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Arbeitsrecht
16.04.2014
Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: Bestehen eines Arbeitsverhältnisses in sog. aut-aut-Fällen

LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.1.2014 - 4 Sa 1731/13


Amtliche Leitsätze


In den sog. aut-aut -Fällen richtet sich die Bestimmung des Rechtswegs nach dem Sachvortrag des Klägers, der im Hinblick auf seine Arbeitnehmereigenschaft nicht nur schlüssig sein muss, sondern ggf. auch bewiesen werden muss.


Liegt ein "aut-aut Fall" vor und ist das Arbeitsgericht der Ansicht, der Kläger sei kein Arbeitnehmer iSd. § 5 ArbGG, so hat es den Rechtstreit nach § 17a Abs. 2 GVG zu verweisen. Nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG hat das Arbeitsgericht auf Rüge einer Partei über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs vorab zu entscheiden.


Trifft das Arbeitsgericht dennoch keinen Verweisungsbeschluss, sondern bejaht es im Urteil den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten, so kann es die Klage bei einem "aut-aut Fall" nicht mit der Begründung abweisen, es liege kein Arbeitsverhältnis vor. Dem steht bereits § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entgegen.


Die Prüfungssperre des § 65 ArbGG entfällt dann, wenn das erstinstanzliche Gericht trotz Rüge, das heißt unter Verstoß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht durch Beschluss vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs entschieden hat (im Anschluss an BAG 21.5.1999 - 5 AZB - 31/98AP Nr. 1 zu § 611 BGB Zeitungsverlage).


Das Rechtsmittelgericht hat das Verfahren wieder in die Bahn zu lenken, in die es bei richtiger Entscheidung der Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel gelangt wäre. Dies bedeutet, dass das Berufungsgericht im vorliegenden Fall seine Entscheidung in der Form zu treffen hat, in der es bei richtiger Entscheidung der Vorinstanz hätte entscheiden müssen (BAG 26.03.1992 - 2 AZR 443/91 - AP Nr. 7 zu § 48 ArbGG 1979 = EzA § 48 ArbGG 1979 Nr. 5). Die Entscheidung hatte deswegen gem. § 17a Abs. 4 Satz 3 und 4 GVG durch Beschluss und gem. § 78 Satz 3 ArbGG durch den Vorsitzenden allein zu ergehen.


Stützt das Arbeitsgericht die Klageabweisung in einem aut-aut -Fall unzutreffend allein darauf, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestand, so genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 - 4 ZPO, wenn der Kläger die Annahme, es bestehe kein Arbeitsverhältnis, angreift.


Zwar ist die Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses in diesem Fall für die materielle Begründetheit der geltend gemachten Ansprüche irrelevant; für die Berufungsbegründung ist aber entscheidend, ob sie sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befasst, nicht hingegen, ob die Begründung den Klageanspruch rechtfertigt.


Sachverhalt


I.


Die Klägerin begehrt von der Beklagten zum einen die Zahlung von Vergütung. Zum anderen begehrt sie den Ausgleich für eine Zahlung an einen Gläubiger, der gegen die Rechtanwälte M., B., T. und Klägerin einen Titel wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags erwirkt hatte sowie die Herausgabe von Vorschusszahlungen von Mandanten der Klägerin.


Die Klägerin war für die Beklagte sowie eine weitere GbR als Rechtsanwältin tätig. Sie wurde formell als freie Mitarbeiterin eingestellt. Die Klägerin war überwiegend in dem Büro der Beklagten am Standort Velten tätig und nutze dort die Infrastruktur der Beklagten. Die Klägerin stellte der Beklagten Rechnungen, die auch Umsatzsteuer auswiesen.


Die Beklagte kündigte der Klägerin Mitte Dezember 2012 mit einer Frist von zwei Wochen. Gegen diese Kündigung hatte die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben. Am 21.1.2013 erging gegen die Beklagte ein Versäumnisurteil durch das Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel zum Geschäftszeichen 3 Ca 5/13, dessen Tenor lautete:


 „Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 14.12.2012 nicht zum 31.12.2012 endet."


Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 26.4.2013 auf S. 10 (Bl. 118 d. A.) den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gerügt. Das Arbeitsgericht hat dennoch nicht nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG vorab über den Rechtsweg durch Beschluss entschieden. Es hat vielmehr die Klage mit Urteil vom 24.07.2013 allein mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei nicht Arbeitnehmerin. Hinsichtlich des genauen Inhalts des arbeitsgerichtlichen Urteils wird auf Bl. 431 - 439 d. A. verwiesen. Gegen das ihr am 13.9.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit beim Landesarbeitsgericht am 9.10.2013 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.12.2013 mit beim Landesarbeitsgericht am 12.12.2013 eingegangenen Schriftsatz begründet.


Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand, so dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet sei. Die Klägerin trägt vor, sie habe Mandate bearbeitet, die von der Beklagten zu ihr geschickt wurden. Sie sei grundsätzlich zu den normalen Bürozeiten in Velten anwesend gewesen, wobei sie in der Regel die Arbeit zwischen 9 Uhr und 9.30 Uhr begann und das Büro je nach Arbeitsanfall zwischen 17 und 19 Uhr verließ. Arbeitszeiten seien zwar nicht ausdrücklich vereinbart worden, sie ergaben sich jedoch aus der gesamten Büroorganisation und dem Charakter der Mandate. Sobald die Klägerin im Büro war, sei sie von den Sekretärinnen in ein Anwesenheitstool eingetragen worden. Sie habe Urlaub jeweils in Absprache mit den Gesellschaftern der Beklagten genommen. Sie habe jeweils zwischen 28 und 30 Tagen Urlaub im Jahr genommen und sich dabei an der arbeitnehmertypischen Dauer orientiert. Einzelnen Urlaubstage und Arzttermine habe sie in den Terminkalender eingetragen und so die Beklagte von ihrer Abwesenheit in Kenntnis gesetzt. Entgegen den gestellten Rechnungen sei mit der Beklagten ein Festgehalt vereinbart worden. Die „krummen" Beträge seien auf Anweisung der Beklagten in den Rechnungen aufgenommen worden. Im Schnitt der Rechnungen sei aber in dem Kalenderjahr die vereinbarte Vergütung erreicht worden. Wenn der Klägerin keine Weisungen erteilt worden seien, liege dies allein daran, dass es Arbeitsverhältnisse mit höherwertiger Tätigkeit gerade auszeichne, dass der Arbeitnehmer in einem gesetzten Rahmen eigenverantwortlich und eigeninitiativ tätig sei. Die Klägerin sei auch seitens der Beklagten aufgefordert worden, Artikel zu schreiben. Die Klägerin ist des Weiteren der Auffassung, dass von dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisse zumindest deswegen auszugehen sei, weil dies durch das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel zum Geschäftszeichen 3 Ca 5713 rechtskräftig festgestellt worden sei.


Die Beklagte beantragt,


die Berufung als unzulässig zu verwerfen,


hilfsweise,


den Rechtstreit an das Landgericht Potsdam zu verweisen,


hilfsweise,


die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.


Sie hält die Berufung bereits in Ermangelung einer ausreichenden Begründung für unzulässig. Die Klägerin sei auch nicht als Arbeitnehmerin, sondern als freie Mitarbeiterin für die Beklagte tätig gewesen. Die Klägerin sei in keiner Hinsicht weisungsgebunden gewesen; keiner der Gesellschafter der Beklagten habe der Klägerin Vorgaben für die Mandatsbearbeitung erteilt. Es seien auch keine Arbeitszeiten vereinbart worden. Die Klägerin habe ihre Zeit frei eingeteilt und in unterschiedlichen Büros und auch zu Hause gearbeitet. Die Arbeitszeiten der Klägerin seien auch in keiner Weise kontrolliert worden. Das „Anwesenheitstool" sei gerade deswegen eingeführt worden, weil bedingt durch die freie Zeiteinteilung der Rechtsanwälte völlig unklar gewesen sei, wo sich welcher Rechtsanwalt gerade befinde. Mit der Klägerin sei auch kein fester Urlaub vereinbart worden; man habe die Klägerin vielmehr bereits im Bewerbungsgespräch darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst entscheiden möge, wann und wie lange sie Urlaub mache. Die Klägerin habe im Falle einer Arbeitsunfähigkeit auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen müssen; sie sei auch insoweit frei gewesen und habe selbst entscheiden müssen, wann sie in der Lage war, ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen und wann nicht. Mit der Klägerin sei auch keine feste monatliche Vergütung vereinbart worden. Die Vergütung sei davon abhängig gewesen, welche konkreten Leistungen die Klägerin für die Beklagte und welche sie für die andere GbR erbrachte. Der Klägerin sei auch nicht untersagt worden, weitergehende Tätigkeiten anzunehmen.


Aus den Gründen


II.


Aufgrund des Rechtsmittels war das arbeitsgerichtliche Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Potsdam zu verweisen.


1. Das Rechtsmittel der Klägerin war - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht als unzulässig zu verwerfen.


a. Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 - 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 16.05.2012 - 4 AZR 245/10 - NZA-RR 2012, 599).


b. Diesen Anforderungen wird die Rechtsmittelbegründung gerecht. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin nicht Arbeitnehmerin sei. Dem ist die Klägerin in der Berufungsbegründung im Einzelnen entgegengetreten. Zwar ist die Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses für die materielle Begründetheit der geltend gemachten Ansprüche irrelevant. Da das Arbeitsgericht die Klageabweisung aber rechtfehlerhaft allein darauf gestützt hat, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis, sondern ein freies Mitarbeiterverhältnis bestand, reichte es aus, dass die Klägerin die Annahme, es bestehe kein Arbeitsverhältnis, angreift.


2. Das Arbeitsgericht hatte über den Rechtsweg unter Verstoß gegen § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht durch Beschluss vorab entschieden. Dennoch ist eine Zurückverweisung an das Arbeitsgericht nicht möglich. Vielmehr hatte das Berufungsgericht aufgrund der Rüge der Beklagten selbst über die Rechtswegzuständigkeit zu entscheiden.


a. Das Berufungsgericht ist vorliegend nicht durch § 65 ArbGG daran gehindert, über den Rechtsweg selbst zu entscheiden. Die Prüfungssperre entfällt dann, wenn das erstinstanzliche Gericht trotz Rüge, das heißt unter Verstoß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht durch Beschluss vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs entschieden hat (BAG 21.5.1999 - 5 AZB - 31/98AP Nr. 1 zu § 611 BGB Zeitungsverlage). Die Entscheidung hat ebenfalls durch Beschluss zu ergehen. Das Rechtsmittelgericht hat das Verfahren wieder in die Bahn zu lenken, in die es bei richtiger Entscheidung der Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel gelangt wäre. Dies bedeutet, dass das Berufungsgericht im vorliegenden Fall seine Entscheidung in der Form zu treffen hat, in der es bei richtiger Entscheidung der Vorinstanz hätte entscheiden müssen (BAG 26.03.1992 - 2 AZR 443/91 - AP Nr. 7 zu § 48 ArbGG 1979 = EzA § 48 ArbGG 1979 Nr. 5). Die Entscheidung hatte deswegen gem. § 17a Abs. 4 Satz 3 und 4 GVG durch Beschluss und gem. § 78 Satz 3 ArbGG durch den Vorsitzenden allein zu ergehen.


b. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist nicht eröffnet.


aa. Hinsichtlich der Entscheidungsgrundlagen für die Prüfung der Rechtswegzuständigkeit wird in ständiger Rechtsprechung nach Fallgruppen entschieden. Kann die vor dem Arbeitsgericht in einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit erhobene Klage nur dann Erfolg haben, wenn der Kläger Arbeitnehmer ist (sog. sic-non-Fall), so reicht die bloße Rechtsansicht des Klägers, er sei Arbeitnehmer, zur Bejahung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit aus. Ist der Kläger kein Arbeitnehmer, so ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Kommen dagegen für einen Anspruch sowohl arbeitsrechtliche als auch bürgerlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen in Betracht (sog. aut-aut-Fälle und et.-et.-Fälle), so kann die bloße Rechtsansicht des Klägers, er sei Arbeitnehmer, die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit nicht begründen (BAG 31.08.1998 - 5 AZB 21/98 - juris). In den sog. aut-aut -Fällen richtet sich die Bestimmung des Rechtswegs nach dem Sachvortrag des Klägers, der im Hinblick auf seine Arbeitnehmereigenschaft nicht nur schlüssig sein muss, sondern ggf. auch bewiesen werden muss (LAG Schleswig-Holstein 11.12.2012 - 1 Ta 129/12 - juris mwN).


bb. Vorliegend kommen für die geltend gemachten Ansprüche sowohl arbeitsrechtliche als auch bürgerlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen in Betracht. Ein Vergütungsanspruch kommt auch in Betracht, wenn zwischen den Parteien kein Arbeits-, sondern ein freies Mitarbeiterverhältnis bestanden hat. Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen folgt auch nicht aus der Geltendmachung einer Bruttoforderung. Hierin liegt kein sic-non-Fall im Sinne der Rechtsprechung des BAG (BAG 26.9.2002 - 5 AZB 19/01 - EzA § 2 ArbGG 1979 Nr. 57). Ein etwaiger Ausgleichsanspruch für die Zahlung an den Gläubiger, der gegenüber den Rechtanwälten M., B., T. und der Klägerin einen Titel wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags erwirkt hatte, kann ebenso auf eine rein zivilrechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden. Gleiches gilt für die Herausgabe von Vorschusszahlungen von Mandanten der Klägerin.


cc. Bei allen Streitgegenständen handelt sich jeweils nicht um Klagen aus dem Arbeitsverhältnis iSd. § 2 Abs. 1 Nr. 3a) ArbGG. Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht ausreichend dargelegt, dass sie Arbeitnehmerin iSd. § 5 Abs. 1 ArbGG war.


 (1) Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - AP Nr. 16 zu § 611 BGB Arbeitnehmerähnlichkeit = EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 15; BAG 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - AP Nr. 13 zu § 611 BGB Arbeitnehmerähnlichkeit = EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10; BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - BAGE 115, 1; BAG 16. Februar 2000 - 5 AZB 71/99 - BAGE 93, 310; GK-ArbGG/Schleusener § 5 Rn. 20 mwN). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist daher derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - AP Nr. 16 zu § 611 BGB Arbeitnehmerähnlichkeit = EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 15; BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - BAGE 115, 1; BAG 22. April 1998 - 5 AZR 342/97 - BAGE 88, 263). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt (vgl. BAG 22. August 2001 - 5 AZR 502/99 - AP Nr. 109 zu § 611 BGB Anhängigkeit = EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 86; BAG 12. September 1996 - 5 AZR 1066/94 - BAGE 84, 108). Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgebend (BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - AP Nr. 16 zu § 611 BGB Arbeitnehmerähnlichkeit = EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 15; BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - BAGE 115, 1; BAG 30. September 1998 - 5 AZR 563/97- BAGE 90, 36).


 (2) Unter Anlegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin ihre Arbeitnehmereigenschaft nicht dargelegt. Eine weisungsgebundene, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit ist nicht ausreichend dargelegt. Konkrete Weisungen hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit hat die Klägerin nicht vorgetragen.


 (a) Konkrete Arbeitszeitvorgaben hat die Beklagte der Klägerin unstreitig nicht gemacht. Aus der Tatsache, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag zu bestimmten Zeiten in dem Büro in Velten anwesend war, ergibt sich keine diesbezügliche Weisung der Beklagten.


 (b) Eine jeweils konkrete Genehmigung des Urlaubs durch die Beklagte hat die Klägerin ebenfalls nicht vorgetragen. Die Tatsache, dass ggf. eine Abstimmung des Urlaubs erfolgte, spricht nicht zwingend für eine Arbeitnehmereigenschaft. Vielmehr kann ein entsprechendes Erfordernis auch bei freien Mitarbeitern bestehen. Offensichtlich konnte die Klägerin die Dauer ihres Urlaubs selbst festlegen. Insoweit hat die Klägerin vorgetragen, sie habe jeweils zwischen 28 und 30 Tagen Urlaub im Jahr genommen und sich dabei an der arbeitnehmertypischen Dauer orientiert. Die Dauer des Jahresurlaubs hat damit die Klägerin allein bestimmt. Dies wäre äußert untypisch in einem Arbeitsverhältnis.


 (c) Es kann offenbleiben, ob die Klägerin, was von der Beklagten bestritten ist, jeweils einen festen Betrag erhalten sollte. Unabhängig davon, dass die Behauptung der Klägerin, die Rechnungen in unterschiedlicher Höhe ergäben auf das Jahr gesehen den entsprechenden Durchschnittbetrag ohne die vollständige Rechnungseinreichung nicht nachprüfbar ist, wäre die Vereinbarung einer stetigen Vergütung auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses möglich.


 (d) Auch die Führung des Anwesenheitstools spricht nicht dafür, dass die Beklagte der Klägerin Anweisungen hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit gemacht hat. Hätte die Beklagte die Möglichkeit gehabt, der Klägerin im Rahmen des arbeitgeberischen Direktionsrechts klare Anweisungen hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit zu machen, wäre das Anwesenheitstool vielmehr gar nicht erforderlich gewesen, da die Anwesenheit stets gesichert wäre.


 (e) Gegen eine Arbeitnehmereigenschaft spricht auch, dass die Klägerin unstreitige nicht verpflichtet war, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen.


 (f) Auch die Tatsache, dass die Klägerin die einzelnen Urlaubstage und Arzttermine in den Terminkalender eingetragen und so die Beklagte von ihrer Abwesenheit in Kenntnis gesetzt hat, spricht nicht für ein Arbeitsverhältnis. Vielmehr spricht die Notwendigkeit, die Beklagte in Kenntnis zu setzen, gerade dafür, dass es kein Erfordernis der vorherigen Genehmigung gab.


dd. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ist auch nicht durch das Versäumnisurteil vom 21.1.2013 rechtskräftig festgestellt worden. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses war nicht Gegenstand des Tenors. In Ermangelung eines Tatbestands kann nicht einmal festgestellt werden, ob das Arbeitsgericht von einem freien Mitarbeiterverhältnis oder einem Arbeitsverhältnis ausging. Insoweit hat das allerdings die erkennende 3. Kammer des Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel, die sowohl das Versäumnisurteil erlassen hatte als auch gleichermaßen Vorinstanz im vorliegenden Verfahren war, ausdrücklich erklärt, eine Wertung des Gerichts zum Bestehen des Arbeitsverhältnisses sei nicht gegeben worden (S. 6 des Urteils = Bl. 436 d. A.).


3. Eine Kostenentscheidung war im Hinblick auf § 17b Abs. 2 GVG nicht zu treffen.


4. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand nach § 78 Satz 2 ArbGG iVm. § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

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