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Arbeitsrecht
07.10.2021
Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: Benachteiligung wegen des Alters – Stellenausschreibung – Start-Up-Unternehmen

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1.7.2021 – 5 Sa 1573/20

ECLI:DE:LAGBEBB:2021:0701.5SA1573.20.00

Volltext: BB-Online BBL2021-2419-3

Leitsatz

Im Falle eines noch nicht lange bestehenden Startup-Unternehmens hat die Passage in einer Stellenausschreibung, dass ein "junges Team mit flachen Hierarchien" geboten werde, keinen Bezug zum Alter der Mitarbeiter dieses Teams.

§ 1 AGG, § 7 AGG, § 11 AGG, § 15 AGG, § 22 AGG

Sachverhalt

Der Kläger macht Entschädigungsansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend.

Der Kläger (geboren am …..1972) bewarb sich am 06.01.2020 mit um 08.27 Uhr eingegangener E-Mail bei der Beklagten auf die ausgeschriebene Stelle „(Junior) Key-Account Manager (w/m/d)“. Wegen des Ausschreibungstextes wird auf Blatt 17 f der Akte verwiesen. Unter anderem heißt es dort:

...

Wir sind der Berliner Startup A und gemeinsam mit dir möchten wir an unserer Vision des Guten Schlafens arbeiten. Begonnen hat alles Anfang 2017 ...

Wir suchen ...

-relevante Ausbildung oder relevantes Studium, sowie erste Erfahrungen im Bereich Accountmanagement oder Vertrieb ...

Wir bieten...

-junges Team mit flachen Hierarchien, das dir echten Gestaltungsspielraum lässt ...

Die Beklagte erteilte dem Kläger am 07.01.2020 eine Absage und besetzte die Stelle anderweitig. Mit E-Mail vom Montag, den 09.03.2020, machte der Kläger einen Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung in Höhe von 7.500,00 Euro geltend (Blatt 51 der Akte).

Mit seiner beim Arbeitsgericht am 08.06.2020 per Telefax eingegangen Klage hat der Kläger Entschädigungszahlungen nach dem AGG in Höhe von mindestens 5.000,00 Euro geltend gemacht. Er hat vorgetragen, dass die Beklagte ihn wegen seines Alters benachteiligt habe. Die Verwendung der Worte „junges Team“ in der Stellenausschreibung indiziere dies.

Mit dem Kläger am 28.08.2020 zugestelltem Versäumnisurteil vom 20.08.2020, gegen das der Kläger am 01.09.2020 Einspruch eingelegt hat, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 20.08.2020 aufzuheben und nach dem Klageantrag aus der Klageschrift zu erkennen

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 26.11.2020 hat das Arbeitsgericht das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nicht dargetan, dass er wegen seines Alters benachteiligt worden sei, er habe auch keine Indizien vorgetragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen ließen. In der Stellenausschreibung seien keine altersbezogenen Besetzungskriterien oder Wünsche formuliert worden, die Erwähnung des Begriffspaars „junges Team“ werde dadurch relativiert, dass diese Angabe nicht in dem Zusammenhang stehe mit „Wir suchen“. Im Zusammenhang damit, dass die Beklagte an herausragender Stelle als „Berliner Startup“ bezeichnet werde, sei dieses Begriffspaar im Sinne von junges, also neugegründetes Unternehmen“ zu verstehen. Die Angaben über das Alter des Unternehmens sage nichts über das Alter der dort Beschäftigten aus. Hinzu käme, dass unter der Rubrik „wir bieten“ keine Erwartungen an die Bewerber beschrieben würden. Geforderte „erste Erfahrungen im Bereich Accountmanagement oder Vertrieb“ gäben ebenso keinen Hinweis auf „junges Alter“, sondern stellten auf eine Eigenschaft ab, die eher lebensältere Bewerber aufwiesen. Schließlich werde mit der Bezeichnung „(Junior) Key-Account Manager“ lediglich eine unternehmensinterne Hierarchieebene gekennzeichnet.

Gegen dieses dem Kläger am 02.12.2020 zugestellte Urteil richtet sich seine am 15.12.2020 eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 01.03.2020 am 01.03.2020 begründete Berufung. Er trägt vor, die in der Stellenausschreibung enthaltene Formulierung „wir bieten ... junges Team“ bringe entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts aus Sicht verständiger und redlicher Bewerber*innen zum Ausdruck, dass Personen gesucht würden, die in das Team passten, weil sie ebenso jung seien. Unter „Team“ seien die Beschäftigten und nicht das Unternehmen zu verstehen. Auch dass „erste Erfahrungen“ verlangt würde, richte sich an Personen, die regelmäßig am Beginn der beruflichen Laufbahn stünden. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sei auch mit einzubeziehen, dass der in der Stellenbezeichnung enthaltene Begriff „(Junior“) nicht wertungsneutral sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 26.11.2020 verkündeten Urteil des Arbeitsgerichts Berlin zum Aktenzeichen 38 Ca 7306/20 wird die Beklagte unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 20.08.2020 verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung von 5.000,00 Euro, welche im Übrigen in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, ihr Geschäftsführer habe sich am 06.01.2020 in einem ab 13.00 Uhr angesetzten Gespräch zur Besetzung der ausgeschriebenen Stelle mit einem bei ihr zuvor geringfügig beschäftigten Mitarbeiter entschieden, bevor er die Bewerbung des Klägers gesichtet habe. Der Kläger könne daher schon nicht als Bewerber angesehen werden. Dies scheide zudem mangels Ernsthaftigkeit der Bewerbung aus. In der gegliederten Stellenausschreibung seien unter „deine Verantwortlichkeiten“ und „wir suchen“ keine altersbezogenen Indizien vorhanden, der Abschnitt „wir bieten“ umfasse eine vom Anforderungsprofil der Stelle losgelöste Selbstdarstellung der Beklagten. Der dort aufgeführte Begriff „junges Team“ unterstreiche den Charakter der Beklagten als Startup und sei als „junges Unternehmen“ zu verstehen. Jedenfalls handele der Kläger treuwidrig.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien in der zweiten Instanz wird auf die Schriftsätze und Anlagen des Klägers vom 01.03.2021 (Blatt 168 bis 174 der Akte) und vom 14.06.2021 (Blatt 234 bis 238 der Akte), der Beklagten vom 12.04.2021 (Blatt 207 bis 226 der Akte) und vom 23.06.2021 (Blatt 239 bis 242 der Akte) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2021 (Blatt 245 der Akte) verwiesen.

Aus den Gründen

I. Die Berufung ist gemäß §§ 8 Absatz 2, 64 Absatz 2 Buchstabe b) und Absatz 6, 66 Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), 519 Zivilprozessordnung (ZPO) statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden und wurde gemäß §§ 64 Absatz 6 ArbGG, 520 Absatz 3 ZPO ausreichend begründet.

II. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die zulässige Klage für unbegründet gehalten und das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. Die Berufung ist daher erfolglos.

1. Der Kläger hat mit am 01.09.2020 eingegangenem Telefax gemäß §§ 46 Absatz 2, 59 ArbGG, 340 ZPO form- und fristgerecht Einspruch gegen das ihm am 28.08.2020 zugestellte Versäumnisurteil vom 28.08.2020 eingelegt, weshalb der Prozess gemäß § 342 ZPO in die Lage vor Eintritt der Säumnis zurückversetzt wurde und das Arbeitsgericht in der Sache zu entscheiden hatte.

2. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt. Mit dem Antrag stellt der Kläger die Höhe der geltend gemachten Forderung in das Ermessen des Gerichts, soweit der Betrag von 5.000,00 Euro überschritten wird. Mit diesem Inhalt ist der Antrag nach § 253 Absatz 2 Nummer 2 ZPO zulässig. Grundlage des Antrages ist § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG, der für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld vorsieht. Dem Gericht wird bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Erforderlich ist allein, dass der Kläger Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (BAG, Urteil vom 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 –, Randnummer 16, juris). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn der Kläger benennt als Berechnungsgrundlage die – von der Beklagten unwidersprochen gebliebene – Höhe eines Monatsgehaltes und gibt mit dem Betrag von 5.000,00 Euro auch eine Größenordnung an.

3. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat nicht zu Lasten des Klägers gegen das Benachteiligungsverbot (§§ 1, 7 Absatz 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG) verstoßen und ist diesem deshalb nicht gemäß § 15 Absätze 1 und 2 AGG zu der Zahlung einer angemessenen Entschädigung verpflichtet.

a) Der persönliche Anwendungsbereich des 2. Abschnitts des AGG ist eröffnet, denn der Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten gemäß § 6 Absatz 1 Satz 2 Alternative 1 AGG als Bewerber und damit als Beschäftigter im Sinne des § 7 Absatz 1 AGG anzusehen, die Beklagte als Arbeitgeberin. Dass der Kläger Bewerber ist, folgt bereits aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Absatz 1 Satz 2 Alternative 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff. Soweit teilweise in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zusätzlich die „subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung“ gefordert wurde, hält es hieran aus zutreffenden Erwägungen nicht fest (BAG, Urteil vom 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 –, BAGE 156, 71-106, Randnummer 38). Auf den Vortrag der Beklagten zur fehlenden Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers kommt es daher insoweit nicht an. Entgegen ihrer Auffassung ist er auch nicht deshalb kein Bewerber, weil die Stelle nicht mehr vakant gewesen wäre. Unabhängig von der Frage, ob auch eine Person, die sich – zum Beispiel im Falle einer Initiativbewerbung oder einer fehlerhaft geschalteten Stellenanzeige – auf eine nicht oder nicht mehr offene Stelle bewirbt, Bewerber*in im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 2 Alternative 1 AGG sein kann, war hier die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle bei Eingang der Bewerbung des Klägers noch vakant. Auch nach dem Vortrag der Beklagten wurde sie nicht vor dem 06.01.2020, 13.00 Uhr aufgrund einer Einstellungszusage „besetzt“, die E-Mail des Klägers mit der Bewerbung ging bei der Beklagten unstreitig am 06.01.2020 bereits um 08.27 Uhr ein. Ferner ist die Beklagte als Arbeitgeberin im Sinne des § 6 Absatz 2 AGG anzusehen, da sie Personen im Sinne von § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AGG beschäftigt und um Bewerbungen gebeten hat.

b) Die Beklagte hat durch die Ablehnung der Bewerbung des Klägers nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Absatz 1 AGG verstoßen. Es ist weder zu einer unmittelbaren, noch zu einer mittelbaren Benachteiligung im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 AGG gekommen.

aa) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt hiernach vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

bb) Eine mittelbare Benachteiligung im vorgenannten Sinne behauptet der Kläger nicht. Aber auch zu der von ihm angenommenen unmittelbaren Benachteiligung ist es nicht gekommen. Der Kläger hat zwar eine weniger günstige Behandlung erfahren, als der Beschäftigte, der nach dem Vortrag der Beklagten von ihr eingestellt wurde. Diese Benachteiligung beruhte jedoch nicht auf einem in § 1 AGG genannten Grund. Soweit der Kläger behauptet, seine Bewerbung sei wegen seines Alters erfolglos geblieben, hat er einen solchen Sachverhalt nicht schlüssig vorgetragen. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang nicht gemäß § 22 AGG auf die Vermutung stützen, er sei wegen seines Alters benachteiligt worden. Indizien dafür liegen nicht vor. Sie ergeben sich nicht aus dem Text der Stellenausschreibung, auf welche sich der Kläger beworben hat. Diese verstößt nicht gegen § 11 AGG, wonach ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 AGG ausgeschrieben werden darf.

(a) Enthält eine Stellenausschreibung Formulierungen, insbesondere Anforderungen, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, kann dies die Vermutung nach § 22 AGG begründen, erfolglose Bewerber*innen seien im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden. (BAG, Urteil vom 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 –, Randnummer 31, juris).

(b) Das Arbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Stellenausschreibung der Beklagten keine Formulierungen enthält, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, die Beklagte habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben. Eine an eine unbekannte Vielzahl von Personen gerichtete Stellenausschreibung ist nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen potentiellen Bewerbern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Bewerbers zugrunde zu legen sind (BAG, Urteil vom 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 –, Randnummer 33, juris). Eine solche Person musste vorliegend die Stellenausschreibung nicht so verstehen, dass die Beklagte Menschen jungen Alters suchte.

(aa) Ein solches Verständnis ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht daraus, dass die Beklagte im Ausschreibungstext ein „junges Team mit flachen Hierarchien“ bietet, das echten Gestaltungsspielraum lasse. Zwar kann der Hinweis in einer Stellenausschreibung, wonach die sich bewerbende Person eine intensive Einarbeitung in verschiedenen Abteilungen in einem professionellen Umfeld „mit einem jungen dynamischen Team“ erwarte, von durchschnittlichen Bewerber*innen so verstanden werden, dass damit zum Ausdruck gebracht wird, dass eine Person gesucht wird, die in das Team passt, weil sie ebenso jung und dynamisch ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams (BAG, Urteil vom 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 –, Randnummer 35, juris). Das Adjektiv „jung“ bezieht sich bei einer Verbindung mit einem Team, also einer Gruppe von Mitarbeitern, im Zweifel auf die Mitglieder dieser Gruppe und nicht auf den Zeitpunkt, seitdem dieses Team besteht (BAG, Urteil vom 23. November 2017 – 8 AZR 604/16 –, Randnummer 34, juris). In der hier maßgeblichen Stellenausschreibung wird jedoch bereits eingangs darauf hingewiesen, dass es sich bei der Beklagten um ein noch nicht lange existierendes Startup-Unternehmen handelt. Es wird ferner darauf hingewiesen, dass man bestimmte Produkte nach einer anfänglichen Idee innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nunmehr vertreibe, weitere Produkte und digitalisierte Inhalte entwickele und am Wachstum arbeite. In diesem Zusammenhang müssen durchschnittliche Bewerber*innen die im weiteren Text enthaltene Aussage, die Beklagte biete ein „junges Team mit flachen Hierarchien, dass dir einen echten Gestaltungsspielraum lässt“ als Hinweis darauf verstehen, dass sie in einer erst seit kurzem bestehenden Belegschaft mit wenigen vorgesetzten Personen einen eigenen Gestaltungsspielraum bei der Mitarbeit an neuen Produkten, deren Vermarktung und neuen Wachstumsstrategien haben. Bei diesem Verständnis ist die fragliche Passage im vorliegenden Kontext nicht als überflüssig anzusehen, sondern hat den Aussagegehalt, dass Bewerber*innen nicht auf eine schon eingespielte, seit langem bestehende, sondern eine erst seit kurzem zusammenarbeitende Belegschaft treffen, die der sich bewerbenden Person besondere Spielräume bei der Mitarbeit in dem aufstrebenden Unternehmen der Beklagten bietet und nicht, dass die Zusammenarbeit mit jungen Menschen erwartet werde kann. Der Hinweis auf flache Hierarchien und einen „echten Gestaltungsspielraum“ bekräftigt, dass keine Aussage über die einzelnen Belegschaftsmitglieder, sondern über die Belegschaft in ihrer Gesamtheit gemacht wird. Diese Aussage lässt sich nicht bereits dem anfänglichen Text der Stellenausschreibung entnehmen.

(bb) Dass trotz dieses nahliegenden Verständnisses gleichwohl eine junge Person gesucht werde, kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Stellenausschreibung entnommen werden. Die durchgehende Verwendung der zweiten Person („dir“, „deine“) ist kein Hinweis darauf, dass jugendliche Personen angesprochen werden, sondern heutzutage eine in vielen großen Unternehmen übliche Art und Weise des vom Alter unabhängigen Ansprechens von Mitarbeitern. Die Verwendung des Wortes „Junior“ in der Stellenbezeichnung hat ebenfalls keinen Bezug zum Lebensalter, sondern zur Stellung in der Hierarchie des Unternehmens. Schließlich kann der Passage, dass „erste Erfahrungen im Bereich Accountmanagement oder Vertrieb“ gesucht würden, kein Altersbezug entnommen werden. Zwar sind Berufsanfänger*innen und Menschen mit „erster Berufserfahrung“ typischerweise junge Menschen (BAG, Urteil vom 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 –, BAGE 156, 71-106, Randnummer 81). Vorliegend wird jedoch nicht das Vorliegen erster Erfahrungen auf dem Gebiet einer bestimmten Ausbildung, also eines erlernten Berufes gefordert, die typischerweise am Anfang des Berufslebens bei noch jugendlichem Alter erworben werden. Mögen die hier geforderte relevante Ausbildung oder das relevante Studium typischerweise in jugendlichem Alter erworben werden, so können die „ersten Erfahrungen im Bereich Accountmanagement oder Vertrieb“ davon unabhängig auch später erworben worden sein. Die vorliegenden Anforderungen kann bei relevanter Ausbildung oder relevantem Studium also auch eine Person erfüllen, die erst in höherem Alter „erste Erfahrungen im Bereich Accountmanagement oder Vertrieb“ erwerben.

cc) Das Vorliegen anderer, auf eine Benachteiligung wegen des Alters hindeutende Indizien behauptet der Kläger nicht. Erst recht trägt er keinen Sachverhalt vor, aus dem sich ohne Weiteres eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen seines Alters ableiten ließe.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Absatz 1 ZPO.

IV. Gründe für eine Revisionszulassung gemäß § 72 Absatz 2 ArbGG liegen nicht vor.

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