LAG Niedersachsen: BQG - Unwirksamkeit eines Aufhebungsvertrags wegen Umgehung des § 613a BGB
LAG Niedersachsen, Urteil vom 10.2.2010 - 7 Sa 779/09
Leitsätze
1. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem Insolvenzverwalter und die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft für lediglich 1 Tag ist vorliegend wegen Umgehung des § 613 a BGB unwirksam.
2. Bei der Berechnung der Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 BGB ist eine lediglich eintägige tatsächliche und rechtliche Unterbrechung der Beschäftigung des Klägers unschädlich.
Sachverhalt
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 20.8.2008 zum 31.12.2008 oder zum 31.3.2009 beendet worden ist.
Der am 0.0.1945 geborene Kläger war auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 4.2.1982 (Bl. 76 d.A.) ab dem 1.4.1982 bei A Metallwarenfabrik GmbH als Refa-Fachmann beschäftigt. Über das Vermögen dieser zwischenzeitlich in B GmbH umbenannten Firma wurde im Jahre 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Mit Schreiben vom 12.8.2004 (Bl. 489, 490 d.A.) wurden der Kläger und die anderen Mitarbeiter der Firma C GmbH davon unterrichtet, dass die Firma D Automotive GmbH gegründet wurde und aus der Insolvenz die notwendigen Aktiva erworben habe, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien nunmehr bei der D Automotive GmbH beschäftigt.
Am 1.12.2005 wurde über das Vermögen der Firma D Automotive GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter vereinbarte am 20.3.2006 mit dem Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über die Schaffung von Auffangstrukturen, die zugleich ein Interessenausgleich und Sozialplan ist" sowie eine „Zusatzvereinbarung für den Fall der übertragenden Sanierung", auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 241 bis 279 d.A.).
Am 27.3.2006 unterzeichnete der Kläger insgesamt sechs ihm vorgelegte Fassungen eines dreiseitigen Vertrages, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der insolventen Firma und einen Wechsel in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft E GmbH zu unterschiedlichen Zeitpunkten vorsahen. Der von der Beklagten im vorliegenden Verfahren vorgelegte Vertrag, der neben der Unterschrift des Klägers auch jeweils eine Unterschrift für den Insolvenzverwalter und die E GmbH enthält (Bl. 64 bis 70 d.A.), enthält u. a. folgende Regelungen:
Individuelle Daten für diesen Vertrag
Tag der Beendigung:
31.5.2006
Eintrittsdatum F:
1.6.2006
Austrittsdatum F:
28.2.2007
Verweildauer:
9 Monate
Bemessungsgrundlage (Bruttomonatseinkommen):
3.715,31 Euro
§ 1 Wechsel in die F
1. Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma
In Kenntnis der in der Vorbemerkung genannten Vereinbarung beende ich hiermit mein Arbeitsverhältnis mit der Firma aus betriebsbedingten Gründen - von dieser veranlasst und gewollt - einvernehmlich zum Tage der Beendigung, 24.00 Uhr (Datum siehe S. 1).
2. Begründung des Arbeitsverhältnisses mit der F
Gleichzeitig wechsle ich mit Wirkung zum Eintrittsdatum (Datum siehe S. 1), 0.00 Uhr, in ein befristetes Arbeitsverhältnis mit der F (betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit Firma D Automotive GmbH (beE „E")).
3. Belehrung
Ich bin darüber aufgeklärt worden, dass eine Übernahme in die F nur in Frage kommt, wenn ich gleichzeitig das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma beende; allerdings wird die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber erst in dem Moment und nur dann wirksam, wenn die F diesen 3-seitigen Vertrag unterzeichnet. Für das Inkrafttreten des 3-seitigen Vertrages ist der Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Vertrages durch die F maßgeblich. Dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber werden nachfolgend die für die jeweilige Vertragspartei bestimmte Abschrift des 3-seitigen Vertrages von der F lediglich zur Kenntnisnahme und zum Verbleib übersandt. ...
Eine unterschriebene Ausfertigung dieses Vertrages ist dem Kläger nicht zugegangen. Die Unterschrift durch die Firma F erfolgte nach der Behauptung der Beklagten zwei Tage vor dem 31.5.2006 durch deren Geschäftsführer S.
Alle Arbeitnehmer erwarben einen Abfindungsanspruch gegen den Insolvenzverwalter, auf den ein Abschlag gezahlt wurde.
Die Beklagte erwarb durch Kaufvertrag vom 9.5.2006 das Betriebs-/Anlagevermögen der Insolvenzschuldnerin ohne Grundstück und Personal. Den Beschäftigten der insolventen Firma wurden von dem Insolvenzverwalter befristete und unbefristete Muster-Arbeitsverträge der Beklagten vorgelegt mit dem Hinweis, dass keine Sicherheit und kein Anspruch darauf bestehe, dass auch tatsächlich das Angebot der Arbeitnehmer auf Abschluss des vorbereiteten Arbeitsvertrages angenommen werde. Der Kläger unterschrieb den ihm vorgelegten unbefristeten Arbeitsvertrag, auf dem „Stand 26. April 2006" ausgedruckt ist, am 8.5.2006 (Bl. 56 bis 62 d.A.).
Am 1.6.2006 fand eine Betriebsversammlung statt. Den Beschäftigten wurde mitgeteilt, dass von ursprünglich 452 Arbeitnehmern der insolventen Firma 352 Mitarbeiter ab 2.6.2006 auf der Basis der überlassenen Verträge zum Teil befristet (193 Mitarbeiter) und zum Teil unbefristet (159 Mitarbeiter) in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten übernommen würden.
Die zu übernehmenden Mitarbeiter wurden auf der Grundlage eines Stellenplans der Beklagten am 1.6.2006 nach ihrer Funktion im Losverfahren festgelegt. Die Beklagte, die zum damaligen Zeitpunkt unter dem Namen G Spiegel GmbH firmierte, unterzeichnete am 1.6.2006 dann u.a. den unbefristeten Arbeitsvertrag mit dem Kläger. Sie nahm die Produktion am 2.6.2006 auf.
Am 9.5.2007 vereinbarten die Parteien eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende (Bl. 63 d.A.).
Unter dem 23.06.2006 schloss der Kläger mit der E GmbH einen Aufhebungsvertrag, der eine Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 1.6.2006, 24:00 Uhr, vorsieht (Bl. 71 d.A.).
Am 16.7.2008 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat einen Sozialplan wegen der beabsichtigten Schließung des Betriebs in W und der Verlegung nach H (Bl. 308 bis 318 d.A.). Dieser enthält in § 4 folgende Regelungen:
a) Mitarbeiter, die das vom Arbeitgeber offerierte Änderungsangebot zur Tätigkeit in H nicht annehmen, oder innerhalb der ersten sechs Monate aus zwingenden Gründen beenden müssen, und betriebsbedingt gekündigt werden bzw. einen Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitgeber abschließen, erhalten eine Abfindung.
Diese Abfindung berechnet sich wie folgt:
1 Bruttomonatsgehalt x Beschäftigungsjahr
b) Stichtag für die Berechnung der Beschäftigungsjahre ist der 31.8.2008. Die Berechnung erfolgt in Halbjahresschritten, wobei eine kaufmännische Ab- bzw. Aufrundung erfolgt.
Sollte die Summe aller Abfindungen einen Betrag, der sich wie folgt berechnet: 350.000,- Euro abzüglich die Summe aller, nach § 3 d) gezahlter Prämien überschreiten, so erfolgt eine anteilige Kürzung der Abfindungen.
Mit Schreiben vom 20.8.2008, dem Kläger am 28.8.2008 zugegangen, kündigte die Beklagte, die zu diesem Zeitpunkt unter dem Namen H Automotive GmbH firmierte, das Arbeitsverhältnis „betriebsbedingt auf Grund der Schließung des Werkes zum 31.12.2008" (Bl. 12 d.A.). Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner am 10.9.2008 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage, mit der er die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von sieben Monaten begehrt.
Mit seiner Klageerweiterung vom 2.3.2009 machte der Kläger die monatliche Vergütung in Höhe von 3.622,40 Euro brutto abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.489,80 Euro für die Monate Januar und Februar 2009 sowie die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 94.775,73 Euro brutto gemäß Sozialplan unter Berücksichtigung einer Beschäftigungsdauer von 26 Jahren jeweils nebst Zinsen geltend. Bezüglich dieser erstinstanzlich noch anhängigen Zahlungsansprüche hat das Arbeitsgericht das Verfahren durch Beschluss vom 15.10.2009 (Bl. 467, 468 d.A.) ausgesetzt.
Das Arbeitsgericht hat durch ein den Parteien am 15.5.2009 zugestelltes Teilurteil vom 12.5.2009, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 126 - 135 d.A.), festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund schriftlicher Kündigung der Beklagten vom 20.08.2008 am 31.3.2009 geendet hat.
Hiergegen richtet sich die am 9.6.2009 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.8.2009 am 17.8.2009 begründete Berufung der Beklagten.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Einschaltung einer Beschäftigungsgesellschaft und der Abschluss eines Aufhebungsvertrages, der auf das endgültige Ausscheiden aus dem Vertrag gerichtet sei, stelle keine Umgehung des § 613 a BGB dar. Mit dem Abschluss dieser Verträge hätten die Vertragsparteien die ihnen zustehende Vertragsfreiheit verwirklicht. Ein Arbeitgeber sei befugt, Rechtsgeschäfte so zu gestalten, dass § 613 a BGB nicht vorliege. Der im Streit stehende 3-seitige Vertrag sei auf ein endgültiges Ausscheiden des Klägers aus dem Betrieb gerichtet gewesen. Es handele sich um ein Risikogeschäft, das nicht der Unterbrechung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses gedient habe.
Eine Umgehung des Kündigungsverbots gemäß § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB liege nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht vor, wenn bei Abschluss des Aufhebungsvertrages weder ein Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber begründet noch ein solcher verbindlich in Aussicht gestellt oder versprochen gewesen sei. Es habe lediglich die Hoffnung bestanden, mit dem Erwerber einen neuen Arbeitsvertrag schließen zu können. Ob die Beklagte einen der beiden Angebote und falls ja welches annehmen würde, sei für den Kläger völlig ungewiss gewesen.
Ob im Jahr 2004 ein Betriebsübergang auf die D Automotive GmbH vorgelegen habe, sei der Beklagten nicht bekannt und müsse vorsorglich mit Nichtwissen bestritten werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Beklagten im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 17.8.2009 nebst Anlagen (Bl. 230 bis 279 d.A.) und 3.2.2010 (Bl. 525 bis 529 d.A.).
Die Beklagte beantragt,
das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 12.5.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit das Arbeitsgericht über sie bereits entschieden hat.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Schriftsätze seiner Prozessbevollmächtigten vom 03.09.2009 nebst Anlagen (Bl. 473 bis 508 d.A.) und 12.2.2010 (Bl. 530 bis 531 d.A.).
Aus den Gründen
I. Die Berufung der Beklagten ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 519, 520 ZPO, 64, 66 ArbGG.
II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 20.8.2008 erst zum 31.3.2009 beendet worden ist. Denn die Beklagte war verpflichtet, bei Ausspruch der im Streit stehenden Kündigung die gesetzliche Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 Ziffer 7 BGB von sieben Monaten zum Ende eines Kalendermonats einzuhalten. Dabei ist von einem Bestand des Arbeitsverhältnisses in dem Betrieb von mehr als 26 Jahren auszugehen, da zum einen der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem Insolvenzverwalter und die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft für lediglich 1 Tag vorliegend wegen Umgehung des § 613 a BGB unwirksam ist (dazu nachfolgend unter 1.), und da zum anderen selbst bei einer wirksamen rechtlichen und tatsächlichen Unterbrechung des Vertragsverhältnisses die Beschäftigungszeiten vor und nach dem 1.6.2006 zusammenzurechnen sind (dazu nachfolgend unter 2.).
1. Umgehung des § 613a BGB
Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Firma D Automotive GmbH infolge eines Betriebsüberganges nach § 613 a Abs. 1 BGB auf die Beklagte übergegangen ist, und dass der mit dem Insolvenzverwalter und der Firma E GmbH abgeschlossene dreiseitige Vertrag wegen Umgehung des § 613 a BGB unwirksam ist. Das Landesarbeitsgericht macht sich die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils unter III 2 b zu Eigen und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug.
Die Ausführungen der Parteien im Berufungsverfahren geben Anlass zu folgenden ergänzenden und zusammenfassenden Ausführungen:
Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Betrieb der Firma D Automotive GmbH gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte übergegangen ist. Denn die Beklagte hat mit Kaufvertrag vom 9.5.2006 das gesamte Betriebs- und Anlagevermögen von dem Insolvenzverwalter erworben und den Betrieb nach eintägiger Unterbrechung am 2.6.2006 mit 352 von vormals 452 Arbeitnehmern der früheren Arbeitgeberin des Klägers fortgeführt.
Damit sind die Voraussetzungen des § 613 a BGB erfüllt. Diese Vorschrift setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber voraus. Erforderlich ist dabei die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit.
Bei der Frage, ob eine wirtschaftliche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Umstände berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (zuletzt BAG vom 22.1.2009 - 8 AZR 158/07, AP Nr. 367 zu § 613a BGB).
Vorliegend hat die Beklagte die Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin unverändert fortgeführt. Sie hat die wesentlichen immateriellen und materiellen Wirtschaftsgüter übernommen. Sie hat ferner mit mehr als 75 % der Belegschaft der Insolvenzschuldnerin Arbeitsverträge abgeschlossen und war damit in der Lage, den Betrieb nahezu nahtlos weiterzuführen. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beklagte ca. 100 Beschäftigte nicht übernommen hat, muss deshalb vorliegend davon ausgegangen werden, dass die „organisierte Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit" (vgl. hierzu BAG vom 22.1.2009, a.a.O.) bewahrt wurde.
Rechtsfolge des § 613 a BGB ist, dass der Erwerber des Betriebes in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stellt zwingendes Recht dar. Eine Vereinbarung, die dagegen verstößt, ist nach § 134 BGB unwirksam (BAG vom 19.3.2009 - 8 AZR 722/07, AP Nr. 369 zu § 613a BGB = BB 2009, 2319).
In dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestand noch das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Insolvenzschuldnerin. Denn der dreiseitige Vertrag vom 27.3.2006 hat dieses Arbeitsverhältnis nicht beendet. Er ist vielmehr wegen Umgehung der Rechtsfolgen des § 613 a BGB unwirksam.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit einem Betriebsveräußerer im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrages mit einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft trotz eines anschließenden Betriebsüberganges grundsätzlich wirksam, wenn die Vereinbarung auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet ist. § 613 a BGB wird jedoch umgangen, wenn der Aufhebungsvertrag die Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes bezweckt. Es kommt hiernach vor allem darauf an, dass der Arbeitnehmer freiwillig einen Aufhebungsvertrag abschließt, die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft zwischengeschaltet ist und der Arbeitnehmer keine sichere Aussicht darauf hat, bei dem Erwerber eingestellt zu werden (BAG vom 23.11.2006 - 8 AZR 349/06,8 den Nr. 1 zu § 613 a BGB Wiedereinstellung = BB 2007, 1054 mit Komm. Christoph J. Müller).
Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Einschaltung der Beschäftigungsgesellschaft und der Abschluss eines Aufhebungsvertrages, der auf das endgültige Ausscheiden aus dem Vertrag gerichtet sei, vorliegend keine Umgehung des § 613 a BGB darstellt. Zwar mag der Kläger aufgrund der von den Beteiligten gewählten Konstruktion bei Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages am 27.3.2006 keine sichere Aussicht darauf gehabt haben, auch tatsächlich bei der Beklagten wieder eingestellt zu werden. Die gewählte Konstruktion, von der Beklagten als Risikogeschäft bezeichnet, diente gleichwohl allein dazu, die Kontinuität der Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer zu unterbrechen, mit denen die Beklagte letztlich den Betrieb fortgeführt hat. Vertragsgestaltungen, deren objektive Zielsetzung in der Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes besteht, sind jedoch unwirksam (BAG vom 25.10.2007 - 8 AZR 917/06, AP Nr. 333 zu § 613a BGB; BAG vom 18.08.2005, 8 AZR 523/04, Rz. 27, AP Nr. 31 zu § 620 BGB Aufhebungsvertrag = BB 2008, 1175 mit Komm. Vogel/Neufeld).
Hiervon muss vorliegend ausgegangen werden. Der von dem Kläger unterzeichnete Aufhebungsvertrag vom 27.3.2006 ist frühestens mit der Unterschrift der E GmbH wirksam geworden. Diese Unterschrift erfolgte nach der Behauptung der Beklagten erst am 29.5.2006. Zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass die Beklagte die überwiegende Anzahl der Beschäftigten der Insolvenzschuldnerin in ein neues Arbeitsverhältnis übernehmen wird. Die entsprechenden Arbeitsverträge mit der Beklagten stammen bereits aus April 2006 und sind von dem Kläger am 8.5.2006 unterzeichnet worden. Auch der von dem Insolvenzverwalter abgeschlossene Sozialplan vom 20.03.2006 und insbesondere die Zusatzvereinbarung vom 20.3.2006 (Bl. 272, 273 d.A.) belegen, dass von vornherein eine übertragende Sanierung beabsichtigt war. Die gewählte Konstruktion war mithin von vornherein darauf gerichtet, für den Fall einer sanierenden Übertragung die Kontinuität der Arbeitsverhältnisse zu beseitigen.
Das Bundesarbeitsgericht geht darüber hinaus von einer Umgehung aus, wenn die Übernahme in eine Beschäftigungsgesellschaft nur zum Schein vorgeschoben ist, oder wenn offensichtlich bezweckt wird, die Sozialauswahl zu umgehen (BAG vom 23.11.2006, a.a.O. Rz. 24; BAG vom 18.8.2005, a.a.O., Rz. 40).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend ebenfalls gegeben, da die Beteiligten durch das durchgeführte Losverfahren offensichtlich bezweckten, die Sozialauswahl zu umgehen. Die Beklagte hat veranlasst, dass sämtliche Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin, die an einer Weiterbeschäftigung bei ihr interessiert waren, bereits im Mai 2006 jeweils einen unbefristeten und einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit ab dem Wirksamwerden des Betriebsüberganges unterzeichneten. Sie hat dann die zu übernehmenden Mitarbeiter auf der Grundlage ihres Stellenplans am 1.6.2006 nach ihrer Funktion im Losverfahren festgelegt. Dieses Lotterieverfahren führte zwar dazu, dass die interessierten Arbeitnehmer nicht wissen konnten, ob ihr Angebot auch tatsächlich von der Beklagten angenommen wird. Es hatte aber gleichzeitig zur Folge, dass die Beklagte die Mitarbeiter übernehmen konnte, ohne eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG durchführen zu müssen. Mit dieser Vorgehensweise wollte die Beklagte letztlich erreichen, dass sie den Betrieb mit dem überwiegenden Teil der ehemaligen Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin fortsetzen konnte, ohne eine Sozialauswahl durchzuführen und ohne die Kontinuität der Arbeitsverhältnisse zu wahren. Dies stellt eine klassische Umgehung des § 613a BGB dar. Der dreiseitige Vertrag vom 27.3.2006 ist deshalb nichtig.
Bei der Berechnung der Kündigungsfrist ist somit die Beschäftigung des Klägers bei der Firma D Automotive GmbH sowie bei deren Rechtsvorgänger zu berücksichtigen.
Der Kläger hat durch Vorlage des Arbeitsvertrags vom 4.2.1982 nachgewiesen, dass er bei der Firma A Metallwarenfabrik GmbH ab dem 1.4.1982 beschäftigt war. Dieses Arbeitsverhältnis ist nach der Insolvenz über diese Firma im Jahr 2004 auf die Firma D Automotive GmbH übergegangen. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der von dem Kläger vorgelegten Unterlagen fest. Das Schreiben der Erwerber vom 12.08.2004 sowie die Mitteilung des Betriebsrats vom 10.12.2004 (Bl. 494, 495 d.A.) belegen, dass der Betrieb der Firma B GmbH, in dem der Kläger tätig war, auf die D Automotive GmbH übertragen worden ist, und dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nunmehr bei dieser Firma beschäftigt waren. An dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 613 a BGB bestehen unter diesen Umständen keine ernsthaften Zweifel.
2. Unschädlichkeit einer eintägigen rechtlichen und tatsächlichen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses.
Die Berufung der Beklagten ist aber auch unbegründet, wenn entgegen den vorstehenden Ausführungen das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Firma D Automotive GmbH wirksam durch den Aufhebungsvertrag vom 27.3.2006 aufgehoben worden ist. Denn bei der Berechnung der Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 BGB ist eine lediglich eintägige tatsächliche und rechtliche Unterbrechung der Beschäftigung des Klägers unschädlich.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG, wegen des sozialen Schutzzwecks des Kündigungsschutzgesetzes Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen, wenn ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den Arbeitsverhältnissen besteht. Diese Überlegung gilt nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für die verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen (BAG vom 18.9.2003 - 2 AZR 330/02, AP Nr. 62 zu § 622 BGB). Denn mit zunehmender Betriebszugehörigkeit wird der Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses erhöht und einer entsprechenden sozialen Schutzfunktion Genüge getan.
Einer Berücksichtigung der früheren Beschäftigungszeiten des Klägers steht nicht entgegen, dass sie bei unterschiedlichen Arbeitgebern absolviert worden sind. Vielmehr war der Kläger, wie dargelegt, stets in demselben Betrieb in der W beschäftigt. Die Beschäftigungszeiten sind bei einem Betriebsübergang zusammenzurechnen, wenn die
Identität des Betriebes wie vorliegend gewahrt ist (BAG vom 18.9.2003, a.a.O.).
Ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang ist vorliegend gegeben. Der Aufhebungsvertrag ist nach der Behauptung der Beklagten erst zwei Tage vor dem 31.5.2006 von dem Geschäftsführer der E GmbH unterzeichnet und damit wirksam geworden. Die Unterschrift der Beklagten unter den neuen Arbeitsvertrag wurde am 1.6.2006 geleistet. Der Kläger wurde vor und nach dem 1.6.2006 zu nahezu unveränderten Bedingungen beschäftigt. Unter diesen Umständen spricht nichts gegen einen engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang (vgl. BAG vom 27.6.2002 - 2 AZR 270/01, AP Nr. 15 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit = BB 2003, 583 mit Komm. Udo Mayer).
Diese Grundsätze gelten auch für die vorliegende Fallkonstellation, in der das frühere Arbeitsverhältnis aufgehoben und mit einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft ein Arbeitsverhältnis für ein Tag bestanden hat. Aufgrund des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs der Arbeitsverhältnisse des Klägers mit der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten wird allein eine Zusammenrechnung der beiden Beschäftigungszeiten dem gesetzgeberischen Zweck der verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen gerecht. In dem von dem Bundesarbeitsgericht am 18.9.2003 entschiedenen Fall war das Arbeitsverhältnis genauso wie in der Entscheidung vom 27.6.2002 aufgrund einer wirksamen Kündigung des Insolvenzverwalters beendet worden. Inhaltlich macht es für die vorliegend zu entscheidende Frage keinen Unterschied, ob eine wirksame betriebsbedingte Kündigung vorliegt oder ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen wird. In beiden Fällen hat sich der für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgebliche Grund, nämlich die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, letztlich nicht realisiert.
III. Die Berufung der Beklagten war mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.