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Arbeitsrecht
10.07.2008
Arbeitsrecht
LAG Bremen: Außerordentliche Kündigung - Einsichtnahme in Ermittlungsakte

LAG Bremen, Urteil vom 3.4.2008 - 3 Sa 207/07

Sachverhalt

Die Parteien streiten in zweiter Instanz noch über den Zeitpunkt der Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Die am ... geborene Klägerin war auf Grund Arbeitsvertrages vom 16.06.2000 seit 01.08.2000 bei der Beklagten in Vollzeit zu einer Bruttovergütung von insgesamt 2.775,00 € als Bankangestellte beschäftigt. Die Klägerin ist ledig und hat keine Unterhaltspflichten.

Sie war tätig in der Filiale in B. -H. (R. -C. ). In dieser Filiale arbeiten sieben Mitarbeiter der Beklagten. Bei der Beklagten handelt es sich um eine große Privatkundenbank mit insgesamt ca. 3000 Beschäftigten in Deutschland. Es ist ein Betriebsrat gebildet, in dessen Zuständigkeitsbereich die Filiale B. -H. fällt.

Die Klägerin war bei der Beklagten u.a. mit der Vergabe von Krediten betraut. Kredite werden nach einem festen Ablaufplan vergeben. Die Kreditsachbearbeiter sind angewiesen, Kredite nur an solche Personen zu vergeben, die polizeilich in Deutschland gemeldet sind und über ein festes Einkommen verfügen, das sie durch eine Gehaltsbescheinigung nachweisen können. Wenn der jeweilige Kreditsachbearbeiter einen Kredit, bei dem die jeweiligen Kriterien vorliegen, vergeben möchte, muss er dies von einem weiteren, zur Genehmigung ermächtigten Mitarbeiter, genehmigen lassen. Nach der Genehmigung bereitet der Kreditsachbearbeiter die Unterlagen zur Unterschrift für den Kreditnehmer vor und er ist berechtigt dem Kreditnehmer 10.000 € direkt auszuzahlen.

Mit Schreiben vom 10.06.2006 teilte der Kreditnehmer M. D. , der in Zahlungsverzug geraten war, der Beklagten Folgendes mit:

„Da es sich hier um einen Kreditbetrug handelt, welcher durch intensive Mitwirkung von Angestellten der C. ausgeführt wurde, habe ich bis zur Klärung des Sachverhalts alle Zahlungen eingestellt.

Den Vorfall habe ich der Betrugsabteilung der C. , bereits vor 14 Tagen eröffnet. Einen Termin bei der K-Polizei habe ich noch wahrzunehmen"

In einem Vermerk über eine Beschuldigtenvernehmung vom 27. Juni 2006 vor der Kriminalpolizei Bremen heißt es u. a., dass Herr D. erklärte, dass er von einem Herrn M. im November 2005 angesprochen und aufgefordert worden sei, bei der C. in B. - H. (R. -C. ) einen Kredit zu beantragen. Dort solle er sich bei einer Frau R. melden, „die sich um alles kümmern" würde. Er sei dann tatsächlich von Frau R. als potenzieller Kunde bedient wurde und diese habe ihm einen Kredit über 15.000 € verschafft, ohne eine Bonitätsprüfung vorzunehmen. In einem Vermerk der Kriminalpolizei Bremen vom 17. Juli 2006 heißt es weiter, dass Herr D. nach seiner Beschuldigtenvernehmung weiter ausgesagt habe, dass die Klägerin bei seinem Eintreffen in der Filiale bereits alle Unterlagen für die Kreditvergabe vorbereit hatte, ohne dass Herr D. jeweils mit ihr gesprochen habe. Herr D. habe weiter erklärt, dass er wirtschaftlich nicht in der Lage sei, einen Kredit dieser Größenordnung zu bedienen. Die Unterzeichnerin des kriminalpolizeilichen Vermerks ist zu dem Schluss gekommen, dass die Angestellte der C. Filiale H. tatbeteiligt sei.

Im August 2006 machte die Abteilung „Collections" die Abteilung „C. Fraud Management" (Betrugsabteilung) auf einen Mitarbeiterbetrug bei der Herausgabe eines Kundenkredites für Herrn D. aufmerksam. Am 31.08.2006 informierte das „C. Fraud Management" die Abteilung „C. group Security and Investigative Services" (CSIS; auch als Innenrevision bezeichnet) über den Vorgang. Bei CSIS handelt es sich um einen internen Ermittlungsdienst der C. group, der sich um die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten kümmert; Leiter des CSIS ist ein Herr B. .

In einem weiteren Vermerk der Kriminalpolizei Bremen vom 12.09.2006 wird die Aufteilung des von der Klägerin an Herrn D. herausgegebenen Kredites dahingehend erläutert, dass der Kredit wie folgt dreigeteilt worden ist: Barauszahlung 5.000 €, Kreditkarte 5.000 € und Kontoguthaben 5.000 €.

In einer Zeugenvernehmung von 26.09.2006 vor der Kriminalpolizei Bremen erklärte Herr D. , dass Herr M. ihm erklärt habe, bei der C. eine Freundin zu haben, mit deren Hilfe ein Kredit für Herrn D. beschafft werden könne und dass alles „geregelt sei". Auf Nachfrage erklärte Herr D. , dass der damalige Freund der Klägerin ihn bei der Beantragung des Kredits am Eingang der Bank empfangen und ihm gesagt habe, zu welchem Schalter er gehen müsse. Nach Anmeldung in der Bank sei er dann von der Klägerin abgeholt worden, die ihm eine Visitenkarte übergeben habe. Er erklärte weiter, dass er der Bank niemals irgendeine Verdienstbescheinigung von einer Firma eingereicht habe, das einzige was offensichtlich von ihm stammte, sei die Schufa-Auskunft gewesen. Nach Vertragsunterzeichnung seien ihm 4.500 € in bar ausgehändigt worden und daneben habe er ein Kreditvolumen in Höhe von 4.500 bis 5.000 € auf dem Kreditkartenkonto und ein Girokonto mit einem Guthaben über den Rest der Summe erhalten.

Mit Schreiben vom 11.09.2006 schilderte der Rechtsanwalt H. -W. K. gegenüber der Beklagten, dass seine Mandantin Frau Ko. durch Vermittlung des Herrn V. U. , W. , „bei der C. in B. " ein Darlehen aufgenommen habe. Herr U. habe Frau Ko. erzählt, dass „dort eine Frau R. arbeite, die über alles informiert sei". Es seien Lohnabrechnungen überreicht worden, die ein regelmäßiges Einkommen von Frau Ko. bescheinigten, welches es in Wahrheit nicht gegeben habe. Tatsächlich habe sie zum damaligen Zeitpunkt nicht gearbeitet. An Frau Ko. seien auf Veranlassung der Klägerin 9.000 € in bar ausgezahlt worden. Davon habe sie selbst 3.000 € erhalten, die restlichen 6.000 € habe Herr U. entgegengenommen und dieses Geld an „andere Russen, die zu der Bank mitgekommen waren und im Hintergrund warteten" verteilt.

In einem Vermerk der Kriminalpolizei Bremen vom 20.09.2006 heißt es, dass der Kredit-vertrag mit der Kreditnehmerin Ko. „durch die C. -Angestellte R. bearbeitet und befürwortet und durch die C. -Angestellte Kr. genehmigt wurde". Dort wird die Schlussfolgerung gezogen, dass in der C. -Filiale in H. die Angestellten Kr. , R. , F. und Fi. gemeinschaftlich handelnd in wechselnder Täterschaft agiert hätten. Es bestehe der dringende Tatverdacht, dass die Sachbearbeiter für positive Kreditvergaben seitens der Begünstigten finanziell entschädigt worden seien. Am 20.09.2006 hat die Beklagte bei der Kriminalpolizei Bremen Strafanzeige wegen Kreditbe-trugs bezogen auf die Kreditnehmerin Ko. und eine Kreditnehmerin Cz. erstattet. Hinsichtlich des weiteren Inhaltes wird auf Anlage B12 zum Schriftsatz vom 24.04.2007 Bezug genommen.

Auf Grund eines Durchsuchungsbeschlusses vom 25.09.2006 ist es am 26.09.2006 zur Durchsuchung der Geschäftsräume in der Filiale B. -H. und der Arbeitsplätze der Klägerin und weiterer Mitarbeiter/innen gekommen. Ebenso kam es zur Durchsuchung der Privatwohnungen mehrerer Mitarbeiter.

Die Mitarbeiter wurden zunächst formlos freigestellt; mit Schreiben vom 05.10.2006 ist die Klägerin durch die Beklagte „bis auf weiteres widerruflich von der Arbeitsleistung" freigestellt worden (Bl. 131 d. A.).

Bei einer polizeilichen Vernehmung am 05.10.2006 hat die Klägerin - ebenso wie im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen - keine Angaben zur Sache gemacht.

Am 24.10.2006 kam es zu einer Telefonkonferenz von maßgeblichen Mitarbeitern der Beklagten über den Fall der Klägerin. Dort ist u. a. vereinbart worden, dass man weitere Schritte gegen die Klägerin erst unternehmen wolle, wenn die Rechtsabteilung die Möglichkeit der Einsichtnahme in die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten erhalten habe. Mit Schreiben vom 30.10.2006 (Bl. 356) haben die Bevollmächtigten der Beklagten Akteneinsicht beantragt; diese wurde letztlich am 06.12.2006 gewährt. Die Ermittlungsakten hatten zu diesem Zeitpunkt einen Umfang von ca. 600 Seiten.

Parallel zu den genannten Vorgängen sind zunächst ebenfalls suspendierte weitere Mitarbeiter/innen der Filiale B. -H. nach und nach durch die Beklagte wieder in ihre Tätigkeit eingesetzt worden, nachdem durch Polizei bzw. Staatsanwaltschaft Bremen Mitteilungen erfolgten, dass gegenüber diesen Mitarbeitern kein Tatverdacht hinsichtlich Kreditbetrugs mehr bestehe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den internen Ermittlungsbericht der Beklagten vom 12.02.2007 (Anlage B 19 zum Schriftsatz vom 24.04.2007 Bezug genommen; dort insbesondere Ziffer 37/Seite 8 und Ziffer 39/Seite 9).

Nach Auswertung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten holte die Beklagte die Zustimmung der Staatsanwaltschaft zu einer Anhörung der Klägerin zum Sachverhalt ein. Diese wurde am 11.12.2006 erteilt. Mit undatiertem Schreiben wurde die Klägerin ohne näheren Hinweis über den Gesprächsinhalt zu einem Gespräch am 19.12.2006 um 11.00 Uhr in die Filiale K. ... in B. gebeten (Einzelheiten Bl. 9 d. A.).

Bei diesem Gespräch waren neben der Klägerin jedenfalls der Personalreferent L. und der Betriebsratsvorsitzende W. in Person anwesend. Darüber hinaus sollten der Leiter der CSIS B. und möglicherweise auch noch eine Rechtsanwältin - wohl telefonisch - am Gespräch teilnehmen.

Nachdem der Klägerin eröffnet wurde, dass man sie jetzt zu einer beabsichtigten außer-ordentlichen Kündigung anhören und die einzelnen Vorwürfe vortragen wolle, erklärte sie sinngemäß:

„Was soll ich eigentlich hier? Ich sage nichts. Ich werde alles über meinen Rechtsanwalt regeln.".

Die Klägerin rief daraufhin ihren Anwalt an, der im Anschluss noch mit Herrn B. telefonierte. Der Bevollmächtigte der Klägerin erklärte gegenüber Herrn B. , dass sich die Klägerin bei einem kurzfristig anzuberaumenden Termin in seinem Beisein den Verdachtsmomenten stellen würde. Daraufhin kam es zur Vereinbarung eines Gesprächstermins zunächst für den 27.12.2006.

Mit Schreiben vom 19.12.2006, welches dem Betriebsratsvorsitzenden W. nach Beendigung des Gesprächs vom 19.12.2006 übergeben wurde, hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten außerordentlichen fristlosen, hilfsweise ordentlich fristgerechten Kündigung zum 31.03.2007 an.

In diesem Schreiben heißt es u.a.:

„Nach alledem beabsichtigen wir, Frau R. auf Grund des Verdachts, mindestens in zwei Fällen gemeinschaftlich mit anderen Personen einen Kreditbetrug zum Nachteil der C. begangen zu haben, außerordentlich zu kündigen. Wir gehen davon aus, dass im Laufe des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens noch weitere Hinweise und Beweise dafür gefunden werden, dass Frau R. in mindestens zwei, gegebenenfalls jedoch sogar erheblich mehr Fällen, einen Kreditbetrug zum Nachteil der C. begangen hat. (...)

Wir bitten Sie hiermit um Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlichen Verdachtskündigung, die hilfsweise auch als ordentliche Kündigung ausgesprochen werden soll."

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf Anlage B24 zum Schriftsatz vom 24. April 2007 Bezug genommen.

Der Betriebsrat hat noch am 19.12.2006 der Beklagten Folgendes mitgeteilt:

„Wir teilen Ihnen mit, dass der Betriebsrat B. die Kündigung der Mitarbeiterin J. R. abgelehnt hat, aus folgenden Gründen:

Die uns von Ihnen eingereichten Unterlagen (per 19.12.2006) belegen den Tatbestand des Betrugs nicht ausreichend, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen."

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage B25 zum Schriftsatz vom 24.04.2007 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20.12.2006, der Klägerin zugegangen am 21.12.2006 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise fristgemäß zum 31.03.2007, gekündigt.

Die Klägerin hat hiergegen mit Schriftsatz vom 09.01.2007, eingegangen am 10.01.2007, Kündigungsschutzklage erhoben.

Zu einem Gespräch über die gegenüber der Klägerin erhobenen Vorwürfe kam es zu-nächst nicht. Die Beklagte hat nach anfänglicher Ablehnung mit Email vom 10.01.2007 die Kündigung gegenüber dem Bevollmächtigten der Klägerin näher begründet (Einzelheiten Bl. 378 f. d. A.).

Am 15.03.2007 kam es zu einer Anhörung der Klägerin in Anwesenheit ihres Rechtsbeistandes S. aus der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten, des Betriebsratsvorsitzenden W. , des Personalreferenten L. und des Rechtsanwaltes der Beklagten Dr. H. . Im Rahmen dieses Gesprächs äußerte die Klägerin mehrmals, dass sie sich zu den Fragen nicht erklären könne, sondern sich ausschließlich schriftlich äußern werde. Hinsichtlich der Einzelheiten des Protokolls über diese Anhörung wird auf Anlage B 23 zum Schriftsatz vom 24.04.2007 Bezug genommen.

Die Beklagte sprach mit Schreiben vom 15.03.2007 eine weitere außerordentliche, hilfsweise fristgemäße Kündigung aus. Gegen diese Kündigung hat sich die Klägerin nicht mehr gewandt.

Mit Schriftsatz vom 24.04.2007 hat die Beklagte Widerklage auf Rückzahlung der Vergü-ung für den Zeitraum ab 26.09.2006 bis 21.12.2006 erhoben.

Eine Stellungnahme zur Sache hat die Klägerin im Rahmen polizeilicher oder staatsanwaltlicher Ermittlungen nicht abgegeben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei bereits aus formalen Gründen unwirksam. Dies betreffe u. a. die Anhörung des Betriebsrates, der nur zum Verdacht einer strafbaren Handlung, aber nicht zur Tatkündigung angehört worden sei. Die Beklag-te sei aus diesen Gründen nunmehr daran gehindert, auf eine Tatkündigung überzugehen.

Für eine Verdachtskündigung fehle es auf jeden Fall an einer ordnungsgemäßen Anhörung der Klägerin zum vorliegenden Verdacht. Ohne Ankündigung des Gesprächsthemas sei die Klägerin alleine mehreren Personen gegenüber gestanden, die noch durch einen weiteren Mitarbeiter der Innenrevision und eine Rechtsanwältin verstärkt werden sollten. Sie habe sich überrumpelt gefühlt und deshalb berechtigterweise die Hinzuziehung ihres Anwaltes verlangen dürfen. Da die Beklagte bereits am nächsten Tag die Kündigung ausgesprochen und nicht den vereinbarten Gesprächstermin gemeinsam mit dem Rechtsbeistand am 27.12.2006 abgewartet habe, könne die Beklagte nicht von einer Ablehnung von Äußerungen im Zusammenhang mit den ihr gegenüber erhobenen Vorwürfen und damit nicht von einer ordnungsgemäßen Anhörung ausgehen.

Sie hat weiter die Auffassung vertreten, die Klagefrist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht ein-gehalten worden. Die Beklagte habe bereits am 10.06.2006 Kenntnis von Anhaltspunkten gehabt, die die vorliegende Verdachtskündigung begründen sollen. Wenn sich die Beklagte ein halbes Jahr mit eigenen Ermittlungen für die Erhärtung des Verdachtes Zeit lasse, entspräche dies nicht den Erfordernissen einer eiligen Bearbeitung. Es werde jedoch nicht bestritten, dass generell Verdachtsmomenten gegen die Klägerin bestünden.

Für die Beklagte bestehe weiterhin kein Rückzahlungsanspruch von Entgelten. Die Klägerin sei widerruflich von der Arbeitsleistung freigestellt worden, so dass sie jederzeit kurzfristig habe damit rechnen müssen, zur Leistung ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen aufgefordert zu werden. Der Klägerin sei es im Zeitraum der Freistellung somit nicht möglich gewesen, ihren Lebensunterhalt durch das Eingehen eines anderweitigen Arbeitsverhältnisses abzusichern. Der Vorbehalt der Widerruflichkeit spreche zudem gegen die erforderliche Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 20.12.2006, zugegangen am 21.12. 2006, nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 15.03.2007 fortbestand.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und widerklagend,

die Klägerin zu verurteilen, € 7.883,30 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2007 zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie sei zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 20.12.2006 berechtigt gewesen. Die Kündigung sei wirksam.

Der Beklagten als dem größten Finanzdienstleister der Welt für Privatkunden sei durch rechtswidrige Herausgabe von Krediten durch die Klägerin ein Schaden in Höhe von insgesamt € 419.367,71 entstanden.

Der Klägerin seien derzeit 37 Betrugsfälle nachweisbar. Dabei seien im Zusammenwirken mit außenstehenden Dritten auf Grund gefälschter Gehaltsbescheinigungen Kredite von der Klägerin bewilligt und ausgezahlt worden. Sie habe die Gewährung der Kredite veranlasst, obwohl die Kreditnehmer kein regelmäßiges Einkommen bezogen hätten und die Klägerin davon gewusst habe. Die Klägerin habe für die Bewilligung der betrügerischen Kredite jeweils eine 20 %-ige Beteiligung erhalten.

Die 2-Wochen-Frist sei eingehalten. Der Beginn der 2-Wochen-Frist sei auf den Termin der Anhörung, nämlich auf den 19.12.2006, zu terminieren. Der erhebliche Umfang der von der Klägerin begangenen Straftaten und die Tatsache, dass diese mit anderen Tatbeteiligten zusammen gewirkt habe, habe die Beklagte zu umfangreichen Aufklärungsmaßnahmen berechtigt und es ihr darüber hinaus ermöglicht, die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft abzuwarten. Insbesondere die Möglichkeit, dass es sich hierbei um Straftaten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität handelte, sei Anlass für die Beklagte gewesen, sorgfältig und verdeckt zu ermitteln, um die bei ihr möglicherweise vorhandene kriminelle Struktur in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Ein voreiliger Ausspruch einer Kündigung gegenüber der Klägerin sei schon vor diesem Hintergrund rechtlich nicht geboten gewesen.

Für den Überblick über die ca. 600 Seiten Ermittlungsakten sei ein Zeitraum von 06.12. bis zum 08.12.2006 notwendig gewesen. Im Übrigen hätten die Ergebnisse mit den bisherigen Erkenntnissen der Beklagten verglichen werden müssen. Es sei eine Zusammenfassung des derzeitigen Ermittlungsstandes gefertigt worden. Nach Einholung des Einverständnisses der Staatsanwaltschaft sei am 13.12.2006 der 19.12.2006 als nächstmöglicher gemeinsamer Gesprächstermin festgelegt worden. Nachdem die Klägerin im Rahmen der Anhörung abschließend und kategorisch erklärt habe, keine Erklärung abgeben zu wollen, sei das Anhörungsverfahren damit beendet gewesen. Eine weitere Anhörung wäre überflüssig gewesen.

Die Kündigung werde als Tatkündigung und hilfsweise als Verdachtskündigung ausgesprochen. Dies beeinträchtige nicht die Wirksamkeit der Betriebsratsanhörung. Bei dieser brauche der Arbeitgeber nicht zwischen Tat- und Verdachtskündigung zu unterscheiden. Höre der Arbeitgeber den Betriebsrat nur zu einer Verdachtskündigung an und stelle sich heraus, dass der Arbeitnehmer die Tat begangen habe, sei eine weitere Anhörung des Betriebsrats zur Tatkündigung nicht erforderlich, da dem Betriebsrat der Sachverhalt einschließlich der Erwägungen des Arbeitgebers bekannt sei. Im Übrigen sei in der Anhörung des Betriebsrates zu erkennen, dass die Beklagte von der Tatbegehung durch die Klägerin überzeugt gewesen sei. Dabei sei nicht nur der Wortlaut des Anhörungsschreibens zu beachten. Mithin sei dem Betriebsrat der Beklagten bekannt gewesen, dass die Beklagte auf Grund des erhärteten Tatverdachtes das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin beenden wolle und nur hilfsweise aus Gründen der Rechtssicherheit zusätzlich die Voraussetzung für den Anspruch einer Verdachtskündigung habe schaffen wollen.

Der Widerklageanspruch sei aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung der Klägerin begründet. Die Beklagte habe die Vergütung für diesen Zeitraum nicht geschuldet und diese irrtümlich an die Arbeitnehmerin ausgezahlt. Die Beklagte habe sich nicht im Annahmeverzug befunden, denn eine Weiterbeschäftigung der Klägerin sei dem Arbeitgeber unter der Berücksichtigung der vorliegenden Umstände nach Treu und Glauben nicht zuzumuten gewesen. Die Beklagte hätte im Fall einer Beschäftigung die Klägerin ständig bei der Arbeit überwachen müssen, um sicherzustellen, dass keine weiteren Vermögensdelikte zum Nachteil der Beklagten eintreten könnten. Die Freistellung der Klägerin am 26.09.2006 sei auf Grund der gegenüber der Klägerin bestehender Verdachtsmomente erfolgt und sei erforderlich gewesen, um möglichen weiteren Schaden von der Beklagten abzuwenden und die erforderlichen Ermittlungsarbeiten zu ermöglichen.

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat am 28.06.2007 folgendes Urteil verkündet:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 20.12.2006 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 15.03.2007 fortbestand.

2. Die Widerklage wird abgewiesen

3. Die Beklagte trägt die Kosten der Klage und der Widerklage.

4. Der Wert des Streitgegenstandes der Klage wird auf € 8.700,00 und der Widerklage auf € 7.883,30 festgesetzt.

Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 213 bis 226 d. A. Bezug genommen.

Gegen das ihr am 26.09.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.10.2007, eingegangen vorab per Fax an diesem Tag, Berufung eingelegt, soweit die Beklagte hinsichtlich des Feststellungsantrages unterlegen ist. Sie hat diese nach gewährter Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 27.12.2007, eingegangen per Fax vorab an diesem Tag, begründet.

Die Beklagte vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, dass die Klägerin Hauptbeschuldigte in einem umfangreichen Strafverfahren mit zahlreichen Mittätern sei. Nach Aburteilung dieser Mittäter solle das Strafverfahren auf Grundlage dieser Verurteilung gegen die Klägerin beendet werden.

Am 04.09.2006 habe die interne Revisionsabteilung erste Ermittlungen wegen des Verdachts von Kreditbetrügereien zu ihren Lasten unternommen.

Nach der Durchsuchung am 26.09.2006 sei die formelle Freistellung am 05.10.2006 mit dem Ziel erfolgt, die Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaft und der internen Revisionsabteilung zu fördern bzw. nicht durch etwaige Verdunklungshandlungen zu gefährden. Durch die Durchsuchung des Arbeitsplatzes habe erstmals ein gewisser, aus Sicht der Beklagten noch völlig unkonkreter Verdacht gegen die Klägerin bestanden. Im Rahmen der Telefonkonferenz am 24.10.2006 sei der Beschluss gefasst worden, dass die Beklagte weitere Schritte erst unternehmen wolle, wenn die Abteilung Labor Relations die Möglichkeit der Einsichtnahme in die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten erhalten habe, um etwaige weitere Entscheidungen auf „offizielle Dokumente" stützen zu können. Nach Erhalt der Akten am 06.12.2006 habe sich Frau Dr. Ho. der Abteilung Labour Relations einen ersten Überblick über den Stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen verschafft und diese mit den bisherigen Erkenntnissen der internen Revision verglichen. Am Nachmittag des 08.12.2007 habe sie Herrn Ka. (Leiter der Abteilung Labour Relations) eine mündliche Zusammenfassung des derzeitigen Ermittlungsstandes mitgeteilt.

Anlässlich der Einsichtnahme habe die Beklagte zum ersten Mal Vernehmungsprotokolle sichten und polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Vermerke zur Kenntnis nehmen können. Insbesondere sämtliche erstinstanzlich als Beweismittel vorgelegten Dokumente (Anlagen B 2 bis B 15 zum Schriftsatz vom 24.04.2007) habe die Beklagte dadurch erstmals zur Kenntnis nehmen können. Insbesondere habe die Beklagte der Ermittlungsakte entnehmen können, dass die zunächst gegen vier Beschuldigte geführten Ermittlungsverfahren gegenüber drei Beschuldigten eingestellt wurden und lediglich gegen die Klägerin weiter ermittelt worden sei. Insbesondere diese für die Beklagte vollständig neuen Erkenntnisse und das aus der Ermittlungsakte ersichtliche bisherige Ermittlungsergebnis hätten dann zur Entscheidung geführt, die Klägerin persönlich anzuhören, ihr Gelegenheit zur Stellungnahme und insbesondere zur Entkräftung der Vorwürfe zu geben und dann gegebenenfalls zu kündigen. Allerdings habe diese Anhörung erst nach ausdrücklicher Zustimmung der Staatsanwaltschaft durchgeführt werden sollen, da die Ermittlungstätigkeit nicht habe gefährdet werden sollen.

Nach Anhörung der Klägerin am 19.12.2006 habe Frau Dr. Ho. den weiteren Kündigungsberechtigten Herrn Sa. informiert, der gemeinsam mit Herrn L. die Entscheidung zur Kündigung getroffen und die Einleitung des Anhörungsverfahrens des Betriebsrates veranlasst habe. Ausschlaggebend sei gewesen, dass die Klägerin jegliche Mitwirkung sofort abgeblockt und in keiner Weise zur Entkräftung der Vorwürfe habe beitragen wollen. Auf Grund dieser Haltung der Klägerin in der Anhörung und der Erkenntnisse der Akteneinsicht sei die Beklagte davon ausgegangen, dass die Klägerin in zumindest zwei, aber vermutlich in noch weiteren Fällen einen Kreditbetrug zum Nachteil der Beklagten begangen und damit ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt habe und deshalb eine fristlose Tat- und hilfsweise eine Verdachtskündigung nach Anhörung des Betriebsrats ausgesprochen werden solle.

Der Betriebsrat sei zu der beabsichtigten Kündigung angehört worden; der Betriebsrats-vorsitzende Herr W. habe die Anhörung zur Kündigung der Klägerin auch als Anhörung zur Tatkündigung aufgefasst.

Parallel zu diesen Vorgängen habe die Beklagte kontinuierlich eigene Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags wird auf Bl. 335 bis 348 d. A. Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht gehe von einem unvollständigen Sachverhalt aus und ziehe unzutreffende rechtliche Schlüsse, wenn es der Beklagten vorhalte, dass diese mit dem Einblick in die Ermittlungsakte einen beliebigen und willkürlichen Zeitpunkt gewählt habe, um die Zwei-Wochen-Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB auszulösen.

Wenn der Arbeitgeber sich dafür entscheide, den Fortgang eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens abzuwarten und seine Kündigungsentscheidung auf neue Erkenntnisse aus einem solchen Verfahren zu stützen, dann sei er gerade nicht mehr verpflichtet, selbstständig kontinuierlich weiter zu ermitteln. Im Übrigen sei der entsprechende Vorwurf unzutreffend. Allein der Vergleich der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsergebnisse mit den bisherigen Erkenntnissen der internen Revision sei eine neue Erkenntnis für die Beklagte gewesen; darüber hinaus hätten den Akten auch bisher unbekannte Erkenntnisse entnommen werden können, insbesondere die als Anlagen B 2 bis B 15 vorgelegten Dokumente und Beweismittel.

Die Beklagte habe insgesamt zum Ausdruck gebracht, dass sie das Arbeitsverhältnis auf jeden Fall beenden wolle, so dass es auch zulässig sei, die Kündigung als Tatkündigung und Verdachtskündigung zu werten.

Mit der Anhörung vom 15.03.2007 sei eine weitere hilfsweise Verdachtskündigung vorbereitet worden. Tatsächlich sei die weitere Kündigung vom 26.03.2007 als reine Tatkündigung ausgesprochen und der Betriebsrat entsprechend zur Tatkündigung angehört worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 28. Juni 2007, Aktenzeichen 2 Ca 2011, 2130/07 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und vertritt die Auffassung, dass die Beklagte den Betriebsrat nach dem eindeutigen Wortlaut der Anhörung vom 19.12.2006 nur zum Verdacht einer strafbaren Handlung angehört habe, so dass ein Umschwenken auf eine Tatkündigung mithin unzulässig sei. Beide Gründe seien nicht deckungsgleich.

Das Bestehen von Verdachtsmomenten sei grundsätzlich unstreitig und der umfangreiche Vortrag der Beklagten dementsprechend unerheblich. Es sei allerdings darauf hinweisen, dass die Beklagte widersprüchlich zur angeblichen Schadenshöhe vortrage. Die bislang genannte angebliche Schadenhöhe korrespondiere nicht mit dem vorgetragenen Ermittlungsergebnissen des Herrn E. unter dem 30.10.2006.

Die Klägerin gehe weiter davon aus, dass die Beklagte die Frist § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten habe. Mindestens am 10.06.2006 habe die Beklagte erste Anhaltspunkte eines strafrechtlich relevanten Verhaltens der Klägerin gehabt. Daraufhin habe sie eigene Ermittlungen aufgenommen und erst am 20.09.2006 Strafanzeige gestellt, die wiederum Grund für die richterlichen Durchsuchungsmaßnahmen Ende September 2006 gewesen sei. Der Termin der Anhörung der Klägerin am 19.12.2006 sei als Fristbeginn für die Zwei-Wochen-Frist nicht zu begründen.

Aus den vorgelegten Unterlagen aus der Ermittlungsakte (Anlage B 7) sei zu entnehmen, dass die Beklagte selbst regelmäßig Kontakt zur Polizei gehabt habe und über den Stand der Ermittlung informiert gewesen sei. Es sei offensichtlich unrichtig, dass sie erstmals durch Einsichtnahme in die Ermittlungsakten Kenntnis der Anlagen B 2, B 8 und B 12 erlangt habe. Auch erwähne die Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigung zehn weitere mögliche Fälle, die einen Verdacht begründen könnten, habe jedoch diese Vorwürfe zum damaligen Zeitpunkt nicht konkretisiert. Welche Tatsachen zu einer Auswahl führten, bleibe unergründlich.

Im Übrigen sei der Vortrag der Beklagten zum Fortgang ihrer eigenen Ermittlungen verspätet. Es gebe keinen ersichtlichen Grund, warum dieser nicht bereits in erster Instanz erfolgt sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen sowie den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und damit insgesamt zulässige Berufung ist in vollem Umfang begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist wirksam durch die - 15 -

außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 20.12.2006 mit dem 21.12.2006 beendet worden. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 28.06.2007 war dementsprechend abzuändern und die Klage abzuweisen.

I.

Die außerordentliche Kündigung vom 20.12.2006 ist wegen des dringenden Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung der Klägerin in mindestens zwei Fällen, nämlich des vorsätzlichen Verschaffens von Krediten zu Gunsten Dritter entgegen bestehender Kreditanweisungen mit dem Ziel, sich und/oder anderen finanzielle Vorteile zu verschaffen, wirksam.

1. a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind vollendete oder versuchte Vermögensdelikte zu Lasten des Arbeitgebers grundsätzlich geeignet einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne § 626 Abs. 1 BGB darzustellen (vgl. zuletzt z.B. Urteil vom 01.02.2007, 2 AZR 333/06, NZA 2007, 744 ff.).

b) Des weiteren kann nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen erheblichen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem verdächtigen Arbeitnehmer darstellen. Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines (nicht erwiesenen) strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Der Verdacht einer strafbaren Handlung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf nicht enthalten ist. Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass der Arbeitnehmer nach Überzeugung des Arbeitgebers die strafbare Handlung bzw. Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat und dem Arbeitgeber aus diesem Grund die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.

§ 626 Abs. 1 BGB lässt eine Verdachtskündigung dann zu, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, z. B. Urteil vom 26.09.2002, 2 AZR 424/01, AP Nr. 37 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlungen und zuletzt Urteil vom 13.03.2008, 2 AZR 961/06, Pressemitteilung des BAG Nr. 21/08).

2. Geht man von diesen Grundsätzen aus, so besteht nach dem unstreitigen Sachverhalt nach Durchführung aller zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Maßnahmen durch die Beklagte der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung der Klägerin, der geeignet ist, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören.

Vorab ist insoweit darauf hinzuweisen, dass entgegen der Auffassung der Klägerin der Sachvortrag beider Parteien aus beiden Instanzen - soweit relevant - verwertbar ist. Insbesondere ist der Sachvortrag der Beklagten aus dem Berufungsbegründungsschriftsatz zum zeitlichen Ablauf der Ermittlungen nicht verspätet, da es sich weder um Angriff- und Verteidigungsmittel handelt, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind (§ 67 Abs. 1 ArbGG), noch dieser Sachvortrag zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führt. Insoweit kann dahinstehen, ob überhaupt von einer Verspätung i. S. § 67 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 und 3 ArbGG auszugehen ist.

a) Nach dem unstreitigen Sachverhalt ist davon auszugehen, dass die Klägerin dringend verdächtigt ist, in Zusammenwirken mit anderen Personen entgegen den bei der Beklagten bestehenden Regelungen vorsätzlich an Kreditnehmer Kredite herausgegeben zu haben, obwohl diese erkennbar nicht die finanziellen Voraussetzungen erfüllten, um sich und/oder anderen einen finanziellen Vorteil zu verschaffen.

Dieser dringende Tatverdacht ergibt sich aus den Aussagen des Herrn D. im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zum Zustandekommen des Kreditvertrages und den Angaben des Rechtsanwalts der Frau Ko. zum Ablauf der Gewährung der dortigen Kredite. Diese werden untermauert durch die polizeiliche Bewertung aufgefundener Unterlagen in den Kreditakten; insbesondere falsche Gehaltsbescheinigungen (vgl. Anlage B 16 zum Schriftsatz vom 24.04.2007) und die weiteren Aussagen zum Verbleib der Gelder nach Herausgabe der Kredite.

Dass solche Verdachtsmomente bestehen, hat die Klägerin ausdrücklich eingeräumt und sie hat sich auch im vorliegenden Verfahren inhaltlich nicht mit diesen Verdachtsmomenten auseinandergesetzt, insbesondere diese nicht konkret bestritten.

Dieser dringende Tatverdacht ist auch geeignet, dass für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin als Bankangestellte erforderliche Vertrauen nachhaltig zu zerstören.

b) Die Beklagte hat alle zumutbaren Anstrengung zur Aufklärung des Sachverhalts un-ternommen, insbesondere hat sie der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

aa) Die Beklagte hat interne Ermittlungen angestellt und dabei insbesondere die vorhandenen Kreditunterlagen überprüft. Nähere Einzelheiten ergeben sich insoweit aus dem internen Ermittlungsbericht (Anlage B 19 zum Schriftsatz vom 24.04.2007), auf den Bezug genommen wird. Dass die Beklagte etwa nahe liegende weitere konkrete Ermittlungsmaßnahmen zu Lasten der Klägerin unterlassen hätte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

bb) Die Beklagte hat darüber hinaus mit den Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet und das Ergebnis der Ermittlungen im Hinblick auf die erfolgte Akteneinsicht ausgewertet und dabei insbesondere die in den Akten befindlichen Vernehmungsprotokolle zum Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der Kreditgewährung beachtet und bewertet.

cc) Die Beklagte hat der Klägerin Gelegenheit gegeben, im Rahmen einer Anhörung an der gebotenen Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken.

 (1) Die Anhörung des Arbeitnehmers hat im Zuge der gebotenen Aufklärung des Sachverhaltes zu erfolgen. Ihr Umfang richtet sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls. Sie muss nicht den Anforderungen genügen, die an eine Anhörung des Betriebsrates nach § 102 Abs. 1 BetrVG gestellt werden, da diese schon im Ansatz anderen Zwecken dient und deshalb nicht vergleichbar ist. Dennoch reicht es grundsätzlich nicht aus, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Rahmen einer Anhörung zu einer Verdachtskündigung lediglich mit einer unsubstantiierten Wertung konfrontiert. Die Anhörung muss sich auf einen konkretisierten Sachverhalt beziehen. Nur dann hat der Arbeitnehmer überhaupt die Möglichkeit, sich zum Verdachtsvorwurf und den ihn tragenden Verdachtsmomenten substantiiert zu äußern. Der Arbeitgeber darf deshalb dem Betroffenen keine wesentlichen Erkenntnisse vorenthalten, die er im Anhörungszeitpunkt bereits besitzt. Er muss alle relevanten Umstände angeben, aus denen er den Verdacht ableitet (vgl. BAG vom 26.09.2002, a.a.O., B I 1 b) bb) der Gründe).

Nur dann, wenn der Arbeitgeber schuldhaft die aus der Aufklärungspflicht sich ergebende Anhörungspflicht verletzt, kann er sich im Prozess nicht auf den Verdacht einer strafbaren Handlungen bzw. eines pflichtwidrigen Verhaltens berufen. Eine solche schuldhafte Verletzung der Anhörungspflicht liegt aber ausnahmsweise dann nicht vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht bereit war, sich auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe einzulassen und nach seinen Kräften an der Aufklärung mitzuwirken. Erklärt der Arbeitnehmer sogleich, er werde sich zum Vorwurf nicht äußern und nennt er auch für seine Verweigerung keine relevanten Gründe, dann muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Rahmen seiner Anhörung nicht über die Verdachtsmomente näher informieren. Eine solche Anhörung wäre überflüssig, weil sie zur Aufklärung des Sachverhalts nichts beitragen kann (BAG vom 26.09.2002, a.a.O., B I. 1. b) Ziff. cc) der Gründe).

(2) Diesen Anforderungen hat die Beklagte mit dem Gespräch vom 19.12.2006 genüge getan.

Es kann dabei dahinstehen, ob bei der Einladung zu einem Gesprächstermin dem Arbeitnehmer grundsätzlich das Thema des Gesprächs bekannt gegeben werden muss. Auch wenn vorliegend in der Einladung kein konkreter Gesprächsgegenstand genannt war, so musste der Klägerin bei der gegebenen Sachlage klar sein, dass es nur um die gegen sie erhobenen Vorwürfe gehen konnte. Aus den polizeilichen Ermittlungsmaßnahmen und der Durchsuchung ihres Arbeitsplatzes und ihrer Wohnung einschließlich des zu Grunde liegenden Durchsuchungsbeschlusses war der Klägerin deutlich, worin der Vorwurf gegen sie bestand. Wird ein Arbeitnehmer in einem solchen Fall vom Arbeit-geber zunächst von der Arbeitsleistung freigestellt und dann zu einem Gespräch eingeladen, so liegt es für den Arbeitnehmer auf der Hand, dass die zu Grunde liegenden Vorgänge Thema des Gesprächs sind. Jedenfalls in einem solchem Fall handelt es sich nicht um eine überraschende Situation, wenn der Arbeitgeber sodann das Gespräch damit eröffnet, dass er darauf hinweist, dass der Arbeitnehmer zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung angehört werden soll und nunmehr die einzelnen Vorwürfe vorgetragen werden sollen. Damit musste die - auch zu diesem Zeitpunkt bereits anwaltlich vertretene - Klägerin rechnen; diese Situation konnte für sie weder überraschend sein, noch sollte sie mit Dingen konfrontiert werden, mit denen sie nicht rechnen musste.

Da sich die Klägerin in diesem Gespräch nicht zum Sachverhalt äußerte, sondern sofort zu Beginn des Gespräches eine Erklärung dahingehend abgab, dass sie nichts sage und alles über ihren Rechtsanwalt regeln werde, war der Pflicht zur Anhörung genüge getan. Dabei geht es auch nicht darum, dass vom Arbeitnehmer im konkreten Fall verlangt wird, dass er sich „aus dem Stand" zu einzelnen Vorgängen detailliert äußert. Hätte sich die Klägerin im Ansatz auf Vorwürfe eingelassen, so hätte dies möglicherweise zu weiteren Aufklärungspflichten der Beklagten führen können. Da dies jedoch nicht der Fall war, hat die Klägerin an der Aufklärung nicht mitgewirkt, so dass die Beklagte nur von den Tatsachen ausgehen konnte, die ihr anhand vorliegender Unterlagen und Aussagen anderer Personen bekannt waren.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Leiter der CSIS (Innenrevision) der Beklagten, Herr B. , mit dem Bevollmächtigten der Klägerin am 19.12.2006 noch einen Besprechungstermin für den 27.12.2006 vereinbart hat.

Die Beklagte war schon im Hinblick auf die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gehalten, diesen Termin abzuwarten. Der Arbeitgeber ist verpflichtet im Hinblick auf die gesetzliche 2-Wochen-Frist zügig zu ermitteln (vgl. dazu unter 3.). Der Beginn der gesetzlichen Frist kann und darf daher nicht beliebig hinaus-geschoben werden. Der Arbeitgeber befindet sich damit in einem Spannungsverhältnis zwischen möglichst umfangreicher Aufklärung einerseits und zeitnahem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung andererseits.

Vor diesem Hintergrund durfte die Beklagte trotz der Ankündigung des klägerischen Bevollmächtigten, seine Mandantin werde sich in seiner Anwesenheit „den Verdachtsmomenten stellen", annehmen, dass mit der Anhörung vom 19.12.2006 im Hinblick auf § 626 Abs. 2 BGB alles Notwendige zur Sachverhaltsaufklärung getan ist. Insbesondere durfte sie bei Ausspruch der Kündigung aus damaliger Sicht berechtigt davon ausgehen, dass sich auch aus dem vereinbarten weiteren Gespräch keine neuen Erkenntnisse ergeben würden.

Eine Verpflichtung des Abwartens bis zu diesem Gespräch bestand im Hinblick auf das Verhalten der Klägerin nicht. Die Klägerin hatte weder gegenüber der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft im Laufe des Ermittlungsverfahrens Aussagen zum Sachverhalt gemacht. Dies konnte die Beklagte aus den Ermittlungsakten entnehmen. Auch gegenüber der Beklagten machte die Klägerin weder von sich aus Anstalten, zur Aufklärung beizutragen, noch äußerte sie sich am 19.12.2006. Auch aus dem gesamten späteren Verhalten der Klägerin, welches als Indiz für eine vom Arbeitgeber von vornherein bezweifelte Aufklärungsbereitschaft angesehen werden kann (vgl. BAG vom 30.04.1987, 2 AZR 283/86, AP Nr. 19 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung, B 2. d) aa), ist erkennbar, dass sie nicht zu Angaben zur Sache bereit war. Ebenso wenig wie im Gespräch am 19.12.2006 hat sich die Klägerin im Anhörungsgespräch vom 15.03.2007 zum Sachverhalt geäußert, obwohl bei diesem Gespräch ihr Rechtsbeistand anwesend war. In diesem Gespräch hat sie sich nicht auf das Fehlen eines Rechtsbeistandes, sondern darauf berufen, dass sie sich nicht mündlich, sondern lediglich schriftlich äußern wolle (Anlage B 23 zum Schriftsatz vom 24.04.2007). Eine schriftliche Äußerung der Klägerin ist aber ebenso wenig erfolgt, wie ein Eingehen auf den Sachverhalt im Rahmen des vorliegenden Verfahrens. Auch wenn ihr Verhalten im Hinblick auf die laufenden strafrechtlichen (Ermittlungs-)Verfahren und ihr dabei bestehendes

Aussageverweigerungs- bzw. Schweigerecht nachvollziehbar ist, so kann dieses nicht dazu führen, dass dem Arbeitgeber seinerseits eine Verletzung seiner Anhörungspflicht vorgeworfen werden kann.

3. Die Beklagte hat auch die Zwei-Wochen-Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB eingehalten.

a) Gemäß § 626 Abs. 2 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

Ein Fristbeginn in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Dazu gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Außerdem gehört es zu den maß-geblichen Umständen, die vom Kündigungsberechtigten zu ergründen und festzustellen sind, mögliche Beweismittel für die ermittelte Pflichtverletzung zu beschaffen und zu sichern.

Die zeitliche Begrenzung des § 626 Abs. 2 BGB soll dabei den Arbeitgeber nicht zu hektischer Eile bei der Kündigung antreiben oder ihn veranlassen ohne genügende Vorprüfung des Sachverhalts oder hinreichend vorhandene Beweismittel voreilig zu kündigen. Solange der Kündigungsberechtigte die zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen durchführt, kann die Ausschlussfrist nicht anlaufen. Sind die Ermittlungen jedoch abgeschlossen und hat der Kündigungsberechtigte eine hinreichende Kenntnis vom Kündigungssachverhalt und von den erforderlichen Beweismitteln, so beginnt der Lauf der Ausschlussfrist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ermittlungsmaßnahmen etwas zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen haben oder überflüssig waren. Allerdings besteht für weitere Ermittlungen kein Anlass mehr, wenn der Sachverhalt bereits geklärt oder der Gekündigte ihn sogar zugestanden hat. Die Ausschlussfrist ist nämlich nur so lange gehemmt, wie der Kündigungsberechtigte

aus verständigen Gründen mit der gebotenen Eile noch Ermittlungen anstellt, die ihm eine weitere, umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts und der notwendigen Beweismitteln verschaffen sollen. Ein Kündigungsberechtigter darf auch regelmäßig den Aus- bzw. Fortgang eines Strafermittlungs- bzw. eines Strafverfahrens abwarten. Entschließt sich der Kündigungsberechtigte hierzu, so kann er dann jedoch nicht zu einem beliebigen willkürlich gewählten Zeitpunkt außerordentlich kündigen. Voraussetzung für eine doch vorgezogene Kündigung ist vielmehr, dass er hierfür einen sachlichen Grund hat, beispielsweise wenn neue Tatsachen erfahren oder neue Beweismittel erlangt wurden und nunmehr einen - neuen - ausreichenden Erkenntnisstand für eine Tatkündigung zu ha-ben glaubt (BAG, Urteil vom 17.03.2005, 2 AZR 245/04, NZA 2006, Seite 101 ff. <103>).

b) Geht man von diesen Grundsätzen aus, so hat die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB frühestens am 13.12.2006 zu laufen begonnen, so dass diese mit dem Zugang der außerordentlichen Kündigung am 21.12.2006 gewahrt ist.

Die Beklagte hat erstmals im Juni 2006 auf Grund des Verhaltens und des Schreibens des Kreditnehmers D. Anhaltspunkte dafür erlangt, dass Unregelmäßigkeiten bei der Kreditvergabe vorgekommen sein konnten. Dabei handelte es sich jedoch ersichtlich um recht vage Angaben, ohne dass diese sich konkret auf die Klägerin bezogen. Erst Anfang September 2006 verdichteten sich dann auf Grund der Informationen und Kontakte mit der Kriminalpolizei B. Hinweise darauf, dass es Unregelmäßigkeiten in der Filiale B. -H. gegeben hat, wobei zunächst noch mehrere Arbeitnehmer der Beklagten im Visier der Ermittler standen.

Durch das Schreiben des Rechtsanwaltes der Kreditnehmerin Ko. vom 11.09.2006 verstärkten sich sodann die Hinweise und dieser Sachverhalt führte zur Stellung einer Strafanzeige durch die Beklagte wegen dieses Vorgangs und des Vorgangs Cz. .

Nach den dann erfolgten polizeilichen Durchsuchungsmaßnahmen an Arbeitsplatz und Wohnräumen von mehreren Mitarbeitern hat die Beklagte im Weiteren am 24.10.2006 die Entscheidung getroffen, vor der Entscheidung über weitere arbeits-rechtliche Maßnahmen gegenüber der Klägerin die Akteneinsicht in die Ermittlungsakten abzuwarten, um eine gesicherte Entscheidungsgrundlage zu haben.

Diese Entscheidung ist im Hinblick auf § 626 Abs. 2 BGB nicht zu beanstanden; vielmehr handelt es sich beim ersten Einblick in die Ermittlungsakten um einen sinnvollen zeitlichen Einschnitt. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den vollständigen Ausgang der Ermittlungen abzuwarten, sondern er kann sich auch entscheiden, ein bestimmtes sinnvolles Stadium des Fortgangs abzuwarten, um jeweils darüber zu beraten, ob nunmehr hinreichende Informationen vorliegen, um in die eine oder andere Richtung zu reagieren. Dies gilt dabei sowohl zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmerin als auch zu deren Gunsten, da sich aus den entsprechenden Akten ja durchaus auch dem Arbeitnehmer entlastende Momente ergeben könnten. Dass dies die Beklagte auch so gehandhabt hat, zeigt sich am Verhalten gegenüber den weiteren, zunächst suspendierten drei Mitarbeitern, die nach und nach - je nach Kenntnisstand der Beklagten - wieder in ihre Position eingesetzt worden sind.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts handelt es sich beim Zeitpunkt „Einblick in die Ermittlungsakten" auch nicht um einen willkürlichen Zeitpunkt. Die staatlichen Behörden haben im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen ungleich mehr rechtliche Möglichkeiten den Sachverhalt aufzuklären, als dies ein privater Arbeitgeber, der von möglichen Straftaten seiner Mitarbeiter betroffen ist, tun könnte. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn der private Arbeitgeber den Zeitpunkt der ersten möglichen Akteneinsicht - deren Gewährung nach entsprechendem Antrag nicht in seiner Hand liegt - nutzt, um stärker fundierte Erkenntnisse in die eine oder andere Richtung zu erlangen. Ob sich dann tatsächlich neue Erkenntnisse ergeben, ist dabei unerheblich; ebenso wie bei eigenen Ermittlungen ist erst im Nachhinein klar, zu was eine Maßnahme letztlich führt. Es kann vielmehr durchaus ausreichend sein, wenn sich für den Arbeitgeber herausstellt, dass die Erkenntnisse, die er auf Grund interner Ermittlungen gewonnen hat, letztlich auch im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens bestätigt werden oder deren Schlussfolgerungen durch die Ermittlungsbehörden geteilt werden.

Entgegen der Annahme der Klägerin sind auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte früher Kenntnis von den zur Begründung der Kündigung insbesondere herangezogenen Vernehmungsprotokollen hatte. Zwar lässt sich aus dem internen Ermittlungsbericht der Beklagten erkennen, dass diese in Kontakt zu den Ermittlungsbehörden stand und von der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft immer wieder bestimmte Informationen zum Sachstand erhalten hat. Dies lässt sich insbesondere daraus ableiten, dass die anderen drei betroffenen Mitarbeiter nach und nach - und zwar entgegen dem Vortrag der Beklagten im vor-liegenden Verfahren unabhängig vom Einblick in die Ermittlungsakten - wieder in ihre Position eingesetzt wurden. Solche entlastenden Informationen gab es aber nach allen vorliegenden Unterlagen hinsichtlich der Klägerin nicht, so dass die Beklagte zur Entscheidung über das Ergreifen arbeitsrechtlicher Maßnahmen auf eine gesicherte Tatsachengrundlage angewiesen war. Eine solche gesicherte Tatsachengrundlage ergibt sich regelmäßig aus dem Inhalt entsprechender Ermittlungsakten.

Erstmals am 06.12.2006 konnte die Beklagte Einblick in diese Akten - die inzwischen einen Umfang von ca. 600 Seiten angenommen hatten - nehmen. Nach Auswertung der Unterlagen bedurfte es sodann der Anhörung der Klägerin. Es kann dabei dahinstehen, ob vorliegend im Hinblick auf die notwendige Zeit für die Auswertung der Unterlagen und im Hinblick auf die erfolgte Einholung der Zustimmung der Staatsanwaltschaft von einer längeren Frist als einer Woche für die Durchführung der Anhörung auszugehen ist. Auch wenn man zu Gunsten der Klägerin von einer nur einwöchigen Frist für die Anhörung ausgehen (vgl. dazu BAG, Urteil vom 02.03.2006, 2 AZR 46/05, NZA 2006, Seite 1211 ff. <1213>) und diese am 06.12.2006 beginnen lassen würde, so hätte die Zwei-Wochen-Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB frühestens am 13.12.2006 begonnen und wäre mit Zugang der Kündigung am 21.12.2006 eingehalten.

4. Auch die Abwägung der Interessen beider Parteien führt vorliegend zu keinem anderen Ergebnis.

Die Klägerin war relativ kurz bei der Beklagten beschäftigt, ist noch jung und hat keine Unterhaltspflichten. Demgegenüber steht der Vorwurf einer sehr schwerwiegenden, unmittelbar mit der Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Pflichtverletzung, der einen Einsatz der Klägerin auch nur für einen vorübergehenden Zeitraum bei der Beklagten unzumutbar erscheinen lässt.

5. Die Beklagte hat den bei ihr bestehenden Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG ordnungsgemäß zur beabsichtigten Verdachtskündigung angehört. Das Schreiben vom 19.12.2006 enthält hierzu alle notwendigen Angaben; der Betriebsratsvorsitzende W. war beim Anhörungsgespräch am 19.12.2006 anwesend. Einwendungen hat die Klägerin insoweit auch nicht erhoben.

6. Ob die Kündigung darüber hinaus als Tatkündigung wirksam wäre und ob insbesondere der Betriebsrat auch zu einer Tatkündigung angehört wurde oder ob die Anhörung zu einer Verdachtskündigung diejenige zu einer Tatkündigung umfasst, kann aus den genannten Gründen dahinstehen.

II.

Die Kosten erster Instanz tragen die Parteien - bezogen auf einen Gesamtstreitwert von 16.148,30 € (Kündigungsschutzklage drei Gehälter á 2.755,00 = 8265,00 € und Widerklage 7.883, 30 €) - je zur Hälfte (§ 92 ZPO). Die Klägerin hat die Kosten zu tragen, soweit sie die Klage zum Teil zurückgenommen hat (Beschränkung des Fortbestehensantrages auf den Zeitraum bis 15.03.2007) und soweit sie unterlegen ist. Die Beklagte hat die Kosten zu tragen, soweit sie mit ihrer Widerklage unterlegen ist. Die Kosten zweiter Instanz hat die Klägerin bezogen auf einen Streitwert von 7.731,77 € voll zu tragen (§ 91 ZPO).

Ein Grund für die Zulassung der Revision war nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a ArbGG wird hingewiesen.

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