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Arbeitsrecht
08.08.2019
Arbeitsrecht
LAG Bayern: Auslegungszeitpunkt von Wahllisten für Betriebsratswahl

LAG Bayern, Beschluss vom 16.4.20197 TaBV 21/18

Volltext: BB-Online BBL2019-1908-3

unter www.betriebs-berater.de

Orientierungssätze

1. Der Wahlvorstand verstößt auch im 24-Stunden-Schichtbetrieb nicht gegen § 3 Abs. 2 Nr. 8 WahlO, wenn er das Ende der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen am letzten Tag auf das Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer legt. Er ist nicht verpflichtet, dass er sich am letzten Tag der Frist über das Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer hinaus bis 24 Uhr im Betrieb aufhält. Er ist auch nicht verpflichtet, sich bis zum Beginn der letzten Schicht des Tages im Betrieb aufzuhalten, sofern die Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer vorher endet.

2. Der Wahlvorstand darf bei der Feststellung der für die Betriebsratswahl maßgeblichen Betriebsgröße im Sinne des § 9 Satz 1 BetrVG von Veränderungen der bisherigen personellen Stärke nur ausgehen, wenn der Arbeitgeber bereits konkrete Veränderungsentscheidungen getroffen hat. Nicht ausreichend sind bloße Erwartungen, Hoffnungen und/oder günstige Aussichten. Auch bloße unverbindliche, insbesondere hinsichtlich dem Ob und Wann der Einstellungen nicht näher konkretisierte Absichtsbekundungen stellen keine zu berücksichtigenden Veränderungsentscheidungen dar.

Sachverhalt

I.

Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Rechtswirksamkeit einer im Betrieb der Antragstellerin am 05.12.2017 durchgeführten Betriebsratswahl.

Die Antragstellerin betreibt in N… das Senioren- und Pflegezentrum S…. Der Beteiligte zu 2) ist der am 05.12.2017 gewählte Betriebsrat der Antragstellerin.

Für die Betriebsratswahl am 05.12.2017 hängte der Wahlvorstand am 23.10.2017 ein auf den 19.10.2017 datiertes Wahlausschreiben (vgl. Bl. 34 f. d.A.) aus, das auszugsweise folgenden Inhalt hatte:

„[...]

Der Wahlvorstand wagt die Prognose, dass die Mitarbeiterzahl in der neuen Amtsperiode auf über 200 steigt.

Der Betriebsrat hat aus 9 Mitgliedern zu bestehen. […]

[…]

Die Stimmabgabe ist an die Wahlvorschläge gebunden. Die Wahlvorschläge müssen schriftlich in Form von Vorschlagslisten vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Aushang dieses Wahlausschreibens beim Wahlvorstand unter der oben genannten Betriebsadresse des Wahlvorstands (Fach Infopoint oder Bürozeiten Zimmer 605) eingereicht werden.

Der letzte Tag für die Einreichung von Vorschlagslisten ist der 06.11.2017 um 16:30 Uhr.

[...]“

In der Vergangenheit waren bei der Antragstellerin mehr als 200 – nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Antragstellerin rund 220 - Arbeitnehmer tätig. Allerdings wurden mit Wirkung zum 01.07.2017 die Bereiche Küche, Reinigung und Haustechnik ausgegliedert, weshalb die Arbeitsverhältnisse von 50 Arbeitnehmern gem. § 613a BGB auf die A… GmbH übergingen.

Bei der Antragstellerin wird in Schichten gearbeitet. Am 06.11.2017 waren 180 Arbeitnehmer im Dienstplan eingeteilt, davon sieben Mitarbeiter in der um 20.30 Uhr beginnenden Nachtschicht. Zuletzt zwar zwischen den Beteiligten streitig, ob an diesem Tag 25 oder 30 Mitarbeiter über 16.30 Uhr hinaus gearbeitet haben.

Mit Schreiben vom 17.11.2017 wies die Antragstellerin den Wahlvorstand darauf hin, dass das Wahlausschreiben fehlerhaft sei, da die regelmäßige Beschäftigtenzahl zum einen unter 200 liege und die Frist für die Einreichung der Vorschlagslisten zum anderen unzulässig verkürzt worden sei.

Am 05.12.2017 wurde ein aus neun Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt. Das Wahlergebnis wurde am gleichen Tag durch die Abschrift der Wahlniederschrift bekannt gegeben.

Mit Schreiben vom 13.12.2017, beim Arbeitsgericht Nürnberg per Fax eingegangen am 14.12.2017, hat die Antragstellerin beantragt, die Betriebsratswahl vom 05.12.2017 für unwirksam zu erklären.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass bei ihr regelmäßig nicht über 200 Arbeitnehmer beschäftigt seien. Die Belegschaftsstärke sei durch die Ausgliederung von Küche, Reinigung und Haustechnik dauerhaft auf deutlich unter 200 Arbeitnehmer gefallen. Zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens habe sie 182 Mitarbeiter beschäftigt. Die Mitarbeiterzahl unterliege zwar einer gewissen Fluktuation, die Neueinstellung von Mitarbeitern bedeute aber nicht, dass ein in der Höhe veränderter Mitarbeiterbestand gegeben sei. Sie habe zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens lediglich beabsichtigt, den Personalbestand in Zukunft um fünf bis sieben Arbeitnehmer aufzustocken. Hierbei habe sie nicht zwischen examinierten und nicht examinierten Kräften differenziert. Weiterer Bedarf hätte nicht bestanden. Die Prognose des Wahlvorstandes im Hinblick auf eine Beschäftigtenzahl von über 200 Arbeitnehmern sei aus der Luft gegriffen. Es sei nicht korrekt, dass sie beabsichtigt habe, zehn afrikanische Auszubildende einzustellen. Herr M… habe dies auch nicht behauptet. Die A… Unternehmensgruppe habe sich lediglich für ein Projekt interessiert, das Afrikanern eine Ausbildung in Deutschland ermöglichen möchte. Es sei jedoch vollkommen unklar, ob eine solche Zusammenarbeit überhaupt zustande komme und wie viele Auszubildende im Falle des Zustandekommens nach Deutschland kämen. Zudem beziehe sich die Zahl von zehn Personen auf die A… Gruppe und nicht auf die Antragstellerin. Sie beabsichtige perspektivisch keine Erweiterung auf zukünftig 320 Betten. Sie unterliege auch weiterhin einem Versorgungsvertrag, der eine Anzahl von 300 Betten festlege. Eine Aufstockung ohne behördliche Zustimmung sei nicht möglich und auch weder beabsichtigt noch konkret geplant. Es sei in der Pflegebranche üblich, dass durchgehend Stellenausschreibungen existierten.

Die Antragstellerin hat weiter vorgebracht, dass sie am 31.10.2017 und am 30.11.2017 179 Mitarbeiter und drei Praktikanten, am 31.12.2017 181 Mitarbeiter und drei Praktikanten, am 31.01.2018 184 Mitarbeiter und drei Praktikanten, am 28.02.2018 180 Mitarbeiter und drei Praktikanten, am 31.03.2018 182 Mitarbeiter und drei Praktikanten, am 30.04.2018 184 Mitarbeiter und drei Praktikanten sowie am 31.05.2018 185 Mitarbeiter und drei Praktikanten beschäftigt hätte. Zu keinem Zeitpunkt hätte sie auch nur ansatzweise 200 Mitarbeiter beschäftigt und werde dies auch zukünftig nicht tun.

Die Antragstellerin hat außerdem vorgebracht, dass es nicht richtig sei, dass für die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer am 06.11.2017 die Arbeit vor 16:30 Uhr geendet habe. Der Beteiligte zu 2) habe bei seiner Berechnung die Mitarbeitergruppe PND (Pflegenachtdienst) nicht berücksichtigt.

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, dass die Betriebsratswahl rechtsunwirksam sei, da der Beteiligte zu 2) gegen zwei wesentliche Wahlvorschriften verstoßen habe. Er habe § 9 BetrVG verletzt, indem er von einer falschen Arbeitnehmerzahl ausgegangen sei und somit die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder falsch festgelegt habe. Zudem habe er § 6 Abs. 1 Satz 2 WO verletzt, weil in ihrem Betrieb in Schichten gearbeitet werde und die Frist für die Einreichung der Vorschlagslisten bis 24:00 Uhr habe laufen müssen. Es sei fehlerhaft, auf das Ende der Arbeitszeit des Wahlvorstands oder der überwiegenden Mehrheit der Mitarbeiter abzustellen. Die genannten Verstöße gegen die Wahlvorschriften seien auch kausal gewesen. In einem Betrieb mit in der Regel weniger als 200 Arbeitnehmern hätten nur sieben statt neun Betriebsratsmitglieder gewählt werden dürfen. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass bei ordnungsgemäßer Fristsetzung bis 24:00 Uhr weitere ordnungsgemäße Wahlvorschläge eingereicht worden wären.

Der Beteiligte zu 2) hat die Zurückweisung des Antrags beantragt. Er hat vorgebracht, dass bei der Antragstellerin am 23.10.2017 gemäß der von der Antragstellerin an den Wahlvorstand überlassenen Wählerliste 183 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien. Bis zum 06.04.2018 seien weitere Mitarbeiter eingestellt worden, namentlich P…, F…, T…, E…, Th…, C…, H…, L…, J…, K…, B…, Me… und Sa….

Er hat mit Nichtwissen bestritten, dass sich die A…-Unternehmensgruppe lediglich für ein Projekt interessiere, das Afrikanern eine Ausbildung in Deutschland ermöglichen wolle. Der Hausleiter, Herr M…, habe in einem Gespräch zwischen Frau Ma…, Frau Sch…, der Pflegedienstleitung Frau Ap… und ihm am 13.10.2017 um circa 11:15 Uhr mitgeteilt, dass er zehn Auszubildende aus Afrika einstellen werde. Der erste Auszubildende werde bereits im Dezember in den Betrieb kommen. Außerdem habe Herr M… erläutert, dass er mindestens fünf Vollzeitstellen mit examinierten Arbeitskräften benötige.

Am 19.10.2017 habe Frau Ap… Frau Ma… und Frau Sch… in ihrem Büro darüber informiert, dass die Antragstellerin beabsichtige, neben examinierten Kräften auch noch weitere nicht examinierte Kräfte einzustellen, da zu wenige im Haus seien. Die Mehrheit der Mitarbeiter arbeite in Teilzeit, so dass fünf Vollzeitplanstellen circa acht bis neun Köpfe bedeuteten.

Der Wahlvorstand habe durch den Stellenplan vom 05.10.2017 festgestellt, dass bei der damaligen Belegung von 288 Betten eine Unterdeckung von 0,58 bei dem Personal für zusätzliche Betreuung nach § 87b SGB XI bestehe, 6,58 Vollzeitkräfte bei den Pflegekräften fehlten sowie eine Unterdeckung von vier Stellen bei den hauswirtschaftlichen Präsenzkräften gegeben sei. Es sei außerdem zu berücksichtigen, dass nach dem letzten bekannten Heimaufsichtsbericht bei der Antragstellerin 324 Betten existierten, so dass noch 36 Betten

zu belegen wären. Somit sei eine Vielzahl weiterer Arbeitnehmer erforderlich, um eine Vollauslastung zu erreichen. Schließlich suche die Antragstellerin in ihrer Internetpräsenz laufend Pflegehelfer, Physiotherapeuten und Stationsleitungen – auch im Oktober und November 2017.

Der Beteiligte zu 2) hat die Auffassung vertreten, dass keine Verstöße gegen das Wahlverfahren vorlägen. Dem Wahlvorstand stehe bei der Feststellung des Regelbestands des Betriebs ein gewisser Beurteilungsspielraum im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens zu. Es sei ausreichend, dass die getroffene Entscheidung vertretbar sei. Hierbei sei anerkannt, dass Prognosen für die überschaubare Zukunft zu berücksichtigen seien, soweit sie auf betriebliche Fakten oder konkrete Entscheidungen des Arbeitgebers gegründet werden könnten. Aufgrund der Aussagen von Herrn M… und Frau Ap… habe der Wahlvorstand ermessensfehlerfrei die zukünftige Anzahl von Mitarbeitern prognostiziert. Auch sei die zweiwöchige Ausschlussfrist für die Einreichung der Vorschlagslisten zulässigerweise uhrzeitmäßig begrenzt worden. Dies sei möglich gewesen, da die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter, nämlich 150 von 180, ihre Arbeitsleistung vor 16:30 Uhr beendet hätte. Es sei dem Wahlvorstand nicht zumutbar gewesen, bis Mitternacht das Büro zu besetzen. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass der Infopoint, in dem sich das Fach des Wahlvorstands befunden habe, regelmäßig um 17:00 Uhr schließe. Da die Mitarbeiter schriftlich über die bevorstehende Betriebsratswahl informiert und ihnen Kontaktdaten des Wahlvorstands zur Verfügung gestellt worden seien, der Betriebsrat zudem am 30.10.2017 durch alle Abteilungen gegangen, nach Kandidaten gefragt und alle Interessenten auf die Vorschlagsliste des Betriebsrats aufgenommen habe und schließlich Interessierte die Möglichkeit gehabt hätten, bereits vor Erlass des Wahlausschreibens und vor Beginn der Frist Wahlvorschläge zu unterbreiten oder sich beim Wahlvorstand über die Möglichkeiten einer Kandidatur oder einer Unterstützung zu erkundigen, und auch im Nachgang der Frist keine Wahlvorschläge beim Wahlvorstand eingegangen seien, könne ausgeschlossen werden, dass selbst ein nicht zulässiges Fristende die Wahl beeinflusst hätte.

Bezüglich der gestellten Anträge und des Sachvortrags der Beteiligten in erster Instanz wird auf Ziffer I der Gründe des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 29.05.2018 (Bl. 309 – 315 d.A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Bamberg hat die Betriebsratswahl vom 05.12.2017 mit Beschluss vom 29.05.2018 für unwirksam erklärt. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Wahl von insgesamt neun Betriebsratsmitgliedern gegen § 9 Abs. 1 BetrVG verstoße, weil zum Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens nicht davon auszugehen war, dass die Antragstellerin in der Regel mindestens 201 Arbeitnehmer beschäftige. Außerdem liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO vor. Der Wahlvorstand habe das Ende der Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge am 23.10.2017 nicht auf 16.30 Uhr vorverlegen dürfen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Ziffer II der Gründe des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 29.05.2018 (Bl. 316 – 325 d.A.) Bezug genommen.

Gegen die dem Beteiligten zu 2) am 27.08.2018 zugestellte Entscheidung des Arbeitsgerichts hat er mit Telefax vom 27.09.2018, am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen, Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Nürnberg eingelegt und sie mit weiterem Telefax vom 10.12.2018, am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründet.

Der Beteiligte zu 2) ist der Ansicht, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO angenommen habe. Dies sei unzutreffend, weil das Gericht sowohl von den tatsächlich falschen als auch von rechtlich falschen Vorgaben ausgegangen sei. Am 06.11.2017 hätten nicht 30 Mitarbeiter ihren Dienst um 16:30 Uhr begonnen aber noch nicht beendet, sondern nur 25 Mitarbeiter. Vier Verwaltungskräfte und die Qualitätsbeauftragte seien an diesem Tag nur bis 16:18 Uhr eingeplant gewesen. Weiterhin komme es darauf an, wann am Tag des Fristendes zur Einreichung der Wahlvorschläge das Arbeitszeitende der Mitarbeiter gelegen habe und nicht der Beginn. Dieser sei bei den Beschäftigten des Pflegenachtdienstes am 06.11.2017 um 07:00 Uhr gewesen, so dass diese nach Feierabend noch fast 10 Stunden lang Wahlvorschläge hätten einreichen können. Im Übrigen habe das Bundesarbeitsgericht mit seiner Entscheidung vom 16.01.2018 (7 ABR 11/16) nur noch von der „Mehrheit“ der Arbeitnehmer gesprochen und dass sich die wahlberechtigten Arbeitnehmer aufgrund der Angaben in dem Wahlausschreiben auf das Ende der Dienstzeit der Mehrheit der Arbeitnehmer und des Wahlvorstandes einstellen könnten. Die ordentlichen Wahlvorstandsmitglieder Frau Ma…, Frau Sch… und das Ersatzmitglied Frau Ba… seien am 06.11.2017 bis maximal 16:48 Uhr zum Dienst eingeteilt gewesen, so dass die Arbeitszeit des Wahlvorstands am 06.11.2017 gegen 16:30 Uhr geendet habe.

Im Hinblick darauf, dass das Gericht zur Begründung ausgeführt habe, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens nicht davon auszugehen gewesen sei, dass bei der Antragstellerin in der Regel mehr als 200 Arbeitnehmer beschäftigt würden, bringt der Beteiligte zu 2) unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor, dass er dies anders sehe. Die vom Heimleiter M… am 13.10.2017 angesprochenen 10 Auszubildenden aus Afrika seien genauso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass die nach seinen Angaben mindestens benötigten fünf Vollzeitstellen acht bis neun Köpfe bedeuten würden, weil die Mehrheit der Mitarbeiter der Antragstellerin in Teilzeit arbeite. Die Aussagen des Heimleiters seien höchst konkret gewesen, da diese über die Planungsphase hinausgegangen seien. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass Herr M… die Arbeitgeberfunktion im Betrieb wahrnehme und für die Betriebsleitung zu sprechen befugt und aus eigener Sach- und Fachkunde dazu auch in der Lage sei. Insbesondere stünden bei ihm auch Befugnisse hinsichtlich Einstellung und Kündigung. Ebenfalls zu berücksichtigen sei gewesen, dass die Pflegedienstleitung Frau Ap… am 19.10.2017 im Rahmen einer Betriebsratsanhörung zur Einstellung mitgeteilt habe, dass die Antragstellerin beabsichtige, neben examinierten Kräften auch noch weitere nicht examinierte Kräfte einzustellen. Demnach habe sich für den Wahlvorstand am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens folgende Rechnung ergeben:

- Status Quo gemäß Wählerliste: 183 Arbeitnehmer

- Zuzüglich mindestens 5 Vollzeitstellen mit examinierten Arbeitskräften (8/9 Köpfe)

- Zuzüglich 10 Auszubildende aus Afrika

- Zuzüglich neben den examinierten Kräften noch weitere nicht examinierte Kräfte.

Demnach sei auch ohne die nicht examinierten Kräfte von mindestens 201 Arbeitnehmern auszugehen gewesen. Hinzu komme, dass zum damaligen Zeitpunkt eine nicht voll ausgelastete Bettenbelegung sowie objektive Unterdeckung selbst im nicht voll ausgelasteten Ist-Zustand bei den Hauswirtschaftspräsenzkräften, den Pflegekräften sowie den § 87 b SGB XI-Kräften bestanden habe. Nur durch die Erhöhung der Mitarbeiterzahlen sei der Betrieb zukünftig auch funktionsfähig.

Der Beteiligte zu 2) beanstandet schließlich, dass in den von der Antragstellerin vorgelegten Stellenplänen Mitarbeiter fehlen würden: Es würden im Stellenplan August 2018 mindestens drei Mitarbeiter, im Stellenplan September 2018 mindestens zwei Mitarbeiter und im Stellenplan Dezember 2018 mindestens 14 Mitarbeiter fehlen.

Der Beteiligte zu 2) und Beschwerdeführer hat zuletzt noch beantragt, den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 29.05.2018, Az. 4 BV 206/17, abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin hat beantragt, die Beschwerde vom 27.09.2018 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 29.05.2018 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass das Arbeitsgericht zu Recht von einem Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO ausgegangen sei. Der Wahlvorstand habe die Frist auf 16:30 Uhr verkürzt, ohne dass die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter ihre Arbeit zu diesem Zeitpunkt bereits beendet hätte. Insoweit seien auch die Besonderheiten zu berücksichtigen, dass es sich beim Betrieb der Antragstellerin um einen Schichtbetrieb handele, in dem 24 Stunden am Tag gearbeitet werde. Es sei dem Wahlvorstand zumutbar gewesen, zumindest den Schichtbeginn der Nachtschicht um 20:30 Uhr zu berücksichtigen.

Die Antragstellerin ist im Übrigen der Ansicht, dass die Wahl gegen § 9 Satz 1 BetrVG verstoßen habe, weil die Antragstellerin in ihrem Betrieb in der Regel nicht mindestens 201 Arbeitnehmer beschäftigt habe und auch heute nicht beschäftige. In Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens trägt sie vor, dass am 30. Juni 2018 179 Mitarbeiter, am 31. Juli und am 31. August 2018 177 Mitarbeiter, am 30. September 2018 168 Mitarbeiter, am 31. Oktober 2018 165 Mitarbeiter, am 30. November 2018 164 Mitarbeiter und am 31. Dezember 2018 160 Mitarbeiter beschäftigt worden seien. Die sich aus den Personallisten ergebenden Zahlen würden eindeutig belegen, dass die Zahl der Mitarbeiter nicht gestiegen, sondern in den letzten Monaten gesunken sei. Aus dem Vorbringen des Betriebsrats ergebe sich auch nicht, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens konkrete Veränderungsentscheidungen getroffen hätte, die zu berücksichtigen wären. Die vom Beteiligten zu 2) angeführte „Rechnung“ sei unter allen Gesichtspunkten falsch. Auszugehen sei von 182 und nicht 183 Beschäftigten sowie fünf bis maximal sieben beabsichtigen Einstellungen und nicht darauf beruhende acht bis neun Köpfe. Es sei kein einziger afrikanischer Auszubildender, in keinem Fall jedoch 10 afrikanische Auszubildende zu berücksichtigen und auch kein einziger zusätzlich nicht examinierter Mitarbeiter. Die anzunehmende Anzahl der in der Regel Beschäftigten habe daher weit unter 200 Beschäftigten gelegen. Selbst wenn man 183 Beschäftigte, 7 Einstellungen und 10 Auszubildende berücksichtigen würde, wäre der Schwellenwert nicht überschritten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Hinsichtlich des erstinstanzlich außerdem gestellten Antrags auf Feststellung, dass der Betriebsrat keinen Anspruch hat, ein Betriebsratsmitglied gemäß § 38 BetrVG von der beruflichen Tätigkeit freizustellen, haben die Beteiligten das Verfahren in der Anhörung am 16.04.2019 übereinstimmend für erledigt erklärt (vgl. Seite 2 des Sitzungsprotokolls vom 16.04.2019, Bl. 560 d.A.). Insoweit war das Verfahren daher gem. §§ 90 Abs. 2, 83a Abs. 2 ArbGG einzustellen,

Aus den Gründen

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat die Betriebsratswahl vom 05.12.2017 zu Recht für unwirksam erklärt. Es liegt zwar kein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 iVm. § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO vor, aber ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 BetrVG.

Dadurch, dass der Wahlvorstand in dem am 23.10.2017 ausgehängten Wahlausschreiben vom 19.10.2017 als Ende der Einreichungsfrist für Wahlvorschläge den 06.11.2017, 16.30 Uhr angegeben hat, hat er nicht gegen § 6 Abs. 1 iVm. § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO verstoßen.

a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WO erfolgt die Wahl aufgrund von Vorschlagslisten, wenn - wie hier - mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Die Vorschlagslisten sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 WO von den Wahlberechtigten vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen. Für die Berechnung der Frist finden nach § 41 WO die §§ 186 bis 193 BGB entsprechende Anwendung. Da für den Beginn der Frist der Erlass des Wahlausschreibens maßgebend ist, wird nach § 187 Abs. 1 BGB bei der Berechnung der Frist der Tag, an dem das Wahlausschreiben erlassen wurde, nicht mitgerechnet. Die Frist endet damit nach § 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem das Wahlausschreiben erlassen wurde. In dem Wahlausschreiben hat der Wahlvorstand nach § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO anzugeben, dass Wahlvorschläge vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand in Form von Vorschlagslisten einzureichen sind. Dabei ist der letzte Tag der Frist anzugeben. Die vorgeschriebene Angabe des letzten Tages der Frist ist nur eine zusätzliche Klarstellung. Sie soll dem Wahlvorstand keinen Spielraum einräumen (BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 11/16, Rn. 21 mwN, juris). Für den Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens kommt es auf den Tag des Aushangs an (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, 29. Aufl., WO § 3 Rn. 1).

b) Der Wahlvorstand kann die Möglichkeit zur Einreichung von Wahlvorschlägen am letzten Tag der Frist auf das Ende der Arbeitszeit im Betrieb oder auf das Ende der Dienststunden des Wahlvorstands begrenzen, wenn dieser Zeitpunkt nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer liegt. Dem steht nicht entgegen, dass die gesetzliche Frist des § 6 WO nicht zur Disposition des Wahlvorstands steht (BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 11/16, Rn. 22 mwN, juris)

aa) Der Wahlvorstand kann zwar keine andere als die gesetzlich vorgesehene Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen festlegen. Dies gilt nicht nur für den letzten Tag der Frist, sondern auch für die Uhrzeit des Fristablaufs. Die WO gewährt dem Wahlvorstand insoweit keinen Spielraum. Hätte der Verordnungsgeber dem Wahlvorstand die Befugnis einräumen wollen, die Uhrzeit des Fristablaufs im Hinblick auf die betrieblichen Gegebenheiten abweichend vom gesetzlich vorgesehenen Fristende zu bestimmen, so hätte er in § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO - ähnlich wie in § 3 Abs. 2 Nr. 11 WO - angeordnet, die Uhrzeit in dem Wahlausschreiben anzugeben (BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 11/16, Rn. 23 mwN, juris)

bb) Diese gesetzlichen Vorgaben hindern den Wahlvorstand jedoch nicht, in dem Wahlausschreiben den Zeitpunkt anzugeben, bis zu dem ihm am letzten Tag der Frist Wahlvorschläge zugehen können. Damit verkürzt der Wahlvorstand nicht die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen, sondern gibt bekannt, bis zu welchem Zeitpunkt ein fristgerechter Zugang der Vorschlagslisten bei ihm bewirkt werden kann. Die Angabe in dem Wahlausschreiben, dass die Wahlvorschläge bis zum Ende der Arbeitszeit in dem Betrieb oder der Dienststunden des Wahlvorstands eingereicht werden müssen, trägt daher den allgemeinen Regelungen über den (rechtzeitigen) Zugang von Willenserklärungen Rechnung. Wird ein Wahlvorschlag erst später in den Briefkasten des Wahlvorstands eingeworfen, besteht für den Wahlvorstand unter Zugrundelegung gewöhnlicher Verhältnisse erst am Folgetag die Möglichkeit, von dem Wahlvorschlag Kenntnis zu nehmen, denn es ist von ihm nicht zu erwarten, dass er sich über das Ende der betrieblichen Arbeitszeit bzw. der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer hinaus bis 24:00 Uhr im Betrieb aufhält, um einen Zugang von Wahlvorschlägen zu ermöglichen. Hierzu ist der Wahlvorstand nicht verpflichtet (BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 11/16, Rn. 24 ff mwN, juris).

cc) Das Amt des Wahlvorstandsmitglieds ist ein Ehrenamt. Die Tätigkeit des Wahlvorstands findet grundsätzlich während der Arbeitszeit statt. Zwar haben Wahlvorstandsmitglieder, die betriebsbedingt außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit erforderliche Wahlvorstandstätigkeit leisten, in entsprechender Anwendung von § 37 Abs. 3 BetrVG einen Anspruch auf Freizeitausgleich. Das begründet allerdings nicht die Pflicht, sich am letzten Tag der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen über die Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer hinaus bis 24:00 Uhr im Betrieb aufzuhalten. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der Pflicht des Wahlvorstands, eingereichte Wahlvorschläge unverzüglich zu prüfen (§ 7 Abs. 2 WO). Daraus ergibt sich zwar, dass der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen treffen muss, um kurzfristig zusammentreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können, damit ggf. vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können. Das bedeutet aber nicht, dass er sich hierzu über das Ende der Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer hinaus im Betrieb aufhalten muss. Dies gilt auch in einem Betrieb, der im Schichtdienst „rund um die Uhr“ arbeitet. Von den Mitgliedern des Wahlvorstands kann auch am letzten Tag der Einreichungsfrist nicht erwartet werden, dass sie länger tätig werden als die Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs, ggf. bis 24:00 Uhr. Die wahlberechtigten Arbeitnehmer können sich aufgrund der Angaben in dem Wahlausschreiben auf das Ende der Dienstzeit der Mehrheit der Arbeitnehmer und des Wahlvorstands einstellen (BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 11/16, Rn. 27 f mwN, juris).

c) Nach diesen Grundsätzen ist nicht zu beanstanden, dass der Wahlvorstand in dem am 23.10.2017 ausgehängten Wahlausschreiben als Ende der Einreichungsfrist für Wahlvorschläge den 06.11.2017, 16.30 Uhr angegeben hat. Unabhängig davon, ob am 06.11.2017 von den 180 dienstplanmäßig eingeteilten Mitarbeitern neben den sieben erst ab 20.30 Uhr zum Nachdienst eingeteilten Mitarbeitern 25 oder 30 Beschäftigte nicht bis 16.30 Uhr gearbeitet haben, hat jedenfalls (deutlich) mehr als die Hälfte der Mitarbeiter – mindestens ¾ - und damit die „Mehrheit“ bzw. „Mehrzahl“ (vgl. BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 11/16, Rn. 28 und 29, juris) nicht länger als bis 16.30 Uhr gearbeitet. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin steht dem weder die Besonderheit des Schichtdienstes „rund um die Uhr“ entgegen (so ausdrücklich BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 11/16, Rn. 28) noch war erforderlich, dass „nahezu alle“ Mitarbeiter am 06.11.2017 um spätestens 16.30 Uhr Dienstschluss hatten. Der Wahlvorstand war auch nicht verpflichtet, den Dienstbeginn der sieben Mitarbeiter des Nachtdienstes abzuwarten, weil dieser nach dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer lag.

2. Die Betriebsratswahl ist jedoch wegen eines Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Danach durfte kein aus 9 Mitgliedern bestehender, sondern nur ein aus 7 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt werden.

a) Nach § 9 Satz 1 BetrVG besteht der Betriebsrat in Betrieben mit in der Regel 101 bis 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern und in Betrieben mit in der Regel 201 wahlberechtigten Arbeitnehmern bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Mitgliedern. Die Betriebsratsgröße knüpft an die Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer an. Dabei kommt es nicht auf die Belegschaftsstärke an einem bestimmten Stichtag, z.B. am Tag der Betriebsratswahl oder am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens, an, sondern auf die Anzahl der „in der Regel“ Beschäftigten. § 9 BetrVG ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht. Wird ein Betriebsrat mit zu hoher Mitgliederzahl gewählt, so kann das Wahlergebnis nicht berichtigt werden; eine auf diesem Fehler beruhende Wahl ist insgesamt für unwirksam zu erklären (BAG vom 07.09.2012 – 7 ABR 37/11, Rn.12 mwN, juris).

b) Für die Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer ist die normale Beschäftigtenzahl maßgeblich, also diejenige Personalstärke, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist. Zur Ermittlung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl ist nicht nur der Personalbestand in der Vergangenheit zugrunde zu legen, sondern auch die künftige, aufgrund konkreter Unternehmerentscheidungen zu erwartende Entwicklung des Beschäftigtenstands einzubeziehen. Die Feststellung der maßgeblichen Betriebsgröße erfordert daher sowohl eine rückblickende Betrachtung, für die ein Zeitraum zwischen sechs Monaten bis zwei Jahren als angemessen erachtet wird, als auch eine Prognose, bei der konkrete Veränderungsentscheidungen zu berücksichtigen sind (BAG vom 18.01.2017 – 7 ABR 60/15, Rn.34 mwN, juris). Der Wahlvorstand hat in den Grenzfällen des § 9 BetrVG im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens einen gewissen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der personellen Stärke des Betriebes und damit der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder. Von Veränderungen der bisherigen personellen Stärke kann er nur dann ausgehen, wenn der Arbeitgeber bereits konkrete Veränderungsentscheidungen getroffen hat, nicht hingegen bei bloßen Erwartungen, Hoffnungen und oder günstigen Aussichten (vgl. etwa LAG München vom 24.07.2007 – 6 TaBV 3/07, Rn. 33 juris; LAG Berlin-Brandenburg vom 13.08.2015 – 5 TaBV 218/15, Rn.28 juris; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, 29. Aufl., BetrVG § 9 Rn. 12 f; GK-BetrVG/Jacobs 11.Aufl. § 9 Rn.19; KHBN/Vetter, Praxis des Arbeitsrechts 6. Aufl. § 43 Rn.72). Auch bloße unverbindliche, insbesondere hinsichtlich dem „Ob und Wann“ der Einstellungen nicht näher konkretisierte Absichtsbekundungen stellen keine zu berücksichtigenden Veränderungsentscheidungen dar

c) Danach durfte vorliegend der Wahlvorstand bei Erlass des Wahlausschreibens nicht davon ausgehen, dass die Antragstellerin im Betrieb in der Regel (mindestens) 201 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt.

aa) Am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens hat die Antragstellerin unstreitig deutlich weniger als 201 Arbeitnehmer beschäftigt, nämlich nur 182 bzw. 183.

bb) Die Rückschau ergibt, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit seit der Ausgliederung der Bereiche Küche, Reinigung und Haustechnik mit Wirkung zum 01.07.2017 deutlich weniger als 201 Arbeitnehmer beschäftigt hat. Zu diesem Zeitpunkt sind 50 der bis dato ca. 220 beschäftigten Mitarbeiter dauerhaft und ersatzlos ausgeschieden. Die Belegschaftsgröße vor dem Zeitpunkt der Ausgliederung war daher für die Feststellung der maßgeblichen Betriebsgröße unmaßgeblich. In der maßgeblichen Vergangenheit waren bis zum Tag des Erlasses des Wahlausschreibens nur 170 bis 183 Arbeitnehmer beschäftigt.

cc) Der Wahlvorstand durfte am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens auch nicht davon ausgehen, dass die Antragstellerin zukünftig in der Regel 201 Arbeitnehmer (oder mehr) beschäftigen wird. Es lagen keine konkreten Veränderungsentscheidungen vor, die eine solche Prognose gerechtfertigt hätten.

(1) Es besteht zwischen den Beteiligten allerdings kein Streit darüber, dass die Antragstellerin eine zu berücksichtigende Veränderungsentscheidung im Hinblick auf die Einstellung von fünf bis sieben Mitarbeitern getroffen hat. Es kann zu Gunsten des Beteiligten zu 2) unterstellt werden, dass dies im Hinblick auf die behauptete Teilzeitquote „8/9 Köpfe“ bedeutet. Dies führt zu einer zu berücksichtigenden Betriebsgröße von maximal 192 Arbeitnehmern.

(2) Nicht berücksichtigen durfte der Wahlvorstand die Einstellung von zusätzlichen 10 Auszubildenden. Die Antragstellerin hat eine bereits verbindlich getroffene Entscheidung, 10 Auszubildende aus Afrika einzustellen, in Abrede gestellt. Aber auch aus dem Vorbringen des Beteiligten zu 2) ergibt sich nicht, dass die Antragstellerin eine konkrete Entscheidung getroffen hätte, 10 afrikanische Auszubildende einzustellen. Es ergibt sich daraus schon nicht, – mit Ausnahme eines Auszubildenden, der nach den bestrittenen Angaben des Beteiligten zu 2) bereits im Dezember 2017 eingestellt werden sollte - zu welcher Zeit bzw. in welchem Zeitraum die Einstellungen erfolgen sollen. Es ergibt sich daraus auch nicht, dass schon festgestanden hätte, welche Auszubildenden eingestellt werden sollen und ob diese sich schon bei der Antragstellerin beworben oder ihre Bereitschaft kundgetan haben, sich bei der Antragstellerin ausbilden zu lassen. Es ist weder aus dem Vorbringen des Beteiligten zu 2) noch aus anderen Umständen ersichtlich, dass die Antragstellerin am 23.10.2017 im Hinblick auf das Ob, Wie und Wann der Einstellungen bereits über bloße unverbindliche Absichtsbekundungen hinausgehende, konkrete Entscheidungen getroffen hat.

Die vom Wahlvorstand erstellte Prognose wird auch nicht durch die nachträgliche Entwicklung bestätigt. Die Antragstellerin hat bis zum Zeitpunkt der mündlichen Anhörung am 16. April 2019 keinen einzigen Auszubildenden aus Afrika eingestellt.

(3) Nicht berücksichtigen durfte der Wahlvorstand auch „weitere nichtexaminierte Kräfte“. Auch insoweit ist weder vorgebracht noch ersichtlich, dass die Antragstellerin im Hinblick auf die Anzahl und den Zeitraum die zusätzlich einzustellenden nicht examinierten Mitarbeiter bereits verbindliche, über bloße Absichtsbekundungen hinausgehende Entscheidungen getroffen hätte.

(4) Schließlich durfte der Wahlvorstand nicht auf Grund des von ihm behaupteten Personalmangels und auf Grund der Bettenbelegung davon ausgehen, dass es deswegen zu Einstellungen kommt und der Schwellenwert von 201 Arbeitnehmern zukünftig erreicht wird. Auch insoweit kommt es entscheidend darauf an, ob die Antragstellerin eine konkrete Entscheidung getroffen hat, das Personal – über die bereits berücksichtigten zusätzlichen „8/9 Köpfe“ hinaus - durch weitere Einstellungen aufzustocken (oder ob sie ggf. in anderer Weise auf die Belegsituation reagiert).

(5) Die vom Beteiligten zu 2) erstellte Prognose wird auch nicht durch die personelle Entwicklung nach der Wahl bestätigt (vgl. dazu LAG Rheinland-Pfalz vom 06.03.2015 – 1 TaBV 23/14, Rn. 28, juris). Die Antragstellerin hat jedenfalls bis 31.12.2018 zu keinem Zeitpunkt 201 oder mehr Mitarbeiter beschäftigt. Dies wäre auch dann nicht der Fall, wenn man die vom Beteiligten zu 2) beanstandeten fehlenden drei Mitarbeiter im August 2018, zwei Mitarbeiter im September 2018 und 14 Mitarbeiter im Dezember 2018 berücksichtigt.

d) Weil nach alldem von höchstens 192 in der Regel beschäftigten Arbeitnehmern auszugehen war, liegt kein Grenzfall vor, der dem Wahlvorstand einen Beurteilungsspielraum eröffnet hat, in dessen Rahmen er vom Erreichen des Schwellenwerts ausgehen durfte. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob er sich auf die vom Beteiligten zu 2) behaupteten Aussagen des Heimleiters und der Pflegedienstleiterin verlassen durfte. Diese sind – wie ausgeführt – allenfalls als unverbindliche Absichtsbekundungen zu werten und nicht als Mitteilungen konkreter Veränderungsentscheidungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben; auf § 92 a ArbGG wird hingewiesen.

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