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Arbeitsrecht
28.01.2016
Arbeitsrecht
BAG: Auslegung „individueller Arbeitsvertrag“ und internationale Zuständigkeit

BAG, Urteil vom 20.10.2015 – 9 AZR 525/14

Volltext: BB-ONLINE BBL2015-308-2

unter www.betriebs-berater.de

Orientierungssätze

1. Der Begriff des „individuellen Arbeitsvertrags“ iSd. Art. 18 EuGVVO ist nicht nach nationalen Kriterien zu bestimmen. Er ist als genuiner Begriff der EuGVVO autonom auszulegen. Ein „individueller Arbeitsvertrag“ ist eine Vereinbarung, mittels deren sich eine Person verpflichtet, während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen zu erbringen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält.

2. Will das angerufene Gericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit vorab bindend feststellen, hat es im Wege eines Zwischenurteils gemäß § 280 ZPO, nicht aber durch Beschluss nach § 17a GVG zu entscheiden.

Sachverhalt

Der Kläger verlangt von der Beklagten, 20 Arbeitstage Urlaub aus dem Jahr 2011 abzugelten. 

Die Beklagte, die ihren Sitz in Polen hat, vertreibt Sportlernahrung und Nahrungsergänzungsmittel. Der Kläger, der seinen Wohnsitz in Deutschland hat, war für sie vom 1. November 2010 bis zum 30. September 2011 auf der Grundlage von vier unmittelbar aneinander anschließenden Verträgen („Consulting Agreements“) tätig. Hierin verpflichtete sich der Kläger gegen eine monatliche Vergütung in einer Gesamthöhe von 6.150,00 Euro, Produkte der Beklagten an deutsche Kunden zu vermitteln, den Markt zu analysieren und Kunden zu werben. Die in englischer Sprache abgefassten Verträge enthalten eine Gerichtsstandsvereinbarung. Danach ist für Streitigkeiten das Gericht am Sitz des Auftraggebers zuständig. Die Verträge sehen darüber hinaus die Geltung polnischen Rechts vor und belegen den Kläger mit einem Wettbewerbsverbot.

Seine Tätigkeit übte der Kläger fast ausschließlich in Deutschland aus. Er akquirierte Kunden, setzte Promotionmaßnahmen um und kümmerte sich um die Betreuung der Kunden. Bestellungen gab er an die Beklagte weiter. Er organisierte Pfandregelungen für die Produkte der Beklagten und arbeitete Etiketten um, um sie den deutschen gesetzlichen Vorgaben anzupassen. Die Beklagte stellte ihm einen Laptop zur Verfügung. Gegen eine monatliche Miete iHv. 150,00 Euro erhielt er ein Dienstfahrzeug, das die Aufschrift der Beklagten trug, sowie eine Tankkarte und eine Kreditkarte, die direkt über ein Konto der Beklagten abgerechnet wurden. Er besaß einen E-Mail-Account bei der Beklagten und nutzte Visitenkarten mit dem Logo der Beklagten, die ihn als „Business Development Manager“ auswiesen.

Anfang November 2010 stellte der Kläger einen Antrag auf Pflichtversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung als selbstständig Tätiger. Ausweislich seines Antrags war er als freiberuflicher Unternehmensberater tätig. Hinsichtlich der von ihm ausgeübten Tätigkeit wurden folgende Fragen von dem Kläger verneint: „3.5 Haben Sie regelmäßige Arbeits- und Anwesenheitszeiten einzuhalten?“, „3.6 Werden Ihnen Weisungen hinsichtlich der Ausführung (Art und Weise) ihrer Tätigkeit erteilt?“, „3.7 Kann Ihr Auftraggeber Ihr Einsatzgebiet auch ohne Ihre Zustimmung verändern?“, „3.8 Ist die Einstellung von Vertretern bzw. Hilfskräften durch Sie von der Zustimmung Ihres Auftraggebers abhängig?“. Sein unternehmerisches Handeln beschrieb der Kläger wie folgt: „Eigener Kapitaleinsatz bzgl. Büro, Büroausstattung, Reisekosten, Telefon etc., Preis bzw. Honorar gemäß verhandeltem Vertrag, Werbung bzw. Kundenakquise per Telefon über persönliche Kontakte und Internetnetzwerke“.

Mit E-Mail vom 4. November 2010 forderte die Beklagte den Kläger auf, Rechenschaft über geleistete Fahrten abzulegen. Unter dem 14. November 2010 verlangte die Beklagte von dem Kläger, ihr Firmenlogo bei allen E-Mails zu verwenden, unter dem 11. Januar 2011 die Übersendung einer aktuellen Preisliste. Um die Wahrnehmung von Terminen nachvollziehen zu können, begehrte die Beklagte mit E-Mail vom 21. Februar 2011 von dem Kläger, seinen Outlook-Kalender zu pflegen. In einer E-Mail vom 25. Februar 2011, die auch an zwei Arbeitnehmer der Beklagten gerichtet war, gab die Beklagte konkrete Preise für ihre Produkte vor. In einer weiteren E-Mail vom gleichen Tag findet sich eine von der Beklagten erstellte Liste, die fünf Arbeitnehmer - darunter auch den Kläger - mit ihren regionalen Verantwortungsbereichen nennt. Mit E-Mail vom 1. März 2011 hielt die Beklagte den Kläger an, ihrem Geschäftsführer gegenüber unmittelbar zu berichten. Die Beklagte drang mit E-Mail vom 28. April 2011 darauf, der Kläger solle Rechenschaft über Umsätze und Provisionen ablegen. Unter dem 26. Mai 2011 bedang sich die Beklagte vom Kläger die Vorlage von Einsatzplänen aus. Mit E-Mail vom 11. Juli 2011 teilte die Beklagte dem Kläger Zielvorgaben mit. Darüber hinaus erbat sich die Beklagte mit E-Mails vom 26. Mai und 1. September 2011 die Übersendung von Unterlagen.

Die Beklagte gewährte dem Kläger während der gesamten Vertragslaufzeit keinen Urlaub.

Der Kläger hat die Rechtsansicht vertreten, die Beklagte habe 20 Urlaubstage abzugelten. Zwischen den Parteien habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Hilfsweise macht der Kläger geltend, er sei als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger für die Beklagte tätig gewesen.

Mit Versäumnisurteil vom 16. November 2012 hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 5.677,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2011 zu zahlen. Nachdem die Beklagte gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt hat, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 1. Februar 2013 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für gegeben erklärt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 3. Juli 2013 zurückgewiesen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 16. November 2012 - 2 Ca 2693/11 - aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat die Aufhebung des Versäumnisurteils und die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die deutschen Gerichte seien aufgrund der in den Verträgen der Parteien enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarung international nicht zuständig.

Das Arbeitsgericht hat das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Versäumnisurteils.

Aus den Gründen

12        Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unzulässig. Für die Entscheidung des Rechtsstreits sind die deutschen Gerichte nicht zuständig. Die internationale Zuständigkeit richtet sich im Streitfall nach der von den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung. Danach fällt der Rechtsstreit in die ausschließliche Zuständigkeit der polnischen Gerichte. Die Vereinbarung der Parteien ist nicht gemäß Art. 23 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) unwirksam. Den Gegenstand des Verfahrens bilden selbstständige Dienstverträge und nicht individuelle Arbeitsverträge iSd. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO.

13        I. Die auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 11, BAGE 147, 342) bestimmt sich im Streitfall nach den Vorgaben der EuGVVO, deren Geltungsbereich gemäß Art. 1 Abs. 1 EuGVVO eröffnet ist. Der für die Anwendung der Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO erforderliche Auslandsbezug (vgl. EuGH 17. November 2011 - C-327/10 - [Hypoteční banka] Rn. 29, Slg. 2011, I-11543) liegt vor, weil die Beklagte ihren Sitz in Polen hat. Die von dem Kläger gegenüber der Beklagten erhobene Forderung begründet zwischen den Parteien eine zivilrechtliche Streitigkeit.

14        II. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Arbeitssachen folge weder aus seinem Beschluss vom 3. Juli 2013 noch aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts vom 1. Februar 2013. Beide Gerichte haben im Rahmen der Vorabentscheidung allein über den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen (vgl. Zöller/Lückemann ZPO 31. Aufl. § 17a GVG Rn. 12), nicht aber über die Frage der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte entschieden. Will das angerufene Gericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit vorab bindend feststellen, hat es im Wege eines Zwischenurteils gemäß § 280 ZPO, nicht aber durch Beschluss nach § 17a GVG zu entscheiden (vgl. BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - Rn. 25, BAGE 113, 327).

15        III. Der Streitfall fällt aufgrund der von den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung in die ausschließliche Zuständigkeit der polnischen Gerichtsbarkeit (Art. 23 Abs. 1 EuGVVO).

16        1. Der Kläger und die Beklagte kamen schriftlich überein, das für die Beklagte zuständige Gericht solle über künftige Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien entscheiden. Nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EuGVVO ist zu vermuten, dass die Parteien hiermit einen ausschließlichen Gerichtsstand vereinbaren wollten (vgl. Hanseatisches OLG Hamburg 14. April 2004 - 13 U 76/03 - zu II 1 der Gründe). Der Kläger hat diese Vermutung nicht entkräftet.

17        2. Die Vereinbarung läuft den Vorgaben des Art. 21 EuGVVO nicht zuwider (Art. 23 Abs. 5 EuGVVO). Sie weicht nicht von den Vorschriften des Abschnitts 5 der EuGVVO ab. Diese finden entgegen der Auffassung des Klägers auf den Streitfall keine Anwendung. Die von den Parteien geschlossenen Verträge sind keine individuellen Arbeitsverträge iSd. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO.

18        a) Der Begriff des „individuellen Arbeitsvertrags“ ist nicht nach nationalen Kriterien zu bestimmen, sondern als genuiner Begriff der EuGVVO unter Berücksichtigung von Art. 45 AEUV autonom auszulegen (BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 138/11 - Rn. 20; vgl. zur vertragsautonomen Auslegung der in der EuGVVO enthaltenen Rechtsbegriffe EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 42). Danach ist ein „individueller Arbeitsvertrag“ eine Vereinbarung, mittels deren sich eine Person verpflichtet, während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen zu erbringen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. EuGH 9. Juli 2015 - C-229/14 - [Balkaya] Rn. 34 mwN). Aus Sicht der zur Arbeitsleistung verpflichteten Person handelt es sich um ein Unterordnungsverhältnis (vgl. EuGH 9. Juli 2015 - C-229/14 - [Balkaya] Rn. 37; 11. November 2010 - C-232/09 - [Danosa] Rn. 46, Slg. 2010, I-11405), bei dem sie nach Weisung ihres Arbeitgebers handelt, insbesondere was ihre Freiheit bei der Wahl von Zeit, Ort und Inhalt ihrer Arbeit angeht (vgl. EuGH 13. Januar 2004 - C-256/01 - [Allonby] Rn. 72, Slg. 2004, I-873). Sie ist weder an den geschäftlichen Risiken des Arbeitgebers beteiligt noch frei bezüglich des Einsatzes eigener Hilfskräfte (vgl. EuGH 14. Dezember 1989 - C-3/87 - [Agegate] Rn. 36, Slg. 1989, I-4459). Während der Dauer des Unterordnungsverhältnisses ist sie in das Unternehmen des Arbeitgebers eingegliedert (vgl. EuGH 16. September 1999 - C-22/98 - [Becu ua.] Rn. 26; vgl. zum Ganzen auch EuGH 4. Dezember 2014 - C-413/13 - [FNV Kunsten Informatie en Media] Rn. 36). Die Frage, ob im konkreten Fall ein Unterordnungsverhältnis vorliegt oder aber der Dienstnehmer seine Leistung im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses erbringt, muss im Einzelfall anhand aller Gesichtspunkte und aller Umstände, die die Beziehungen zwischen den Beteiligten kennzeichnen, geprüft werden (vgl. EuGH 10. September 2015 - C-47/14 - [Holterman Ferho Exploitatie ua.] Rn. 46).

19        b) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, bei den von den Parteien geschlossenen Verträgen handele es sich nicht um individuelle Arbeitsverträge iSd. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der für die Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit darlegungsbelastete Kläger (vgl. zur Frage der Staatenimmunität BAG 3. Juli 1996 - 2 AZR 513/95 - zu II 1 der Gründe, BAGE 83, 262) hat Umstände, deren Vorliegen mit hinreichender Sicherheit auf ein Arbeitsverhältnis schließen lassen, nicht vorgetragen.

20        aa) Nach dem Vertragsinhalt sollte der Kläger die geschuldete Tätigkeit als Selbstständiger erbringen.

21        (1) Die Parteien haben die einzelnen Verträge, die keinerlei Hinweis auf ein Weisungsrecht der Beklagten enthalten, als „Consulting Agreement“ überschrieben. Diese Bezeichnung deutet auf einen freien Dienstvertrag hin. Der Vorrang der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen vor der formalen Vertragstypenwahl durch die Parteien bedeutet nicht, dass die Entscheidung der Parteien für eine bestimmte Art von Vertrag irrelevant wäre. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit - wie im Streitfall - typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbstständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. zum Arbeitnehmerbegriff nach nationalen Kriterien BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 19).

22        (2) Für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist die von dem Kläger geschuldete Tätigkeit, die Vermittlung von Produkten, ebenso unergiebig wie die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots. Eine durch ein Wettbewerbsverbot gesicherte Vermittlungstätigkeit kann sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch unter dem Regime eines freien Dienstvertrags auszuüben sein.

23        bb) Die von dem Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen rechtfertigen es entgegen der Ansicht der Revision nicht, aus der Durchführung des Vertrags darauf zu schließen, die Parteien hätten nicht freie Dienst-, sondern Arbeitsverträge schließen wollen.

24        (1) Die Angaben, die der Kläger gegenüber der Deutschen Rentenversicherung machte, deuten auf das Gegenteil hin. Der Kläger erklärte, er sei bei seiner Tätigkeit weder an Arbeitszeiten noch an Anwesenheitszeiten gebunden. Zudem sei die Veränderung des Einsatzgebiets von seiner Zustimmung abhängig. Schließlich sei er befugt, ohne Zustimmung seines Auftraggebers Vertreter bzw. Hilfskräfte einzustellen. All diese Umstände sind für ein freies Dienst-, nicht aber für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnend.

25        (2) In dieselbe Richtung weist der Umstand, dass die Beklagte dem Kläger keinerlei konkrete Vorgaben hinsichtlich des Orts und der Zeit seiner Einsätze machte. Vielmehr war es der Kläger, der die Einsatzpläne selbstständig erstellte. Die rein faktischen Zwänge, denen der Kläger bei der Einsatzplangestaltung unterlag, sind nicht ausreichend, um ein Unterordnungsverhältnis anzunehmen.

26        (3) Soweit der Kläger die Beklagte beriet, Kunden akquirierte und betreute, Promotionmaßnahmen umsetzte, Pfandregelungen für die Produkte der Beklagten organisierte und Etiketten umarbeitete, besagen diese Tätigkeiten nichts über die Rechtsnatur des ihnen zugrunde liegenden Vertragswerks. Die Tätigkeiten können sowohl von einem Arbeitnehmer als auch von einem freien Dienstnehmer geschuldet sein.

27        (4) Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte habe ihn per E-Mail aufgefordert, Rechenschaft über Umsätze und Provisionen abzulegen, Einsatzpläne vorzulegen, eine aktuelle Preisliste und andere Unterlagen zu übersenden, Rechenschaft über die mit dem Dienstfahrzeug geleisteten Fahrten zu geben und ihm Ziele sowie Preise vorgegeben, lässt dieser Vortrag nicht den Rückschluss zu, die Parteien verbinde ein Arbeitsverhältnis. Ohne Kenntnis des konkreten Inhalts und der Begleitumstände der Nachrichten, die der Kläger entgegen der Anordnung des Landesarbeitsgerichts mit Beschluss vom 18. März 2014 nicht in beglaubigter deutscher Übersetzung vorgelegt hat, kann nicht beurteilt werden, ob sie Ausdruck des übereinstimmenden Willens der Parteien waren, dass der Kläger weisungsgebunden in einem Unterordnungsverhältnis für die Beklagte tätig werden sollte. Abgesehen davon gehen Informations- oder Rechenschaftspflichten nicht zwingend mit einem Unterordnungsverhältnis einher. Es handelt sich dabei um typische Nebenpflichten, die eine Vielzahl von Vertragsverhältnissen kennzeichnen (vgl. § 556 Abs. 3, §§ 666, 675, 681 Satz 2, § 687 Abs. 2 Satz 1, §§ 713, 740 Abs. 2, § 1214 Abs. 1 BGB oder § 87c HGB).

28        (5) Dass die Beklagte dem Kläger einen mit der Aufschrift der Beklagten versehenen Dienstwagen sowie Visitenkarten mit ihrem Firmenlogo zur Verfügung stellte und einen E-Mail-Account für den Kläger einrichtete, belegt das Bemühen der Beklagten, nach außen als Hersteller der von dem Kläger vertriebenen Produkte in Erscheinung zu treten, legt aber nicht die Annahme eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien nahe. Die Überlassung eines Laptops ist für die Frage, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger Weisungsrechte besaß, ebenso wenig ergiebig wie die Überlassung einer Kredit- und einer Tankkarte.

29        (6) Soweit der Kläger auf die Art der Vergütung und deren Bezeichnung durch die Beklagte verweist, übersieht er, dass die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten der Entgeltzahlung für die Einordnung eines Rechtsverhältnisses maßgeblich sind (vgl. zur Abgrenzung nach nationalen Kriterien BAG 11. März 1992 - 7 AZR 130/91 - zu I 4 b der Gründe).

30        c) Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zwecks Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht. Die Voraussetzungen, unter denen von einem individuellen Arbeitsvertrag iSd. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO auszugehen ist, sind durch den EuGH hinreichend geklärt (vgl. EuGH 9. Juli 2015 - C-229/14 - [Balkaya] Rn. 37; 11. November 2010 - C-232/09 - [Danosa] Rn. 46, Slg. 2010, I-11405; 13. Januar 2004 - C-256/01 - [Allonby] Rn. 72, Slg. 2004, I-873).

31        IV. Die Voraussetzungen, an die Art. 24 EuGVVO die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts infolge rügelosen Einlassens knüpft, liegen nicht vor. Die Beklagte hat die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts unmittelbar nach Zustellung der Klageschrift gerügt.

32        V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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