BAG: Befristung und Maßregelungsverbot
BAG , Urteil vom 21.09.2011 - Aktenzeichen 7 AZR 150/10 (Vorinstanz: LAG Hamm vom 02.12.2009 - Aktenzeichen 3 Sa 267/09; ) (Vorinstanz: ArbG Dortmund vom 07.01.2009 - Aktenzeichen 5 Ca 1145/08; ) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Leitsätze: 1. Bietet ein Arbeitgeber einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer keinen Folgevertrag an, weil der Arbeitnehmer ihm zustehende Rechte ausgeübt hat, liegt darin eine von § 612a BGB verbotene Maßregelung. 2. Verletzt der Arbeitgeber das Maßregelungsverbot, kann der Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz haben. § 15 Abs. 6 AGG ist jedoch entsprechend anzuwenden. Der Arbeitnehmer kann deshalb keinen Folgevertrag verlangen. Orientierungssätze: 1. Das in § 612a BGB geregelte Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit schützen, wenn er Rechte wahrnimmt. Der Arbeitnehmer soll seine Rechte ohne Furcht vor wirtschaftlichen oder sonstigen Repressalien des Arbeitgebers ausüben können. 2. Eine Rechtsausübung kann nicht nur in der Geltendmachung von Ansprüchen bestehen, sondern auch in der Wahrnehmung sonstiger Rechtspositionen. Von § 612a BGB wird auch die Ausübung von Grundrechten erfasst, soweit sie im Verhältnis zum Arbeitgeber rechtserheblich sind. 3. Ist eine zulässige Rechtsausübung des Arbeitnehmers das tragende Motiv des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer nach dem Ende eines befristeten Arbeitsvertrags kein unbefristetes Folgearbeitsverhältnis zu begründen, handelt es sich um eine verbotene Maßregelung iSv. § 612a BGB. Der Arbeitgeber übt nicht lediglich in zulässiger Weise seine Vertragsfreiheit aus. Sein Beweggrund dafür, dem Arbeitnehmer wegen der zulässigen Ausübung von Rechten den Vorteil eines unbefristeten Arbeitsvertrags vorzuenthalten, wird von der Rechtsordnung missbilligt. Das gilt gleichermaßen für vorangehende sachgrundlose Befristungen wie für Befristungen mit Sachgrund. 4. Verletzt der Arbeitgeber das Maßregelungsverbot durch eine Maßnahme, ist sie rechtswidrig. Liegt die Maßregelung in einem Unterlassen, etwa in der Vorenthaltung von Vorteilen, kann dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen. 5. Verletzt der Arbeitgeber das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, indem er einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer keinen Folgevertrag anbietet, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise Rechte wahrgenommen hat, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Abschluss eines Folgevertrags, sondern kann nur Geldersatz verlangen. Einem Anspruch auf Naturalrestitution durch Abschluss eines Folgevertrags steht die entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG entgegen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Normenkette: BGB § 133; BGB § 145; BGB § 157; BGB § 241 Abs. 2; BGB § 249 Abs. 1; BGB § 251 Abs. 1; BGB § 252; BGB § 275 Abs. 1; BGB § 280 Abs. 1; BGB § 311a Abs. 1; BGB § 612a; BGB § 823 Abs. 2; AGG § 1; AGG § 7 Abs. 1; AGG § 7 Abs. 2; AGG § 15 Abs. 1; AGG § 15 Abs. 4 S. 1; AGG § 15 Abs. 6; TzBfG § 14 Abs. 2; TzBfG § 17 S. 1; GG Art. 5 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3 S. 1, 2; ZPO § 139 Abs. 1; ZPO § 139 Abs. 2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 263; ZPO § 264 Nr. 3; ZPO § 286 Abs. 1 S. 1; ZPO § 561; ZPO § 894 S. 1;
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