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Arbeitsrecht
16.10.2014
Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: Änderungskündigung - Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und bestimmtes Änderungsangebot

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.7.2014 – 7 Sa 662/14

Leitsätze

1. Die Bestimmtheit eines mit der Kündigung unterbreiteten Änderungsangebot kann sich aus den anwendbaren Tarifverträgen ergeben (vgl. BAG v. 26.4.2004 - 2 AZR 628/03 - BAGE 112, 58). Dazu ist die Wiedergabe der im Tarifvertrag enthaltenen Regelungen im Änderungsangebot nicht erforderlich (hier TV Ratio TDG).

2. Das Änderungsangebot kann auch auf einen Tarifvertrag verweisen, der nach seinen Regelungen vor der Kündigung schon in Kraft treten soll, aber erst nach Zugang der Kündigung wegen des Schriftformerfordernisses Wirksamkeit erlangt.

3. Zur rückwirkenden Abkürzung von Kündigungsfristen durch einen Tarifvertrag (wie BAG v. 18.09.1997 - 2 AZR 614/96).

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.

Die 1971 geborene, zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist bei der Beklagten unter Anrechnung von Beschäftigungszeiten seit dem 1. August 1987 beschäftigt und war zuletzt auf der Grundlage des schriftlichen Änderungsvertrages vom 16.4.2007 (Bl. 7 – 10 d.A.) als Vertriebsbeauftragte im Betrieb der Beklagten „T. Direktvertrieb und Beratung“ (im folgenden DTDB) in Potsdam tätig. In § 2 dieses Änderungsvertrages werden die für den Betrieb betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung in Bezug genommen.

Unter dem Datum vom 21.06.2011 vereinbarte die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di den „Tarifvertrag Bereichsausnahme DTDB“ (Bl. 46 – 48 d.A.), nach dessen Bestimmungen im Wesentlichen die Tarifverträge der Deutschen T. GmbH auf den Betrieb DTDB Anwendung finden sollten. Außerdem schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di den „Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung vom 1.4.2010“ (Bl. 49 – 67 d.A.), der einen Wechsel von den von Umstrukturierungsmaßnahmen betroffenen Arbeitnehmer in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit regelt. Unter § 5 Abs. 3 sieht dieser Tarifvertrag für die dafür erforderlichen Änderungskündigungen eine Kündigungsfrist von 3 Wochen zum 15. bzw. zum Ende des Monats vor. § 17 lautet wie folgt: „Dieser Tarifvertrag tritt am 1. April 2010 in Kraft“. Der Tarifvertrag wurde im Sommer 2013 von den Tarifvertragsparteien unterzeichnet, wobei zwischen den Parteien streitig ist, wann die Unterschriften erfolgten und an welchem Tag der auch von der Arbeitgeberin unterschriebene Tarifvertrag bei der Gewerkschaft eingegangen ist.

Die Beklagte legte zum 31.Juli 2013 den Betrieb DTDB still. Zuvor schloss sie mit dem für den Betrieb DTDB gebildeten Betriebsrat unter dem 2. Mai 2013 einen Interessenausgleich, der die Schließung des Betriebes zum 31.07.2013 und eine Versetzung der Arbeitnehmer zur Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit V. vorsah, sofern keine unmittelbare Anschlussbeschäftigung erfolgte (§ 2 Abs. 7 des Interessenausgleichs). Für die Einzelheiten des Interessenausgleichs wird auf Bl. 68 - 71 d.A. Bezug genommen. Zur Umsetzung dieser Maßnahme bot die Beklagte der Klägerin, wie auch anderen Arbeitnehmern, sowohl einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung als auch einen Änderungsvertrag für einen Wechsel in die V. an. Zur Information über die Konditionen eines Wechsels zu V. übersandte die Beklagte ihren Beschäftigen ein Merkblatt, für dessen Einzelheiten auf Bl. 292 d.A Bezug genommen wird.

Nachdem die Klägerin sowohl ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages als auch eines Änderungsvertrages abgelehnt hatte, hörte die Beklagte den Betriebsrat mit einem Musteranschreiben vom 27.06.2013, dem eine Liste aller betroffenen Arbeitnehmer mit den Sozialdaten beigefügt war, zu einer beabsichtigten Änderungskündigung auch der Klägerin an. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 4.7.2013 den beabsichtigten Kündigungen, stimmte aber als Betriebsrat des abgebenden Bereichs den Versetzungen zu, worüber er die Mitarbeiter mit einer E-Mail vom 2.7.2013 (Bl. 220 d.A) in Kenntnis setzte. Weiterhin erstattete die Beklagte am 4.7.2013 eine Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit, die mit Bescheid vom 26.07.2013 (Bl. 77 d.A.) eine Sperrfrist bis zum 4.8.2013 festlegte.

Mit Schreiben vom 8. Juli 2013 (Bl. 11 d.A.), der Klägerin zugegangen am 10. Juli 2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von 3 Wochen zum 15. bzw. dem Ende des Monats zum 31.07.2013 hilfsweise zum nächst zulässigen Termin und bot der Klägerin zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01.08.2013, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V. der Deutschen T. AG zu den in Abschnitt I des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen an. Die Klägerin nahm das Angebot unter Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.07.2013 an.

Mit der beim Arbeitsgericht am 19.Juli 2013 eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen diese Kündigung, die sie für sozial ungerechtfertigt und für rechtsunwirksam hält.

Das Arbeitsgericht Potsdam hat – nachdem die Klägerin in der Güteverhandlung zu Protokoll erklärte, sie bestreite nicht, dass der TV-Ratio TDG aus 2010 ordnungsgemäß unterschrieben sei - mit Urteil vom 14. Januar 2014, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Änderungskündigung sei sozial gerechtfertigt, da dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen würden, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen im Betrieb DTDB entgegenstünden. Dieser Betrieb sei zum 31.07.2013 stillgelegt worden. Einer Sozialauswahl habe es nicht bedurft, da kein Arbeitnehmer im Betrieb verblieben sei. Die Beklagte habe sich mit ihrem Änderungsangebot auf solche Änderungen beschränkt, die von der Klägerin billigerweise hinzunehmen wären. Mangels freier anderer Arbeitsplätze im Unternehmen könne die Beklagte die Klägerin nur in V. weiterbeschäftigen. Für eine konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht fehle es an den Voraussetzungen. Auch sei die von der Beklagten gewählte Kündigungsfrist wirksam. Diese beruhe auf einer zulässigen tariflichen Regelung. Die Betriebsratsanhörung sei ebenso ordnungsgemäß wie die Massenentlassungsanzeige. Wegen der von der Bundesagentur mitgeteilten Sperrfrist habe die Kündigung jedoch erst zum 05.08.2013 wirksam werden können. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen dieses der Klägerin am 3. März 2014 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 27. März 2013 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und zugleich begründet hat.

Die Klägerin und Berufungsklägerin macht insbesondere geltend, mangels Einhaltung des Schriftformerfordernisses habe bis zum Zugang der Kündigung kein wirksamer Tarifvertrag vorgelegen, auf den die Änderungskündigung gestützt werden könne. Dies habe Auswirkungen auf die Bestimmtheit des Änderungsangebots und dessen Verhältnismäßigkeit. Denn ohne einen wirksamen Tarifvertrag sei die von der Beklagten gewählte Kündigungsfrist unwirksam, die angebotene Änderung vorfristig. Eine Auslegung zum nächst zulässigen Kündigungszeitpunkt komme ebenso wenig in Betracht wie eine Umdeutung. Eine Rückwirkung sei von den Tarifvertragsparteien nicht gewollt, da sie eine solche andernfalls mit einer Änderung des Unterschriftdatums offen gelegt hätten.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,

unter Aufhebung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Potsdam festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 08.07.2013 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte hält die Berufung der Klägerin auf die mangelhafte Schriftform im Hinblick auf die Protokollerklärung der Klägerin für prozessual bedeutungslos und verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zur Unterzeichnung des Tarifvertrages und seiner Veröffentlichung im Intranet. Bereits am 19. Juni 2013 sei eine finalisierte Fassung des Tarifvertrages ins Intranet gestellt worden und dort für die Arbeitnehmer zugänglich gewesen. Darüber seien die Mitarbeiter per E-Mail vom 19. Juni 2013 informiert worden. Dieser Tarifvertrag sei zunächst von der Gewerkschaft unterzeichnet worden, die ihn dann der Arbeitgeberseite per Boten übermittelt habe. Die Arbeitgeberin habe dann ihrerseits den Tarifvertrag unterschrieben. Am 4.7.2013 habe eine von beiden Tarifvertragsparteien unterschriebene Fassung ihrem Leiter Tarif Policy Services vorgelegen. Der Tarifvertrag sei dann in der von beiden unterschriebenen Fassung an ver.di zurückgesandt worden. Dort sei er laut Auskunft von ver.di am 10.07.2013, nach Auskunft des Kurierunternehmens am 11.07.2013 zugegangen. Auf die Wirksamkeit der Kündigung habe all dies keine Auswirkungen. Der Tarifvertrag sei jedenfalls dann zum 1.April 2010 wirksam geworden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in dem mündlichen Verhandlungstermin Bezug genommen.

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Aus den Gründen

1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG, 511 ZPO statthafte Berufung der Klägerin ist formgerecht und fristgemäß im Sinne von § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.

Die Berufung der Klägerin ist daher zulässig.

2. Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen, weil die streitgegenständliche Kündigung weder sozial ungerechtfertigt i.S.v §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG noch aus sonstigen Gründen rechtsunwirksam ist.

2.1 Die Klage ist nicht schon deshalb unbegründet, weil die Änderungskündigung, überflüssig wäre und sich der Inhalt des Arbeitsverhältnisses schon auf der Grundlage der vertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge ändern würde. Nach den Regelungen des Tarifvertrages (§ 5 Abs. 3 TV Ratio TDG) musste die Beklagte zur Herbeiführung der angestrebten Änderungen eine Änderungskündigung aussprechen.

2.2 Die Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt und auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Es liegt ein dringendes betriebliches Erfordernis vor, das einer Weiterbeschäftigung der Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegensteht. Das Änderungsangebot entspricht den an eine wirksame Änderungskündigung zu stellenden Anforderungen.

2.2.1 Wie das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung bereits ausgeführt hat, war die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv § 1 Abs. 2 KSchG, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstanden, bedingt. Unstreitig wurde der Betrieb DTDB der Beklagten, in dem die Klägerin ausschließlich beschäftigt war, zum 31.07.2013 stillgelegt. Damit ist die Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin als Vertriebsbeauftragte dort auf Dauer entfallen. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf freien Arbeitsplätzen sind im Unternehmen der Beklagten nicht vorhanden. Einer Sozialauswahl bedurfte es nicht, da die Beklagte mangels Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu unveränderten Arbeitsbedingungen allen Arbeitnehmern gekündigt hat. Auf die umfassenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen. Das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses wird von der Klägerin im Berufungsverfahren auch nicht mehr in Frage gestellt.

2.2.2 Das der Klägerin mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot ist hinreichend bestimmt und auch nicht unverhältnismäßig.

2.2.2.1 Mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. BAG v. 29. September 2011 – 2 AZR 523/10 - EzA § 2 KSchG Nr 83 mwN) ist davon auszugehen, dass ein mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein muss (BAG v. 29. September 2011 – 2 AZR 523/10 – a.a.O; BAG v. 10. September 2009 – 2 AZR 822/07 – a.a.O.). Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es einer Annahme durch den Arbeitnehmer ohne Weiteres zugänglich ist. Ihm muss - ggf. nach Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB - zweifelsfrei zu entnehmen sein, welche Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen. Da der Arbeitnehmer von Gesetzes wegen innerhalb kurzer Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden muss, ob er die Änderung der Arbeitsbedingungen ablehnt, ob er sie mit oder ohne Vorbehalt annimmt, ist dies schon im Interesse der Rechtssicherheit zu fordern. Nur so kann der Arbeitnehmer eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung (BAG v. 29. September 2011 – 2 AZR 523/10 mwN, aaO).

Weiterhin muss dieses Änderungsangebot auf solche Änderungen begrenzt sein, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (BAG vom 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 – a.a.O.; vom 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - BAGE 132, 78). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bestehende vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG v. 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - AP Nr 151 zu § 2 KSchG 1969; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - aaO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer (Änderungs-)Kündigung ist der des Kündigungszugangs (29. September 2011 - 2 AZR 451/10 – a.a.O.).

2.2.2.2 Diesen Anforderungen hält die streitgegenständliche Änderungskündigung stand.

2.2.2.2.1 Das Änderungsangebot der Beklagten zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses war hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar. Die Klägerin konnte es mit einem einfachen „ja“ annehmen bzw. mit einem „nein“ ablehnen (vgl. dazu BAG v. 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 – mwN – a.a.O). Die Beklagte hat der Klägerin mit der Kündigung angeboten, das Arbeitsverhältnis als Arbeitnehmerin im Sinne von § 5 Abs. 1 TV Ratio TDG in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V. der Deutschen T. AG zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen fortzusetzen. Damit waren die zukünftig geltenden Arbeitsbedingungen auch für die Klägerin nach Maßgabe des entsprechenden Tarifvertrages festgelegt. Die Bestimmbarkeit der neuen Arbeitsbedingungen kann sich auch aus anwendbaren Tarifverträgen ergeben (BAG v. 26. April 2004 – 2 AZR 628/03 BAGE 112, 58).

2.2.2.2.1.1 Einer Wiedergabe der im TV Ratio TDG aufgeführten Arbeitsbedingungen bedurfte es weder unter dem Aspekt der Bestimmbarkeit noch unter dem Aspekt des Schriftformerfordernisses. Hier folgen die zukünftig geltenden Arbeitsbedingungen aus dem TV Ratio TDG, auf den in der Änderungskündigung ausdrücklich in Bezug genommen wird. Sie sind dort im Abschnitt I, auf den im Kündigungsschreiben Bezug genommen wird, im Einzelnen aufgeführt. Soweit sich aus dem Tarifvertrag keine Änderungen ergeben, verbleibt es – worauf das Änderungsangebot ebenfalls verweist - bei den ursprünglichen Arbeitsbedingungen.

2.2.2.2.1.2 Das Änderungsangebot ist auch hinsichtlich des in Bezug genommenen Tarifvertrages bestimmt, jedenfalls aber bestimmbar. Weder bedurfte es dazu einer datumsmäßigen Kennzeichnung des Tarifvertrages noch musste der Tarifvertrag zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung wirksam sein. Der Tarifvertrag, nach dessen Bedingungen sich das Arbeitsverhältnis zukünftig richten sollte, ist mit TV Ratio TDG hinreichend bezeichnet. Es konnte sich dabei nur um den nämlichen Tarifvertrag handeln. Der TV Ratio TDG vom 1.4.2010 hat keine Vorgängerregelung. Es gibt nur diesen einen TV Ratio TDG, der – unabhängig von dem Datum seiner Unterzeichnung – gemäß seinem § 17 am 1. April 2010 in Kraft getreten ist, und damit für den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Wirksamkeit für sich beansprucht. Die Beklagte hat die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit den dort aufgeführten Bedingungen angeboten. Zweifel zum Inhalt des Änderungsangebots konnten dadurch nicht hervorgerufen werden.

2.2.2.2.1.3 Für die Bestimmbarkeit des Änderungsangebots kam es auch nicht darauf an, ob die Beklagte am 19.6.2013 eine „finalisierte“ Fassung des Tarifvertrages ins Netz gestellt hat, was zwischen den Parteien streitig ist. Denn unabhängig von einer etwaigen Veröffentlichung einer finalisierten Fassung zielte das Angebot der Beklagten auf die Arbeitsbedingungen ab, wie sie im Tarifvertrag in der zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung geltenden Fassung aufgeführt waren. In diesem Sinne war das Änderungsangebot der Beklagten aus Sicht des Erklärungsempfängers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) zu verstehen. Mit dem Verweis auf diesen Tarifvertrag lässt sich aber schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung der Inhalt des Änderungsangebots klar bestimmen. Dieser Inhalt ist einer einseitigen Änderung durch die Arbeitgeberin entzogen. Es ist zwar richtig, dass ohne Veröffentlichung des Tarifvertrages die Klägerin persönlich von den einzelnen Arbeitsbedingungen, wie sie in Abschnitt I des Tarifvertrages aufgeführt wurden, insoweit keine Kenntnis nehmen konnte, als diese nicht schon in dem Informationsschreiben der Beklagten wiedergegeben wurden. Das macht das Angebot indes nicht unbestimmbar. Grundlage des Änderungsangebots ist der Tarifvertrag mit dem Inhalt, den die Tarifvertragsparteien für den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vereinbart haben, hier also der TV Ratio TDG vom 01.04.2010. Die Situation der Klägerin stellt sich hier nicht anders da, als wenn der Tarifvertrag mit Wirkung für beide Tarifvertragsparteien unterzeichnet, aber noch nicht für Dritte veröffentlich wäre oder aber die Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag einvernehmlich nach Zugang der Kündigung noch ändern würden. Auch dann würden sich die Arbeitsbedingungen – für die Klägerin nur aufgrund der vertraglich vereinbarten dynamischen Bezugnahmeklausel abstrakt, nicht aber in den konkreten Änderungen vorhersehbar – ändern.

2.2.2.2.1.4 Für die Bestimmbarkeit des Änderungsangebots kam es auch nicht darauf an, wann der Tarifvertrag mit Unterzeichnung beider Tarifvertragsparteien Wirksamkeit erlangte. Wie oben bereits ausgeführt, bezieht sich das Änderungsangebot auf den nämlichen Tarifvertrag, der nach dem Willen der Tarifvertragsparteien bereits ab dem 1.4.2010 wirksam werden sollte.

2.2.2.2.1.5 Das Änderungsangebot wahrt das Schriftformerfordernis des § 623 BGB. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG v. 25. April 2013 – 2 AZR 960/11 - EzA § 20 GVG Nr 8; v. 16. Dezember 2010 – 2 AZR 576/09 - EzA § 2 KSchG Nr 81), dass der Inhalt des Änderungsangebots im Kündigungsschreiben nur Anklang gefunden haben muss. Dies ist mit der Bezugnahme auf die im TV Ratio TDG geregelten Arbeitsbedingungen der Fall.

2.2.2.3 Die Beklagte hat mit ihrer Änderungskündigung der Klägerin die nach Maßgabe des Kündigungsgrundes am wenigsten beeinträchtigenden Änderungen angeboten.

2.2.2.3.1 Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin zum 31. Juli 2013 stillgelegt wurde. Damit sind die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin dort auf Dauer entfallen. Da es anderweitige freie Arbeitsplätze im Unternehmen – auch zu geänderten Arbeitsbedingungen - nicht gab, hätte das Arbeitsverhältnis mit einer betriebsbedingten Beendigungskündigung beendet werden müssen. Weniger einschneidende Angebote als die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft V. konnte die Beklagte der Klägerin nicht anbieten. Dabei hat sich die Beklagte mit ihrem Angebot an den durch den Tarifvertrag Ratio TDG gesteckten Rahmen gehalten.

2.2.2.3.2 Die Änderungskündigung ist auch nicht etwa deshalb unverhältnismäßig, weil die Beklagte nach Wirksamwerden des Tarifvertrages der Klägerin nicht erneut einen Änderungsvertrag bzw. einen Auflösungsvertrag gemäß § 5 Abs. 1 und 2 TV Ratio TDG angeboten hat. Zwar erfolgt nach § 5 Abs. 3 TV Ratio TDG eine Änderungskündigung erst dann, wenn der Arbeitnehmer die Angebote auf Abschluss eines Änderungsvertrages oder Auflösungsvertrages abgelehnt hat. Aus dieser Reihenfolge ergibt sich, dass beide Vertragsangebote der Änderungskündigung vorgehen müssen. Dies ist hier aber geschehen. Es ist unstreitig, dass die Beklagte der Klägerin entsprechende Angebote unterbreitet hat, die die Klägerin abgelehnt hat. Damit war den Anforderungen des Tarifvertrages, der der einvernehmlichen Regelung Vorrang einräumte, genüge getan. Für eine Wiederholung des Prozedere nach Unterschrift der Tarifvertragsparteien unter dem Tarifvertrag gab es keinen Anlass.

2.2.2.3.3 Die Änderungskündigung ist nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit einer zu kurzen Kündigungsfrist gekündigt und der Klägerin die geänderten Arbeitsbedingungen zu einem vorzeitigen Zeitpunkt angeboten hätte.

2.2.2.3.3.1 Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit der von den Tarifvertragsparteien für diese Kündigung in § 5 Abs. 3 TV Ratio TDG vorgesehenen Kündigungsfrist von 3 Wochen zum Ende des Kalendermonats gekündigt. Diese Kündigungsfrist findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Das Arbeitsverhältnis unterfällt der Regelung in § 5 Abs. 3 TV Ratio TDG schon aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Auf die Änderungskündigung kam es dafür nicht an. Nach § 2 des Arbeitsvertrages finden die für den Betrieb, in dem die Klägerin beschäftigt ist, betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dazu zählt der TV Ratio TDG vom 01.04.2010. Nach dem Tarifvertrag Bereichsausnahme DTDB finden auf die Arbeitnehmer des Betriebs DTDB im Wesentlichen die Tarifverträge der T. Deutschland GmbH Anwendung. Um einen solchen handelt es sich bei dem TV Ratio TDG. Diese Regelungen gelten aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auch für die Klägerin. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass es sich bei dem Tarifvertrag Bereichsausnahme, der den Anwendungsbereich des TV Ratio TDG für das hiesige Arbeitsverhältnis eröffnet, um einen betrieblich/fachlich einschlägigen Tarifvertrag iS der Bezugnahmeklausel handelt.

2.2.2.3.3.2 Die tarifliche Kündigungsfrist nach § 5 Abs. 3 Satz 2 TV Ratio TDG von 3 Wochen zum 15. bzw. Ende des Kalendermonats ist wirksam.

2.2.2.3.3.2.1 Der Klägerin war es nicht aufgrund ihrer Erklärung in der Güteverhandlung verwehrt, sich auf die fehlende Wirksamkeit des Tarifvertrages zu berufen. Soweit es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf ankommen sollte, ob der Tarifvertrag ist und wann er formgerecht unterzeichnet wurde, betrifft dies die rechtliche Grundlage der Entscheidung, die vom Gericht selbst zu ermitteln ist (BAG v. 09.08.1995 – 6 AZR 1047 / 94 – NZA 1996, 994).

2.2.2.3.3.2.2 Der TV Ratio TDG ist ein wirksamer Tarifvertrag. Er erfüllt das Schriftformerfordernis nach § 1 Abs. 2 TVG, da er von beiden Tarifvertragsparteien unterzeichnet wurde. Allerdings wurde die Annahmeerklärung der Arbeitgeberseite gemäß § 130 BGB erst mit Zugang bei der Gewerkschaft wirksam. Denn Angebot und Annahme auf Abschluss eines Tarifvertrages wurde unter Abwesenden erklärt. Die Beklagte hat insoweit in der Berufungsverhandlung vom 15.07.2014 klargestellt, dass der Tarifvertrag zunächst von der Gewerkschaft unterzeichnet und dann an die Arbeitgeberseite übersandt wurde, die ihn ihrerseits in Abwesenheit der Gegenseite unterzeichnete. Der unterschriebene Tarifvertrag ist der Gewerkschaft frühestens am 10.07.2013 zugegangen.

2.2.2.3.3.2.3 Die Regelungen zur Kündigungsfrist im TV Ratio TDG gehen der in § 26 MTV TDG geregelten Kündigungsfrist vor. Der TV Ratio TDG ist der jüngere Tarifvertrag, der den älteren Tarifvertrag – jedenfalls bezogen auf seinen Anwendungsbereich – ablöst. Im Verhältnis zweier zeitlich aufeinanderfolgender Normen derselben Normgeber gilt, soweit das beabsichtigt ist, das Ablösungsprinzip. Die Tarifvertragsparteien können einen von ihnen selbst früher geschlossenen Tarifvertrag grundsätzlich jederzeit abändern, einschränken oder aufheben (sog. Zeitkollisionsregel). Die spätere Regelung löst die frühere ab (für die st. Rspr. BAG v. 17.07.2007 - 9 AZR 1089/06 – v. 11. Oktober 2006 - 4 AZR 486/05 - Rn. 26, AP TVG § 1 Rückwirkung Nr. 24 ; v. 22. Oktober 2003 - 10 AZR 152/03 - BAGE 108, 176). Dies gilt auch hier. Die Tarifvertragsparteien haben in dem TV Ratio TDG für einen bestimmten Anwendungsbereich eine kürzere Kündigungsfrist geregelt. Für diesen Bereich wollten sie die längere Kündigungsfrist des MTV abkürzen.

2.2.2.3.3.4 Die abgekürzten Kündigungsfristen des TV Ratio TDG verdrängen für die streitgegenständliche Kündigung auch dann die Kündigungsfrist des MTV TDG, wenn der TV Ratio erst nach Zugang der Änderungskündigung bei der Klägerin am 10.07.2013 wirksam geworden ist, weil erst dann ein auch von der Arbeitgeberseite unterschriebenes Exemplar bei der Gewerkschaft eingegangen ist.

2.2.2.3.3.4.1 Nach der aufgrund des eindeutigen Wortlautes nicht anders auslegbaren Regelung in § 17 des TV Ratio trat dieser mit Wirkung zum 01.04.2010 und damit zu einem Zeitpunkt in Kraft, der weit vor der hier streitgegenständlichen Kündigung lag. Der zeitliche Geltungsbereich einer tarifvertraglichen Regelung steht zur Disposition der Tarifvertragsparteien. Ebenso wie sie vereinbaren können, dass ein Tarifvertrag nicht mit sofortiger Wirkung, sondern zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt in Kraft tritt, können sie sein Inkrafttreten auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt datieren. Es bedarf keiner besonderen Ermächtigung der Tarifvertragsparteien zur Rechtssetzung mit rückwirkender Kraft (BAG v. 23. November 1994 – 4 AZR 879/93 – BAGE 78, 309-333). Das haben die Tarifvertragsparteien in § 17 des TV Ratio getan. Dass sie mit dieser Regelung den Zeitpunkt der Wirksamkeit ihres Tarifvertrages auf einen Zeitpunkt in der Vergangenheit zurück bezogen haben, nämlich auf den 01.04.2010 folgt unmittelbar aus § 17 TV Ratio TDG. Danach tritt der Tarifvertrag zum 1.4.2010, also zu einem Zeitpunkt in der Vergangenheit in Kraft. Einer weiteren gesonderten Regelung, um dies zum Ausdruck zu bringen, bedurfte es hier nicht.

2.2.2.3.3.4.2 Ist der Tarifvertrag aber bereits zum 01.04.2010 in Kraft getreten, gilt ab diesem Zeitpunkt auch die in ihm geregelte kürzere Kündigungsfrist für Änderungskündigungen nach § 1 Abs. 3 Satz 2 TV Ratio TDG. Dies betrifft auch die hier streitige Änderungskündigung, die der Klägerin nach ihrem von der Beklagten nicht substantiiert bestrittenen Vortrag und dem Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung am 10.07.2013 zugegangen ist. Soweit die Tarifvertragsparteien damit rückwirkend in den Lauf der Kündigungsfrist eingreifen, ist dies zulässig. Insbesondere steht Vertrauensschutz dem nicht entgegen.

2.2.2.3.3.4.2.1 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts tragen tarifvertragliche Regelungen auch während der Laufzeit des Tarifvertrages den immanenten Vorbehalt ihrer rückwirkenden Abänderbarkeit durch Tarifvertrag in sich (vgl. BAG v. 24. März 2011 – 6 AZR 765/09, juris mwN; v. 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 17, ZTR 2011, 172; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 878/06 - NZA 2008, 131). Dies gilt selbst für bereits entstandene und fällig gewordene, noch nicht abgewickelte Ansprüche (sog. „wohlerworbene Rechte“). Die Kompetenz der Tarifvertragsparteien zur Änderung von Tarifverträgen umfasst auch die Möglichkeit, Kündigungsfristen rückwirkend zu Ungunsten der betroffenen Arbeitnehmer zu ändern und zwar mit Wirkung für bereits ausgesprochene Kündigungen (BAG v. 18.09.1997 – 2 AZR 614/96 – RzK I 3e Nr. 67; Hesse in MünchKo zum BGB 6. Aufl. 2012; a.A. Löwisch TVG 3. Aufl. § 1 Rz. 890). Dabei ist die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt. Insoweit gelten die gleichen Regeln wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Rückwirkung von Gesetzen. Ob und ab wann die Tarifunterworfenen mit einer tariflichen Neuregelung rechnen müssen, ist eine Frage des Einzelfalls (BAG v. BAG v. 24. März 2011 – 6 AZR 765/09 a.a.O; v. 23. November 1994 – 4 AZR 879/93 – a.a.O). Das Vertrauen in die Fortgeltung einer Tarifnorm ist dann nicht mehr schutzwürdig, wenn und sobald die Normunterworfenen mit einer Änderung rechnen müssen (BAG 22. Oktober 2003 - 10 AZR 152/03 - BAGE 108, 176, 183). Maßgebend sind insoweit die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Dabei hat der Wegfall des Vertrauensschutzes nicht zur Voraussetzung, dass der einzelne Tarifunterworfene positive Kenntnis von den zugrunde liegenden Umständen hat. Entscheidend und ausreichend ist vielmehr die Kenntnis der betroffenen Kreise (BAG vom 24. März 2011 – 6 AZR 765/09 –, juris).

2.2.2.3.3.4.2.2 Diesen Grundsätzen hält die tarifliche Regelung, die Kündigungsfrist auf 3 Wochen zum 15. bzw. Ende des Kalendermonats stand. Der Wille der Tarifvertragsparteien, den Tarifvertrag zu einem Zeitpunkt in der Vergangenheit in Kraft treten zu lassen, folgt aus den klaren Regelungen in § 17 des Tarifvertrages. Vertrauensschutz steht hier nicht entgegen. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung musste die Klägerin mit einer wirksamen Änderung der Kündigungsfristen rechnen. Es war allen Arbeitnehmern des Betriebes bekannt, dass die Tarifvertragsparteien über den TV Ratio verhandelten und dieser Tarifvertrag die nahende Betriebsstilllegung begleiten und abfedern sollte. Nach der Mail des Betriebsrats vom 2. Juli 2013 (Bl.220 d.A.), in dem dieser darauf hinwies, dass der Tarifvertrag veröffentlicht sei, war außerdem bekannt, dass die Tarifvertragsparteien diese Verhandlungen auch zum Abschluss gebracht haben. Auch das Kündigungsschreiben nimmt auf die kurze Kündigungsfrist von 3 Wochen Bezug. Die Klägerin konnte daher schon bei Zugang der Kündigung nicht mehr auf den Bestand einer längeren Kündigungsfrist vertrauen und sich entsprechend darauf einstellen.

2.2.2.3.4 Wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, erlaubt § 622 Abs. 4 Satz 1 BGB eine Abkürzung der gesetzlichen Kündigungsfristen durch Tarifvertrag. Von dieser Möglichkeit haben die Tarifvertragsparteien hier mit der Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 2 Ratio TDG Gebrauch gemacht.

2.2.2.3.5 Die Unverhältnismäßigkeit des Angebots ergibt sich auch nicht daraus, dass die von der Agentur für Arbeit festgelegte Sperrfrist erst nach dem 31.07.2013 abgelaufen ist. Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Kündigungsfrist für die Änderungskündigung und das Angebot für die Fortsetzung des geänderten Arbeitsvertrages in ihrer Erklärung dem Ablauf der Sperrfrist anzupassen. Dabei kann dahinstehen, ob die Sperrfrist für den Fall der Annahme eines Änderungsangebots überhaupt Wirkungen entfalten kann. Jedenfalls hindert die Entlassungssperre weder die Erklärung einer Kündigung nach Anzeige der Massenentlassung bei der Agentur für Arbeit während des Laufs der Sperrfrist noch schiebt die Sperrfrist den Lauf der Kündigungsfristen hinaus. Die Entlassung kann nur nicht vor Ablauf der Sperrfrist vollzogen werden (BAG v. 6.11.2008 – 2 AZR 935/07 – AP KSchG 1969 § 18 Nr 4).

2.2.2.4 Auf die Frage, ob die von der Beklagten hilfsweise zum nächst zulässigen Termin ausgesprochene Kündigung als solche zum 28.02.2014 gemäß der dann anwendbaren Kündigungsfrist nach dem MTV TDG auszulegen oder umzudeuten war, verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin zu geänderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen, kam es nicht mehr an.

2.3 Die Änderungskündigung scheitert auch nicht an einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung. Das Berufungsgericht folgt den diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts (§ 69 Abs. 3 ArbGG). Für die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats kam es auch nicht maßgeblich darauf an, wann der Tarifvertrag nach seiner Unterzeichnung durch beide Tarifvertragsparteien wirksam wurde. Denn auch wenn dies erst nach der Anhörung des Betriebsrats geschah, war dieser über die Einzelheiten der Änderungskündigung ausreichend informiert. Der Betriebsrat hatte Kenntnis von dem betriebsbedingten Erfordernis, wie sich aus dem mit ihm abgeschlossenen Interessenausgleich ergibt, aber auch Kenntnis vom Inhalt des Änderungsangebots nach Maßgabe des Tarifvertrages. Dass er von diesem Kenntnis genommen hat, folgt bereits aus seiner Mail vom 2.7.2013.

3. Aus diesen Gründen war die Berufung zurückzuweisen, mit der Folge, dass die Klägerin gemäß § 97 ArbGG die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.

4. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

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