerber. In seiner Entscheidung vom 18. November 2008 (aaO. Rn. 59) hat das Bundesarbeitsgericht an dieser Auslegung zwar gewisse Zweifel geäußert. Der Wortlaut und der systematische Zusammenhang lassen aber nach Auffassung der Kammer keine andere Auslegung zu. 
d) Die sich aus den beiden (siehe oben c) bb und cc) angeführten Indizien ergebende Vermutung für die (Mit-)Ursächlichkeit des Benachteiligungsmerkmals "Behinderung" entfällt im Streitfall aber deswegen, weil der Kläger die Beklagte lediglich über das Bestehen einer ihn nicht einschränkenden Behinderung, nicht aber über das Vorliegen einer Schwerbehinderung unterrichtet hat. Die Beklagte musste das Bestehen einer Schwerbehinderung auch nicht kennen; es traf sie auch keine Pflicht zur Erkundigung nach dem Bestehen einer Schwerbehinderteneigenschaft. 
aa) In seinem Bewerbungsschreiben vom 8. Juli 2009 hatte der Kläger am Ende folgendes mitgeteilt: "Durch meine Behinderung bin ich, insbesondere im Verwaltungsbereich, nicht eingeschränkt." Auch wenn der Begriff der "Behinderung" weiter gefasst ist als der Begriff der Behinderung (siehe oben c) aa)) lässt sich hieraus nicht ableiten, dass die angegebene Behinderung ursächlich für die ablehnende Entscheidung des Arbeitgebers war. Dies gilt auch dann, wenn man zugunsten des Klägers die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 12. September 2006 aaO. Rn. 43) berücksichtigt, wonach es für den Entschädigungsanspruch unschädlich ist, wenn die Benachteiligung auf einem Motivbündel beruht. Denn der Kläger hatte in seinem Bewerbungsschreiben gerade nicht darauf hingewiesen, dass die bei ihm bestehende Behinderung zu einer Funktionsbeeinträchtigung führe oder jedenfalls führen könne. Im Gegenteil hatte er ausgeführt, dass er durch seine Behinderung nicht eingeschränkt sei. 
Hierdurch unterscheidet sich der vorliegende Fall maßgeblich von der dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 3. April 2007 (9 AZR 823/06 - AP SGB IX § 81 Nr. 14) zugrundeliegenden Fallgestaltung. Im dortigen Fall hatte die Klägerin im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung einen Bescheid vorgelegt, wonach sie einen Grad der Behinderung von 40 % aufwies. Zugleich erlangte der Arbeitgeber Kenntnis darüber, dass die Behinderung auf einer Neurodermitis beruhe, die zu einer gesundheitlichen Nichteignung führe. Bei diesem Sachverhalt war eine Ursächlichkeit der mitgeteilten Behinderung für die Einstellungsentscheidung des Arbeitgebers ohne Weiteres gegeben. Anders verhält es sich aber dann, wenn der Bewerber gerade die Unerheblichkeit seiner Behinderung für die ausgeübte Tätigkeit hervorhebt. Angesichts der weiten Bedeutung des Begriffs "Behinderung" kann schon eine leichte Funktionsstörung, die für eine Verwaltungstätigkeit keinerlei Einschränkungen bedeutet, unter diesen Begriff fallen. Bei dieser Sachlage kann dem Arbeitgeber nicht unterstellt werden, dass die mitgeteilte Behinderung jedenfalls Teil eines Motivbündels sei, auf dem die ablehnende Entscheidung beruht. 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers hatte die Beklagte auch keine positive Kenntnis von seiner Schwerbehinderteneigenschaft. Der Kläger hatte hierzu schriftsätzlich vorgetragen, der mit dem Bewerbungsverfahren betrauten Frau Ma. sei aufgrund des gemeinsamen Studiums an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in K. bekannt gewesen, dass er schwerbehindert sei. Das Wissen von Frau Ma. müsse sich die Beklagte zurechnen lassen (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 15). Die Beklagte hatte die positive Kenntnis von Frau Ma. bestritten. Die Erörterungen in der Berufungsverhandlung haben hierzu ergeben, dass der Kläger ausgehend von seiner Einschätzung, wegen seines Tremors habe jeder Studierende seine Schwerbehinderteneigenschaft kennen müssen, auf eine Kenntnis von Frau Ma. geschlossen hat. Konkrete Umstände dafür, dass Frau Ma. entweder durch ihn selbst oder aus anderen Quellen eine positive Kenntnis erlangt hat, hat der Kläger hingegen nicht angeführt. 
Unter diesen Umständen konnte der vom Kläger angetretene Beweis durch die Vernehmung der Zeugin U. Ma. nicht erhoben werden. Nach § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (vgl. nur BAG 12.07.2007 - 2 AZR 722/05 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 168). Im Streitfall fehlt es an einer entsprechend konkreten Tatsachenangabe zur positiven Kenntnis von Frau Ma.. Die Tatsachenangaben des Klägers belegen lediglich, dass Frau Ma. aufgrund der konkreten Umstände die Schwerbehinderteneigenschaft habe kennen müssen. Dies ist aber rechtlich etwas anderes als positive Kenntnis. 
cc) Frau Ma. musste aufgrund der vorgetragenen Umstände auf eine - für eine Verwaltungstätigkeit unerhebliche - Behinderung, nicht aber auf eine Schwerbehinderung schließen. Die Beklagte hat eingeräumt, dass Frau Ma. das Verhalten des Klägers an der Hochschule in K. aus ihrer subjektiven Sicht als auffällig und ungewöhnlich empfunden hat. Dies allein deutet aber noch nicht auf eine Behinderung, geschweige denn auf eine Schwerbehinderung hin. Selbst wenn Frau Ma., die den Kläger nur flüchtig kannte, dessen Tremor bemerkt haben sollte, gilt nichts anderes. Denn gerade für eine Verwaltungstätigkeit ist ein Tremor, wie der Kläger selbst ausführt, in aller Regel belanglos. 
Soweit der Kläger meint, Frau Ma. habe aufgrund seines Alters und der Zulassungsvorschriften für das Studium auf eine Schwerbehinderteneigenschaft schließen müssen, kann die Kammer dem nicht folgen. Es trifft zwar zu, dass nach § 6 der Verordnung des Innenministeriums über die Ausbildung und Prüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst vom 30. August 2007 grundsätzlich nur solche Bewerber zur Ausbildung zugelassen werden, die im Zeitpunkt der Einstellung in den Vorbereitungsdienst das 32. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Lediglich für schwerbehinderte Menschen gilt eine höhere Altersgrenze von 40 Jahren. Diese hatte der Kläger im Zeitpunkt seiner Zulassung bereits überschritten. Nach § 6 Abs. 3 der Verordnung sind jedoch weitere Ausnahmen von den Vorschriften über die Höchstaltersgrenzen möglich. Diese Ausnahmen führen dazu, dass zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Schwerbehinderteneigenschaft besteht, wenn ein Studierender das 40. Lebensjahr überschritten hat. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass zwei weitere mögliche Ausnahmen (Soldatenversorgung und Kindererziehung) aufgrund des Lebenslaufs des Klägers auszuschließen waren. 
Angesichts der in § 6 Abs. 3 der Verordnung angeführten Ermächtigung des Landespersonalausschusses, ohne weitere Einschränkungen von den Zulassungsvorschriften Ausnahmen zuzulassen, kann auf ein "Kennenmüssen" von Frau Ma. dennoch nicht geschlossen werden. Frau Ma. waren die persönlichen Lebensumstände des Klägers nicht bekannt, weil sie keinen näheren Kontakt mit dem Kläger pflegte. Das Bestehen einer Schwerbehinderteneigenschaft war demnach nur eine von mehreren Möglichkeiten für die Zulassung des Klägers zum Studium. 
dd) Die Beklagte traf schließlich keine Pflicht, sich angesichts der unklaren Angabe des Klägers im Bewerbungsschreiben nach dem Bestehen einer Schwerbehinderteneigenschaft zu erkundigen. 
(1) Die Frage nach dem Bestehen einer Schwerbehinderteneigenschaft wäre im Streitfall unzulässig gewesen, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich waren, dass die angegebene Behinderung die vertragsgemäße Arbeitsleistung dauerhaft unmöglich gemacht hätte und somit eine unterschiedliche Behandlung gemäß § 8 Abs. 1 AGG gerechtfertigt gewesen wäre. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in seiner früheren Rechtsprechung die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft auch bei tätigkeitsneutralen Behinderungen als zulässig angesehen (BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 923/94, 3. Dezember 1998 - 2 AZR 754/97 - und 18. Oktober 2000 - 2 AZR 380/99 - AP BGB § 123 Nr. 40, 49 und 59). Mittlerweile wird ein Fragerecht des Arbeitgebers aber nahezu einhellig abgelehnt (LAG Hamm 19. Oktober 2006 - 15 Sa 740/06 - Juris; ErfK/Preis 10. Aufl. § 611 BGB Rn. 274; Dau/Düwell/Haines SGB IX 2. Aufl., § 85 Rn. 16 ff.; Messingschläger NZA 2003, 301, 303; Brors DB 2003, 1734; a.A. Schaub NZA 2003, 299). 
Dem schließt sich die Kammer an. § 8 Abs. 1 AGG bestimmt ausdrücklich, dass eine unterschiedliche Behandlung u.a. wegen einer Behinderung nur dann zulässig ist, wenn das Nichtvorliegen der Behinderung wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Diese Bestimmung schließt ein Fragerecht aus den vom Bundesarbeitsgericht früher anerkannten tätigkeitsneutralen Gründen aus. Lediglich dann, wenn es die Zielsetzung des Arbeitgebers ist, positive Maßnahmen zur Förderung von schwerbehinderten Menschen zu ergreifen, ist das Fragerecht wegen § 5 AGG gerechtfertigt. In diesem Fall muss der Arbeitgeber jedoch sein Frageziel offenlegen (Dau/Düwell/Haines aaO. Rn. 24). 
(2) Eine Erkundigungspflicht des Arbeitgebers ist auch deswegen abzulehnen, weil im Streitfall das Fragerecht nicht im Interesse des Arbeitgebers, sondern zur Wahrung der Interessen des Bewerbers ausgeübt worden wäre. Ebenso wie der Sonderkündigungsschutz zugunsten der schwerbehinderten Menschen nach den §§ 85- 90 SGB IX werden die Rechte aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nicht "von Amts wegen" gewährt. Es bleibt der Entscheidung des schwerbehinderten Menschen überlassen, die rechtlichen Wirkungen der Schwerbehinderteneigenschaft in Anspruch zu nehmen (BAG 7. März 2002 - 2 AZR 612/00 - NZA 2002, 1145). Deswegen muss ein schwerbehinderter Arbeitnehmer, wenn er sich den Sonderkündigungsschutz nach den §§ 85 SGB IX ff. erhalten will, nach Zugang der Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist, die das Bundesarbeitsgericht derzeit mit 3 Wochen bemisst, gegenüber dem Arbeitgeber seine bereits festgestellte oder beantragte Schwerbehinderteneigenschaft geltend machen (zuletzt BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Juris; BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 264/06 - AP SGB IX § 85 Nr. 5). 
Diese Erwägung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar. In seinem eigenen Interesse traf den Kläger die Obliegenheit, durch einen klaren Hinweis auf seine Schwerbehinderteneigenschaft die besonderen Pflichten des Arbeitgebers gegenüber schwerbehinderten Menschen auszulösen. Wohl in der Annahme, der deutliche Hinweis auf die Schwerbehinderteneigenschaft habe seinen zahlreichen Bewerbungen bislang den Erfolg versagt, hatte der Kläger im vorliegenden Fall den Hinweis auf seine Behinderung verklausuliert im Bewerbungsschreiben angebracht. Er hat damit in Kauf genommen, dass potentielle Arbeitgeber seine Bewerbung wie die eines nicht schwerbehinderten Menschen behandeln. Unter diesen Umständen kann der Kläger nicht fordern, der Arbeitgeber habe sich nach seiner Schwerbehinderteneigenschaft erkundigen müssen (ebenso ArbG Ulm 17. Dezember 2009 - 5 Ca 316/09 - Juris). 
e) Fehlt es somit an Indizien, die eine Benachteiligung wegen "Behinderung" vermuten lassen, so kommt es nicht mehr auf die Darstellung der Beklagten an, es hätten andere Gründe als die Behinderung des Klägers den Ausschlag für die Ablehnung seiner Bewerbung gegeben. Auch die Frage eines etwaigen Rechtsmissbrauch bedarf an sich keiner Erörterung mehr. Lediglich im Hinblick auf das ausführliche Vorbringen der Parteien zur Frage einer rechtsmissbräuchlichen Bewerbung (AGG-Hopping) merkt die Kammer an, dass im vorliegenden Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, der Kläger habe sich aus sachfremden Motiven beworben. In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass in einem Stellenbesetzungsverfahren nur derjenige benachteiligt werden kann, der sich subjektiv ernsthaft beworben hat. Die Vielzahl erfolgloser Bewerbungen allein lässt aber noch nicht darauf schließen, dass ein Bewerber nicht ernsthaft interessiert sei (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - NZA 2009, 1087). Im Streitfall deuten die zahlreichen Bewerbungen des Klägers nach Ablegung der Staatsprüfung am 17. September 2008 nicht auf eine mangelnde Ernsthaftigkeit, sondern im Gegenteil auf sein nachhaltiges Interesse hin, endlich eine adäquate Arbeitsstelle zu finden. 
Auch der Umstand, dass der Kläger in bislang 27 Fällen Entschädigungsansprüche gegenüber öffentlichen Arbeitgebern geltend gemacht hat, lässt für sich allein noch auf keinen Rechtsmissbrauch schließen. Der Kläger hatte sich seit der Ablegung der Staatsprüfung auf zahlreiche Stellen vergeblich beworben. Die vorgelegten Urteile des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 29. April 2010 (3 Ca 18/10) und des Arbeitsgerichts Mannheim vom 12. Juli 2010 (11 Ca 11/10) belegen, dass hierbei nicht alle öffentlichen Arbeitgeber trotz Kenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers ihre Pflichten gegenüber schwerbehinderten Bewerbern beachtet haben. Unter diesen Umständen ist es das Recht des Klägers, die ihm zustehenden Ansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz durchzusetzen. 
III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG (Erkundigungspflicht des Arbeitgebers). 
 

stats