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Arbeitsrecht
04.11.2021
Arbeitsrecht
BAG: Berechnung der Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L – Berücksichtigung von Zeiten und Entgelt eines vorangegangenen Arbeitsverhältnisses

BAG, Urteil vom 14.7.2021 – 10 AZR 485/20

ECLI:DE:BAG:2021:140721.U.10AZR485.20.0

Volltext: BB-Online BBL2021-2675-2

Orientierungssätze

1.Die Höhe des in § 20 Abs. 1 TV-L geregelten Anspruchs auf eine Jahressonderzahlung bestimmt sich nach § 20 Abs. 2 TV-L. Danach ist der Bemessungssatz mit der nach § 20 Abs. 3 TV-L ermittelten Bemessungsgrundlage zu multiplizieren (Rn. 10).

2.Die Bemessungsgrundlage setzt sich in dem in § 20 Abs. 3 Satz1 TV-L normierten Regelfall aus der Vergütung zusammen, die dem Arbeitnehmer in den Kalendermonaten Juli, August und September zusteht. Der Wortlaut der Tarifnorm bestimmt nicht, ob nur Zeiten und Entgelt des iSv. § 20 Abs. 1 TV-L anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind oder ob auch Zeiten und Entgelt eines anderen Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgebereinzubeziehen sind (Rn. 13 ff.).

3.Der Gesamtzusammenhang der tariflichen Bestimmungen unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck ergibt, dass nur die Zeit und das Entgelt des anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnisses in die Berechnung der Jahressonderzahlung eingehen können (Rn. 19 ff.).

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Höhe der Jahressonderzahlung für das Jahr 2015.

Die Klägerin war vom 1. August 2008 bis zum 31. Juli 2015 bei dem beklagten Land als Lehrkraft im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beschäftigt. Am 27. August 2015 schlossen die Parteien einen für die Zeit vom 31. August 2015 bis zum 31. Januar 2016 befristeten Arbeitsvertrag. Im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses war die Klägerin bei dem beklagten Land als Lehrkraft in Teilzeit beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 27. August 2015 galten für das Arbeitsverhältnis ua. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in der für die Tarifgemeinschaft der deutschen Länder (TdL) und für das beklagte Land jeweils maßgeblichen Fassung. Die Klägerin war in die Entgeltgruppe 10 der Entgeltordnung (Anlage A) zum TV-L eingruppiert.

§ 20 TV-L in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 8 zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 28. März 2015 lautet auszugsweise:

„§ 20

Jahressonderzahlung

(1) Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung.

(2) 1Die Jahressonderzahlung beträgt bei Beschäftigten in den Entgeltgruppen

 

Tarifgebiet

Tarifgebiet

 

 

 

 

 

West

Ost

 

 

 

 

 

 

Im Kalenderjahr

 

 

 

 

 

 

2015

2016

2017

2018

2019

E 9 bis E 11

64 v. H.

der Bemessungsgrundlage nach Absatz 3. …

(3) 1Bemessungsgrundlage im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 ist das monatliche Entgelt, das den Beschäftigten in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlt wird; … 2Der Bemessungssatz bestimmt sich nach der Entgeltgruppe am 1. September. 3Bei Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. August begonnen hat, tritt an die Stelle des Bemessungszeitraums der erste volle Kalendermonat des Arbeitsverhältnisses; anstelle des Bemessungssatzes der Entgeltgruppe am 1. September tritt die Entgeltgruppe des Einstellungstages. …

Protokollerklärung zu § 20 Absatz 3:

1Bei der Berechnung des durchschnittlich gezahlten monatlichen Entgelts werden die gezahlten Entgelte der drei Monate addiert und durch drei geteilt; dies gilt auch bei einer Änderung des Beschäftigungsumfangs. 2Ist im Bemessungszeitraum nicht für alle Kalendertage Entgelt gezahlt worden, werden die gezahlten Entgelte der drei Monate addiert, durch die Zahl der Kalendertage mit Entgelt geteilt und sodann mit 30,67 multipliziert. …

(4) 1Der Anspruch nach den Absätzen 1 bis 3 vermindert sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 haben. …

(5) 1Die Jahressonderzahlung wird mit dem Tabellenentgelt für November ausgezahlt. …“

Die Bruttovergütung der Klägerin belief sich im Juli 2015 auf 2.627,85 Euro, im August 2015 auf 12,24 Euro und im September 2015 auf 379,50 Euro. Auf der Grundlage ihrer Vergütung für die Monate August und September 2015 erhielt die Klägerin eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2015 in Form zweier Teilzahlungen von insgesamt 248,11 Euro brutto.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass auch ihre Vergütung für den Monat Juli 2015 in die Berechnung der Jahressonderzahlung einzubeziehen sei. Mit § 20 TV-L sei es nicht zu vereinbaren, nur die Vergütung zu berücksichtigen, die in dem Arbeitsverhältnis bezogen worden sei, das am 1. Dezember des jeweiligen Jahres bestehe. § 20 Abs. 3 TV-L stelle auf das in den Kalendermonaten Juli, August und September gezahlte Entgelt ab. Auch § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L spreche dafür, das Entgelt aus dem gesamten Zeitraum zu berücksichtigen. Nur in dem dort geregelten Fall, dh. wenn das Arbeitsverhältnis nach dem 31. August beginne, trete an die Stelle des Bemessungszeitraums der Monate Juli bis September der erste volle Kalendermonat. Da ihr Arbeitsverhältnis nicht mit Wirkung nach dem 31. August begründet worden sei, gelte diese Ausnahme nicht. Zudem stelle die Protokollerklärung auf die genannten drei Monate ab. Die darin angesprochenen Tatbestände seien im Streitfall gegeben. Sie habe nicht an allen Kalendertagen Entgelt erhalten. Zudem hätten die Parteien den Beschäftigungsumfang geändert. Die Regelung sei nicht darauf beschränkt, dass sich die Änderung im fortbestehenden Arbeitsverhältnis vollziehe. Schließlich finde das Ergebnis auch in § 20 Abs. 4 TV-L eine Stütze. Der Wortlaut dieser Regelung beziehe sich auch auf Entgeltansprüche aus einem früheren Arbeitsverhältnis.

Die Klägerin hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an sie eine weitere Jahressonderzahlung von 707,87 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2015 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat gemeint, die Jahressonderzahlung sei ausschließlich anhand der Vergütung zu bemessen, die in dem am 1. Dezember bestehenden Arbeitsverhältnis gezahlt worden sei. Daher sei bei der Berechnung der Jahressonderzahlung der Klägerin für 2015 die Vergütung für Juli 2015 aus dem vorangegangenen Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht miteinzubeziehen. Im Gegensatz zu § 20 Abs. 4 TV-L enthalte § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L eine spezielle Formulierung, die sich auf den Beginn des Arbeitsverhältnisses beziehe. Daraus ergebe sich, dass für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage iSv. § 20 Abs. 3 TV-L nur das Entgelt aus dem anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnis maßgeblich sei. Das zum 31. August 2015 neu begründete Arbeitsverhältnis stehe zudem in keinem Zusammenhang mit dem am 31. Juli 2015 beendeten Arbeitsverhältnis. Ein etwaiger Nachzahlungsanspruch sei jedenfalls verfallen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision will die Klägerin erreichen, dass das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt wird.

Aus den Gründen

9          Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung des beklagten Landes zu Recht abgeändert. Die Klägerin hat für das Jahr 2015 keinen Anspruch auf eine höhere Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L. Das Landesarbeitsgericht ist von einem zutreffenden Bemessungszeitraum ausgegangen. Um die Höhe der Jahressonderzahlung der Klägerin für das Jahr 2015 zu ermitteln, hat es zu Recht nur auf das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis abgestellt und lediglich die in der Zeit vom 31. August bis 30. September 2015 bezogene Vergütung berücksichtigt. Den danach gegebenen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 248,04 Euro brutto hat das beklagte Land erfüllt.

10        I. Nach § 20 Abs. 1 TV-L haben Beschäftigte, die am 1. Dezember in einem Arbeitsverhältnis stehen, dem Grund nach Anspruch auf eine Jahressonderzahlung. Die Höhe der Jahressonderzahlung errechnet sich nach § 20 Abs. 2 Satz 1 TV-L aus dem Bemessungssatz, der mit der Bemessungsgrundlage multipliziert wird (Donath in Sponer/Steinherr TV-L Stand Juni 2021 § 20 Rn. 19). Bemessungsgrundlage und Bemessungssatz werden in § 20 Abs. 3 TV-L bestimmt.

11        II. § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L sieht vor, dass als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 2 TV-L grundsätzlich auf das in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlte monatliche Entgelt abzustellen ist. Es kommt nicht auf das tatsächlich gezahlte, sondern auf das für die Referenzmonate tatsächlich zustehende Entgelt an (vgl. BAG 16. November 2011 – 10 AZR 549/10 – Rn. 10; Fieberg in Fürst GKÖD Band IV Stand Juni 2021 E § 20 Rn. 28). § 20 Abs. 3 Satz 2 TV-L bestimmt, dass sich der Bemessungssatz nach der Entgeltgruppe richtet, in die der Arbeitnehmer am 1. September fällt. Davon abweichend regelt § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. August begonnen hat, dass der erste volle Kalendermonat, in dem das Arbeitsverhältnisses bestand, als Bemessungszeitraum heranzuziehen ist. Für den Bemessungssatz ist in diesem Fall die Entgeltgruppe des Einstellungstags maßgeblich.

12        III. Um die Bemessungsgrundlage iSv. § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L zu ermitteln, können als Bemessungszeitraum nur Zeiten des anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnisses herangezogen werden. Zeiten einer früheren Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber sind grundsätzlich unerheblich. Das ergibt die Auslegung von § 20 Abs. 3 TV-L, die das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler vorgenommen hat.

13        1. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Wortlaut der Tarifnorm zu keinem eindeutigen Ergebnis führt.

14        a) Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L ist als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 2 TV-L grundsätzlich das in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlte monatliche Entgelt heranzuziehen. Dem Wortlaut des § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L ist nicht zu entnehmen, ob auf das Entgelt aus dem am 1. Dezember bestehenden und nach § 20 Abs. 1 TV-L anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnis abzustellen ist oder ob auch das Entgelt aus einem weiteren, bereits beendeten Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen ist. Hätten die Tarifvertragsparteien nur Ansprüche aus dem am 1. Dezember bestehenden Arbeitsverhältnis berücksichtigen und Ansprüche aus früheren Arbeitsverhältnissen zu demselben Arbeitgeber ausschließen wollen, hätte es nahegelegen, dies in der Tarifnorm klarzustellen, zB durch den Zusatz „aus dem Arbeitsverhältnis nach Abs. 1“ (vgl. BAG 12. Dezember 2012 – 10 AZR 922/11 – Rn. 11, BAGE 144, 117). Das lässt den Schluss zu, dass es bei mehreren innerhalb eines Kalenderjahres bestehenden Arbeitsverhältnissen nicht darauf ankommt, aus welchem der Arbeitsverhältnisse der Entgeltanspruch stammt. Diese Folgerung ist jedoch nicht zwingend. In Betracht kommt ebenso, dass sich der Entgeltbegriff des § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L auch ohne einschränkenden Zusatz nur auf das Entgelt aus dem Arbeitsverhältnis nach § 20 Abs. 1 TV-L bezieht.

15        b) Entgegen der Ansicht der Klägerin führt die Protokollerklärung zu § 20 Abs. 3 TV-L nicht dazu, dass von einer eindeutigen Regelung auszugehen ist.

16        aa) Dem Wortlaut der Protokollerklärung lässt sich nicht entnehmen, in welchem Arbeitsverhältnis oder in welchen Arbeitsverhältnissen das Entgelt bezogen worden sein muss. Nach Satz 1 der Protokollerklärung werden bei der Berechnung des durchschnittlich gezahlten Entgelts die gezahlten Vergütungen der drei Monate addiert und durch drei geteilt. Dies gilt auch, wenn sich der Beschäftigungsumfang ändert. Sofern im Bemessungszeitraum nicht alle Kalendertage mit Entgelt belegt sind, werden die gezahlten Vergütungen der drei Monate addiert, durch die Zahl der Kalendertage mit Entgelt geteilt und sodann mit 30,67 multipliziert (Satz 2 der Protokollerklärung).

17        bb) Satz 1 Halbs. 2 der Protokollerklärung führt ebenfalls zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die Regelung, dass die im ersten Halbsatz genannte Berechnungsweise auch dann gilt, wenn sich der Beschäftigungsumfang geändert hat, kann sich auf ein beendetes und neu begründetes Arbeitsverhältnis beziehen. Sie kann aber auch in einem bestehenden Arbeitsverhältnis angewandt werden, in dem die Parteien vereinbart haben, den Umfang der Arbeitszeit zu ändern.

18        c) Ein eindeutiger Wortlaut ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch dann nicht, wenn auf § 20 Abs. 4 TV-L zurückgegriffen wird. Die Bestimmung betrifft mit der Kürzungsmöglichkeit schon einen anderen Sachverhalt. Zudem stellt Absatz 4 im Unterschied zu den Absätzen 2 und 3 nicht auf das Arbeitsverhältnis, sondern auf einen Anspruch der Beschäftigten auf Entgelt oder Entgeltersatzleistungen pro Kalendermonat ab (BAG 22. März 2017 – 10 AZR 623/15 – Rn. 20 mwN, BAGE 158, 340).

19        2. Die Auslegung, dass für den Bemessungszeitraum iSv. § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L nur auf das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis abzustellen ist, ergibt sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung.

20        a) Die Tarifvertragsparteien haben den Anspruch auf die Jahressonderzahlung in § 20 Abs. 1 TV-L mit einer Stichtagsregelung gestaltet. Sie macht deutlich, dass das zum genannten Termin bestehende Arbeitsverhältnis im Zentrum des Anspruchs steht.

21        aa) Nach § 20 Abs. 1 TV-L haben Beschäftigte Anspruch auf eine Jahressonderzahlung, wenn sie am 1. Dezember in einem Arbeitsverhältnis stehen. Dabei ist es für die Erfüllung dieser (einzigen) Tatbestandsvoraussetzung unerheblich, ob bereits vorher ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, ob das am 1. Dezember bestehende Arbeitsverhältnis befristet oder unbefristet ist, ob es gegebenenfalls noch im Dezember des Jahres endet oder schon gekündigt ist. Besteht das Arbeitsverhältnis am Stichtag, entsteht grundsätzlich ein Anspruch auf eine volle Jahressonderzahlung. Erst § 20 Abs. 4 TV-L ermöglicht, den Anspruch in den Fällen zu reduzieren, in denen ein Beschäftigter in einem Kalendermonat des Jahres keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 TV-L hatte (BAG 22. März 2017 – 10 AZR 623/15 – Rn. 17 mwN, BAGE 158, 340; Fieberg in Fürst GKÖD Band IV Stand Juni 2021 E § 20 Rn. 19 ff.; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Mai 2021 Teil B 1 § 20 Rn. 9 ff.).

22        bb) Damit haben die Tarifvertragsparteien den Anspruch auf eine Jahressonderzahlung auf das am Stichtag des 1. Dezember bestehende Arbeitsverhältnis ausgerichtet. Sie wollen nicht berücksichtigt wissen, wie sich das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis der Parteien weiterentwickelt. Ebenso wenig kommt es ihnen darauf an, ob dem anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnis eine weitere vertragliche Beziehung der Parteien vorausging. Dieser Umstand spricht dafür, dass grundsätzlich nur das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis prägend für die Jahressonderzahlung sein soll.

23        b) Dieses Bestreben kommt in den Tarifnormen zum Ausdruck, die regeln, wie die Höhe der Jahressonderzahlung zu ermitteln ist. Die für die Berechnung der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 2 TV-L maßgebliche Bemessungsgrundlage ergibt sich aus § 20 Abs. 3 TV-L.

24        aa) Für den Regelfall bestimmt § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L, dass als Bemessungsgrundlage die durchschnittliche Vergütung aus den Kalendermonaten Juli, August und September heranzuziehen ist. § 20 Abs. 3 Satz 2 TV-L legt fest, dass die am 1. September geltende Entgeltgruppe als Bemessungssatz für die Berechnung maßgeblich ist. Diese Bestimmungen erfassen mit Blick auf § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L allerdings nur Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. September begonnen hat.

25        bb) Für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis mit Wirkung nach dem 31. August begründet wurde, enthält § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L eine Sonderregelung. In diesem Fall wird als Bemessungsgrundlage der erste volle Kalendermonat herangezogen, während dessen das Arbeitsverhältnis besteht. Für den Bemessungssatz ist die Entgeltgruppe des Einstellungstags maßgeblich.

26        (1) Mit § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L tragen die Tarifvertragsparteien den Besonderheiten der Fälle Rechnung, in denen das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis erst später beginnt und damit der regelmäßige Referenzzeitraum nicht herangezogen werden kann oder typischerweise ungeeignet ist. Dies erfasst zum einen wirkliche Neueinstellungen, bei denen kein hinreichend langer Referenzzeitraum besteht und im Übrigen anzunehmen ist, dass sich die bei der Einstellung vorgenommene Eingruppierung innerhalb des (kurzen) Zeitraums bis zum 1. Dezember des Jahres nicht ändern wird. Zum anderen haben die Tarifvertragsparteien erkennbar in den Blick genommen, dass der Referenzzeitraum auch im Fall eines neu begründeten Arbeitsverhältnisses mit einem bereits zuvor im Arbeitsverhältnis stehenden Beschäftigten häufig nicht geeignet ist, das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis in der Höhe der Sonderzahlung zutreffend abzubilden. So treten in solchen Fällen immer wieder Veränderungen der Eingruppierung und/oder des Umfangs der Arbeitszeit auf. Hierin liegt auch der Unterschied zu der bloßen Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses, die zB nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG gerade voraussetzt, dass der sonstige Vertragsinhalt unverändert bleibt. Gibt es keine Änderungen des Vertragsinhalts, ist der veränderte Bezugsrahmen im Übrigen unschädlich, weil sich die Höhe der Jahressonderzahlung dann gegenüber der Regelbemessungsgrundlage nicht ändert (BAG 22. März 2017 – 10 AZR 623/15 – Rn. 23 mwN, BAGE 158, 340).

27        (2) Als repräsentativen Ersatzbemessungszeitraum haben die Tarifvertragsparteien den ersten vollen Kalendermonat des Arbeitsverhältnisses festgelegt. Es liegt dabei nahe, dass § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L mit dem Begriff des Arbeitsverhältnisses das Arbeitsverhältnis meint, das nach § 20 Abs. 1 TV-L den Anspruch auf die Jahressonderzahlung begründet. Anhaltspunkte für eine andere Annahme ergeben sich aus der Systematik der Norm jedenfalls nicht (BAG 22. März 2017 – 10 AZR 623/15 – Rn. 19, 23, BAGE 158, 340).

28        (3) Vielmehr kommt durch die Regelung zum Ausdruck, dass der erste volle Kalendermonat nach dem 31. August der alleinige Bemessungszeitraum ist. An der Formulierung im Singular „des Arbeitsverhältnisses“ wird deutlich, dass nur ein Arbeitsverhältnis maßgeblich sein soll. Weitere Zeiten in dem Kalenderjahr, die der Arbeitnehmer in einem anderen, zeitlich vorausgehenden und bereits beendeten Arbeitsverhältnis zurückgelegt hat, sind unerheblich (vgl. BAG 22. März 2017 – 10 AZR 623/15 – Rn. 14 ff., BAGE 158, 340). In der Gesamtschau mit der Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TV-L liegt es fern, bei dem in § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L genannten Arbeitsverhältnis von einem anderen als dem anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnis auszugehen. Daran wird der mit § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L verfolgte Zweck deutlich, das aktuelle, iSv. § 20 Abs. 1 TV-L anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis abzubilden, wenn es darum geht, die Höhe der Jahressonderzahlung zu bestimmen.

29        cc) Stellt die Ausnahmeregelung des § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L für den Bemessungszeitraum allein auf das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis ab, ist davon auszugehen, dass auch in dem in § 20 Abs. 3 Satz 1 und 2 TV-L normierten Regelfall allein das anspruchsbegründende, am 1. Dezember bestehende Arbeitsverhältnis maßgeblich sein soll. Es liegt fern anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien nur in dem in Satz 3 des Absatzes 3 geregelten Sonderfall allein auf das Arbeitsverhältnis abgestellt haben, das den Anspruch auf die Jahressonderzahlung begründet, sonst aber auch Zeiten und Entgelt aus einem anderen Arbeitsverhältnis berücksichtigen wollten.

30        (1) Der Zweck der Sonderregelung in § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L liegt darin, einen repräsentativen Ersatzbemessungszeitraum zu bestimmen, wenn der grundsätzlich maßgebliche Zeitraum von Juli bis September ungeeignet ist, um das Arbeitsverhältnis bei der Berechnung der Jahressonderzahlung abzubilden. Zudem wird ein Ersatztermin festgelegt, um den Bemessungssatz zu ermitteln. Ein weiterer mit dieser Sonderregelung verfolgter Zweck ist nicht erkennbar.

31        (2) Besteht der Zweck der Sonderregelung darin, einen repräsentativen Ersatzbemessungszeitraum zu bestimmen und knüpft die Bestimmung dafür an das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis an, ist davon auszugehen, dass auch im Regelfall das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis maßgeblich sein soll. Um die Bemessungsgrundlage im Regelfall des § 20 Abs. 3 Satz 1 und 2 TV-L zu ermitteln, können daher nur Zeiten des am 1. Dezember bestehenden Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden.

32        (3) In allen Fällen gehen nur die Dauer und das Entgelt des anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnisses in die Berechnung ein. Dadurch wird gewährleistet, dass sich sowohl für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. September beginnt, als auch für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis mit Wirkung nach dem 31. August begründet wird, die jeweils aktuellen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien in der Jahressonderzahlung widerspiegeln. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass jeweils ein repräsentativer Bemessungszeitraum von mindestens einem Monat zugrunde zu legen ist. Damit wird der in § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L deutlich zum Ausdruck kommende Zweck auch im Regelfall des § 20 Abs. 3 Satz 1 und 2 TV-L erreicht. Einheitlich geht es bei § 20 Abs. 3 TV-L darum, das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis bei der Höhe der Jahressonderzahlung durch einen repräsentativen Zeitraum abzubilden (vgl. BAG 22. März 2017 – 10 AZR 623/15 – Rn. 22 f., BAGE 158, 340).

33        IV. Im Streitfall ist daher für den Bemessungszeitraum des § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L nur die Zeit ab dem 31. August 2015 bis zum 30. September 2015 von Bedeutung. Nach § 20 Abs. 3 Satz 2 TV-L bestimmt sich der Bemessungssatz nach der Entgeltgruppe am 1. September. Die Klägerin war am 1. September in die Entgeltgruppe 10 der Entgeltordnung (Anlage A) zum TV-L eingruppiert. Damit steht ihr für das Kalenderjahr 2015 eine Jahressonderzahlung iHv. 64 % der Bemessungsgrundlage zu.

34        V. Ausgehend davon hat die Klägerin einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung für das Kalenderjahr 2015 von 248,04 Euro brutto, der mit den Teilzahlungen von insgesamt 248,11 Euro brutto erfüllt wurde.

35        1. In der Zeit vom 31. August bis 30. September 2015 erzielte die Klägerin ausgehend von 31 Kalendertagen mit Entgelt eine Bruttovergütung von insgesamt 391,74 Euro. Wird die Formel des Satzes 2 der Protokollerklärung zu § 20 Abs. 3 TV-L zugrunde gelegt, ergibt sich eine Bemessungsgrundlage von 387,57 Euro brutto (391,74 Euro brutto geteilt durch 31 Kalendertage mit Entgelt multipliziert mit 30,67). Der einschlägige Bemessungssatz von 64 % führt zu einem Anspruch auf eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2015 von 248,04 Euro brutto.

36        2. Mit den Zahlungen von insgesamt 284,11 Euro brutto hat das beklagte Land diesen Anspruch erfüllt.

37        VI. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

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