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Arbeitsrecht
28.07.2022
Arbeitsrecht
BAG: Ablösung einer Unterstützungskassenversorgung – Gewerkschaft als Arbeitgeberin – dreistufiges Prüfungsschema – sachlich-proportionale Gründe – Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit

BAG, Urteil vom 3.5.2022 – 3 AZR 472/21

ECLI:DE:BAG:2022:030522.U.3AZR472.21.0

Volltext: BB-Online BBL2022-1779-2

Orientierungssätze

1. Wenn die Satzung einer Gewerkschaft vorsieht, dass die allgemeinen Arbeitsbedingungen von einer erweiterten Personalkommission, die aus einer Mehrzahl von Personen besteht, mit der Vertretung der Beschäftigten „vereinbart“ werden, werden hierdurch die Regeln über die allgemeine organschaftliche Vertretung der Satzung weder aufgehoben noch modifiziert. Wenn die Satzung die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 30 BGB regeln oder ermöglichen will, muss sie dies hinreichend deutlich tun (Rn. 38 f.).

2. Die Betriebsparteien können rückwirkend eine vormals formunwirksame Betriebsvereinbarung bestätigend wirksam in Kraft setzen, was sich aus der Auslegung der späteren Betriebsvereinbarung ergeben kann. Wenn zur Zeit der Entstehung des Anspruchs hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Ansprüche zulasten der Arbeitnehmer geändert werden sollen, ist das Vertrauen auf den Fortbestand bestehender Regelungen abweichend von typischen Fallgestaltungen nicht schutzbedürftig. Die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit lassen dann auch abweichend vom dreistufigen Prüfungsschema für Eingriffe in Versorgungsregelungen Eingriffe zu (Rn. 40 ff.).

3. Die Gründe, die einen Eingriff in Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung rechtfertigen sollen, müssen um so gewichtiger sein, je stärker der Besitzstand ist, in den eingegriffen wird. Nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes im dreistufigen Prüfungsschema stellen Eingriffe in künftige und damit noch nicht erdiente dienstzeitabhängige Zuwächse einen Eingriff auf der dritten Stufe dar. Grundsätzlich sind sachlich-proportionale Gründe erforderlich, aber auch ausreichend (Rn. 49 f.).

4. Der Senat hält nicht mehr daran fest, dass es bei einer Gewerkschaft als steuerbefreiten Berufsverband in der Rechtsform eines nicht eingetragenen Vereins nicht erforderlich ist, dass die sachlichen Gründe auch proportional sind. Zwar bleibt es den Arbeitsgerichten untersagt, die koalitionsspezifische Verwendung der Gewerkschaftsmittel zu bewerten. Eine Gewerkschaft muss allerdings nach Abwägung der beteiligten Grundrechte darlegen, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen war, dass ohne den Eingriff gewerkschaftliche Handlungsspielräume, die über bereits bestehende und konkret geplante Maßnahmen gewerkschaftlichen Handelns hinausgehen, künftig eingeschränkt werden können. Gewerkschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten müssen dabei so beeinträchtigt werden, dass eine vernünftige Gewerkschaftspolitik dies zum Anlass nehmen kann zu reagieren (Rn. 56 ff.).

 

Leitsatz

Will ein gewerkschaftlicher Arbeitgeber künftige und damit noch nicht erdiente dienstzeitabhängige Zuwächse von Betriebsrentenanwartschaften verringern, muss er darlegen, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte ohne den Eingriff anzunehmen ist, dass gewerkschaftliche Handlungsspielräume, die über bereits bestehende und konkret geplante Maßnahmen gewerkschaftlichen Handelns hinausgehen, künftig eingeschränkt werden könnten. Die wirtschaftlich drohende Situation muss über die vorhandenen und bereits fest geplanten Maßnahmen als Ausdruck gewerkschaftlichen Tätigwerdens hinaus eine Einschränkung der gewerkschaftlichen Handlungsspielräume befürchten lassen. Gewerkschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten müssen dabei so beeinträchtigt werden, dass eine vernünftige Gewerkschaftspolitik dies zum Anlass nehmen kann, zu reagieren.

 

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Ablösung einer Versorgungsordnung.

Der 1952 geborene Kläger trat am 1. April 1988 als Gewerkschaftssekretär in die Dienste der Beklagten ein und war am Standort D beschäftigt. Die Beklagte hieß bei seinem Eintritt noch Industriegewerkschaft B (im Folgenden IG B).

Der Arbeitsvertrag vom 21. März 1990 enthielt ua. folgende Regelung:

„4.    

Alle übrigen Rechte und Pflichten für die Beteiligten ergeben sich aus den derzeit geltenden Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten der IG B.

Die Anstellungsbedingungen für alle Beschäftigten der IG B gelten vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Vertrages an als Bestandteil des Anstellungsvertrages.“

Die Anstellungsbedingungen der Beschäftigten waren in einer Gesamtbetriebsvereinbarung vom 6. Oktober 1989 geregelt, die von jeweils zwei Mitgliedern des Bundesvorstands, des Gesamtbetriebsrats und der Tarifkommission unterschrieben war. Dort hieß es in der ab dem 1. Januar 1990 geltenden Fassung unter § 3 Nr. 3:

„Die Beschäftigten werden, soweit es sich nicht um eine aushilfsweise oder vorübergehende Beschäftigung handelt, nach Ablauf der Probezeit bei der Unterstützungskasse des Deutschen Gewerkschaftsbundes e. V. nach den jeweils geltenden Unterstützungsrichtlinien rückwirkend zum Einstellungsdatum angemeldet.“

Die Beklagte meldete den Kläger bei der DGB-Unterstützungskasse an. Bei der Unterstützungskasse handelt es sich um eine seit 1957 bestehende Gruppenunterstützungskasse für die Beschäftigten des DGB und der dort angeschlossenen Gewerkschaften und anderer gewerkschaftlicher Institutionen. Die Versorgungsleistungen wurden ursprünglich im Umlageverfahren über die laufenden Zuwendungen der Träger finanziert, deren Höhe von der Anzahl der Versorgungsberechtigten abhing. Hiervon profitierten Gewerkschaften mit zahlreichen Betriebsrentnern – wie die IG B – stärker als andere Gewerkschaften mit weniger Betriebsrentnern. Für die Anwärter wurden zunächst keine Rücklagen gebildet.

Die Unterstützungsrichtlinien 1980 (im Folgenden UR 80) beinhalteten eine Gesamtversorgung. Sie galten für alle Beschäftigten, die bis zum 31. Dezember 1982 eingestellt wurden. Aufgrund einer späteren Änderung wurden sie auch als „UR 80/88“ bzw. als „UR 88“ bezeichnet. Auszugsweise heißt es dort:

„§ 6 Berechnung der Unterstützung

(1) Die Gesamtversorgung beträgt nach einer Anrechnungszeit von 10 vollen Jahren 35 v.H. des Bemessungsentgeltes. Sie steigt ab dem 11. Anrechnungsjahr um jährlich 2 v.H. und steigt ab dem 25. Anrechnungsjahr um jährlich 1 v.H. des Bemessungsentgeltes.

(2) Die Gesamtversorgung darf 70 v.H. des Bemessungsentgeltes nicht übersteigen.

(3) Die Unterstützung ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die Gesamtversorgung um die gesetzliche Rente und die anderen nach § 7 anrechenbaren Leistungen gemindert wird.“

Zum 1. Januar 1983 traten die Unterstützungsrichtlinien 1983 (im Folgenden UR 83) in Kraft. Sie galten für Beschäftigte wie den Kläger, die seit dem 1. Januar 1983 eingestellt wurden. Auszugsweise heißt es dort:

㤠4 Bemessungsentgelt

(1) Die versorgungsfähigen Teile des Arbeitsentgeltes im Bemessungszeitraum bilden das Bemessungsentgelt. Die letzten 12 Kalendermonate vor Eintritt des Unterstützungsfalles bilden den Bemessungszeitraum. …

§ 5 Versorgungsfähige Zeiten

(1) Die Anrechnungszeit besteht aus der Anmeldungszeit und der Zurechnungszeit.

(2) Die Anmeldungszeit ist die Zeit der Anmeldung bei der Unterstützungskasse bis zum Eintritt eines Unterstützungsfalles.

(3) Die Gesamtzeit ist die Zeit von der erstmaligen Anmeldung bei der Unterstützungskasse bis zum Eintritt des Unterstützungsfalles.

(4) Die Zurechnungszeit ist die Zeit nach Eintritt des Unterstützungsfalles der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres in vollen Jahren. Die Zurechnungszeit beträgt längstens 10 Jahre.

…    

§ 6 Berechnung der Unterstützung

Die Unterstützung beträgt für jedes volle Jahr der Anrechnungszeit 0,8 v.H. des Bemessungsentgeltes.“

In den Jahren 1994 und 1995 tagte im Auftrag der DGB-Unterstützungskasse mehrfach eine Arbeitsgruppe, um zu untersuchen, wie die betriebliche Altersversorgung so gestaltet werden könnte, dass die Belastungen für die Kassenmitglieder tragbar und für die Zukunft überschaubar, die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Kassenmitglieder berücksichtigt und eine Eigenbeteiligung der Begünstigten ermöglicht werden könnten.

Am 6. Juni 1995 beschloss die DGB-Unterstützungskasse eine Neuregelung ihrer Unterstützung durch die Versorgungsordnung 1995 (im Folgenden VO 95). Diese sah eine beitragsorientierte Versorgung vor, bei der Anwartschaften über eine Rückdeckungsversicherung vorausfinanziert würden. Die Mitglieder der Unterstützungskasse zahlten nunmehr monatliche Beiträge für ihre Rentner, und nicht mehr wie zuvor eine Umlage unabhängig von der Zahl der Versorgungsberechtigten. Die Versorgung nach der VO 95 errechnete sich aus der Summe von Rentenbausteinen, die während der Anrechnungszeit kalenderjährlich erworben wurden. Deren Höhe wurde im Verhältnis zur UR 83, die für jedes volle Jahr der Anrechnungszeit 0,8 vH vorsah, sukzessive reduziert. Die VO 95 lautet auszugsweise:

„§ 1   eltungsbereichG

(1)     Diese Versorgungsordnung gilt für die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten und früheren Beschäftigten der Gewerkschaften, des DGB und der gewerkschaftlichen Einrichtungen (Kassenmitglieder), soweit die betriebliche Altersversorgung von der Unterstützungskasse des DGB e.V. durchgeführt wird und soweit nicht die Unterstützungs-Richtlinien 1988 oder die Unterstützungs-Richtlinien 1983 gelten.

(2)     Diese Versorgungsordnung gilt für die Beschäftigten und früheren Beschäftigten der Kassenmitglieder nur dann, wenn ihr Kassenmitglied gegenüber der Unterstützungskasse die schriftliche Erklärung abgegeben hat, dass es dieser Versorgungsordnung beitritt.

(3)     Durch den Beitritt eines Kassenmitgliedes werden für dessen Beschäftigte Anmeldungsverhältnisse begründet, sofern die Beschäftigten die persönlichen Voraussetzungen dazu erfüllen. Anmeldungsverhältnisse nach dieser Versorgungsordnung können frühestens ab dem 1. Januar 1983 begründet werden.

…    

§ 6     Berechnung der Unterstützung

(1)     Die monatliche Unterstützung ist die Summe der Rentenbausteine, die während der Anrechnungszeit in jedem Kalenderjahr erworben werden.

(2)     Maßgebend für die monatlichen Rentenbausteine sind das Lebensalter zu Beginn der Anmeldungszeit (Eintrittsalter), das Lebensalter in jedem folgenden Kalenderjahr und das Bemessungsentgelt in jedem Kalenderjahr der Anmeldungszeit. … Zur Berechnung eines monatlichen Rentenbausteins im jeweiligen Kalenderjahr wird das Bemessungsentgelt mit dem für das Lebensalter maßgebenden Steigerungssatz nach Absatz 3 multipliziert.

…    

§ 7     Teilanwartschaften vor 1995

(1)     Für Anmeldungszeiten (Jahre und Monate) vor dem Kalenderjahr, in dem das Kassenmitglied der Versorgungsordnung 1995 beitritt, gilt ein jährlicher Steigerungssatz von 0,8 % des Bemessungsentgeltes. Das Bemessungsentgelt nach Satz 1 ist das versorgungsfähige Arbeitsentgelt in dem Jahr vor dem Beitritt. …

(2)     Die Teilanwartschaft nach Absatz 1 wird von der Unterstützungskasse festgestellt. Sie bleibt bis zum Eintritt eines Unterstützungsfalles unverändert.

…    

§ 30 Inkrafttreten

(1)     Die Versorgungsordnung 1995 tritt am 1. Januar 1995 in Kraft.

(2)     Die Versorgungsordnung 1995 gilt für die Begünstigten eines Kassenmitgliedes, welche die persönlichen Voraussetzungen erfüllen, ab Beginn des Jahres, in dem ihr Kassenmitglied gemäß § 1 Abs. 2 erklärt hat, dass es der Versorgungsordnung 1995 beitritt.

(3)     Die Regelung nach der Versorgungsordnung 1995 lösen nach der Erklärung eines Kassenmitgliedes gemäß § 26 Abs. 1 der Unterstützungs-Richtlinien 1983 die Unterstützungs-Richtlinien 1983 rückwirkend ab Beginn der Anmeldungszeit ab. Für die Versorgungszusage gilt § 7 der Versorgungsordnung 1995 bis zum Ende des Kalenderjahres vor dem Beitritt des Kassenmitgliedes.

(4)     Die Regelungen nach der Versorgungsordnung 1995 lösen nach der Erklärung eines Kassenmitgliedes gem. § 26 Abs. 1 oder der Erklärung einer/eines Begünstigten gem. § 26 Abs. 2 der Unterstützungs-Richtlinien 1988 die Gesamtversorgungszusagen der Unterstützungs-Richtlinien 1988 ab.“

Die UR 83 wurde zeitgleich um folgende Bestimmung ergänzt:

„§ 26 Ablösung der Unterstützungs-Richtlinien 1983

(1) Ein Kassenmitglied kann durch schriftliche Erklärung gegenüber seinen Begünstigten und gegenüber der Unterstützungskasse bestimmen, daß die Versorgungszusagen nach diesen Unterstützungs-Richtlinien durch Regelungen nach der Versorgungsordnung 1995 abgelöst werden. …

(2) Für das Anmeldungsverhältnis gelten ab dem Ablösezeitpunkt diese Unterstützungs-Richtlinien 1983 nicht mehr. Stattdessen gilt dann die Versorgungsordnung 1995.“

Die Mitgliederzahlen der IG B entwickelten sich in der Zeit von 1981 bis 1995 wie folgt:

1981   537.737

1982   530.960

…      

1987   476.575

1988   466.232

1989   460.559

1990   788.014

1991   776.781

1992   …      

1993   669.132

1994   652.964

1995   639.851

Der Anstieg im Jahr 1990 beruhte auf der Aufnahme der Gewerkschaft B-H aus den neuen Bundesländern. Rechnete man den sich hieraus ergebenden Mitgliederanstieg heraus, so betrug im Jahr 1990 die Mitgliederzahl 462.751. Zugleich stieg die Mitarbeiterzahl der IG B, von 796 Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen im Jahr 1981, auf 979 im Jahr 1990, 1023 im Jahr 1991, 1095 im Jahr 1994 und 1.075 im Jahr 1995. Die von der Gewerkschaft B-H übernommenen Mitarbeiter erwarben Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung.

Die Einnahmen der IG B entwickelten sich wie folgt:

Jahr   DM   

1981   125.332.568

…      

1983   126.483.636

1984   127.088.397

1985   125.323.581

1986   124.945.651

1987   125.572.091

1988   128.662.186

1989   131.304.251

1990   139.954.129

1991   194.737.232

1992   213.470.504

1993   223.142.444

1994   224.940.785

1995   224.287.924

Am 14. Juli 1995 unterzeichneten zwei Mitglieder des Gesamtbetriebsrats sowie ein Vorstandsmitglied der IG B eine Betriebsvereinbarung zur Versorgungsordnung (im Folgenden GBV 95). Diese lautet ua. wie folgt:

„1. Alle Beschäftigten der Industriegewerkschaft B, die nach den DGB Unterstützungsrichtlinien 1983 behandelt werden, sind ab 1.1.1995 nach der Versorgungsordnung 1995 abzulösen.

2. Die bis zum 31.12.1994 erworbene Teilanwartschaft der Versorgungsordnung 1983 gehen in die Versorgungsordnung 1995 über.

3. Der von dieser Veränderung betroffene Personenkreis erhält das Recht, seine Versorgungszusagen durch Eigenbeteiligung zu erhöhen. Dies gilt nur für Personen, die bei der Einstellung das 55. Lebensjahr nicht überschritten haben und die Eigenbeteiligung bis zum 57. Lebensjahr beginnen.“

Die zum damaligen Zeitpunkt gültige Satzung der Beklagten enthielt ua. folgende Regelungen:

„§ 29        

Bundesvorstand

1. Der Bundesvorstand leitet die Gewerkschaft. Er vertritt sie nach innen und außen.

…      

5. Zum Abschluß der für die Gewerkschaft verbindlichen Rechtsgeschäfte und zur Geltendmachung von Rechtsansprüchen ist die Unterschrift eines/einer Vorsitzenden und eines weiteren Vorstandsmitgliedes erforderlich. …

§ 35  

Beschäftigte der Gewerkschaft

1. Für die Regelung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten der Gewerkschaft wählt der Gewerkschaftstag eine Tarifkommission, die sich aus je einem Vertreter/einer Vertreterin der Landesverbände, der/die nicht Beschäftigter/Beschäftigte der Gewerkschaft ist, zusammensetzt. Diese werden dem Gewerkschaftstag von den Landesverbänden vorgeschlagen.

Der Bundesvorstand entsendet in die Tarifkommission drei Mitglieder.

2. Die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten werden zwischen der Tarifkommission und dem Gesamtbetriebsrat vereinbart.

3. Die Arbeitsbedingungen des Bundesvorstandes und der Landesvorsitzenden werden zwischen dem Bundesvorstand und der gewählten Tarifkommission vereinbart.“

In der sog. Bonner Satzung vom Oktober 2001 trat nach § 30 Nr. 1 an die Stelle der Tarifkommission des § 35 Nr. 1 der alten Satzung die Personalkommission, die aus der um drei Mitglieder des Bundesvorstands erweiterten Personalkommission bestand. § 22 Nr. 6 der sog. Bonner Satzung entsprach § 29 Nr. 5 der älteren Satzung.

In einem von einem Vorstandsmitglied unterzeichneten, an den DGB Bundesvorstand gerichteten Schreiben der IG B vom 31. Juli 1995 war ua. Folgendes enthalten:

„hiermit erklären wir gegenüber der DGB-Unterstützungskasse, daß wir die Unterstützungsrichtlinien 1983 durch die Versorgungsordnung 1995 ablösen wollen.

Wir bitten Dich daher, uns die damit im Zusammenhang stehenden Unterlagen zuzusenden, damit ein störungsfreier Übergang gewährleistet ist.“

Die Unterstützungskasse informierte die IG B mit Schreiben vom 18. September 1995 unter dem Betreff „Beitritt zur Versorgungsordnung 1995“ in Auszügen wie folgt:

„nach dem Beitritt zur Versorgungsordnung 1995 müssen die Beschäftigten darüber informiert werden, daß ihre betriebliche Altersversorgung verändert worden ist.

Beiliegend übersenden wir den Entwurfs eines Schreibens an die Mitarbeiter, den Entwurf eines Antrags auf Gehaltsumwandlung und den Entwurf einer Vereinbarung zur Gehaltsumwandlung.

Die Informationsschrift über die neue Versorgung (Faltblatt DIN A 4) haben wir in 1.000 Exemplaren an Euch abgesandt.

Der Text der Versorgungsordnung 1995 wird zur Zeit gedruckt und sodann ebenfalls in ausreichender Anzahl an Euch übersandt. Es wird eine Broschüre im Format DIN A 5 sein.

Über die Zahlung der Nachversicherung und die Vorschußzahlung für das Jahr 1995 werden wir uns abstimmen.“

Die betroffenen Beschäftigten wurden auf Betriebsversammlungen sowie durch ein von dem Bundesvorsitzenden und dem für Personalangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglied unterzeichnetes Schreiben aus Dezember 1995 mit folgendem Inhalt über die Änderungen informiert:

„Liebe Kollegin …,

die gewerkschaftliche betriebliche Altersversorgung ist nach eingehenden Beratungen der Gewerkschaften, als Mitglieder der Unterstützungskasse, grundlegend verändert worden, vor allem mit dem Ziel, die Unterstützungsanwartschaften unserer Beschäftigten zu sichern.

Die IG B ist mit Zustimmung des Gesamtbetriebsrates der neu geschaffenen Versorgungsordnung 1995 und der Richtlinie zur Versorgung durch Gehaltsumwandlung beigetreten. Diese neue Versorgung ersetzt die bisher geltenden Unterstützungs-Richtlinien 1983.

…      

Wir geben Ihnen diese Änderung der betrieblichen Altersversorgung hiermit zur Kenntnis.

Alle weiteren Informationen entnehmen Sie bitte den beigefügten Unterlagen.

…“   

In einem Positionspapier des Gesamtbetriebsrats vom 4. August 2004 heißt es auszugsweise:

„Was alles seit 1994 versucht wurde

1994 hatte der Gesamtbetriebsrat die damalige Entwicklung der Mitglieder und Beitragseinnahmen in der IG B gemeinsam mit dem Bundesvorstand zum Anlass genommen, die UR 83 abzulösen und die neue VO 95 als betriebliche Altersversorgung abgeschlossen. Nicht angetastet wurde seitdem die UR 88, was bis heute zu den bekannten Belastungen führt.“

Am 16. Dezember 2004 schlossen die Beklagte und ihr Gesamtbetriebsrat eine weitere Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung „Ablösung der UR 1988 durch die VO 2005“ (GBV 2004). Diese lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 4  

Besitzstand für die Anrechnungszeit vor dem 1.1.2004

Für die Anrechnungszeit vor dem 1.1.2004 wird ein Besitzstand ermittelt. Dieser Besitzstand entspricht der am 31.12.2003 nach der Leistungsstaffel aus § 6 UR 1988 erreichten Anwartschaft auf Unterstützung. Der so ermittelte Betrag (Besitzstand) wird festgestellt und nicht mehr ratierlich gekürzt. Die endgültige Rentenberechnung erfolgt gemäß § 7. Im Übrigen bleiben die Regelungen der UR 1988 unberührt.

–       Erhöhungen des Bemessungsentgelts nach dem 31.12.2003 werden für den Besitzstand nicht berücksichtigt. Eine derartige Festschreibung des Bemessungsentgelts auf den Neuordnungsstichtag hatten die Betriebspartner auch schon in ihrer Betriebsvereinbarung vom 14.07.1995 für die Ablösung der UR 1983 durch die VO 1995 beschlossen.“

Mit Schreiben vom 29. Juni 2012 kündigte die Beklagte alle bestehenden Vereinbarungen zur betrieblichen Altersversorgung. Dem Gesamtbetriebsrat fiel auf, dass die GBV 95 entgegen § 29 Nr. 5 der Satzung nur von einem Mitglied des Bundesvorstands der Rechtsvorgängerin der Beklagten unterzeichnet war. Er leitete im Jahr 2012 ein Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main (- 22 BV 837/12 -) ein, ua. mit dem Feststellungsantrag, dass die Regelungen der UR 83 – auch mangels satzungsmäßig vorgeschriebener Unterzeichnung – nicht durch die VO 95 wirksam abgelöst worden seien. Das Arbeitsgericht wies den Antrag ab und nahm an, die Betriebsparteien hätten in § 4 GBV 2004 rückwirkend die Ablösung der UR 83 durch die VO 95 genehmigt. Das anschließende Beschwerdeverfahren vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (- 16 TaBV 130/13 -) erklärten die Beteiligten nach Abschluss einer neuen Gesamtbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung (im Folgenden GBV 2014) für erledigt. Diese Betriebsvereinbarung unterzeichneten ua. zwei Mitglieder des Bundesvorstands der Beklagten, zwei Mitglieder der Personalkommission sowie zwei Mitglieder des Gesamtbetriebsrats. In der GBV 2014 heißt es auszugsweise:

„§ 2 Ablösung bestehender Versorgungsregelungen

Unbeschadet der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Kündigungen vom 29.06.2012 bzw. der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Zustandekommens der bisherigen Versorgungsregelungen werden mit dieser Betriebsvereinbarung abgelöst:

–       die Betriebsvereinbarung Versorgungsordnung vom 14.07.1995

–       die Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung (Ablösung der UR 1988 durch die VO 2005) vom 16.12.2004 mit Ausnahme der Regelung des § 6 und

–       § 3 Ziff. 3 der Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten der Industriegewerkschaft A vom 16.12.2004.

§ 3 Aufrechterhaltung von Besitzständen

Unverfallbare wie noch verfallbare Anwartschaften aus den unter § 2 bezeichneten Versorgungsregelungen werden aufrechterhalten. …

§ 4 Neuregelung ab dem 1. Januar 2015

Die IG A und die im Rubrum genannten Einrichtungen erbringen ab 01.01.2015 für alle Beschäftigten nach § 1 Beiträge (Zuwendungen) für die betriebliche Altersversorgung als Arbeitgeberleistung, deren prozentuale Höhe, gemessen am individuellen Bruttojahresentgelt, für alle Beschäftigten gleich ist. Die Beiträge errechnen sich wie folgt:“

Der Kläger war seit 2014 Mitglied des Gesamtbetriebsrats und erhielt seit spätestens 2003 Anwartschaftsbescheinigungen der Unterstützungskasse. Seit Dezember 2017 bezieht er von der Unterstützungskasse eine monatliche Betriebsrente.

Mit seiner Klage hat der Kläger eine ausschließlich nach der UR 83 berechnete Betriebsrente verlangt. Er hat gemeint, die GBV 95 sei nicht wirksam zustande gekommen, da sie satzungswidrig nur von einem Vorstandsmitglied unterschrieben worden sei. In der GBV 2004 liege keine Genehmigungserklärung, weil im Jahr 2004 weder die Beklagte noch der Gesamtbetriebsrat Kenntnis der nicht satzungsgemäßen Unterzeichnung der GBV 1995 gehabt hätten. Darüber hinaus liege kein sachlich-proportionaler Grund für die Ablösung vor. Eine etwaig rückwirkende Genehmigung im Jahr 2004 greife in erdiente Besitzstände ein.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1.    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.631,31 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Teilbetrag in Höhe von je 649,11 Euro brutto ab dem 31. Dezember 2017, 31. Januar 2018, 28. Februar 2018, 31. März 2018, 30. April 2018, 31. Mai 2018, 30. Juni 2018, 31. Juli 2018, 31. August 2018, 30. September 2018, 31. Oktober 2018, 30. November 2018, 31. Dezember 2018, 31. Januar 2019, 28. Februar 2019, 31. März 2019, 30. April 2019, 31. Mai 2019, 30. Juni 2019, 31. Juli 2019 und 31. August 2019 zu zahlen;

2.    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab September 2019 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 1.394,08 Euro brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Aus den Gründen

28        Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

29        I. Die Klageerweiterungen des Antrags zu 1. in der Berufungsinstanz sind als zulässig anzusehen. Das Landesarbeitsgericht hat die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der geänderten Antragsformulierung im Berufungsverfahren stillschweigend bejaht. In der Revisionsinstanz ist in entsprechender Anwendung von § 268 ZPO nicht mehr zu überprüfen, ob eine Klageänderung vorliegt und ob diese die Voraussetzungen des § 533 ZPO erfüllt (BAG 13. Juli 2021 – 3 AZR 445/20 – Rn. 10).

30        II. Die Klage ist auch im Antrag zu 2. zulässig, das notwendige Feststellungsinteresse besteht. Bei wiederkehrenden Leistungen, die – wie Betriebsrentenansprüche – von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (BAG 23. Februar 2021 – 3 AZR 15/20 – Rn. 32). Das gilt nicht nur für Leistungs-, sondern auch für Feststellungsanträge.

31        III. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keine weitergehenden Ansprüche aus der UR 83, da diese formell und materiell wirksam von der VO 95 abgelöst worden ist.

32        1. Die UR 83 wurde formal wirksam von der VO 95 abgelöst.

33        a) Der Senat lässt zunächst dahingestellt, ob es im Jahr 1995 wegen der Jeweiligkeitsklausel in § 3 Nr. 3 der Anstellungsbedingungen überhaupt einer Gesamtbetriebsvereinbarung bedurfte, um die UR 83 formal abzulösen. Zwar hat der Senat angenommen, dass eine Jeweiligkeitsklausel in einer Konzernbetriebsvereinbarung so zu verstehen ist, dass von ihr Änderungen in den in Bezug genommenen Regelungswerken erfasst werden, die den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Damit hätten die Betriebsparteien das Regelungsprogramm auch hinreichend verbindlich selbst festgelegt (BAG 21. Februar 2017 – 3 AZR 542/15 – Rn. 29). Ob dies allerdings nicht nur bei Formerfordernissen – wie bei der vorgenannten Entscheidung -, sondern auch bei inhaltlich ablösenden Regelungen – wie hier – gilt und dies auch im Bereich der zwingenden Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG, kann offenbleiben.

34        b) Jedenfalls haben die Betriebsparteien die GBV 95 durch die GBV 2014 formal wirksam in Kraft gesetzt. Durch deren Abschluss haben sie die GBV 95 – rückwirkend – wirksam bestätigt. Die ältere GBV ist in der neuen GBV bestätigend in Bezug genommen und damit auf diesem Wege als Betriebsvereinbarung im Betrieb in Kraft gesetzt worden (vgl. BAG 21. Januar 2020 – 3 AZR 225/19 – Rn. 51 f. für einen Tarifvertrag).

35        aa) Die GBV 2014 ist formwirksam zustande gekommen, was weder die Beteiligten noch die Parteien bestreiten.

36        (1) Nach § 30 Nr. 1 der sog. Bonner Satzung wurden die allgemeinen Arbeitsbedingungen zwischen der Personalkommission und der Vertretung der Beschäftigten vereinbart. Der Bundesvorstand wurde nach § 22 Nr. 6 der Satzung beim Abschluss der GBV 2014 ebenfalls wirksam gesamtvertreten. Die GBV 2014 ist ua. von zwei Mitgliedern des Bundesvorstands, der Personalkommission sowie des Gesamtbetriebsrats unterzeichnet.

37        (2) Auch die Personalkommission war beim Abschluss beteiligt, was die Unterschriften dokumentieren. Sie war als Ganzes jedenfalls keine besondere Vertreterin der Beklagten iSd. § 30 BGB, was die Auslegung der Satzung ergibt.

38        (a) Die Auslegung der Satzung der Beklagten als nicht rechtsfähiger Verein ist objektiv, mithin aus sich heraus, vorzunehmen (vgl. BGH 21. Mai 2019 – II ZR 157/18 – Rn. 21 mwN). Sie folgt den Regeln über die Auslegung von Normen: Sie hat zunächst vom Wortlaut auszugehen und sich dann an dem systematischen Zusammenhang, der Entstehungsgeschichte und dem Normzweck, soweit er in der Norm erkennbaren Ausdruck gefunden hat, auszurichten (BAG 4. Juni 2008 – 4 AZR 419/07 – Rn. 49, BAGE 127, 27). Im Übrigen gelten für nicht im Vereinsregister eingetragene Gewerkschaften wie die Beklagte die sich aus dem Vereinsrecht des BGB ergebenden Grundsätze, soweit sie nicht die Eintragung oder die Rechtsfähigkeit voraussetzen (BGH 21. Mai 2019 – II ZR 157/18 – Rn. 16; ähnlich auch 17. Dezember 2020 – IX ZB 4/18 – Rn. 26, BGHZ 228, 84).

39        (b) Nach dem Wortlaut der sog. Bonner Satzung werden in § 30 Nr. 1 die allgemeinen Arbeitsbedingungen zwar von der erweiterten Personalkommission mit der Vertretung der Beschäftigten „vereinbart“. Allerdings werden dadurch nicht die Regeln über die allgemeine organschaftliche Vertretung der Beklagten nach § 22 Nr. 2 der sog. Bonner Satzung aufgehoben oder modifiziert. Will die Satzung die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 30 BGB regeln oder ermöglichen, muss sie dies – was bereits § 30 Satz 1 BGB, der auf „gewisse“ Geschäfte abstellt, zeigt – hinreichend deutlich regeln bzw. anlegen (BeckOGK/Kling Stand 1. November 2020 BGB § 30 Rn. 16; LAG Hamm 7. März 2013 – 8 Sa 1523/12 – zu I 1 b der Gründe). Wäre die Personalkommission besonderer Vertreter iSv. § 30 BGB, müssten jeweils alle ihre Mitglieder bei der Vertretung tätig werden. Angesichts ihrer Mitgliederzahl liegt eine derartige Auslegung der Satzung fern. Noch ferner liegt die Annahme, dass damit entgegen der allgemeinen gesetzlichen Wirkung, wonach der besondere Vertreter neben dem Vorstand vertretungsberechtigt ist, durch seine Bestellung aber die allgemeine Vertretungsbefugnis des Vorstandes nach § 26 BGB nicht eingeschränkt wird (BayObLG 11. März 1981 – BReg 2 Z 12/81 – zu II 4 b bb (3) der Gründe), eine derartige Einschränkung hier beabsichtigt war. Mit dem Begriff des „Vereinbarens“ meint die Satzung daher keine rechtsgeschäftliche Vereinbarung, sondern das Erzielen eines konkreten Verhandlungsergebnisses. Dazu ist es hier gekommen. Ob dies Voraussetzung für die Vertretung durch den Vorstand ist und dessen Vertretungsmacht iSv. § 26 Abs. 1 Satz 3 BGB insoweit beschränkt ist, kann dahinstehen.

40        bb) Die GBV 2014 ist dahin auszulegen, dass sie die GBV 95 auch wirksam rückwirkend bestätigend in Kraft setzt (vgl. zur Auslegung von Betriebsvereinbarungen: BAG 8. März 2022 – 3 AZR 420/21 – Rn. 24; 2. Dezember 2021 – 3 AZR 212/21 – Rn. 32). Dafür sprechen schon die Regelungen in § 2 GBV 2014, wonach die GBV 95 unbeschadet ihrer Wirksamkeit abgelöst wird, und in § 3 GBV 2014, wonach Anwartschaften aus der in § 2 GBV 2014 genannten GBV 95 aufrechterhalten werden. Die GBV 2014 wurde zudem zur Erledigung des Rechtsstreits im Beschwerdeverfahren vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (- 16 TaBV 130/13 -) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Mai 2013 (- 22 BV 837/12 -) abgeschlossen, in dem die Betriebsparteien ua. über die Formwirksamkeit der GBV 95 gestritten hatten.

41        cc) Dieser rückwirkenden Inkraftsetzung stehen Vertrauensschutzerwägungen nicht entgegen.

42        (1) Gegen ein schutzwürdiges Vertrauen in die Nichtablösung der UR 83 spricht schon, dass auch nach § 177 BGB schwebend unwirksame Rechtsgeschäfte gerade wegen des Schwebezustands mit Rückwirkungsfiktion genehmigt werden können (vgl. zu möglichen Ausnahmen BeckOGK/Ulrici Stand 1. August 2021 BGB § 177 Rn. 181).

43        (2) Auch das grundsätzlich maßgebliche dreistufige Prüfungsschema für Eingriffe in Versorgungsregeln, das Eingriffe in erdiente Besitzstände in der Regel nicht zulässt, ist als Konkretisierung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit dort nicht maßgeblich, wo das Vertrauen abweichend von einer typischen Fallgestaltung nicht schutzbedürftig ist. Hier können die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit auch abweichend vom dreistufigen Prüfungsschema Eingriffe zulassen. Das ist der Fall, wenn zur Zeit der Entstehung des Anspruchs hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Ansprüche zulasten der Arbeitnehmer geändert werden (BAG 21. April 2009 – 3 AZR 674/07 – Rn. 26).

44        So war es im vorliegenden Verfahren. Die Beschäftigten waren bereits 1995 in Betriebsversammlungen sowie in Anschreiben über die Veränderung aufgrund der VO 95 und der GBV 95 unterrichtet worden. Die Regelungen der GBV 95 wurden zudem bei der IG B umgesetzt. Ein schutzwürdiges Vertrauen in die Unwirksamkeit der Regelung konnte vor diesem Hintergrund nicht entstehen. Der GBV 95 kam der Rechtsschein der Wirksamkeit zu. Dieser wirkt nicht nur zugunsten derjenigen, die eine Norm bindet, sondern hier auch zu ihren Lasten. Selbst eine ungewisse, sich später als richtig herausstellende Ansicht, eine Norm sei ungültig, entbindet nicht davon zu berücksichtigen, dass die angewandte Norm weiterhin gültig sein kann. Daher konnten die Betroffenen nicht darauf vertrauen, dass die GBV 95 dauerhaft unwirksam bleiben und keine Wirkung entfalten werde (vgl. BVerfG 11. August 2020 – 1 BvR 2654/17 – Rn. 22 ff.). Nur soweit Vertrauensschutzgesichtspunkte auch einer wirksam abgeschlossenen GBV 95 entgegenstünden, könnten sie durchgreifen. Das betrifft aber nicht die rückwirkende Inkraftsetzung.

45        dd) Ein etwaiges Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 oder Nr. 10 BetrVG ist durch den Abschluss der GBV 2014 hinreichend gewahrt worden (vgl. BAG 22. April 1986 – 3 AZR 100/83 – BAGE 51, 387). Selbst wenn die ursprüngliche Betriebsvereinbarung GBV 95 nicht wirksam abgeschlossen wurde, hat der Gesamtbetriebsrat sie durch die mitbestimmte Regelung GBV 2014 mit in Kraft gesetzt.

46        ee) Die Formvorgaben des § 26 Abs. 1 UR 83 idF der VO 95 sind ebenfalls gewahrt. Die Ablösung der UR 83 durch die VO 95 wurde den Beschäftigten durch das Rundschreiben der Beklagten vom Dezember 1995 und der Unterstützungskasse durch das Anschreiben vom 31. Juli 1995 auch schriftlich iSv. § 26 Abs. 1 UR 83 mitgeteilt. Die von den Richtlinien verlangte Schriftlichkeit ist nicht iSd. § 127 BGB zu verstehen. Die in dieser Bestimmung vorgesehene Erklärung des Arbeitgebers über die Ablösung der UR 83 durch die VO 95 ist eine reine Wissenserklärung ohne Gestaltungswirkung und bedurfte zu ihrer Wirksamkeit nicht einer eigenhändigen Originalunterschrift; das einheitlich für Erklärungen gegenüber der Unterstützungskasse und den Beschäftigten vorgesehene Erfordernis soll nicht den hohen Anforderungen dieser Regelung entsprechen (BAG 2. September 2014 – 3 AZR 951/12 – Rn. 44; 12. Februar 2013 – 3 AZR 636/10 – Rn. 53 ff.). Wegen der rückwirkenden Inkraftsetzung der GBV 95 unterlag die Erklärung auch keinen zusätzlichen Anforderungen.

47        Ob es sich hierbei auch um einen (deklaratorischen) Hinweis auf die Grundsätze zur Ablösung von Unterstützungskassenrichtlinien handelt, kann dahinstehen, da auch insoweit die Anforderungen erfüllt wären (vgl. BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 363/10 – Rn. 57). Ebenfalls dahinstehen kann die Frage, ob der Vorstand am 11. Dezember 1995 einen wirksamen Beschluss über die Ablösung gefasst hat. Die Satzung der Beklagten sieht ein Beschlusserfordernis für die Wirksamkeit solcher Beschlüsse nicht vor (vgl. BGH 12. Oktober 1992 – II ZR 208/91 -).

48        2. Die GBV 95 iVm. der VO 95 hat auch materiell wirksam die UR 83 abgelöst.

49        a) Die materiellen Anforderungen an eine Ablösung der zugesagten Versorgung nach der UR 83 durch die GBV 95 iVm. der VO 95 sind vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht worden. Die Neuregelung hält einer Überprüfung am Maßstab der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes stand.

50        aa) Die Gründe, die einen Eingriff rechtfertigen sollen, müssen um so gewichtiger sein, je stärker der Besitzstand ist, in den eingegriffen wird. Für Eingriffe in Versorgungsanwartschaften hat der Senat die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes durch ein dreistufiges Prüfungsschema präzisiert (BAG 2. September 2014 – 3 AZR 951/12 – Rn. 47 ff.; 12. Februar 2013 – 3 AZR 636/10 – Rn. 62 ff.).

51        bb) Da es sich hier wegen der Übergangsregeln in § 7 der VO 95 unstreitig um einen Eingriff in künftige und damit noch nicht erdiente dienstzeitabhängige Zuwächse und damit um einen Eingriff auf der dritten Stufe handelt, sind geringere Anforderungen an den Eingriff zu stellen.

52        (1) Hier sind grundsätzlich sachlich-proportionale Gründe erforderlich, aber auch ausreichend. Sie liegen nicht erst dann vor, wenn die Wettbewerbsfähigkeit des Arbeitgebers konkret gefährdet ist. Entscheidend ist, ob wirtschaftliche Schwierigkeiten vorliegen, auf die ein vernünftiger Unternehmer reagieren darf (BAG 9. Dezember 2014 – 3 AZR 323/13 – Rn. 37, BAGE 150, 147). Es geht um nachvollziehbare, anerkennenswerte und damit willkürfreie Gründe. Sachlich-proportionale Gründe können auch auf einer Fehlentwicklung der betrieblichen Altersversorgung beruhen (BAG 13. Oktober 2020 – 3 AZR 246/20 – Rn. 42). Ein Eingriff in Zuwachsraten, die noch nicht erdient sind, ist dann sachlich gerechtfertigt, wenn auf die andauernde Verschlechterung der Ertragskraft mit einem Bündel von Maßnahmen reagiert wird und, nachdem diese Maßnahmen noch nicht ausreichend gegriffen haben, zur Kostensenkung auch das betriebliche Versorgungswerk herangezogen wird (BAG 11. Mai 1999 – 3 AZR 21/98 – Rn. 48, BAGE 91, 310). Eine langfristige Substanzgefährdung oder eine dauerhaft unzureichende Eigenkapitalverzinsung sind nicht erforderlich. Zur Rechtfertigung des Eingriffs bedarf es auch nicht eines ausgewogenen, die Sanierungslasten angemessen verteilenden Sanierungsplans. Ebenso wenig ist es notwendig, dass Maßnahmen zur Kosteneinsparung ausgeschöpft sind, bevor Eingriffe in künftige Zuwächse vorgenommen werden. Es geht nur darum, die Willkürfreiheit des Eingriffs in noch nicht erdiente Zuwächse zu belegen (BAG 15. Februar 2011 – 3 AZR 35/09 – Rn. 73).

53        (2) Allerdings reicht regelmäßig der allgemeine Hinweis auf wirtschaftliche Schwierigkeiten nicht aus. Vielmehr sind die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Einzelnen substantiiert darzutun. Anderweitige Sanierungsmöglichkeiten müssen zumindest erwogen worden sein und ihre Unterlassung muss plausibel erläutert werden. Maßnahmen, die auf den ersten Blick dem Sanierungszweck offen zuwiderlaufen, müssen erklärt werden und einleuchtend sein (BAG 15. Februar 2011 – 3 AZR 35/09 – Rn. 74).

54        (3) Darüber hinaus hat der Arbeitgeber darzulegen, dass die Eingriffe in die Versorgungsregelungen in der konkreten Situation proportional, also verhältnismäßig sind, dass die Abwägung seiner Interessen an einer Änderung des Versorgungswerks gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der ursprünglichen Versorgungszusage im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Beruft sich der Arbeitgeber auf wirtschaftliche Gründe, so sind sämtliche Maßnahmen darzutun, die unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Kosteneinsparung zu dienen bestimmt waren. Der Eingriff in das betriebliche Versorgungswerk muss sich in ein nachvollziehbar auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage ausgerichtetes Gesamtkonzept einpassen. Der Regelungszweck und das Mittel der Kürzung müssen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen (vgl. BAG 22. April 1986 – 3 AZR 496/83 – zu III 2 b der Gründe, BAGE 51, 397).

55        (4) Dies ist dann der Fall, wenn die Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung in die künftigen dienstzeitabhängigen Zuwächse nicht weiter eingreift, als dies ein vernünftiger Unternehmer zur Kosteneinsparung in der konkreten wirtschaftlichen Situation für geboten erachten durfte. Es reicht aus, wenn sich der Eingriff in das betriebliche Versorgungswerk in ein auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage zur Beseitigung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten ausgerichtetes, plausibles Gesamtkonzept einfügt. Anderweitige Maßnahmen zur Kosteneinsparung müssen nicht ausgeschöpft sein, bevor Eingriffe in künftige Zuwächse vorgenommen werden dürfen. Unternehmerische Entscheidungen, die auf den ersten Blick einer Kostenreduzierung zuwiderlaufen, müssen einleuchtend sein. Dem Arbeitgeber und insbesondere den Betriebsparteien steht bei der Beurteilung der dem Eingriff zugrunde liegenden tatsächlichen Gegebenheiten, der finanziellen Auswirkungen der ergriffenen Maßnahmen sowie bei der Ausgestaltung des Gesamtkonzepts eine Einschätzungsprärogative und ein Beurteilungsspielraum zu (BAG 19. März 2019 – 3 AZR 201/17 – Rn. 58, BAGE 166, 136).

56        (5) Diese Grundsätze sind nicht ohne Weiteres auf nicht am Markt mit Gewinnerzielungsabsicht tätige Arbeitgeber übertragbar. Soweit der Senat aber bislang angenommen hat, dass es bei einer Gewerkschaft als steuerbefreiten Berufsverband in der Rechtsform eines nicht eingetragenen Vereins nicht erforderlich ist, dass die sachlichen Gründe auch proportional sein müssen, hält er hieran nicht mehr fest (vgl. BAG 2. September 2014 – 3 AZR 951/12 – Rn. 57; 12. Februar 2013 – 3 AZR 636/10 – Rn. 72; 12. Februar 2013 – 3 AZR 414/12 – Rn. 72). Zwar bleibt es dabei, dass es den Arbeitsgerichten untersagt ist, die koalitionsspezifische Verwendung der Gewerkschaftsmittel zu bewerten. Allerdings muss die Gewerkschaft darlegen, dass die Nichtablösung ihres Versorgungssystems ihre gewerkschaftlichen Handlungsspielräume künftig einschränken würde.

57        (a) Zwar stehen der Beklagten im Wesentlichen nur Beiträge der Mitglieder als Einkünfte zur Verfügung. Sie genießt zudem den verfassungsrechtlichen Schutz der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG. Daher kommt ihr die Freiheit zu, ihre koalitionspolitischen Aufgaben und die Form, die Art und Weise sowie die Intensität der Aufgabenerfüllung festzulegen (BAG 23. Februar 2021 – 3 AZR 15/20 – Rn. 80 mwN). Art. 9 Abs. 3 GG schützt die Koalition in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Der Schutz erstreckt sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen und umfasst insbesondere auch die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht (BAG 23. Februar 2021 – 3 AZR 15/20 – Rn. 79 mwN). Eine Gewerkschaft hat die Verwendung ihrer finanziellen Mittel für koalitionspolitische Zwecke nicht zu rechtfertigen, die Gerichte für Arbeitssachen dies nicht zu überprüfen oder zu bewerten. Insbesondere der Umfang ihrer Mittel und insoweit die Höhe der zu bildenden Rücklagen für zukünftig ggf. erforderliche Arbeitskämpfe liegen grundsätzlich in der Entscheidungsgewalt der Gewerkschaft.

58        (b) Allerdings sind auch die Aussichten der Arbeitnehmer auf betriebliche Altersversorgung ebenfalls vor Eingriffen geschützt. Die Betriebsrente ist Teil des Arbeitsentgelts und gehört somit zu den Arbeitsbedingungen. Das Arbeiten unter angemessenen Arbeitsbedingungen fällt in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG (BAG 23. Februar 2021 – 3 AZR 15/20 – Rn. 82 f.). Dementsprechend sind einmal erteilte Versorgungszusagen nach dem gesetzgeberischen Verständnis des Betriebsrentengesetzes auf das gesamte Arbeitsverhältnis bis zum Erreichen der festen Altersgrenze angelegt. Das kommt in der Regelung des § 2 Abs. 1 BetrAVG über die zeitratierliche Kürzung von Betriebsrenten, die an die mögliche Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses bis zum Versorgungsfall anknüpft, zum Ausdruck (vgl. BAG 19. Juli 2011 – 3 AZR 434/09 – Rn. 43 f., BAGE 138, 346; BT-Drs. 7/1281 S. 24). Ergänzt wird dies durch die dem Betriebsrentengesetz zugrunde liegende Intention, Betriebsrentenanwartschaften möglichst lückenlos bis zum Eintritt des Versorgungsfalls zu sichern und zu erhalten (vgl. auch BT-Drs. 15/2150 S. 52; BT-Drs. 7/1281 S. 26; BAG 19. März 2019 – 3 AZR 201/17 – Rn. 33, BAGE 166, 136). Dieses Verständnis entspricht auch der besonderen sozialpolitischen Funktion der betrieblichen Altersversorgung. Nach den vom Gesetzgeber getroffenen Wertentscheidungen soll sie eine notwendige Ergänzung der durch die Sozialversicherung gewährten Sicherung der Arbeitnehmer im Alter darstellen und ihren Lebensstandard zumindest teilweise sichern (vgl. BT-Drs. 7/1281 S. 19; BAG 19. März 2019 – 3 AZR 201/17 – Rn. 34, aaO; 26. April 2018 – 3 AZR 586/16 – Rn. 16 mwN, BAGE 162, 354).

59        (c) Diese kollidierenden Grundrechtspositionen – Art. 9 Abs. 3 GG und Art. 12 Abs. 1 GG – sind in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz – vorliegend bei der Ablösung einer Versorgungsordnung – so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (BAG 23. Februar 2021 – 3 AZR 15/20 – Rn. 84).

60        (d) Hinsichtlich der wirtschaftlichen Gründe, die eine Gewerkschaft nach § 16 Abs. 1 BetrAVG gegen eine Betriebsrentenanpassung anführen kann, hat der Senat in seiner neueren Rechtsprechung die gegenseitigen Grundrechtspositionen dahingehend abgewogen, dass die wirtschaftliche Lage einer Anpassung der Betriebsrenten dann entgegensteht, wenn die Gewerkschaft im Fall einer Rentenanpassung – oder ohnehin – ihrem Tätigkeitszweck auf dem bislang erreichten Niveau nicht gerecht werden kann. Ebenso sind künftige weitere, in absehbarer Zeit anstehende Maßnahmen, die zum Anpassungsstichtag von den zuständigen Gremien bereits konkret beschlossen und hinsichtlich ihrer finanziellen Auswirkungen bereits überschaubar sind, zu berücksichtigen (BAG 23. Februar 2021 – 3 AZR 15/20 – Rn. 87).

61        Dabei ist zu beachten, dass die Ablösung auf der dritten Stufe nach den allgemeinen Grundsätzen keinen so schwerwiegenden Eingriff in die Rechte der Arbeitnehmer begründet und die neuen Grundsätze des Senats zur Anwendung des § 16 Abs. 1 BetrAVG bei gewerkschaftlichen Arbeitgebern einem deutlich schwerer zu rechtfertigenden Eingriff auf der zweiten Stufe entsprechen, der Eingriffe in den erdienten Besitzstand betrifft und triftige Gründe erfordert (BAG 23. Februar 2021 – 3 AZR 15/20 – Rn. 74). Das rechtfertigt sich daraus, dass eine unterbliebene Kaufkraftanpassung der Betriebsrente zu deren wirtschaftlicher Auszehrung führt.

62        (e) Die Gewerkschaft muss für Eingriffe auf der dritten Stufe daher darlegen, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen war, dass ohne den Eingriff gewerkschaftliche Handlungsspielräume, die über bereits bestehende und konkret geplante Maßnahmen gewerkschaftlichen Handelns hinausgehen, künftig eingeschränkt werden können. Über die vorhandenen und bereits fest geplanten Maßnahmen als Ausdruck gewerkschaftlichen Tätigwerdens muss die wirtschaftlich drohende Situation eine Einschränkung der gewerkschaftlichen Handlungsspielräume befürchten lassen. Der Eingriff ist gerechtfertigt, wenn gewerkschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten über das bereits bestehende und festgelegte Maß hinaus so beeinträchtigt werden, dass eine vernünftige Gewerkschaftspolitik dies zum Anlass nehmen kann, zu reagieren.

63        Der Eingriff muss zudem insoweit proportional sein. Der Regelungszweck und das Mittel der Kürzung müssen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Dies ist dann der Fall, wenn die Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung in die künftigen dienstzeitabhängigen Zuwächse nicht weiter eingreift, als dies eine vernünftige Gewerkschaftspolitik unter Zugrundelegung der gerichtlich nicht zu bewertenden gewerkschaftlichen Zielsetzungen, seien sie auch nur allgemein und noch nicht konkret festgelegt, zur Kosteneinsparung in der bestehenden wirtschaftlichen Situation für geboten erachten durfte. Die Gewerkschaft muss indes nicht sämtliche Maßnahmen dartun, die unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Kosteneinsparung zu dienen bestimmt sind. Sie muss auch kein wirtschaftliches oder koalitionspolitisches Gesamtkonzept darlegen. Der Eingriff in das betriebliche Versorgungswerk muss sich allerdings nachvollziehbar auf eine wirtschaftliche Situation beziehen, die ohne die Ablösung gewerkschaftliche Handlungsspielräume begrenzen würde.

64        cc) Die Prüfung der sachlich-proportionalen Gründe durch das Berufungsgericht ist auch vor dem Hintergrund dieser Maßstäbe im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

65        (1) Die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der sachlich-proportionalen Gründe ist grundsätzlich Sache des Berufungsgerichts. Sie kann in der Revision nur beschränkt darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter den Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder bei der gebotenen Interessenabwägung nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind oder ob das Ergebnis in sich widersprüchlich ist (vgl. BAG 9. Dezember 2014 – 3 AZR 323/13 – Rn. 34, BAGE 150, 147).

66        (2) Die Überlegungen des Berufungsgerichts halten auch den hier entwickelten Anforderungen stand. Es hat bei der gebotenen Interessenabwägung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und das Ergebnis ist nicht in sich widersprüchlich. Das zeigt der Kläger auch nicht auf. Es bestanden vielmehr hinreichend konkrete Anhaltspunkte für die Beklagte im Jahr 1995, dass der gewerkschaftliche Handlungsspielraum über die bereits bestehenden und konkret geplanten Handlungen hinaus künftig eingeschränkt werden könnte, wenn sie die UR 83 nicht durch die VO 95 ablöste. Der Eingriff ist auch proportional.

67        (a) Die Entwicklung der Mitgliederzahlen und deren Auswirkung auf die Einnahmen lässt – wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – den Rückschluss zu, dass diese auch nach 1995 sinken würden. Als die VO 95 durch die GBV 95 für die Beschäftigten der Beklagten in Kraft trat, war aufgrund der Entwicklung der Mitgliederzahlen von 1981 bis 1989 und dann wieder von 1990 bis 1995 die Annahme sinkender Mitgliederzahlen gerechtfertigt. Ein derartiger Mitgliederschwund trägt langfristig die Gefahr sinkender Beitragseinnahmen in sich.

68        Daran ändert auch nichts, dass sich die Beitragseinnahmen vor 1994 noch unabhängig von der sinkenden Mitgliederzahl entwickelten. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass es hier Gründe für eine vorübergehende Abkoppelung geben kann, so die Tarifentwicklung, von der die Beitragshöhe abhängt, und von der Beklagten vorgetragene technische Verbesserungen beim Beitragseinzug.

69        Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, das dafür die Zahlen der Zentralkasse der Beklagten herangezogen hat, betrug der Anteil der Beitragseinnahmen an den Gesamteinnahmen ca. 93 vH. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es dezentrales Vermögen und damit auch dezentrale Einnahmen bei der Beklagten gegeben hat, spricht nichts dafür, dass sich dadurch die zentrale Bedeutung der Beitragseinnahmen für die Gesamteinnahmen strukturell ändert. Dies ist vielmehr fernliegend. Konkrete Anhaltspunkte in dieser Richtung hat der Kläger auch nicht aufgezeigt.

70        Es reicht zudem aus, wenn die Prognose auf der Grundlage der bisherigen Entwicklung und unter vertretbaren und nachvollziehbaren Annahmen für die Zukunft erstellt werden konnte (vgl. BAG 11. Dezember 2001 – 3 AZR 128/01 – zu I 3 b aa der Gründe, BAGE 100, 105).

71        (b) Auch das neu eingeführte System der Finanzierung der Unterstützungskasse und die sich hierdurch ergebende höhere Kostenlast für die Beklagte stellt einen sachlichen Grund für den Eingriff dar, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat. Für Kassenmitglieder mit vielen Rentnern – wie die IG B – stieg absehbar die Zuwendungslast. Die Beklagte hatte wegen einer verhältnismäßig großen Zahl von Beschäftigten und Betriebsrentnern von den Zahlungen anderer Gewerkschaften in der Umlagefinanzierung profitiert. Mit dem Wegfall dieser Querfinanzierung war für die Beklagte absehbar, dass ihre Vorsorgekosten für ihre Beschäftigten und späteren Betriebsrentner steigen würden. Hinzu kamen die zur Finanzierung der Rückdeckungsversicherungen erforderlichen Prämien, die an die Unterstützungskasse zu zahlen waren, und zwar sowohl die Prämien für die ab 1995 neu erteilten beitragsorientierten Leistungszusagen als auch die Prämien für die Beschäftigten, die zwischen 1983 und 1995 eingetreten waren. Diese absehbaren Zusatzbelastungen verstärkten den durch die Mitgliederentwicklung absehbaren finanziellen Druck auf die Beklagte.

72        (c) Angesichts dessen war es gewerkschaftspolitisch vernünftig, auf die zu erwartende Entwicklung mit Eingriffen in künftige Zuwächse zu reagieren. Auch hielten sich die getroffenen Maßnahmen im Rahmen dessen, was nach dem Maßstab einer vernünftigen Gewerkschaftspolitik durch die Entwicklung geboten war. Die Beklagte hat sich auf Eingriffe in künftige Zuwächse beschränkt, jedoch nicht alle Zuwächse gestrichen. Sie hat nicht einmal – was ihr unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit positiv zuzurechnen ist – das Versorgungswerk geschlossen.

73        In diesem Zusammenhang fällt ins Gewicht, dass sich der Gesamtbetriebsrat wiederholt für die GBV 95 sowie die Umsetzung der VO 95 eingesetzt hat und eine entsprechende Vereinbarung in der GBV – mag diese ggf. auch formunwirksam gewesen sein – abgeschlossen hat, sowie dass er sich in den Folgejahren auf deren inhaltliche Geltung berufen hat.

74        dd) An dieser Bewertung ändert sich auch nichts dadurch, dass die Ablösung auf den Beginn des Jahres 1995 zurückwirkte. Zwar ist den Beschäftigten vor dem Beginn des Jahres 1995 keine entsprechende Information zugegangen (vgl. hierzu BAG 2. September 2014 – 3 AZR 951/12 – Rn. 91). Spätestens seit Juli 1995 wussten aber die Arbeitnehmer von der Änderung. Da zudem die Versorgung in der Unterstützungskasse auf das Kalenderjahr bezogen ist und die VO 95 zum 1. Januar 1995 in Kraft getreten ist, konnte die Ablösung auch für die Arbeitnehmer der Beklagten rückwirkend bereits zum Jahresbeginn erfolgen. Ein schutzwürdiges Vertrauen zum Jahresbeginn 1995 konnte insoweit nicht entstehen. § 30 Abs. 2 VO 95 stellt zudem die Vorgabe auf, dass die Ablösung bei einer Erklärung des Kassenmitglieds ab dem Beginn des Jahres der Beitrittserklärung gilt. Die Unterstützungskasse will dies zur Vereinfachung der Abwicklung und zur Vereinheitlichung ihrer Systeme durchsetzen.

75        b) Die Verfahrensrügen des Klägers, mit denen er eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend macht, sind unbegründet. Der Senat hat sie geprüft, aber nicht als durchgreifend erachtet. Von einer Begründung sieht er nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 564 Satz 1 ZPO ab.

76        3. Die GBV 95 – in Kraft gesetzt durch die GBV 2014 – verstößt auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG. Denn es bestand ein sachlicher Grund für eine isolierte Regelung in der GBV 95 für die der UR 83 unterfallenden Arbeitnehmer, die erst nach dem 1. Januar 1983 bei der Beklagten eingetreten sind.

77        a) Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen bei vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck. Erfolgt die Gruppenbildung durch eine Stichtagsregelung, muss auch diese mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sein. Dabei kommt den Betriebsparteien sowohl bei der Gruppenbildung als auch bei der Bestimmung des darauf bezogenen Stichtags ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Sie dürfen bei ihrer Normsetzung typisieren, pauschalieren und generalisieren. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen muss nicht für die Gleichbehandlung aller denkbaren Einzelfälle Sorge getragen werden. Die damit verbundenen unvermeidlichen Härten sind hinzunehmen, wenn sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen, der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist und sie nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären. Härten sind zu dulden, sofern sich die Wahl des Stichtags am Regelungszweck und dem gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist. Stichtagsregelungen, die auf wirtschaftlichen Erwägungen beruhen, stellen einen hinreichenden Sachgrund für eine unterschiedliche Behandlung dar (BAG 10. Dezember 2019 – 3 AZR 478/17 – Rn. 37 f. mwN).

78        b) Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass die Betriebsparteien wegen der bereits zuvor erfolgten Schließung des Versorgungssystems in der UR 80 im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums davon ausgehen durften, dass dieser Unterstützungsrichtlinie eine größere Anzahl länger beschäftigter und älterer Arbeitnehmer unterfiel, deren Vertrauen in ihre bestehende Versorgung damit auch größer war. Das ist unter dem Gesichtspunkt des Arbeitnehmerschutzes auch dann gerechtfertigt, wenn der Zweck des Eingriffs die Einsparung vor dem Hintergrund der absehbaren wirtschaftlichen Entwicklung der Beklagten war.

79        Im Kern gleicht die von der GBV 95 vorgenommene Unterscheidung einer Stichtagsregelung. Die unterschiedlichen Versorgungszusagen unterscheiden sich grundsätzlich nach der Art der Versorgung und nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitnehmer. Abhängig vom Eintritt der Arbeitnehmer verfolgen sie zwar den gleichen Zweck einer Altersversorgung, aber mit unterschiedlichen Versorgungssystemen – Gesamtversorgung oder Beitragszusage. Dieser Unterschied rechtfertigt die unterschiedliche Regelung.

80        c) Weiterhin ist zu beachten, dass ein Verstoß der GBV 95 gegen § 75 Abs. 1 BetrVG nicht ohne Weiteres zum Anspruch des Klägers auf Versorgung nach der UR 83 führen würde, da der Verstoß ja allein darin bestehen würde, nicht auch die UR 80 abgelöst zu haben. Nach welchem Bezugssystem sich die Ansprüche des Klägers dann richten würden, ist offen.

81        IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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