BAG: Befristung eines Arbeitsvertrags – Voraussetzungen des institutionellen Rechtsmissbrauchs
BAG, Urteil vom 17.5.2017 – 7 AZR 420/15
ECLI:DE:BAG:2017:170517.U.7AZR420.15.0
Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2017-2748-1
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Amtliche Leitsätze
Die Prüfung, ob eine durch einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigte Befristung eines Arbeitsvertrags nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam ist, obliegt in erster Linie den Gerichten der Tatsacheninstanz. Deren Würdigung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob das Gericht von den zutreffenden Voraussetzungen des institutionellen Rechtsmissbrauchs ausgegangen ist, ob es alle erheblichen Gesichtspunkte widerspruchsfrei berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird.
TzBfG §§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 14 Abs. 2 S. 1; BEEG § 21 Abs. 1; BGB § 242
Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrags des Klägers.
Der Kläger ist Diplom-Sportlehrer ohne Lehramtsbefähigung. Das beklagte Land beschäftigte ihn in der Zeit vom 9. Dezember 2002 bis zum 11. April 2014 aufgrund von insgesamt 25 befristeten Arbeitsverträgen an vier Förderschulen in B und in H als Lehrer. Es handelt sich um folgende Verträge …[…]
Als Grund für die letzte Befristungsabrede sieht der schriftliche Arbeitsvertrag vom 22. August 2013 die Elternzeit von Frau Ba vor. Der Kläger wurde in der Zeit vom 4. September 2013 bis zum 11. April 2014 als Klassenlehrer einer 8. Klasse sowie als Sportlehrer eingesetzt. Der vorherige Klassenlehrer übernahm dafür die ursprünglich von Frau Ba betreute Eingangsklasse.
Mit seiner Klage vom 30. April 2014, die dem beklagten Land am 6. Mai 2014 zugestellt wurde, hat der Kläger die Auffassung vertreten, die letzte Befristung sei aufgrund der langjährigen Dauer seiner Beschäftigung und der Anzahl der abgeschlossenen befristeten Verträge rechtsmissbräuchlich. Auszugehen sei zumindest von einer dauerhaften Beschäftigung seit dem 22. September 2004. Die Unterbrechung im Jahr 2005 habe bis auf wenige Tage ausschließlich in der Zeit der Sommerferien gelegen und sei deswegen unbeachtlich. Die rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung des beklagten Landes ergebe sich auch daraus, dass die befristeten Beschäftigungen nicht jeweils für die Dauer des erwarteten Vertretungsbedarfs, sondern in der Regel lediglich für ein Schulhalbjahr oder kürzere Zeiträume erfolgt seien. Der Vertretungsbedarf für in Elternzeit befindliche Lehrkräfte habe unabhängig von den Schulhalbjahren bestanden.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die im Arbeitsvertrag vom 22. August 2013 vereinbarte Befristung zum 11. April 2014 beendet worden ist.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Ansicht vertreten, die zuletzt vereinbarte Befristung sei wirksam. Sie sei durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Dem stünden die Grundsätze des institutionellen Rechtsmissbrauchs nicht entgegen… […]
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision beantragt das beklagte Land weiterhin die Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Aus den Gründen
Unbegründetheit der Revision
8 Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die im Arbeitsvertrag vom 22. August 2013 vereinbarte Befristung zum 11. April 2014 ist zwar durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Das beklagte Land ist jedoch nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs gehindert, sich auf diesen Sachgrund zu berufen.
9 I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die im Arbeitsvertrag vom 22. August 2013 vereinbarte Befristung durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt ist. Der Kläger wurde zur Vertretung der in Elternzeit befindlichen Lehrkraft Ba beschäftigt.
Die vereinbarte Befristung ist zwar durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt
10 1. Ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird durch § 21 Abs. 1 BEEG konkretisiert (BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 14; 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 16). Die Vorschrift setzt voraus, dass ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit oder einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes eingestellt wird. Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 14; 24. August 2016 - 7 AZR 41/15 - Rn. 17; 11. Februar 2015 - 7 AZR 113/13 [BB 2015, 1081] - Rn. 15).
11 Der Sachgrund der Vertretung setzt einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung der Vertretungskraft voraus. Es muss sichergestellt sein, dass die Vertretungskraft gerade wegen des durch den zeitweiligen Ausfall des zu vertretenden Mitarbeiters entstandenen vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs eingestellt worden ist. Es ist deshalb aufgrund der Umstände bei Vertragsschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 15; 24. August 2016 - 7 AZR 41/15 - Rn. 19).
12 Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen. Nur dann ist gewährleistet, dass die Einstellung des Vertreters auf der Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers beruht (BAG 24. August 2016 - 7 AZR 41/15 - Rn. 21; 11. Februar 2015 - 7 AZR 113/13 [BB 2015, 1081] - Rn. 20 mwN).
13 2. Danach ist die zuletzt im Arbeitsvertrag vom 22. August 2013 vereinbarte Befristung durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Der Kläger vertrat Frau Ba, die sich in Elternzeit befand. Die Aufgaben des Klägers waren durch die Festlegung im Arbeitsvertrag Frau Ba gedanklich zugeordnet. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen hätte Frau Ba auch die dem Kläger übertragenen Aufgaben, nämlich die Leitung der 8. Klasse sowie den Sportunterricht, übernehmen können.
Das beklagte Land ist jedoch nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs daran gehindert, sich auf den Sachgrund der Vertretung zu berufen
14 II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass das beklagte Land nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs daran gehindert ist, sich auf den Sachgrund der Vertretung zu berufen.
15 1. Die Gerichte dürfen sich bei der Befristungskontrolle nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds beschränken. Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen dazu verpflichtet, durch Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen. Die Beachtung von § 5 Nr. 1 Buchst. a der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 verlangt, dass konkret geprüft wird, ob die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder -verhältnisse der Deckung eines zeitweiligen Bedarfs dient und ob eine nationale Vorschrift nicht in Wirklichkeit eingesetzt wird, um einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers zu decken. Hierzu sind stets alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch angeblich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein (vgl. EuGH 21. September 2016 - C-614/15 - [Popescu] Rn. 44, 65 f.; 14. September 2016 - C-16/15 - [Pérez López] Rn. 31; 26. November 2014 - C-22/13 ua. - [Mascolo ua.] Rn. 77, 101 f.; 3. Juli 2014 - C-362/13 ua. - [Fiamingo ua.] Rn. 62; 26. Januar 2012 - C-586/10 [BB 2012, 1093 m. BB-Komm. Maschmann] - [Kücük] Rn. 40). Die dazu gebotene zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 23; grundlegend: BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 38, BAGE 142, 308 [BB 2013, 189 m. BB-Komm. Schmid] und - 7 AZR 783/10 [BB 2013, 1979 m. BB-Komm. Lipinski] - Rn. 33).
Zur Bestimmung der Schwelle eines institutionellen Rechtsmissbrauchs
16 a) Die Bestimmung der Schwelle eines institutionellen Rechtsmissbrauchs hängt maßgeblich von der Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie der Anzahl der Vertragsverlängerungen ab. Der Senat hat sich mit den beiden grundlegenden Entscheidungen vom 18. Juli 2012 (- 7 AZR 443/09 - Rn. 43, 48, BAGE 142, 308 [BB 2013, 189 m. BB-Komm. Schmid] und - 7 AZR 783/10 [BB 2013, 1979 m. BB-Komm. Lipinski] - Rn. 43) zunächst näherer quantitativer Angaben dazu enthalten, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen für einen Missbrauch genau liegen und sich auf grobe Orientierungshilfen beschränkt. Er hat das in den Ausgangsentscheidungen angelegte dreistufige System inzwischen insbesondere in der Entscheidung vom 26. Oktober 2016 (- 7 AZR 135/15 - Rn. 26 ff.) näher konkretisiert. Danach ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
17 aa) Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen ist an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG anzuknüpfen. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds besteht kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Davon ist auszugehen, wenn nicht mindestens das Vierfache eines der in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bestimmten Werte oder das Dreifache beider Werte überschritten ist. Liegt ein Sachgrund vor, kann also von der Befristung des Arbeitsverhältnisses Gebrauch gemacht werden, solange das Arbeitsverhältnis nicht die Gesamtdauer von sechs Jahren überschreitet und zudem nicht mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden, es sei denn, die Gesamtdauer übersteigt acht Jahre oder es wurden mehr als zwölf Vertragsverlängerungen vereinbart (BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 26).
18 bb) Werden die Grenzen des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG alternativ oder kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten. Hiervon ist idR auszugehen, wenn einer der Werte des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG mehr als das Vierfache beträgt oder beide Werte das Dreifache übersteigen. Überschreitet also die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses acht Jahre oder wurden mehr als zwölf Verlängerungen des befristeten Arbeitsvertrags vereinbart, hängt es von weiteren, zunächst vom Kläger vorzutragenden Umständen ab, ob ein Rechtsmissbrauch anzunehmen ist. Gleiches gilt, wenn die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses sechs Jahre überschreitet und mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden (BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 27 mwN).
19 cc) Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. Von einem indizierten Rechtsmissbrauch ist idR auszugehen, wenn durch die befristeten Verträge einer der Werte des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG um mehr als das Fünffache überschritten wird oder beide Werte mehr als das jeweils Vierfache betragen. Das bedeutet, dass ein Rechtsmissbrauch indiziert ist, wenn die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zehn Jahre überschreitet oder mehr als 15 Vertragsverlängerungen vereinbart wurden oder wenn mehr als zwölf Vertragsverlängerungen bei einer Gesamtdauer von mehr als acht Jahren vorliegen. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 28).
Bei der Gesamtwürdigung zu berücksichtigende Indizien für oder gegen eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung
20 b) Unter Berücksichtigung der danach gegebenen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast können sich Anhaltspunkte für oder gegen einen institutionellen Rechtsmissbrauch insbesondere daraus ergeben, ob ein Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wurde oder ihm mit den jeweiligen befristeten Arbeitsverträgen wechselnde, ganz unterschiedliche Tätigkeiten übertragen wurden. Indizien für oder gegen eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung können auch aus der Art der Vertretung abzuleiten sein; regelmäßig erweist sich eine Befristung zur unmittelbaren Vertretung gegenüber einer mittelbaren Vertretung oder einer Vertretung nach dem Modell der sog. gedanklichen Zuordnung als weniger missbrauchsanfällig. Die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs bei aneinandergereihten befristeten Arbeitsverträgen zur Vertretung liegt näher, wenn die Laufzeit der Verträge wiederholt hinter der prognostizierten Dauer des Vertretungsbedarfs zurückbleibt, ohne dass dafür ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers erkennbar ist. Bei der Gesamtwürdigung von Bedeutung sind zudem grundrechtlich gewährleistete Freiheiten sowie besondere Anforderungen der in Rede stehenden Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien, sofern dies objektiv gerechtfertigt ist (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 24 mwN).
21 Auch die Anzahl und Dauer etwaiger Unterbrechungen zwischen den befristeten Arbeitsverträgen können grundsätzlich gegen einen Rechtsmissbrauch sprechen. Handelt es sich um erhebliche Unterbrechungen, welche die Annahme „aufeinanderfolgender Arbeitsverträge“ ausschließen, sind im Rahmen der Rechtsmissbrauchsprüfung nur die Dauer der Arbeitsverhältnisse und die Zahl der Vertragsverlängerungen nach der Unterbrechung zu berücksichtigen (vgl. BAG 21. März 2017 - 7 AZR 369/15 - Rn. 32 bei einer Unterbrechung von zwei Jahren). Werden für den gleichen Zeitraum mehrere befristete Arbeitsverträge geschlossen, zählen sie nur „einfach“, weil die Parallelverträge das befristete Arbeitsverhältnis nicht verlängern (BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 30).
Das LAG hat zu Recht eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung angenommen
22 2. Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht zu Recht eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung angenommen.
23 a) Zugunsten des beklagten Landes kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger erst seit dem 22. September 2004 aufgrund aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge beschäftigt wurde und die ersten drei befristeten Arbeitsverträge in der Zeit vom 9. Dezember 2002 bis zum 2. April 2004 wegen der anschließenden Unterbrechung nicht in die Missbrauchskontrolle einzubeziehen sind. Nicht erheblich ist dagegen nach der zutreffenden Annahme des Landesarbeitsgerichts die Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses in der Zeit vom 7. Juli 2005 bis zum 23. August 2005, bei der es sich im Wesentlichen um die Schulferien handelte.
24 b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass unter Zugrundelegung einer fortlaufenden Beschäftigung seit dem 22. September 2004 ein institutioneller Rechtsmissbrauch indiziert ist. Dies gilt bereits aufgrund der Anzahl der befristeten Arbeitsverträge, die das Fünffache der in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG vorgesehenen Verlängerungsmöglichkeit überschreitet. Die Parteien haben in dieser Zeit 19 berücksichtigungsfähige aufeinanderfolgende Arbeitsverträge geschlossen. Die für die Zeit vom 22. September 2004 bis zum 31. Mai 2005 sowie vom 24. August 2005 bis zum 23. Juni 2006 vereinbarten Vertragsverlängerungen sind nicht mitzuzählen, da sie sich zeitlich weitgehend mit anderen befristeten Arbeitsverträgen überschneiden. Ebenso wenig ist der Arbeitsvertrag vom 5. September 2012 zu berücksichtigen, da mit ihm lediglich die Arbeitszeit des Klägers aufgestockt wurde. Eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung ist zudem aufgrund der Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverträge seit dem 22. September 2004 von etwa 9,5 Jahren und der Anzahl der Vertragsverlängerungen indiziert, weil die gesetzlichen Werte des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG jeweils um mehr als das Vierfache überschritten sind.
Das beklagte Land hat den indizierten Rechtsmissbrauch nicht duch Darlegung besonderer Umstände entkräftet
25 c) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das beklagte Land habe die Indizwirkung nicht durch Darlegung besonderer Umstände entkräftet, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
26 aa) Grundsätzlich obliegt die Beurteilung, ob die Berufung auf einen Sachgrund nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich ist, den Gerichten der Tatsacheninstanzen. Diese tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt darauf zu überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht von den zutreffenden Voraussetzungen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs ausgegangen ist, ob es alle erheblichen Gesichtspunkte widerspruchsfrei berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. zum eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab: BAG 15. Dezember 2016 - 6 AZR 578/15 - Rn. 15; 10. Mai 2016 - 9 AZR 145/15 - Rn. 34).
27 bb) Dieser eingeschränkten Überprüfung hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts stand.
28 (1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die fehlende Lehramtsbefähigung des Klägers sei nicht geeignet, den indizierten Rechtsmissbrauch zu widerlegen. Hierbei handele es sich um einen Umstand, der weder für noch gegen einen Rechtsmissbrauch spreche. Deshalb sei es auch unerheblich, ob sich der Kläger auf unbefristete Stellen für sog. „Seiteneinsteiger“ beworben habe. Auch dass das beklagte Land nicht verpflichtet sei, eine Personalreserve vorzuhalten, widerlege den Rechtsmissbrauch vorliegend nicht. Obwohl eine solche Pflicht nicht bestehe, könne ein Rechtsmissbrauch vorliegen, wenn der Arbeitgeber durch die Gestaltung der Vertretungsverhältnisse de facto eine Personalreserve vorhalte. Davon sei vorliegend auszugehen, was sich insbesondere daraus ergebe, dass die Dauer der vereinbarten Vertragslaufzeiten oftmals nicht im Einklang mit dem zugrundeliegenden Sachgrund stünden. Aus den Verträgen sei zu schließen, dass der Kläger für jedweden auftretenden Ausfall eingesetzt und somit als Vertretungsreserve „vorgehalten“ worden sei. Branchenspezifische Besonderheiten im Schulbereich (in jedem Schuljahr erneut auftretender, nicht vorhersehbarer und nicht planbarer Vertretungsbedarf mit unterschiedlichen Fächerkombinationen in unterschiedlichem zeitlichen Umfang) seien vorliegend zu einer Entkräftung des Rechtsmissbrauchs nicht geeignet, da die Vertretung verschiedener Lehrer mit unterschiedlichen Fächerkombinationen 9,5 Jahre lang vom Kläger wahrgenommen worden sei. Haushaltsrechtliche Gesichtspunkte sprächen nicht gegen einen Rechtsmissbrauch. Dieser wurde auch nicht dadurch widerlegt, dass die befristeten Verträge überwiegend zur Elternzeitvertretung geschlossen worden seien.
29 (2) Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Der Arbeitnehmer wird als ständige Personalreserve „vorgehalten“
30 (a) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass sich der Arbeitgeber auf den Sachgrund der Vertretung nicht ohne weiteres berufen kann, wenn der Arbeitnehmer als ständige Personalreserve „vorgehalten“ wird.
31 (aa) Zwar ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet, eine Personalreserve in Form unbefristet beschäftigter Vertretungskräfte vorzuhalten, um Vertretungsfälle abzudecken (EuGH 14. September 2016 - C-16/15 - [Pérez López] Rn. 55 f.; 26. Januar 2012 - C-586/10 [BB 2012, 1093 m. BB-Komm. Maschmann] - [Kücük] Rn. 54; BAG 24. August 2016 - 7 AZR 41/15 - Rn. 26; 13. Februar 2013 - 7 AZR 225/11 - Rn. 33; 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 15, BAGE 142, 308 [BB 2013, 189 m. BB-Komm. Schmid]). Der Arbeitgeber kann sich jedoch nicht mehr auf den Sachgrund der Vertretung berufen, wenn die fortlaufende befristete Beschäftigung des Arbeitnehmers den Schluss auf einen dauerhaften Bedarf an dessen Beschäftigung zulässt. So verhält es sich, wenn der Arbeitgeber den befristet beschäftigten Arbeitnehmer über Jahre hinweg im Ergebnis als Personalreserve für unterschiedliche Vertretungsfälle einsetzt. Besteht in Wahrheit ein dauerhafter Bedarf an der Beschäftigung, kommt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande, selbst wenn damit die Gefahr eines zeitweisen Personalüberhangs nicht völlig auszuschließen und bei den Personalplanungen zu berücksichtigen sein mag (vgl. BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 944/13 - Rn. 15).
32 Diese Grundsätze gelten auch für den Schulbereich. Die Notwendigkeit besonderer Flexibilität kann zwar den wiederholten Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge objektiv rechtfertigen, um dem Vertretungsbedarf der Schulen angemessen gerecht zu werden und um zu verhindern, dass der Staat als Arbeitgeber dem Risiko ausgesetzt wird, erheblich mehr feste Lehrkräfte anzustellen, als zur Erfüllung seiner Verpflichtungen auf diesem Gebiet tatsächlich notwendig sind (vgl. EuGH 26. November 2014 - C-22/13 ua. - [Mascolo ua.] Rn. 95). Deshalb muss der Arbeitgeber dem „branchentypisch“ wiederkehrenden, unplanbaren Vertretungsbedarf nicht durch eine Personalreserve begegnen. Allerdings wird auch für den Schulbereich eine weitere Prüfung der Umstände des Einzelfalls verlangt, um einen missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im Sinne des § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung auszuschließen (vgl. EuGH 26. November 2014 - C-22/13 ua. - [Mascolo ua.] Rn. 108).
33 (bb) Das Landesarbeitsgericht hat unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände angenommen, die mit dem Kläger vorgenommene Vertragsgestaltung spreche dafür, dass ihn das beklagte Land als Personalreserve „vorgehalten“ hat. Der Kläger wurde zur Vertretung mehrerer Stammlehrkräfte beschäftigt, zum Teil zur Vertretung mehrerer Lehrkräfte gleichzeitig. Daraus und aus dem zeitlichen Umfang der Beschäftigung des Klägers, der jedenfalls seit Juni 2007 ganz überwiegend in Vollzeit eingesetzt wurde, hat das Landesarbeitsgericht widerspruchsfrei geschlossen, dass in Wahrheit ein dauerhafter Bedarf an der Beschäftigung des Klägers besteht. Die Rüge des beklagten Landes, das Landesarbeitsgericht habe ohne vorherigen Hinweis Vertretungskonstellationen einer kritischen Analyse unterzogen, greift schon deshalb nicht durch, weil das beklagte Land nicht dargelegt hat, welcher entscheidungserhebliche Vortrag auf einen entsprechenden Hinweis gehalten worden wäre.
Dauerhafter Beschäftigungsbedarf für den Kläger
34 (b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es habe ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf für den Kläger bestanden, wird entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger nicht stets an derselben Schule, sondern an vier Förderschulen beschäftigt wurde. Diesen Umstand eines wechselnden Einsatzes hat das Landesarbeitsgericht zwar nicht ausdrücklich gewürdigt. Die Beschäftigung an verschiedenen Förderschulen in B und H begründet aber keine Besonderheit, die geeignet sein könnte, die Indizwirkung eines Rechtsmissbrauchs zu entkräften. Vielmehr ist auch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis die Versetzung einer Lehrkraft an eine andere Schule derselben Schulform aufgrund des Direktionsrechts nicht ungewöhnlich.
Der Kläger wurde vom Land wie eine unbefristete Arbeitskraft als Personalreserve eingeplant
35 (c) Der indizierte Rechtsmissbrauch ist ferner nicht dadurch widerlegt, dass der Kläger nicht ausnahmslos in demselben zeitlichen Umfang beschäftigt wurde. Jedenfalls seit dem 21. Juni 2007 wurde er ganz überwiegend mit vollem Stundendeputat eingesetzt. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, bestätigt dies, dass das beklagte Land den Kläger wie eine unbefristete Arbeitskraft als Personalreserve eingeplant hat. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall von demjenigen, über den der Senat am 7. Oktober 2015 (- 7 AZR 944/13 - Rn. 23) zu entscheiden hatte. Dort lag kein institutioneller Rechtsmissbrauch vor, da die Vertragsgestaltung mit der Klägerin, die an verschiedenen Schulen und Schulformen als Lehrerin für Hauswirtschaftslehre mit einem signifikant unterschiedlichen Lehrdeputat von zwei Stunden bis zu 25,5 Stunden (Vollzeit) befristet beschäftigt wurde, nicht darauf schließen ließ, dass sie wie eine dauerhaft Beschäftigte eingeplant wurde.
36 (d) Der indizierte Rechtsmissbrauch ist auch nicht deshalb als entkräftet anzusehen, weil der Kläger ganz überwiegend zur Vertretung von Stammkräften eingestellt wurde, die sich in Elternzeit befanden. § 21 Abs. 1 BEEG dient dem sozialpolitischen Ziel, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich ein anderes Verständnis nicht mit der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung in Einklang bringen ließe. Nach der Rechtsprechung des EuGH werden mit Maßnahmen, die dem Schutz bei Schwangerschaft und Mutterschaft dienen und es Männern und Frauen ermöglichen sollen, ihren beruflichen und familiären Verpflichtungen gleichermaßen nachzukommen, legitime sozialpolitische Ziele verfolgt. Die Legitimität dieser Ziele wird durch die Richtlinie 92/85/EWG und durch die Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub bestätigt. Aber auch in den Fällen des § 21 Abs. 1 BEEG verlangt der EuGH konkret zu prüfen, ob die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder -verhältnisse zur Deckung eines echten zeitweiligen Bedarfs dient und nicht in Wirklichkeit eingesetzt wird, um einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers zu decken (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 [BB 2012, 1093 m. BB-Komm. Maschmann] - [Kücük] Rn. 34 ff.). Dementsprechend hat der Senat im Urteil vom 29. April 2015 (- 7 AZR 310/13 -) den Umstand, dass der Arbeitgeber Ausfallzeiten, die durch Mutterschutz, Elternzeit und Sonderurlaub zur Kinderbetreuung bedingt sind, nach § 21 Abs. 1 BEEG durch die befristete Einstellung einer Vertretungskraft überbrücken kann, lediglich in die auch in diesem Fall notwendige Gesamtabwägung einbezogen.
Der indizierte Rechtsmissbrauch ist auch nicht aufgrund der fehlenden Lehramtsbefähigung des Klägers entkräftet
37 (e) Die fehlende Lehramtsbefähigung des Klägers entkräftet den indizierten Rechtsmissbrauch ebenfalls nicht. Zwar hat das beklagte Land grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, nur qualifizierte Lehrkräfte mit einer Lehramtsbefähigung für zwei Fächer unbefristet einzustellen. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht aber angenommen, dass die fehlende Lehramtsbefähigung für das beklagte Land keinen Hinderungsgrund darstellte, den Kläger ununterbrochen 9,5 Jahre lang zu beschäftigen. Das Argument der fehlenden formalen Qualifikation und vielseitigeren Einsetzbarkeit des Klägers verliert mit zunehmender Dauer der Beschäftigung an Gewicht und vermag daher einen indizierten Rechtsmissbrauch nicht mehr zu entkräften. Eine dauerhafte Beschäftigung formal nicht hinreichend qualifizierter Lehrkräfte in befristeten Arbeitsverhältnissen ist auch nicht durch den vom beklagten Land behaupteten Umstand gerechtfertigt, fachlich geeignete Förderlehrer hätten in der Vergangenheit nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung gestanden.
38 (f) Die Rüge des beklagten Landes, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass sich der Kläger stets nur auf befristete Stellen und nie auf eine unbefristete Stelle für „Seiteneinsteiger“ beworben habe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Bewerbung eines Arbeitnehmers auf eine befristete Stelle schließt weder eine Sachgrundprüfung aus noch rechtfertigt sie die gesetzwidrige Gestaltung des Arbeitsvertrags. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der Arbeitnehmer iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG jeweils den Wunsch nach einer nur zeitlich begrenzten Beschäftigung gehabt hätte. Entscheidend dafür ist, ob der Arbeitnehmer auch bei einem Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Vertrags nur ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart hätte (BAG 18. Januar 2017 - 7 AZR 236/15 - Rn. 30 mwN; 12. November 2014 - 7 AZR 891/12 - Rn. 31, BAGE 150, 8). Weder die Bewerbung auf eine befristete Stelle noch die Unterzeichnung eines daraufhin abgeschlossenen Arbeitsvertrags lässt aber im vorliegenden Fall auf einen entsprechenden Wunsch des Klägers schließen, selbst wenn der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, sich auf eine andere, unbefristete Stelle zu bewerben. Es ist kein objektiver Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Kläger eine befristete Beschäftigung einer unbefristeten Beschäftigung vorgezogen hätte.
Keine Rechtfertigung der gesetzeswidrigen Gestaltung befristeter Arbeitsverträge durch verbindliche Vorgaben des Haushalts
39 (g) Der Annahme eines institutionellen Rechtsmissbrauchs stehen auch haushaltsrechtliche Gründe nicht entgegen. Der vertragsschließende öffentliche Arbeitgeber ist zwar gehalten, keine Verpflichtungen einzugehen, die nicht durch ein Haushaltsgesetz gedeckt sind. Allerdings darf der öffentliche Arbeitgeber die Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen nicht unter Berufung auf das Fehlen von Haushaltsmitteln verweigern, wenn ein Arbeitsvertrag unter Verletzung des Haushaltsgesetzes geschlossen wurde (BAG 7. Juli 1999 - 7 AZR 609/97 - zu II 1 der Gründe, BAGE 92, 121 [BB 2000, 934]). Die verbindlichen Vorgaben des Haushalts rechtfertigen nicht die gesetzwidrige Gestaltung befristeter Arbeitsverträge. Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht das Verbot der Neuverschuldung in Art. 109 Abs. 3 Satz 1 GG.
40 (h) Ohne Erfolg rügt das beklagte Land schließlich, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, es spreche für eine missbräuchliche Ausnutzung der Befristungsmöglichkeit, dass die vereinbarten Laufzeiten der befristeten Arbeitsverträge verschiedentlich nicht mit den Gründen für die Befristungen korrelierten. Zwar hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht einen für einen institutionellen Rechtsmissbrauch sprechenden Gesichtspunkt darin gesehen, dass sich die Befristungsdauer abweichend von dem Vertretungsgrund „auf den Beginn der Sommerferien“, also auf das Ende des Schuljahres beziehe und damit von dem Vertretungsgrund abweiche. Es hat dabei nicht hinreichend beachtet, dass der Vertretungsbedarf im Schulbereich - abweichend von den allgemeinen Grundsätzen - von verschiedenen, sich ständig verändernden tatsächlichen Umständen abhängig ist, die eine schuljahres- und schulhalbjahresbezogene Personalplanung für den Unterricht durch die Bezirksregierungen und Schulen rechtfertigen. Nicht nur das Schuljahr, sondern auch das Schulhalbjahr stellt eine organisatorische Zäsur dar, um für das folgende Halbjahr eine volle und möglichst fachbezogene Unterrichtsversorgung zu gewährleisten (BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 40). Auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt kommt es jedoch im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich an. Das wiederholte Auseinanderfallen von Grund und Dauer der Befristung könnte zwar dafür sprechen, einen Rechtsmissbrauch zu begründen, wenn eine entsprechende Prüfung veranlasst wäre. Ein - wie hier - indizierter Rechtsmissbrauch lässt sich damit aber nicht entkräften.
41 III. Das beklagte Land hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.