BAG: Betriebliche Altersversorgung – Tarifvertrag – Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten bei der Bemessung der Ruhegeldhöhe
BAG, Urteil vom 10.10.2023 – 3 AZR 312/22
ECLI:DE:BAG:2023:101023.U.3AZR312.22.0
Volltext: BB-Online BBL2024-435-2
Orientierungssätze
1. Nach § 7 Abs. 3 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (aF, § 19 Abs. 1 BetrAVG in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung) kann in Tarifverträgen von den Vorschriften zur Berechnung einer Versorgungsanwartschaft (§§ 2, 2a BetrAVG) abgewichen und ein anderer als der gesetzliche Berechnungsmodus festgelegt werden. Demgegenüber ist eine Abweichung von der Unverfallbarkeitsbestimmung in § 1b BetrAVG durch Tarifvertrag ausgeschlossen. Könnten die Tarifvertragsparteien über die Unverfallbarkeit der Höhe nach (§ 2 BetrAVG) gänzlich frei verfügen, bestünde die Gefahr, die nicht tarifdispositive Unverfallbarkeit auszuhöhlen. Diesem Wertungswiderspruch ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die Tarifvertragsparteien den Wert der unverfallbaren Anwartschaft nicht in beliebiger Weise schmälern dürfen (Rn. 28).
2. Bei der Anwendung der Tariföffnungsklausel ist der Schutzzweck der – nicht tarifdispositiven – Regelung über die Unverfallbarkeit von Anwartschaften zu berücksichtigen und insbesondere sicherzustellen, dass ein Arbeitnehmer, dem eine betriebliche Altersversorgung zugesagt worden ist, bei vorzeitigem Ausscheiden keine Verluste erleidet, die ihn faktisch an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses hindern (Rn. 28).
3. Eine Tarifregelung, die es dem Arbeitnehmer bei feststehendem Beendigungstermin und Bestehen eines Abfindungsanspruchs einseitig ermöglicht, das Arbeitsverhältnis unter Freistellung fortzuführen, bis die Arbeitgeberin für die Weiterzahlung der Bezüge einschließlich der von ihr zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung sowie Beiträgen oder Umlagen zu einer Zusatzversorgungseinrichtung den Abfindungsbetrag aufgebraucht hat, und die weiter bestimmt, dass dieser Verlängerungszeitraum bei der Bemessung der Anwartschaftshöhe nicht als ruhegehaltsfähige Beschäftigungszeit anzusetzen ist, ist von der Tariföffnungsklausel in § 17 Abs. 3 BetrAVG aF bzw. § 19 Abs. 1 BetrAVG gedeckt. Der von § 1b BetrAVG verfolgte Schutzzweck ist durch eine solche Regelung nicht betroffen (Rn. 29).
Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Höhe der der Klägerin zustehenden Betriebsrente.
Die 1956 geborene Klägerin war seit dem 1. Januar 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin richtete sich aufgrund beiderseitiger Tarifbindung sowie kraft einzelvertraglicher Bezugnahme nach dem zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen und ab 1. Januar 2012 geltenden „Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der BARMER“ vom 23. August 2011 (nachfolgend MTV). Der MTV lautet auszugsweise:
„1.7
Beschäftigungszeit
(1) Beschäftigungszeit im Sinne der Nrn. 4.5, 4.8, 6.1, 6.2 und dem Tarifvertrag über die betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung sowie dem Tarifvertrag über Beihilfen in Krankheits- und Geburtsfällen ist die bei der Arbeitgeberin zurückgelegte ununterbrochene Beschäftigungs- und Ausbildungszeit.
Dies gilt ebenso für die Beschäftigungszeiten von Vorgängerkassen der Arbeitgeberin, die im Rahmen der Rechtsnachfolge als Beschäftigungszeiten der Arbeitgeberin gelten. Soweit Beschäftigungszeiten von Vorgängerkassen bereits anerkannt wurden, gelten diese ausschließlich im Rahmen ihrer Anerkennung als Beschäftigungszeit der Arbeitgeberin. Der Zeitraum der Beurlaubung gemäß Nr. 5.1 und 5.2 gilt nicht als Beschäftigungszeit im Sinne dieses Tarifvertrags.
…
4.2 Gehalt
(1) Beschäftigte erhalten ein monatliches Gehalt gemäß Anlage 1. …
…
5. Beurlaubung
5.1 Beurlaubung aus betrieblichen Gründen bis zum Eintritt des Versicherungs- oder Versorgungsfalles
(1) Stellt der Arbeitgeber fest, dass unkündbare Beschäftigte, die das 59. Lebensjahr vollendet haben, dauernd außerstande sind, die obliegenden Aufgaben in vollem Umfang zu erfüllen, und können andere ihrer Vergütungsgruppe entsprechende Tätigkeiten nicht übertragen werden, kann der Arbeitgeber die Beschäftigten nach Anhörung unter Mitwirkung der Personalvertretung und bei Einhaltung einer Auslauffrist von einem Jahr bis zum Eintritt des Versicherungs- oder Versorgungsfalles beurlauben.
…
(4) Bei einer Beurlaubung nach den Absätzen 1 bis 3 wird ein Übergangsgeld oder Gesamtruhegeld gemäß dem Tarifvertrag über die betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung (TV AltV) gewährt. …
…
5.2 Beurlaubung aus persönlichen Gründen bis zum Eintritt des Versicherungs- oder Versorgungsfalles
(1) Mit Beschäftigten, die das 55. Lebensjahr vollendet und eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach dem Tarifvertrag zur betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung erworben haben, kann auf schriftlichen Antrag der Beschäftigten im gegenseitigen Einvernehmen eine Beurlaubung und ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bis zum Eintritt des Versicherungs- oder Versorgungsfalles vereinbart werden. In dem Zeitraum der Beurlaubung ruhen alle gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsverhältnis endet am Vortage des Beginns einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder wegen Alters.
(2) Leistungen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach dem Tarifvertrag zur betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung erhalten Beschäftigte in einem solchen Fall ab dem Tag des Rentenbeginns mit der Maßgabe, dass der Zeitraum der Beurlaubung bei Anwendung des Tarifvertrags zur betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung keinerlei Berücksichtigung findet.
…
6 Ende des Arbeitsverhältnisses
…
6.3 Fortführung des Arbeitsverhältnisses bei Abfindungsansprüchen
(1) Haben Beschäftigte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf eine Abfindung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Tarifvertrags oder einer Dienstvereinbarung, können sie von der Arbeitgeberin verlangen, dass diese statt der Zahlung der Abfindung das Arbeitsverhältnis unter Freistellung von der Arbeitspflicht über den vorgesehenen Beendigungszeitpunkt hinaus fortführt. Während dieser Fortführung des Arbeitsverhältnisses besteht auf Seiten der Beschäftigten allein ein monatlicher Anspruch auf Bezüge in Höhe des vor dem vorgesehenen Beendigungszeitpunkt maßgeblichen Gehalts nach Nr. 4.2 bzw. einschließlich der persönlichen Zulagen nach Nr. 4.1 Absatz 2 und dem Tarifvertrag über die Eingruppierung. Bei einer Beendigung gemäß Absatz 2 im Laufe eines Kalendermonats besteht entsprechend der Restdauer des Arbeitsverhältnisses in diesem Kalendermonat ein anteiliger Anspruch auf Bezüge. Durch die Fortführung entstehende Urlaubsansprüche sind auf den Fortführungszeitraum anzurechnen.
(2) Das Arbeitsverhältnis endet spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem die Arbeitgeberin für die Weiterzahlung der Bezüge einschließlich der von ihr zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung sowie Beiträgen oder Umlagen zu einer Zusatzversorgungseinrichtung insgesamt einen Betrag aufgewendet hat, der der zu zahlenden Abfindung entsprochen hätte.
(3) Beschäftigte können das Arbeitsverhältnis zum Ende eines Kalendermonats kündigen. Sie erhalten dann den Teil der Abfindung, der durch die Weiterzahlung der Bezüge einschließlich der von der Arbeitgeberin zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung sowie Beiträgen oder Umlagen zu einer Zusatzversorgungseinrichtung nicht aufgebraucht ist.“
Die Ansprüche der Klägerin auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung richten sich nach Teil 3 des zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen, ab 1. Januar 2012 geltenden „Tarifvertrags über die betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung“ vom 16. Dezember 2011 (nachfolgend TV AltV). Er lautet auszugsweise wie folgt:
„Teil 3: Ehemalige Anlage 7 zum EKT
1 Geltungsbereich
(1) Dieser Teil 3 gilt für alle Beschäftigten gemäß Nr. 1.1 Absätze 1 und 2 MTV, deren betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung sich am 31. Dezember 2011 nach der Anlage 7 zum EKT gerichtet hat.
…
2 Anspruch auf betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung
(1) Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nach einer ununterbrochenen Beschäftigungszeit bei der BARMER GEK (einschließlich Ausbildungszeit) von mindestens zehn Jahren kraft Tarifautomatik gemäß Nr. 5.1, 5.2, 6.4 oder 6.5 MTV endet und die spätestens am Tage nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Altersrente als Vollrente oder eine Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, wird nach den Bestimmungen dieses Teils ein Ruhegeld gewährt.
…
…
(3) Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet, erhalten zum Ausgleich sämtlicher sowohl nach diesem Teil als auch nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gegen die BARMER GEK gerichteten Ansprüche ab dem Tag, ab dem ihnen eine Altersrente als Vollrente oder eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wird, ein Ruhegeld, wenn sie zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Voraussetzungen des § 1 b Absatz 1 i.V. mit § 30f BetrAVG erfüllen. Die Höhe dieses Ruhegeldes ist nach § 2 Absatz 1 i.V. mit Absatz 5 BetrAVG zu ermitteln, wobei das 65. Lebensjahr die feste Altersgrenze darstellt; die Regelungen des Absatzes 1 Unterabsatz 2 sowie die Nrn. 3 Unterabsatz 5, 4 Absatz 1 Satz 2, 6, 7, 14 und 15 Absatz 2 bis Nr. 16 gelten nicht. Im Übrigen gelten für die Zahlung dieses Ruhegeldes die Regelungen dieses Teils mit Ausnahme der Nr. 3 Absatz 2 und Nr. 4 Absatz 2 Unterabsatz 2 entsprechend.
…
3 Höhe des Ruhegeldes
(1) Das Ruhegeld beträgt für jedes volle Jahr der Beschäftigungszeit 0,34 v.H. des ruhegehaltsfähigen Bruttogehalts im Ausscheidungsmonat.
Wird das Ruhegeld vor Erreichen der in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Regelaltersrente vorgesehenen Altersgrenze in Anspruch genommen, ist es zu kürzen. Die Kürzung beträgt 0,3 v.H. für jeden Monat, für den das Ruhegeld vor dieser Altersgrenze in Anspruch genommen wird, höchstens jedoch 10,8 v.H.
Ruhegehaltsfähiges Bruttogehalt ist das Gehalt gem. Nr. 4.2 MTV, sonstige Gehaltsbezüge nur, wenn sie tarifvertraglich ausdrücklich als ruhegehaltsfähig bezeichnet sind. …
Die Dauer der Beschäftigungszeit ergibt sich aus der bei der BARMER GEK ununterbrochen bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgelegten Beschäftigungszeit (einschließlich Ausbildungszeit) sowie aus der gem. Nr. 1.7 MTV auf die betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung angerechneten Zeit. …
Tritt der Versorgungsfall vor der Vollendung des 60. Lebensjahres ein, wird die Dauer der Beschäftigungszeit gem. Unterabsatz 4 so berechnet, als wenn das Arbeitsverhältnis bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres bestanden hätte.
…
(3) Sonstige Versorgungsbezüge (vgl. aber § 5 Absatz 2 BetrAVG) werden insoweit auf das Ruhegeld angerechnet, als sie für Zeiträume gezahlt werden, die auf die Dauer der Beschäftigungszeit bei der BARMER GEK angerechnet worden sind. …
…
12 Rückstellungen und Gehaltskürzung
(1) Die BARMER GEK verpflichtet sich zur finanziellen Sicherstellung der Leistungen nach diesem Teil, Pensionsrückstellungen in Form von Rückdeckungsversicherungen vorzunehmen. Vorrangig wird hierzu die Gehaltskürzung nach Absatz 2 verwendet.
…
(2) Bei Beschäftigten gemäß Nr. 1.1 Absätze 1 und 2 MTV, die dem Geltungsbereich dieses Teils unterfallen, werden die monatlichen ruhegehaltsfähigen Bruttobezüge nach dem MTV und den geschlossenen Tarifverträgen auf 98,59 v.H. gekürzt. …
…
15 Besitzstandsregelung zur Nr. 3 Unterabsatz 1
(1) Abweichend von Nr. 3 Unterabsatz 1 beträgt das Ruhegeld für jedes bis zum 31. Dezember 2005 (Stichtag) zurückgelegte volle Jahr der Beschäftigungszeit 0,4 v.H. des ruhegehaltsfähigen Bruttogehalts im Ausscheidungsmonat. …“
Im Jahr 2014 führte die Beklagte eine umfassende Reorganisation ihrer Flächenstandorte (Projekt „aufbruch“) durch. Am 4./18. Dezember 2014 schlossen die Parteien eine Aufhebungsvereinbarung, die auszugsweise wie folgt lautet:
„1. Zwischen der Arbeitgeberin und der Arbeitnehmerin besteht Einvernehmen darüber, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen aus betrieblichen Gründen grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2014 endet.
2. Die Arbeitnehmerin erhält für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von € 85.157,44 brutto entsprechend Nr. 4.1 Abs. 2 und 3 des Tarifvertrags zur Begleitung des Projekts ‚aufbruch‘.
3. Gemäß Nr. 6.3 Manteltarifvertrag begehrt die Arbeitnehmerin statt Auszahlung der unter Punkt 2 vereinbarten Abfindung die Fortführung des Arbeitsverhältnisses über den vorgesehenen Beendigungszeitpunkt hinaus. Das Arbeitsverhältnis endet deshalb spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem die Arbeitgeberin für die Weiterzahlung der Bezüge einschließlich der von ihr zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung sowie Beiträgen oder Umlagen zu einer Zusatzversorgungseinrichtung insgesamt einen Betrag aufgewendet hat, der der zu zahlenden Abfindung entsprochen hätte. Dies ist der 31.05.2018. Bis zum Beendigungszeitpunkt wird die Arbeitnehmerin unter Anrechnung der bereits entstandenen bzw. noch entstehenden Urlaubsansprüche von der Arbeitsleistung freigestellt.“
Die Beklagte nahm zuletzt im Rahmen der Gehaltsabrechnung für den Monat Dezember 2014 eine Kürzung der monatlichen ruhegehaltsfähigen Bruttobezüge nach Teil 3 Nr. 12 Abs. 2 TV AltV vor.
Seit dem 1. Januar 2020 bezieht die Klägerin eine gesetzliche Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Ab dem 1. März 2020 zahlte die Beklagte an die Klägerin ein monatliches Ruhegeld nach dem TV AltV iHv. 146,04 Euro brutto. Bei der Berechnung der Betriebsrente berücksichtigte sie die Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2014 als Beschäftigungszeit iSd. TV AltV, nicht aber die Zeit der nach Nr. 6.3 MTV im Aufhebungsvertrag vereinbarten Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Mai 2018.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin zuletzt ein zusätzliches monatliches Ruhegeld iHv. 20,09 Euro für den Zeitraum von März 2020 bis Juni 2021 mit einem Gesamtbetrag iHv. 321,44 Euro verlangt sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihr ab Juli 2021 ein monatliches Ruhegeld iHv. 166,13 Euro brutto zu zahlen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung ihres Ruhegeldes sei auch die Zeit der nach Nr. 6.3 MTV vereinbarten Fortführung des Arbeitsverhältnisses vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Mai 2018 als ruhegehaltsfähige Beschäftigungszeit zu berücksichtigen. Daraus errechne sich ein um 20,09 Euro monatlich erhöhtes Ruhegeld. Beschäftigungszeit im Sinne des TV AltV sei nach Nr. 1.7 MTV und nach Teil 3 Nr. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 TV AltV die Zeit des Bestands des Arbeitsverhältnisses. Ein anderes Verständnis habe in den tarifvertraglichen Vorschriften keinen Niederschlag gefunden. Insbesondere gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Umwandlung der Abfindung in Bezüge nach Nr. 6.3 MTV Fragen der betrieblichen Altersversorgung geregelt seien und der Zeitraum nicht als Beschäftigungszeit gelte. Nr. 6.3 MTV treffe lediglich eine Regelung für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses und die Höhe der Bezüge während der Freistellung. Soweit bestimmte Zeiten als nicht ruhegehaltsfähig anzusehen seien, sei das – wie in Nr. 5.2 Abs. 2 MTV – in den tariflichen Regelungen ausdrücklich festgehalten. Zudem verweise Teil 3 Nr. 2 Abs. 3 TV AltV für die ihr zustehende unverfallbare Anwartschaft auf das BetrAVG.
Die Klägerin hat – soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse – zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 321,44 Euro brutto Ruhegelddifferenz für die Monate März 2020 bis Juni 2021 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 7. August 2021 zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab Juli 2021 ein Ruhegeld nach dem Tarifvertrag vom 16. Dezember 2011 über die betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder nach einer diesen Tarifvertrag ersetzenden Regelung in Höhe von monatlich 166,13 Euro brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat den Standpunkt eingenommen, der Zeitraum ab dem 1. Januar 2015 sei schon deshalb keine ruhegehaltsfähige Beschäftigungszeit, weil das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31. Dezember 2014 geendet habe. Mache ein Arbeitnehmer – wie die Klägerin – von der Option nach Nr. 6.3 MTV Gebrauch, werde ein neues Vertragsverhältnis eigener Art begründet. Jedenfalls ergebe die Auslegung der tariflichen Bestimmungen, dass in der Zeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses nach Nr. 6.3 MTV lediglich das Gehalt nach Nr. 4.2 MTV und die genannte persönliche Zulage zu zahlen seien, weitergehende Ansprüche durch die Fortführung hingegen nicht ausgelöst werden sollten, weil die Umwandlung der Abfindung in Beschäftigungszeit für die Beklagte kostenneutral erfolgen solle.
Das Arbeitsgericht hat der Klage – soweit noch streitgegenständlich – stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Aus den Gründen
12 Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage – soweit sie noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist – zu Recht abgewiesen. Diese ist zulässig, aber unbegründet.
13 I. Die Klage ist mit beiden Anträgen zulässig.
14 1. Mit dem Zahlungsantrag macht die Klägerin hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) die zwischen den Parteien noch streitige monatliche Ruhegelddifferenz zwischen 146,04 Euro und 166,13 Euro iHv. 20,09 Euro für den Zeitraum von März 2020 bis Juni 2021 – also für 16 Monate – mit einem Gesamtbetrag iHv. 321,44 Euro geltend.
15 2. Der Feststellungsantrag, mit dem die Klägerin – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt – abweichend vom Wortlaut ebenfalls nur die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des monatlichen Differenzbetrags iHv. 20,09 Euro verlangt, richtet sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO, nämlich den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten (vgl. BAG 20. Juni 2023 – 3 AZR 208/22 – Rn. 24). Da hierüber zwischen den Parteien Streit besteht, hat die Klägerin auch ein Interesse an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung (vgl. BAG 25. Januar 2022 – 3 AZR 406/21 – Rn. 25). Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht nicht entgegen, weil durch die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen den Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 25. Januar 2022 – 3 AZR 406/21 – Rn. 26). Es bestand auch kein Zwang, für die im Verlaufe des Verfahrens fällig werdenden monatlichen Ruhegeldansprüche zu einer Leistungsklage überzugehen (vgl. BAG 12. März 2019 – 1 AZR 307/17 – Rn. 18; 23. September 2014 – 9 AZR 827/12 – Rn. 13 mwN).
16 II. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines um 20,09 Euro brutto erhöhten monatlichen Ruhegeldes.
17 1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Zeit der auf Grundlage von Nr. 6.3 MTV im Aufhebungsvertrag der Parteien vereinbarten Fortführung des Arbeitsverhältnisses vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Mai 2018 nicht als ruhegehaltsfähige Beschäftigungszeit zu berücksichtigen ist.
18 a) Nach Teil 3 Nr. 3 Abs. 1 TV AltV beträgt das Ruhegeld für jedes volle Jahr der Beschäftigungszeit 0,34 vH des ruhegehaltsfähigen Bruttogehalts im Ausscheidungsmonat bzw. für Zeiten bis zum 31. Dezember 2005 nach Teil 3 Nr. 15 Abs. 1 TV AltV 0,4 vH je volles Jahr der Beschäftigung. Die Dauer der Beschäftigungszeit ergibt sich nach Teil 3 Nr. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 TV AltV aus der bei der Beklagten „ununterbrochen bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgelegten Beschäftigungszeit (einschließlich Ausbildungszeit) sowie aus der gem. Nr. 1.7 MTV auf die betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung angerechneten Zeit“. Nr. 1.7 Abs. 1 MTV wiederum definiert als Beschäftigungszeit im Sinne des TV AltV ebenfalls die bei der Beklagten zurückgelegte ununterbrochene Beschäftigungs- und Ausbildungszeit, wobei der Zeitraum der Beurlaubung gemäß Nr. 5.1 und 5.2 MTV nicht als Beschäftigungszeit gilt. Nr. 1.7 Abs. 2 und 3 MTV enthalten Anrechnungsregelungen für Wehrdienstzeiten oä. und Beschäftigungszeiten bei anderen gesetzlichen Krankenkassen. Nach den tariflichen Regelungen kommt es daher für die Frage, ob ruhegehaltsfähige Beschäftigungszeit iSv. Teil 3 Nr. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 TV AltV vorliegt, grundsätzlich auf den ununterbrochenen rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses an.
19 b) Die Zeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Mai 2018 ist – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht bereits deshalb als nicht ruhegehaltsfähig anzusehen, weil das ursprüngliche Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31. Dezember 2014 beendet und aufgrund ihres Fortführungsverlangens nach Nr. 6.3 MTV ein neues Arbeitsverhältnis „eigener Art“ begründet worden wäre. Das ist nicht der Fall. Nach Nr. 6.3 Abs. 1 Satz 1 MTV kann der Arbeitnehmer, der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Abfindungsanspruch aufgrund eines Tarifvertrags oder einer Dienstvereinbarung hat, verlangen, dass die Arbeitgeberin statt der Zahlung der Abfindung „das Arbeitsverhältnis“ unter Freistellung von der Arbeitspflicht „über den vorgesehenen Beendigungszeitpunkt hinaus fortführt“. Danach wird – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – bei einem Verlangen des Arbeitnehmers nach Nr. 6.3 Abs. 1 MTV das ursprüngliche Arbeitsverhältnis über den eigentlich vorgesehenen Endzeitpunkt hinaus fortgeführt. Genau das haben die Parteien in Nr. 3 Satz 2 des Aufhebungsvertrags vom 18. Dezember 2014 vereinbart. Insoweit erhebt die Beklagte im Revisionsverfahren auch keine Einwände.
20 c) Gleichwohl ist die Zeit einer Fortführung des Arbeitsverhältnisses bei einem Verlangen des Arbeitnehmers nach Nr. 6.3 MTV keine ruhegeldfähige Beschäftigungszeit iSv. Teil 3 Nr. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 TV AltV, Nr. 1.7 Abs. 1 MTV. Das ergibt die an Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Systematik des MTV und des TV AltV orientierte Auslegung der tariflichen Regelungen (vgl. zu den Grundsätzen der Tarifauslegung die st. Rspr., zB BAG 13. Oktober 2021 – 4 AZR 365/20 – Rn. 21 mwN).
21 aa) Der Wortlaut der genannten tariflichen Bestimmungen lässt zwar ein Verständnis zu, den Zeitraum der Fortführung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Verlangens des Arbeitnehmers nach Nr. 6.3 MTV als ruhegeldfähig anzusehen. Die Fortsetzung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses nach Nr. 6.3 Abs. 1 MTV hat einen späteren „Ausscheidungsmonat“ (vgl. Teil 3 Nr. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 TV AltV) und damit eine verlängerte „ununterbrochene Beschäftigungszeit“ (vgl. Teil 3 Nr. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 TV AltV iVm. Nr. 1.7 Abs. 1 MTV) zur Folge. Andererseits enthält der Wortlaut von Nr. 6.3 Abs. 1 Satz 2 MTV iVm. Nr. 6.3 Abs. 2 MTV erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass die Ausübung der Fortführungsoption durch den ausscheidenden Arbeitnehmer keine zusätzlichen Ruhegeldansprüche auslösen soll. Nach Nr. 6.3 Abs. 1 Satz 2 MTV besteht während der Fortführung des Arbeitsverhältnisses auf Seiten der Beschäftigten „allein“ ein monatlicher Anspruch auf Bezüge in Höhe des vor dem vorgesehenen Beendigungszeitpunkt maßgeblichen Gehalts nach Nr. 4.2 MTV ggf. einschließlich der persönlichen Zulagen. Nach Nr. 6.3 Abs. 2 MTV endet das Arbeitsverhältnis zu dem Zeitpunkt, in dem die Arbeitgeberin für die Weiterzahlung der („alleinigen“ iSv. Nr. 6.3 Abs. 1 Satz 2 MTV) Bezüge einschließlich der von ihr zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung sowie Beiträgen oder Umlagen zu einer Zusatzversorgungseinrichtung „insgesamt“ einen Betrag aufgewendet hat, der der zu zahlenden Abfindung entsprochen hätte. Das macht deutlich, dass sich die wirtschaftliche Belastung der Arbeitgeberin bei einer (vom Arbeitnehmer verlangten) Fortführung des Arbeitsverhältnisses nach Nr. 6.3 MTV im Verhältnis zum ursprünglichen Beendigungstermin nebst Abfindungszahlung nicht erhöhen sollte. Sichergestellt wird dies durch die Errechnung zusätzlicher Beschäftigungszeit, die im Wege der Umlage der „allein“ zu zahlenden bisherigen Bezüge (inkl. Arbeitgeberbeiträgen und ggf. Umlagen zu einer Zusatzversorgungseinrichtung) „insgesamt“ auf den geschuldeten Abfindungsbetrag erfolgt. Das spricht dagegen, den Fortführungszeitraum nach Nr. 6.3 MTV als ruhegehaltsfähige Beschäftigungszeit zu betrachten.
22 bb) Dieser im Tarifwortlaut verankerte Regelungsinhalt entspricht dem Zweck der Fortführungsoption gemäß Nr. 6.3 MTV. Dieser besteht darin, dem von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses betroffenen Arbeitnehmer die Möglichkeit einzuräumen, anstelle der beanspruchten Abfindung das Arbeitsverhältnis – bei gleichzeitiger Freistellung – durch eine für den Arbeitgeber kostenneutrale Umwandlung des Abfindungsbetrags in zusätzliche Beschäftigungszeit zu verlängern. Die durch die Kostenneutralität geprägte Zweckrichtung verdeutlicht insbesondere die in Nr. 6.3 Abs. 3 Satz 2 MTV geregelte Umrechnungsmodalität, bei der auch Entgeltnebenkosten wie Arbeitgeberbeiträge zu einer etwaigen Zusatzversorgung und zur Sozialversicherung zu berücksichtigen sind. Diesem Regelungszweck stünde es entgegen, der Fortführung kostenerhöhende betriebsrentenrechtliche Auswirkungen zuzuschreiben.
23 cc) Tarifsystematische Erwägungen bestätigen dieses Verständnis.
24 (1) Mit der unter Nr. 6 MTV im Abschnitt „Ende des Arbeitsverhältnisses“ aufgenommenen Regelung in Nr. 6.3 MTV haben die Tarifparteien eine abschließende Sonderregelung zu den Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Bestehen eines (tariflichen oder in einer Dienstvereinbarung geregelten) Abfindungsanspruchs geschaffen, mit der die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen der ermöglichten Fortführung durch eine festgelegte Gehaltszahlung und „Umrechnung“ des Abfindungsanspruchs in zusätzliche Beschäftigungszeit abschließend geregelt sind. Die Sonderregelung geht im Grundsatz davon aus, dass der wirtschaftlich relevante Beendigungszeitpunkt der Zeitpunkt des eigentlichen Ausscheidens ist; nicht ausdrücklich angesprochene tarifliche Ansprüche sollen von der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht betroffen sein. Die Tarifparteien haben die Zeit der Fortführung nach Nr. 6.3 MTV daher nicht als Beschäftigungszeit im – außerhalb der Sonderregelung relevanten – sonstigen tariflichen Sinne angesehen. Das wird daran deutlich, dass lediglich für unabdingbare Urlaubsansprüche eine Anrechnung vorgesehen ist. Der Annahme, dass die Zeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses nach Nr. 6.3 MTV nicht als ruhegehaltsfähige Beschäftigungszeit anzusehen ist, steht – entgegen der Ansicht der Klägerin – daher aus tarifsystematischer Sicht auch nicht entgegen, dass der MTV an anderer Stelle (vgl. etwa Nr. 5.2 Abs. 2 MTV im Hinblick auf Leistungen nach dem TV AltV bzw. – allgemeiner – Nr. 1.7 Abs. 1 Satz 4 MTV) bestimmte Zeiten ausdrücklich nicht als Beschäftigungszeit bezeichnet, eine entsprechende Regelung in Nr. 6.3 MTV für Ruhegeldansprüche aber fehlt. Das ist vielmehr dem Umstand geschuldet, dass Nr. 6.3 MTV die Rechtsfolgen des tariflichen Sonderfalls der Fortführung aufgrund eines entsprechenden arbeitnehmerseitigen Verlangens abschließend positiv regelt.
25 (2) Für diese Lesart spricht in systematischer Hinsicht ferner, dass die Tarifvertragsparteien für die Zeit der Fortführung nach Nr. 6.3 Abs. 1 Satz 2 MTV die Höhe des im Fortführungszeitraum zu zahlenden Gehalts abschließend nach Nr. 4.2 MTV einschließlich persönlicher Zulagen festgelegt haben, ohne die Kürzung der monatlichen ruhegehaltsfähigen Bruttobezüge auf 98,59 vH nach Teil 3 Nr. 12 Abs. 2 TV AltV zu erwähnen. Hätten sie beabsichtigt, die Zeit der Fortführung nach Nr. 6.3 MTV als betriebsrentenrechtlich relevante Beschäftigungszeit anzusehen, hätte es nahegelegen, bei der Bemessung des zu zahlenden Gehalts die Kürzung, die nach Teil 3 Nr. 12 Abs. 1 Satz 2 TV AltV der Finanzierung der Pensionsrückstellungen der Arbeitgeberin in Form von Rückdeckungsversicherungen dient, zu berücksichtigen. Selbst dann, wenn man – mit der Klägerin – unterstellte, dass Nr. 6.3 Abs. 1 Satz 2 MTV bei der „alleinigen“ Zahlung des Gehalts iSv. Nr. 4.2 MTV eine Kürzung nach Teil 3 Nr. 12 Abs. 2 TV AltV nicht ausschließt, hätte jedenfalls eine ausdrückliche Regelung dazu nahegelegen, ob und ggf. wie sich die Kürzung bei der Umlage des Abfindungsbetrags in Beschäftigungszeit nach Nr. 6.3 Abs. 2 MTV auswirkt. Daran fehlt es jedoch.
26 dd) Diesem Auslegungsergebnis steht – anders als von der Klägerin mit der Revision vertreten – nicht entgegen, dass die Tarifvertragsparteien in Teil 3 Nr. 2 Abs. 3 Satz 2 TV AltV festgelegt haben, die Höhe des Ruhegeldes für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls endet und die die Voraussetzungen für eine unverfallbare Anwartschaft erfüllen, sei „nach § 2 Absatz 1 i.V. mit Absatz 5 BetrAVG“ zu ermitteln, wobei das 65. Lebensjahr die feste Altersgrenze darstelle. Damit haben die Tarifvertragsparteien für die Berechnung der Höhe der Anwartschaft und die für die Altersversorgung relevante Beschäftigungszeit nicht abschließend – und etwa auch im Fall der befristeten Fortführung nach Nr. 6.3 MTV – auf die Zeit des Bestehens des Arbeitsverhältnisses abgestellt. Vielmehr enthalten die Regelungen zur Festlegung der für die Berechnung zugrunde zu legenden Beschäftigungszeit im TV AltV und im MTV an verschiedenen Stellen wechselseitige Bezüge (vgl. etwa Teil 3 Nr. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 TV AltV, Nr. 1.7 Abs. 1, Nr. 5.2 Abs. 2 MTV), aus denen sich jeweils Besonderheiten für die anzusetzende Beschäftigungszeit ergeben können. Eine solche Sonderregelung enthält auch Nr. 6.3 MTV.
27 2. Der Ausschluss der Zeiten einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Nr. 6.3 MTV von der für die Berechnung des Ruhegeldes zu berücksichtigenden Beschäftigungszeit iSv. Teil 3 Nr. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 TV AltV, Nr. 1.7 Abs. 1 MTV verstößt nicht gegen § 1b BetrAVG.
28 a) § 17 Abs. 3 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (aF, nunmehr § 19 Abs. 1 BetrAVG in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung) erlaubt es den Tarifvertragsparteien, von den Vorschriften zur Berechnung der Anwartschaft (§§ 2, 2a BetrAVG) abzuweichen und einen anderen Berechnungsmodus als den gesetzlich vorgesehenen zu vereinbaren. Demgegenüber ist eine Abweichung von der Unverfallbarkeitsbestimmung in § 1b BetrAVG auch durch tarifvertragliche Regelung ausgeschlossen. Das kann einen Wertungswiderspruch zur Folge haben, wenn die Tarifparteien über die Unverfallbarkeit der Höhe nach (§ 2 BetrAVG) gänzlich frei verfügen könnten. Denn dadurch wäre es möglich, die nicht tarifdispositive Unverfallbarkeit dem Grunde nach auszuhöhlen, indem etwa die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft sehr gering bemessen wird. Diesem Umstand ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die Tarifvertragsparteien den Wert der unverfallbaren Anwartschaft nicht in beliebiger Weise schmälern dürfen (vgl. BVerfG 15. Juli 1998 – 1 BvR 1554/89 ua. – zu C II 3 f der Gründe, BVerfGE 98, 365; vgl. auch Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs BetrAVG 8. Aufl. § 19 Rn. 15; Höfer/Höfer Bd. I Stand März 2023 § 19 Rn. 11; ErfK/Steinmeyer 23. Aufl. BetrAVG § 19 Rn. 2). Bei der Anwendung der Tariföffnungsklausel ist insbesondere der Schutzzweck der Regelung über die Unverfallbarkeit von Anwartschaften zu berücksichtigen. Diese trägt dem Umstand Rechnung, dass die vom Arbeitnehmer in Erwartung der Versorgungsleistung erbrachte Betriebszugehörigkeit und Arbeitsleistung nicht entschädigungslos bleiben dürfen, wenn seine Teilleistung einen bestimmten Umfang erreicht hat (vgl. BT-Drs. 7/1281 S. 19 f.; BAG 19. April 2005 – 3 AZR 469/04 – zu 3 b der Gründe). Sie schützt den Arbeitnehmer – im Einklang mit Art. 12 Abs. 1 GG – vor einem Verfall von betrieblichen Versorgungsanwartschaften, soweit dadurch die freie Wahl eines anderen Arbeitsplatzes in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt würde (vgl. BVerfG 15. Juli 1998 – 1 BvR 1554/89 ua. – zu C III 1 d der Gründe, aaO; Höfer/Höfer aaO). Bei der Anwendung der Tariföffnungsklausel ist deshalb sicherzustellen, dass ein Arbeitnehmer, dem eine betriebliche Altersversorgung zugesagt worden ist, bei vorzeitigem Ausscheiden keine Verluste erleidet, die ihn faktisch an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses hindern.
29 b) Danach ist die vorliegende tarifliche Regelung von der Tariföffnungsklausel in § 17 Abs. 3 BetrAVG aF bzw. § 19 Abs. 1 BetrAVG in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung gedeckt. Durch die Regelung, nach der der Zeitraum der Fortführung nach Nr. 6.3 MTV bei der Bemessung der Anwartschaftshöhe nicht als ruhegehaltsfähige Beschäftigungszeit anzusetzen ist, ist § 1b BetrAVG nicht betroffen. Auch der in § 2 Abs. 1 BetrAVG festgelegte Berechnungsmodus an sich wird nicht verändert, wenn die Zeit der Fortführung nach Nr. 6.3 MTV nicht als zu berücksichtigende Beschäftigungszeit angesehen wird. Denn für die Berechnung der Höhe der Anwartschaft ausgehend vom Zeitpunkt des „eigentlichen“ Ausscheidens – im Streitfall der 31. Dezember 2014 – regelt der TV AltV keine von § 2 BetrAVG abweichende Methode. Eine Abweichung vom Gesetz liegt allerdings darin, dass die Dauer der Betriebszugehörigkeit bzw. der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Abweichung von § 2 Abs. 1 BetrAVG festgelegt wird, weil es beim Zeitwertfaktor nach § 2 Abs. 1 BetrAVG grundsätzlich auf die gesamte Beschäftigungszeit seit Beginn des Arbeitsverhältnisses ankommt (vgl. BAG 20. November 2001 – 3 AZR 28/01 – zu II 2 e der Gründe). Diese nach § 17 Abs. 3 BetrAVG aF bzw. § 19 Abs. 1 BetrAVG ausdrücklich zulässige Abweichung von § 2 BetrAVG ist jedoch auch im Hinblick auf die oben beschriebene „Aushöhlungsgefahr“ zulässig, weil der von § 1b BetrAVG verfolgte Schutzzweck durch die vorliegende Regelung nicht betroffen ist. Die in Nr. 6.3 MTV zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer geregelte Option einer befristeten Fortführung des Arbeitsverhältnisses an Stelle einer Abfindungszahlung schränkt die freie Wahl eines anderen Arbeitsplatzes schon deshalb nicht ein, weil der eigentliche Ausscheidenszeitpunkt feststeht und dem Arbeitnehmer bezogen hierauf durch die Ausübung der Fortführungsoption nichts genommen, sondern nur eine zusätzliche Gestaltung bezogen auf das Ausscheiden durch Fortführung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht wird. Ohne die Option hätte die berücksichtigungsfähige Beschäftigungszeit ebenfalls nur bis zum ursprünglichen Ausscheidenstermin gedauert. Schon aus diesem Grund liegt im konkreten Streitfall keine unverhältnismäßige Schmälerung der Anwartschaft der Klägerin vor.
30 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.