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Arbeitsrecht
23.02.2023
Arbeitsrecht
BAG: Betriebliche Altersversorgung – Tarifauslegung – Energiekostenrabatt

BAG, Urteil vom 15.11.2022 – 3 AZR 457/21

ECLI:DE:BAG:2022:151122.U.3AZR457.21.0

Volltext: BB-Online BBL2023-499-2

Orientierungssätze

1. Die Tarifbestimmung in § 5 Abs. 2 S. 1 TV-SR ist dahin auszulegen, dass sie den von der Arbeitgeberin gewährten Energiekostenrabatt als „gewährte betriebliche Sozialleistung“ in diesem Sinne erfasst und damit für zum Stichtag bestehende Arbeitsverhältnisse als Anspruch aus einem Tarifvertrag auch für Betriebsrentner fortführt (Rn. 21).

2. Der Rabatt ist den Arbeitnehmern auch dann zu gewähren, wenn sie nach dem Stichtag in den Ruhestand treten, da der Energiekostenrabatt nicht nur während des aktiven Arbeitsverhältnisses, sondern auch im Ruhestand gewährt wurde (Rn. 21).

3. Die Tarifnorm unterscheidet nicht danach, ob die Arbeitnehmer von der Spaltung unmittelbar betroffen sind und den Arbeitgeber im Rahmen der Spaltung etwa aufgrund Betriebsübergangs nach § 324 UmwG i. V. m. § 613a Abs. 1 S. 1 BGB wechseln (Rn. 24 ff.).

4. Aus dem Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips folgt, dass tarifliche Regelungen, die Ansprüche ausschließen oder einschränken, dies hinreichend erkennbar und eindeutig im Tarifvertrag regeln müssen. Der Arbeitnehmer muss klar erkennen können, in welcher Höhe er oder seine Angehörigen im Versorgungs-fall Leistungen zu erwarten haben, um etwaige Versorgungslücken schließen zu können (Rn. 36).

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin mit dem Beginn des Ruhestands einen Rabatt auf die Kosten der Gas- und Stromlieferungen (Energiekostenrabatt) iHv. 25 vH statt 15 vH zu gewähren.

Die Klägerin wurde zum 1. März 1975 von der vormals als Wuppertaler Stadtwerke AG firmierenden Beklagten als kaufmännische Angestellte eingestellt. § 2 des Arbeitsvertrags hat folgenden Inhalt:

„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT), des Bezirks-Zusatztarifvertrages hierzu (BZT/A/NRW) und der diese Tarifverträge ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung. Daneben finden die für Angestellte des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge und betrieblichen Vereinbarungen Anwendung.“

Grundlage des gewährten Energiekostenrabatts bei der Beklagten war eine Verfügung ihres Vorstands vom 26. September 1975 (im Folgenden Verfügung). Sie hat auszugsweise folgenden Inhalt:

„Neufassung der Verfügung Nr. 5 vom 2.6.1966 vom 26.9.1975

Betrifft: Werkstarif

0       Bezugsberechtigte

00    Für den gemessenen Haushaltsbezug von elektrischer Energie und Gas wird auf Antrag eine Ermäßigung eingeräumt:

000     vollbeschäftigten Betriebsangehörigen,

001     ehemaligen Betriebsangehörigen,

002     Witwen ehemaliger Betriebsangehöriger für die Dauer des Witwenstandes,

…      

1       Voraussetzungen für die Gewährung des Werkstarifs sind:

10    der eigene Haushalt,

11    die ununterbrochene Beschäftigungszeit bei den WSW/BEV bzw. – vor dem 1.4.1948 – den Städt. Werken Wuppertal der

110     Betriebsangehörigen von mindestens 6 Monaten,

111     ehemaligen Betriebsangehörigen von mindestens 5 Jahren bis zu ihrer Inruhesetzung,

12    der Bestand der Ehe während der aktiven Betriebszugehörigkeit des verstorbenen Ehemannes.

…      

3       Wohnen außerhalb des Versorgungsbereichs der WSW

Bezugsberechtigte, die nicht im Versorgungsbereich der WSW wohnen, erhalten – sofern ihr Verbrauch an elektrischer Energie und Gas von ihrem Versorgungsunternehmen im Währungsgebiet der Deutschen Mark zu einem höheren Preis abgerechnet wird, als er nach dem Werkstarif zur Verrechnung kommen würde – den Unterschiedsbetrag zwischen dem von ihnen bezahlten Rechnungsbetrag und dem nach dem Werkstarif zu verrechnenden Betrag erstattet.

…      

5       Tarife

Ab 1.1.1976 erhalten die Bezugsberechtigten 25 % Rabatt auf die allgemeinen Tarife für die Versorgung mit elektrischer Energie und Gas sowie auf Sondervertragspreise für Raumheizung und sonstigen Haushaltsbedarf.

6       Besitzstand

Hinsichtlich der auf dieser Verfügung beruhenden Ansprüche wird kein Besitzstand begründet.

7       Kündigung

Der Anspruch auf Werkstarif kann – auch mit Wirkung gegenüber ehemaligen Betriebsangehörigen – unter Aufheben oder Ändern dieser Verfügung mit einer Frist von 3 Monaten zum jeweiligen Jahresende gekündigt werden.“

Im Zuge der Umstrukturierung der Beklagten ab 2006 wurde eine Abspaltung mehrerer Betriebsteile gemäß § 123 UmwG durchgeführt. Der Betriebsteil „Shared Services“ wurde auf die WSW Wuppertaler Stadtwerke GmbH, der Betriebsteil „Verkehr“ auf die WSW mobil GmbH übertragen. Im Spaltungsvertrag war der 1. Januar 2007 als Spaltungsstichtag festgelegt. Die Beklagte sollte nach der Umstrukturierung fortbestehen. Am 10. November 2006 schlossen die Beklagte und die Gewerkschaft ver.di einen Tarifvertrag zur Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der WSW-Unternehmensgruppe (im Folgenden TV-SR). Dieser bestimmt ua.:

„Präambel

Die Wuppertaler Stadtwerke AG, ein einheitliches und sich mehrheitlich im Eigentum der Stadt Wuppertal befindliches Versorgungs- und Verkehrsunternehmen, wird durch eine grundlegende Umstrukturierung in mehrere Unternehmen geteilt. Dieser Tarifvertrag wird zur Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb der WSW-Unternehmensgruppe abgeschlossen.

§ 1                       Geltungsbereich

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten der diesen Tarifvertrag abschließenden oder beitretenden Unternehmen, sofern der Geltungsbereich für einzelne Regelungen dieses Tarifvertrages nachstehend nicht abweichend festgelegt wird.

(2) Der § 4 I dieses Tarifvertrages gilt nur für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß § 2 III.

(3) Der Tarifvertrag bindet und verpflichtet die ihn abschließenden und die ihm beitretenden Unternehmen und Parteien.

§ 2                       Definitionen

(1) Der Begriff ‚WSW-Unternehmensgruppe‘ im Sinne dieses Tarifvertrags meint folgende bestehende, sich in Gründung befindliche bzw. zu gründende Unternehmen:

– WSW Holding GmbH (Arbeitstitel),

– WSW Verkehr GmbH (Arbeitstitel),

– Wuppertaler Stadtwerke AG und die

– WSW Netz GmbH.

(2) ,Stichtag‘ im Sinne dieses Tarifvertrages ist:

–       für die WSW Holding GmbH und die WSW Verkehr GmbH der Tag, an dem die ersten Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Wuppertaler Stadtwerke AG durch Betriebsübergang auf eines der beiden Unternehmen übergehen.

–       für die Wuppertaler Stadtwerke AG der Tag, auf den der spätere der beiden oben genannten Stichtage fällt.

(3) Der Begriff ,heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer‘ im Sinne dieses Tarifvertrags meint alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, die

–       am jeweiligen Stichtag in einem Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe stehen werden und

–       am Vortag des oben genannten Stichtages in einem Arbeitsverhältnis mit der Wuppertaler Stadtwerke AG standen.

Die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sind ausgeschlossen.

§ 3                       Tarifbindung

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe führen die bei der Wuppertaler Stadtwerke AG am Vortag des Stichtages geltenden Tarifverträge – ausdrücklich einschließlich des Tarifvertrages ‚Tarifvertrag vom 17. Januar 2005 zur Einführung des TV-V bei der Wuppertaler Stadtwerke AG (WSW AG)‘ – in ihrer jeweils gültigen Fassung weiter und erklären ihren Willen, den Abschluss identischer Tarifverträge beim Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen zu beantragen. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) erklärt sich schon jetzt zum Abschluss dieser Tarifverträge bereit.

(2) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe werden die Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen beantragen, sofern dadurch die Regelungen in Absatz 1 keine Einschränkungen erfahren.

§ 4                       Kündigungsschutz

(1) Der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen ist gegenüber allen heutigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bis zum 31.12.2020 unzulässig. …

…      

§ 5                       Materielle Sicherung

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe treten zum Stichtag in die am Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG bestehenden und im Zuge des Betriebsübergangs jeweils auf die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe übergegangenen Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse ein. Im Zuge des jeweiligen Betriebsübergangs wird keine Veränderung der Eingruppierung und Einstufung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und keine Streichung von Entgeltbestandteilen und auch keine andere Veränderung des derzeitigen Entgelts vorgenommen.

(2) Die zum Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG gewährten betrieblichen Sozialleistungen werden für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortgeführt. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die erst nach dem Stichtag ihr Arbeitsverhältnis bei den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe beginnen, werden die bis zum Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG gewährten betrieblichen Sozialleistungen bis zu einer Neuregelung in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortgeführt.

§ 6                       Immaterielle Sicherung

Im Zuge des jeweiligen Betriebsübergangs wird keine Veränderung des Tätigkeitsbereichs, des Arbeitsinhaltes und des Arbeitsortes der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgenommen. Eventuelle spätere Veränderungen in den vorgenannten Bereichen erfolgen auf der Grundlage der dann in dem jeweiligen Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe geltenden Regelwerke.

§ 7                       Betriebsvereinbarungen

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe treten in die am Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG geltenden Betriebsvereinbarungen ein.

…      

§ 8                       Zusatzversorgung

Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe werden die Ansprüche aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß § 18 TV-V, auf Versicherung unter eigener Beteiligung zum Zwecke einer zusätzlichen Altersvorsorge nach Maßgabe des Tarifvertrages über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes – Altersvorsorge-TV-Kommunal – (ATV-K) oder des Tarifvertrages über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung – ATV) in ihrer jeweils geltenden Fassung, erfüllen.

§ 9                       Weiterbildung

Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der WSW-Unternehmensgruppe haben Anspruch auf ein jährlich stattfindendes Gespräch mit dem Arbeitgeber, …

§ 10                     Standortsicherung

…      

(2) Geben die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe dennoch im Zuge von regionalen Kooperationen eine ihrer am Vortag des Stichtages existierenden Betriebsstätten oder Funktionen auf, so werden folgende Maßgaben eingehalten:

(a) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe wirken darauf hin, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der WSW-Unternehmensgruppe, deren Stellen bei einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortfallen, weil ein Kooperationspartner auf Basis eines Geschäftsbesorgungsvertrages Aufgaben oder Geschäftsfelder ganz oder zum Teil für ein Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe wahrnimmt und die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer infolgedessen in ein Arbeitsverhältnis bei dem Kooperationspartner eintritt,

…      

§ 11                     Zurückgelegte Zeiten im Arbeitsverhältnis

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe werden bei der Anwendung des § 4 TV-V die bei der Wuppertaler Stadtwerke AG in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit als bei dem jeweiligen Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit betrachten.

…      

§ 12                     Inkrafttreten und Kündigung

(1) Dieser Tarifvertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung des Abschlusses der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung der Umstrukturierung der Wuppertaler Stadtwerke AG durch Aufteilung der bisherigen Unternehmensteile auf die verschiedenen Gesellschaften der WSW-Unternehmensgruppe. Für den Fall des Eintritts der aufschiebenden Bedingung tritt dieser Tarifvertrag mit Unterzeichnung durch die vertragsschließenden Parteien in Kraft.

(2) Dieser Tarifvertrag kann mit einer Frist von drei Kalendermonaten zum Schluss eines Kalenderjahres schriftlich gekündigt werden.

(3) Abweichend von Absatz 2 kann § 4 dieses Tarifvertrags frühestens zum 31.12.2020 ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist schriftlich gekündigt werden.“

Am 24. September 2007 beschloss der Vorstand der Beklagten, dass künftig neue Mitarbeiter, die nach dem 1. Oktober 2007 angestellt würden, sowie alle Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30. September 2007 ende, und die anschließend in den Ruhestand wechseln, Energiekostenrabatte iHv. 15 vH erhalten, und dies auch nur, soweit Energielieferungsverträge mit der WSW-Unternehmensgruppe bestünden. Nach dem Beschluss sollte die Neuregelung zum 1. März 2008 erfolgen, soweit nicht die mit den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bestehenden Energiebezugsverträge bereits zu einem früheren Zeitpunkt endeten.

Die Spaltung wurde im September 2007 ins Handelsregister eingetragen. Die Gesellschaften übernahmen zum 1. Oktober 2007 die tatsächliche Leitungsmacht über die ihnen zugeordneten Bereiche. Die entsprechend zugeordneten Arbeitsverhältnisse gingen im Wege des Betriebsübergangs auf die neuen Arbeitgeber über.

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde nicht von einem Betriebsübergang erfasst und bestand mit der Beklagten fort. Sie schied mit Ablauf des 31. Mai 2015 aus dem Arbeitsverhältnis aus und befindet sich seitdem im Ruhestand. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährte ihr die Beklagte einen Energiekostenrabatt iHv. 25 vH, seit dem Rentenbeginn nur noch iHv. 15 vH.

Am 22. Oktober 2015 schlossen die Beklagte und weitere Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe mit der Gewerkschaft ver.di einen „Änderungs-Tarifvertrag zum Tarifvertrag zur Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der WSW-Unternehmensgruppe“ (im Folgenden ÄTV-SR). In § 2 Abs. 2 ÄTV-SR wurde als Stichtag im Sinne des Tarifvertrags der 1. Januar 2007 festgelegt. Der Begriff „Unternehmensgruppe“ in § 2 Abs. 1 ÄTV-SR wurde neu definiert; die zuvor mit Arbeitstiteln benannten Unternehmen wurden mit den zutreffenden Firmennamen bezeichnet. Die Tarifbindung in § 3 ÄTV-SR wurde konkretisiert; der Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen in § 4 TV-SR in zeitlicher Hinsicht ausgeweitet. § 5 Abs. 2 ÄTV-SR erhielt einen Zusatz für die ab dem 1. Januar 2012 eingestellten oder übergegangenen Arbeitsverhältnisse.

§ 5 ÄTV-SR lautet in Auszügen wie folgt:

„(2) Die zum Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG gewährten betrieblichen Sozialleistungen wurden vorbehaltlich etwaiger Neuregelungen auf der betrieblichen Ebene für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortgeführt. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die erst nach dem Stichtag ihr Arbeitsverhältnis bei einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe begonnen haben bzw. beginnen werden, wurden bzw. werden die bis zum Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG gewährten betrieblichen Sozialleistungen bis zu einer Neuregelung auf betrieblicher Ebene in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortgeführt.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ab dem 01.01.2012 neue Arbeitsverhältnisse in einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe begründet haben bzw. begründen, verweisen die Parteien auf die jeweils gültige betriebliche Regelung. Dies gilt auch für solche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis in der Zeit ab dem 01.01.2012 kraft Gesetzes (z.B. § 613 a BGB) auf die WSW mobil GmbH übergeleitet worden ist oder zukünftig werden wird.“

Die „Protokollerklärung zu § 5, Materielle Sicherung, Absatz 2, Satz 3“ lautet:

„Es besteht Einvernehmen, dass Zusagen in Bezug auf Leistungen von Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe an heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dieser Feststellung zu den Rechtsfolgen aus § 613 a Abs. 1 BGB nicht verbunden sind. Hier verweisen die Parteien auf die betriebliche Regelung. Die Betriebsparteien sollen die Schaffung einer Regelung zum Volumen und zur möglichen Kompensation der freiwilligen betrieblichen Leistungen für den Fall vereinbaren, dass diese in einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe nicht mehr steuerfrei gewährt werden können.“

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Fortgewährung des Energiekostenrabatts iHv. 25 vH entsprechend der bisherigen Handhabung verlangt und zuletzt noch beantragt,

1.    die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag iHv. 757,48 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Dezember 2018 zu zahlen;

2.    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr auf Lebenszeit, nach ihrem Tod ihrem Witwer auf Lebenszeit, einen Nachlass in Höhe von 25 vH auf die Kosten der Energielieferung von Gas und Strom zu gewähren.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und geltend gemacht, § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR gelte nicht für Betriebsrentner und sei nicht auf die Klägerin anwendbar, da sie von der Reorganisation nicht betroffen gewesen sei. Die Fortführung der betrieblichen Sozialleistung führe allein zur Sicherung des damals geltenden Rechtszustands, wozu auch der Vorbehalt in Nr. 7 der Verfügung zähle. Die Absenkung des Energierabatts wahre die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes. Da die Kürzung um zehn Prozentpunkte gegenüber den aktiven Arbeitnehmern wirksam sei, sei sie es auch gegenüber den Betriebsrentnern.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision.

Aus den Gründen

14        Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist insgesamt zulässig und begründet.

15        I. Der Feststellungsantrag zu 2. ist zulässig. Die Klägerin begehrt zulässigerweise die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, sie iHv. 25 vH von den Kosten der Energielieferung von Gas und Strom durch die Beklagte oder ein Nachfolgeversorgungsunternehmen freizustellen. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Antrags ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wurde vom Senat bereits für zulässig angesehen (vgl. BAG 26. März 2013 – 3 AZR 68/11 – Rn. 18 ff.) und im Tenor der Entscheidung klargestellt.

16        1. In der von den Vorinstanzen ausgelegten und von der Klägerin in ihrem Willen aufgenommenen Antragsfassung geht es um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Eine allgemeine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen beschränken (BAG 25. Juni 2019 – 3 AZR 456/17 – Rn. 45; 31. Juli 2018 – 3 AZR 731/16 – Rn. 19, BAGE 163, 192).

17        2. Der Antrag sowie der Tenor der Vorinstanzen sind dahin zu verstehen, dass die Klägerin den sog. Nachlass auf die Kosten der Energielieferungen der Beklagten mit ihrem Renteneintritt zum 1. Juni 2015 für sich und ihren Hinterbliebenen erhalten will. Durch die Entscheidung über einen darauf bezogenen Feststellungsantrag kann der Streit der Parteien über die Verpflichtung der Beklagten, im fraglichen und späteren Zeitraum einen Rabatt auf die Energiekosten zu gewähren, beseitigt werden. Es kann erwartet werden, dass die Beklagte einem gegen sie ergehenden Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird (vgl. BAG 25. Juni 2019 – 3 AZR 456/17 – Rn. 45; 26. März 2013 – 3 AZR 68/11 – Rn. 21).

18        3. Die von der Beklagten vermisste Begrenzung des Tenors auf einen Energiebezug von ihr oder einem Nachfolgeversorgungsunternehmen ist in der klarstellenden Tenorierung durch den Senat berücksichtigt.

19        II. Die Klage ist insgesamt begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Fortgewährung eines Energiekostenrabatts iHv. 25 vH aus § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR sowie Zahlung in der konkret bezifferten Höhe nebst Zinsen.

20        1. Der Arbeitsvertrag der Klägerin verweist in § 2 Satz 2 – wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – auf die für die Arbeitnehmer der Beklagten jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge und betrieblichen Vereinbarungen und damit auch auf den TV-SR.

21        2. Wie der Senat bereits im Urteil vom 26. März 2013 angenommen hat, ist die Tarifbestimmung in § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR dahin auszulegen, dass sie den von der Beklagten gewährten Energiekostenrabatt als „gewährte betriebliche Sozialleistung“ in diesem Sinne erfasst und damit für zum Stichtag bestehende Arbeitsverhältnisse als Anspruch aus einem Tarifvertrag auch für die Betriebsrentner fortführt (BAG 26. März 2013 – 3 AZR 68/11 – Rn. 24 ff.). Da der Energiekostenrabatt von der Beklagten nicht nur während des aktiven Arbeitsverhältnisses, sondern auch im Ruhestand gewährt wurde, ist der Rabatt den sog. heutigen Arbeitnehmern auch dann zu gewähren, wenn sie nach dem Stichtag in den Ruhestand treten (BAG 26. März 2013 – 3 AZR 68/11 – Rn. 28). Dafür sprechen heute wie damals der Wortlaut der Tarifnorm, die Systematik sowie der Sinn und Zweck der tariflichen Regelung. Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

22        3. Die Klägerin ist vom Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR erfasst, auch wenn ihr Arbeitsverhältnis nicht infolge eines Betriebsübergangs gemäß § 324 UmwG iVm. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen anderen Arbeitgeber übergegangen ist. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR sollen die zum Vortag des Stichtags bei der Beklagten gewährten betrieblichen Sozialleistungen für heutige Arbeitnehmer in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortgeführt werden.

23        a) Die Klägerin stand am Stichtag iSd. § 2 Abs. 2 TV-SR – also am 1. Januar 2007 bzw. 1. Oktober 2007 – in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten und erhielt am Vortag den Energierabatt als betriebliche Sozialleistung. Sie war auch „heutige Arbeitnehmerin“ iSd. § 2 Abs. 3 Satz 1 TV-SR, da sie zum Stichtag sowie am Vortag des 1. Januar 2007 bzw. 1. Oktober 2007 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stand, die ein Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe iSd. § 2 Abs. 1 TV-SR ist.

24        b) Für die Anwendung des § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR kommt es – anders als die Beklagte meint – nicht darauf an, ob die Klägerin von der Spaltung unmittelbar betroffen war und den Arbeitgeber im Rahmen der Spaltung etwa aufgrund Betriebsübergangs nach § 324 UmwG iVm. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB wechselte. Die Tarifnorm unterscheidet nicht nach diesem Merkmal. Es ist auch weder vom Wortlaut oder von der Systematik noch vom Sinn und Zweck des TV-SR geboten, die Klägerin vom Schutz des § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR auszunehmen. Sie ist vielmehr – wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat – als verbleibende Arbeitnehmerin jedenfalls potentiell von der Abspaltung betroffen und damit vom Zweck des TV-SR erfasst (vgl. zur Auslegung von Tarifverträgen BAG 13. Juli 2021 – 3 AZR 363/20 – Rn. 23).

25        aa) § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR enthält vom Wortlaut her keine dem Verständnis der Beklagten entsprechende Begrenzung, sondern stellt auf (alle) heutigen Arbeitnehmer ab. Das zeigt auch § 2 Abs. 3 TV-SR, der den Begriff „heutige Arbeitnehmer“, der ebenso für § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR maßgeblich ist, mit „alle Arbeitnehmer“ in einem Arbeitsverhältnis zum Stichtag mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe und am Vortag des Stichtags mit der Beklagten definiert. Der Arbeitgeber muss danach gerade nicht gewechselt werden.

26        bb) Zwar stellt der systematisch vorrangige § 5 Abs. 1 TV-SR auf übergehende Arbeitsverhältnisse ab. Absatz 2 der Bestimmung enthält aber eine von Absatz 1 unabhängige Regelung und keine entsprechende Begrenzung. Dass § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR – anders als etwa § 9 TV-SR – nicht ausdrücklich von „alle Arbeitnehmer“ oder wie § 4 TV-SR von „alle heutigen Arbeitnehmer“ spricht, hat wegen der allgemeinen Definition in § 2 Abs. 3 TV-SR und dem in § 1 Abs. 1 TV-SR geregelten Geltungsbereich des Tarifvertrags keine Bedeutung. § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR erfasst die „heutigen Arbeitnehmer“, die § 2 Abs. 3 TV-SR definiert. Das verdeutlicht systematisch auch § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-SR, der ausdrücklich auf später eintretende Arbeitnehmer abstellt.

27        cc) Die von der Beklagten geltend gemachte Differenzierung zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen in unterschiedlichen Bestimmungen des TV-SR mag im Kern zutreffen und ist in § 1 Abs. 1 TV-SR angelegt, betrifft allerdings nicht die Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR. Zwar ist es von § 1 Abs. 1 TV-SR vorgesehen, dass tarifvertragliche Bestimmungen wie § 5 Abs. 1 TV-SR (materielle Sicherung) oder § 6 TV-SR (immaterielle Sicherung) sowie § 7 TV-SR (Betriebsvereinbarungen) oder § 11 TV-SR (Anerkennung zurückgelegter Zeiten im Arbeitsverhältnis) an den Übergang der Arbeitsverhältnisse sowie § 613a Abs. 1 BGB anknüpfen und für diese Arbeitnehmer Sonderregelungen treffen. Wenn der TV-SR aber bei anderen Regeln wie etwa bei § 5 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TV-SR oder § 10 Abs. 2 TV-SR nicht differenziert, spricht dies für das Verständnis, dass alle sog. heutigen Arbeitnehmer von der Regelung geschützt sind, unabhängig von einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses.

28        dd) Die Praktikabilität sowie der Sinn und Zweck der Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR sprechen ebenfalls für eine materielle Sicherung aller „heutigen Arbeitnehmer“. Die Tarifvertragsparteien wollten – wie auch die Überschrift zu § 5 TV-SR zeigt – die bei der Beklagten verbleibenden Arbeitnehmer materiell im gleichen Umfang absichern wie die übergehenden. Die Verbleibenden waren zudem durch die Abspaltungen wesentlicher Betriebsteile materiell ähnlich betroffen. Dass schon eine solche mittelbare Betroffenheit zu entsprechenden Schutzregeln Anlass geben kann, zeigen gesetzliche Bestimmungen wie etwa § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG oder § 323 Abs. 1 UmwG, die auch die beim übertragenden Rechtsträger fortbestehenden Arbeitsverhältnisse persönlich erfassen (vgl. Niklas in Gaul Arbeitsrecht der Umstrukturierung 2. Aufl. Rn. 17.93 mwN; APS/Steffan 6. Aufl. UmwG § 323 Rn. 3). Wenn die Tarifvertragsparteien vor diesem Hintergrund eine Unterscheidung der Arbeitnehmer bei der materiellen Sicherung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR hätten treffen wollen, hätten sie dies deutlich zum Ausdruck gebracht.

29        4. Der – nicht zur Akte gelangte – Vorstandsbeschluss der Beklagten vom 24. September 2007 vermochte es – unabhängig vom Stichtag – entgegen der Annahme der Beklagten nicht, den Anspruch für im aktiven Arbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmer zu beseitigen. Daher kann offenbleiben, auf welchen Stichtag abzustellen ist, ob die Verfügung im Ausgang eine Gesamtzusage war und ob der Beschluss vom 24. September 2007 bekanntgemacht bzw. wirksam geworden ist sowie ob und inwiefern er in Anbetracht von § 5 Abs. 2 Satz 1 ÄTV-SR überhaupt Wirkungen entfalten konnte.

30        a) Es ist schon unklar, was der Beschluss mit der Maßgabe meint, es solle „zum 1. März 2008 die Neuregelung erfolgen“. Es ist ebenso unklar, ob und wie der Beschluss mit Rechtswirkungen nach außen getragen wurde. Zudem spricht die Verfügung in ihrer Nr. 7 nur von der Möglichkeit einer „Kündigung“ unter Wahrung einer Frist von drei Monaten zum Jahresende. Dass sie eine solche erklärt hätte, hat auch die Beklagte nicht geltend gemacht.

31        b) Jedenfalls ergibt die Auslegung des § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR, dass die tarifvertraglich geregelte Fortführung der gewährten betrieblichen Sozialleistungen – und damit auch der Energierabatte – nicht mehr unter dem Vorbehalt stand, der in der Verfügung angelegt war. Weder der Wortlaut oder die Systematik noch der Sinn und Zweck der Regelung ermöglichen eine Auslegung iSd. Beklagten, dass der Kündigungsvorbehalt gemäß Nr. 7 der Verfügung Bestandteil der tariflichen Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR geworden wäre. Dabei kann offenbleiben, ob § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR einen tarifvertraglichen Änderungsvorbehalt enthält, wie das Berufungsgericht angenommen hat.

32        aa) Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR von einer „Fortführung“ spricht. Dies könnte so verstanden werden, als wolle der TV-SR die Verfügung sowie sonstige Regelungen „fortführen“ und damit in sich aufnehmen. Allerdings gibt es hierfür im Wortlaut keine weiteren Anhaltspunkte. Vielmehr spricht der TV-SR von einer „materiellen Sicherung“ dieser Rechte und in der Präambel von der „Sicherung der sozialen Rechte“, nicht hingegen von einer nur formalen Fortführung von Regelungen oder Rechtspositionen. Hierdurch träte auch keine materielle Sicherung ein. Die Regelung stellt in keiner Weise auf den Rechtsgrund der Gewährung der angesprochenen betrieblichen Sozialleistungen ab, sondern allein auf das tatsächliche Gewähren (vgl. BAG 26. März 2013 – 3 AZR 68/11 – Rn. 31). Weder die Verfügung noch sonstige Regelungen, die fortgeführt werden sollen, werden ausdrücklich benannt. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob auf die betriebliche Sozialleistung zum Stichtag ein Anspruch bestand.

33        bb) Systematisch ist zudem § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-SR zu beachten, der Ausnahmen von dem Anspruch nach Satz 1 ausdrücklich und erkennbar abschließend zulässt. Er führt lediglich für Neueintritte nach dem Stichtag eine Änderungsmöglichkeit durch betriebliche Neuregelung ein. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung im Jahr 2013 ausgeführt hat, sind damit diejenigen Arbeitnehmer abzugrenzen, die erst nach dem Stichtag in ein Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe eintreten: Diesen Arbeitnehmern werden die bis zum Stichtag gewährten Sozialleistungen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-SR nur bis zu einer Neuregelung in der WSW-Unternehmensgruppe weiter gewährt; die „heutigen“ Arbeitnehmer müssen hingegen nach der Tarifbestimmung nicht mit einer Neuregelung rechnen (BAG 26. März 2013 – 3 AZR 68/11 – Rn. 28). Bei der Übernahme einer Verpflichtung verwendet für geltende Betriebsvereinbarungen § 7 Abs. 1 TV-SR den Begriff „Eintreten“, und nicht „Fortführen“.

34        cc) Der Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR spricht ebenfalls für dieses Verständnis: §§ 4, 5, 6, 7, 8 und 11 TV-SR sollen den bestehenden materiellen Schutz der Arbeitnehmer absichern. Aus dem Anlass der Umwandlung oder bei deren Gelegenheit sollen alle heutigen Arbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 3 TV-SR keinerlei materiellen Nachteile erleiden. Die sozialen Rechte – wozu auch der Energierabatt zählt – sollen nach der Präambel des TV-SR materiell gesichert werden. Da alle betroffenen Unternehmensteile weiterhin in der WSW-Unternehmensgruppe fortbestanden, sollten Anreize und Sicherungen geschaffen werden, damit alle Arbeitnehmer bei den jeweiligen Gesellschaften, denen sie zugeordnet waren, verblieben. Es sollte sich durch die Umwandlungen inhaltlich, außer beim Arbeitgeber, nichts an den Arbeitsbedingungen ändern.

35        c) Gegen die Möglichkeit, in die Tarifbestimmung eine einseitige Abänderbarkeit von nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR fortzuführenden betrieblichen Sozialleistungen hineinzulesen, sprechen zudem tarifrechtliche Erwägungen. Da der Tarifvertrag bereits am 10. November 2006 unterzeichnet wurde und gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 TV-SR nach dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung der Umstrukturierung rückwirkend zum Zeitpunkt der Unterzeichnung in Kraft trat, bestand der Anspruch aus § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR für die erfassten Arbeitsverhältnisse bereits seit diesem Zeitpunkt. Gegenüber den tarifgebundenen Arbeitnehmern galt die Bestimmung gemäß § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend.

36        aa) Abweichende Abmachungen von nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend geltenden Rechtsnormen eines Tarifvertrags sind nach § 4 Abs. 3 TVG nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten. Sollen Regelungen Ansprüche ausschließen bzw. einschränken, muss dies hinreichend im Tarifvertrag erkennbar und eindeutig beschrieben sein. Dies gilt auch und gerade für Bestimmungen über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Der Arbeitnehmer muss klar erkennen können, in welcher Höhe er oder seine Angehörigen im Versorgungsfall Leistungen zu erwarten haben, um etwaige Versorgungslücken schließen zu können. Das folgt aus dem Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips (BAG 2. Dezember 2021 – 3 AZR 212/21 – Rn. 33 mwN). Wenn § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR eine Aufhebungsmöglichkeit durch Beschluss des Vorstands hätte enthalten wollen oder sollen, hätte es insoweit eines klaren Vorbehalts in der tarifvertraglichen Regelung bedurft. Daran ändert es nichts, wenn ein Tarifvertrag – wie im Streitfall – nicht infolge beiderseitiger Tarifgebundenheit gilt, sondern aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung findet. Der Regelungsgehalt seiner Inhaltsnormen bestimmt sich abstrakt vor dem Hintergrund, dass diese im Verhältnis von beiderseits Tarifgebundenen unmittelbar und zwingend geltende Rechtsnormen enthalten.

37        bb) Die Delegation der Ausgestaltung von tarifvertraglichen Ansprüchen auf Dritte unterliegt wegen § 4 Abs. 1 TVG zudem besonderen Anforderungen. Die Tarifvertragsparteien sind zwar berechtigt, die nähere Ausgestaltung einzelner Arbeitsbedingungen einem Dritten – etwa den Betriebsparteien – zu überlassen. Die Einräumung einer solchen Befugnis muss sich aber aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowohl hinsichtlich des Adressaten als auch hinsichtlich des eröffneten Regelungsumfangs aus dem Tarifvertrag hinreichend deutlich ergeben (BAG 26. Februar 2020 – 4 AZR 48/19 – Rn. 48, BAGE 170, 56). An all dem fehlt es in § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR.

38        cc) Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg eine vermeintlich eintretende Ewigkeitsbindung an den TV-SR anführen. Sie kann Tarifverträge ändern und kündigen und das auch mit Wirkung gegenüber den Betriebsrentnern (vgl. BAG 17. Juni 2008 – 3 AZR 409/06 – Rn. 27 ff., BAGE 127, 62).

39        d) Der Inhalt des Anspruchs ändert sich nicht, wenn der Stichtag nicht, wie der Senat in seiner Entscheidung 2013 angenommen hat (BAG 26. März 2013 – 3 AZR 68/11 – Rn. 28) und wie ihn der ÄTV-SR bestimmt, der 1. Januar 2007 war, sondern – wie die Beklagte und das Berufungsgericht meinen – der 1. Oktober 2007, weil erst zu diesem Zeitpunkt die Umwandlung der Gesellschaften der WSW-Unternehmensgruppe im Handelsregister eingetragen und der Übergang der Arbeitsverhältnisse im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB durch den Wechsel der Leitungsmacht iSd. § 2 Abs. 2 TV-SR vollzogen war. Denn auch am 30. September 2007 und 1. Oktober 2007 wurde der Energierabatt noch in seiner bisherigen Höhe von 25 vH gewährt.

40        e) Die nach dem Änderungstarifvertrag leicht abweichende Fassung von § 5 Abs. 2 Satz 1 ÄTV-SR führt, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, zu keinem anderen Ergebnis. Mit den Formulierungen „wurden … gewährt“ und „vorbehaltlich etwaiger betrieblicher Neuregelungen“ wurde der Anspruch aus § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR weder aufgehoben noch verändert. Die in § 5 Abs. 2 Satz 1 ÄTV-SR gewählte Vergangenheitsform hat lediglich beschreibenden, keinen regelnden Charakter. Der ÄTV-SR dient nach seiner Präambel weiterhin der Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmer. Auf betriebliche Neuregelungen hat sich die Beklagte nicht berufen; überdies hat das Berufungsgericht das Fehlen solcher Regelungen mit Bindungswirkung nach § 559 Abs. 2 ZPO festgestellt. Die Abspaltungen waren zum Zeitpunkt des Abschlusses des ÄTV-SR im Oktober 2015 schon seit einigen Jahren vollzogen. Änderungen ergeben sich auch nicht aus der Protokollnotiz zu § 5 Abs. 2 Satz 3 ÄTV-SR, die sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut schon nicht auf den Anspruch aus § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR bezieht. Hätten die Tarifvertragsparteien den Anspruch, den der Senat im März 2013 anerkannt hat (BAG 26. März 2013 – 3 AZR 68/11 -), nachträglich mit Rückwirkung abschaffen wollen, hätten sie dies ausdrücklich geregelt.

41        5. Der Antrag zu 1. ist in der geltend gemachten Höhe, der Zinsanspruch in der zuletzt beantragten Höhe nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet.

42        6. Der Antrag zu 2. ist ebenfalls begründet. Auch der Hinterbliebene ist von der Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR geschützt und kann den Energierabatt iHv. 25 vH verlangen; die Klägerin begehrt erfolgreich die Feststellung der entsprechenden Verpflichtung der Beklagten (vgl. BAG 26. März 2013 – 3 AZR 68/11 – Rn. 32).

43        III. Die vom Landesarbeitsgericht nach Teilklagerücknahme begrenzend zugesprochene Zinsforderung bedurfte keiner klarstellenden Tenorierung. Soweit die Klägerin zunächst weitergehende Ansprüche erhoben hat, ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen, § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 ZPO. In diesem Umfang ist das Urteil des Arbeitsgerichts kraft Gesetzes wirkungslos geworden (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO) mit der Folge, dass der Klägerin Zinsen nur noch seit dem 24. Dezember 2018 zustehen (vgl. BAG 18. September 2012 – 3 AZR 431/10 – Rn. 66).

44        IV. Die Kostenentscheidung in der Revision folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Teilklagerücknahme beim Berufungsgericht verlangt keine Korrektur der Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts, § 308 Abs. 1 ZPO. Die Rücknahme ist wegen ihres geringen Umfangs nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO iVm. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, der auch insoweit anwendbar ist (Zöller/Greger ZPO 34. Aufl. § 269 Rn. 18b, 19a), als unwesentlich anzusehen.

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