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Arbeitsrecht
11.03.2021
Arbeitsrecht
LAG Nürnberg: Abfindungsanspruch, Abfindungsberechtigung, Aufhebungsvertrag, Konzernbetriebsvereinbarung, Sozialplanabfindung, Verkauf

LAG Nürnberg, Urteil vom 27.10.2020 – 7 Sa 157/20

Volltext: BB-Online BBL2021-700-1

Leitsätze

1. Scheiden anlässlich einer Betriebsänderung Arbeitnehmer durch Eigenkündigung aus dem Unternehmen aus, so sind sie wie die von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer abfindungsberechtigt, wenn die Eigenkündigung durch den Arbeitgeber veranlasst wurde. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber bei dem Arbeitnehmer im Hinblick auf eine konkret geplante Betriebsänderung die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, mit der Eigenkündigung komme er einer sonst notwendig bevorstehenden betriebsbedingten Kündigung zuvor.

2. Die Darlegungs- und Beweislast einer Veranlassung der Eigenkündigung im vorgenannten Sinn liegt beim Arbeitnehmer.

BetrVG § 5 Abs. 3, § 77 Abs. 1, § 112; ArbGG § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 66 Abs. 1, § 69 Abs. 2, § 72 Abs. 1, Abs. 2, § 72a; ZPO § 97 Abs. 1; BGB § 613a

Sachverhalt

Die Parteien streiten um einen Anspruch auf Abfindung aus einem Sozialplan.

Der am 04.10.1971 geborene Kläger ist Diplomkaufmann und war seit dem 01.03.2000 bei der Beklagten als Marktforscher eingestellt worden und zuletzt als Abteilungsleiter/“Director“ beschäftigt mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von zuletzt 8.147,61 €. Er leitete in dem Bereich „Finanzmarktforschung“ eine von zwei Abteilungen und führte mit drei bis vier Mitarbeitern generelle Studien zu längerfristigen Entwicklungen durch, die für Banken und Versicherungen von Interesse waren.

Die Beklagte führte seit 2016 unter dem Titel „Accelerate“ Umstrukturierungsmaßnahmen durch, die auf mehrere Jahre angelegt waren und auch den Bereich berührten, in dem der Kläger arbeitete. Seine Abteilung wurde aus der bisherigen Struktur herausgelöst und in die Division „Shopper“ integriert. Mit einzelnen Mitarbeitern wurden bereits Aufhebungsverträge abgeschlossen.

Die durchgeführten und geplanten Maßnahmen und die angestrebte neue Unternehmensstruktur wurden der Belegschaft in groben Zügen auf einem bei der Beklagten so genannten „Town Hall Meeting“ am 01.09.2017 bekanntgegeben. Der damalige Geschäftsführer sagte unter anderem, „die Consumer Panels sind als Spielball anzusehen“ und „wie eine Braut für einen potenziellen Verkauf hübsch machen“.

Diese Maßnahmen wurden von mehreren Vereinbarungen zum Interessenausgleich auf Konzernebene begleitet. Eine erste Vereinbarung vom 21.12.2017 sah vor, die Gesamtmaßnahme und die dabei anliegenden einzelnen Maßnahmen schrittweise abzuwickeln. Zeitgleich wurde der 1. Teilinteressenausgleich zu organisatorischen Fragen abgeschlossen. Mit dem 2. Teilinteressenausgleich „Standortkonsolidierung“ vom 22.03.2018 wurde die Bündelung von Einheiten und Funktionen am Standort Nürnberg zu Lasten anderer Standorte beschrieben. Zeitgleich wurde ein erster Sozialplan abgeschlossen.

Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26.03.2018 zum 15.07.2018. Die Beklagte besetzte die Stelle unverzüglich nach mit einem Finanzmarktexperten mit Führungserfahrung.

Im weiteren Verlauf schloss die Beklagte mit dem Konzernbetriebsrat die Konzernbetriebsvereinbarung gemäß § 77 Abs. 1 BetrVG „Erste Personalanpassungen i.R.d. Strukturmaßnahmen zu Accelerate!“ vom 22.06.2018 ab. Diese Konzernbetriebsvereinbarung (im Folgenden KBV) sieht u.a. vor:

„Präambel

G… verfolgt mit dem Projekt „Accelerate!“ einen umfassenden und komplexen Transformations- und Restrukturierungsprozess, welcher nach derzeitigem Planungsstand auf zwei Jahre (Abschluss der Umsetzung des letzten Teilprojekts) angelegt ist. Das Gesamtprojekt „Accelerate!“ besteht aus den Programmen FutureGrowth, FutureOrg, FutureOps, G… Research und FutureCulture. Mit der Umsetzung des Projektes ist ein Personalabbau verbunden. Die vorliegende Vereinbarung regelt die Rahmenbedingungen für erste Personalanpassungen im Rahmen der Strukturmaßnahmen von Accelerate!. Hierbei sollen nach dem Willen von G… und K… betriebsbedingte Kündigungen durch das Ausscheiden im Rahmen von Aufhebungsverträgen / 3-Parteien-Verträgen aus dem Arbeitsverhältnis mit G… bzw. ihrer jeweiligen Anstellungsgesellschaft aus dem G…-Konzern vermieden werden.

Hiervon unberührt bleiben die sonstigen Regelungen bereits abgeschlossener Sozialpläne und weiter abzuschließender Sozialpläne zu „Accelerate!“.

I. Geltungsbereich

Diese Vereinbarung zu ersten Personalanpassungen i.R.d. Strukturmaßnahmen bei Accelerate! gilt räumlich für alle Unternehmen und Betriebe des G…-Konzerns in Deutschland sowie persönlich für alle Arbeitnehmer1 von Gesellschaften des G…-Konzerns, mit Ausnahme der leitenden Angestellten i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG, die in den unter Ziff II geregelten Arbeitnehmerkreis fallen. Sachlich gilt diese Vereinbarung für den Abschluss von Aufhebungsverträgen, 3-Parteien-Verträge im Rahmen der Strukturmaßnahmen des Projekts „Accelerate!“.

…“

Am 26.06.2018 unterzeichneten die Konzernbetriebspartner die weitere Konzernbetriebsvereinbarung Sozialplan zu Accelerate! ab einschließlich dem 3. Teilinteressenausgleich (im Folgenden K-SP):

„Präambel Zum Ausgleich bzw. zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmeriinnen und Arbeitnehmern durch die Maßnahmen im Rahmen von Accelerate! ab einschließlich dem 3. Teilinteressensausgleich entstehen, schließen die Parteien unter Zustimmung der örtlichen Betriebsratsgremien folgende Vereinbarung:

I. Geltungsbereich

Dieser Sozialplan gilt persönlich für alle Arbeitnehmer von G… und sonstigen Gesellschaften des G…-Konzerns, die von Maßnahmen im Rahmen von Accelerate! ab einschließlich dem 3. Teilinteressensausgleich, betroffen sind…

II. Beendigung des Arbeitsverhältnisses

1. Abfindungen

a. Anspruchsberechtigte

Ebenso anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmer, die das Arbeitsverhältnis ab dem 31. August 2017 selbst kündigen bzw. bereits gekündigt haben, sofern die Eigenkündigung des Arbeitnehmers im Hinblick auf die geplante Betriebsänderung von G… veranlasst wurde. Veranlasst ist eine Eigenkündigung, wenn G… im Hinblick auf Accelerate! beim Arbeitnehmer die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, er komme mit der eigenen Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer sonst notwendig werdenden betriebsbedingten Kündigung von G… nur zuvor. Der bloße Hinweis oder die bloße Information über eine bevorstehende Betriebsänderung in dem jeweils betreffenden Bereich ist keine solche Veranlassung.“

Weitere Teilinteressenausgleiche wurden abgeschlossen. Schließlich wurde der ganze Standort N… unter anderem mit der fortbestehenden Abteilung, in der der Kläger beschäftigt gewesen war, im Wege eines Betriebsüberganges nach § 613a BGB auf die Fa. I… GmbH übertragen. Dazu wurde der 6. Teilinteressenausgleich vom 28.08.2018 abgeschlossen, in dem sich die Fa. I… GmbH neben der Beklagten und dem Konzernbetriebsrat als Mitunterzeichnerin verpflichtete, den Standort N… für wenigstens 24 Monate nach dem Übergang der Arbeitsverhältnisse zu erhalten und keine betriebsbedingten Kündigungen gegenüber den übergehenden Mitarbeitern auszusprechen, die vor Ablauf von 24 Monaten nach dem Übergang wirksam werden. In Ziffer 9 des 6. Teilinteressenausgleiches vom 28.08.2018 ist geregelt:

„Der Sozialplan zu Accelerate! ab einschließlich dem 3. Teilinteressenausgleich vom 26. Juni 2018 gilt nicht für Maßnahmen nach diesem Teilinteressenausgleich.“

Nach Ablauf der Kündigungsfrist machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Abfindungsanspruch in Höhe von 178.921,52 € brutto geltend, den er nach Ablehnung gerichtlich weiterverfolgte.

Er machte erstinstanzlich geltend:

Seit 2016 seien Umstrukturierungsmaßnahmen durchgeführt worden, von denen auch er betroffen gewesen sei. In einem Town Hall Meeting Ende 2017 habe der damalige Geschäftsführer der Beklagten erklärt, der gesamte Bereich in der B… Straße müsse infrastrukturell selbständig werden und Bereiche, die die Umsatz- und Margenvorgaben nicht erfüllen würden, würden auf dem Prüfstand stehen. Es seien Aussagen gefallen wie „die Consumer Panels sind als Spielball zu sehen“ und „wie Braut für einen potenziellen Verkauf hübsch machen“. Nach Pressemeldungen sollte jeder fünfte Arbeitsplatz eingespart werden.

Seine Eigenkündigung sei daher veranlasst gewesen durch die Beklagte entsprechend Ziffer III. 1. a. Abs. 3, Satz 1 K-SP vom 26.06.2018. Er könne daher Abfindung beanspruchen nach Ziffer II. 1. a KBV vom 22.06.2018.

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte das Erstgericht aus, dass der Kläger nicht habe nachweisen können, dass er unter den persönlichen Geltungsbereich des K-SP vom 26.06.2018 falle. Er habe auch nicht nachweisen können, dass seine Eigenkündigung von der Beklagten veranlasst gewesen sei entsprechend der Regelung in Ziffer III. 1. a. Abs. 3, Satz 1 K-SP vom 26.06.2018.

Das Urteil vom 03.12.2019 wurde dem Kläger am 06.03.2020 zugestellt. Er legte dagegen Berufung ein mit Berufungsschrift vom 05.04.2020, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen per Fax am gleichen Tag. Die Berufungsbegründungsschrift vom 08.06.2020 ging am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht Nürnberg per Fax ein. Die Berufungsbegründungsfrist war antragsgemäß bis zum 08.06.2020 verlängert worden.

Der Kläger macht in der Berufung geltend:

Der persönliche Geltungsbereich des K-SP vom 26.06.2018 sei mit der Regelung in Ziffer III. 1. a. Abs. 3, Satz 1 K-SP vom 26.06.2018 erweitert worden. Zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Eigenkündigung mit Abfindungsberechtigung ab dem 31.08.2017 habe es noch keinen Interessenausgleich gegeben. Deshalb könne es für den Abfindungsanspruch nicht darauf ankommen, dass ein Interessenausgleich den Anspruchsinhaber konkret betreffe. Insbesondere der 3. Teilinteressenausgleich habe im August 2017 noch gar nicht vorgelegen. Deshalb genüge es, dass allgemeine Planungen für Betriebsänderungen bestanden, die im Rahmen von „Accelerate!“ durchgeführt werden sollten. Die Kenntniserlangung von diesen allgemeinen Planungen genüge, um eine Eigenkündigung eines Mitarbeiters als durch die Beklagte veranlasst zu sehen. Es genüge für die Anspruchsberechtigung, dass der Arbeitnehmer im Hinblick auf eine geplante Betriebsänderung selber gekündigt habe, weil er berechtigtermaßen mit einem Arbeitsplatzverlust im Verlauf von „Accelerate!“ rechnen durfte. Dieses Ergebnis ergebe sich auch aus der Bestimmung der Ziffer III. 1. a. Abs. 1 K-SP vom 26.06.2018. Danach sei nicht Anspruchsvoraussetzung, dass der Arbeitnehmer einem Interessenausgleich unterfalle. Es müsse lediglich eine Umsetzung der Maßnahmen aus „Accelerate!“ vorliegen.

Der Beklagte und Berufungskläger stellt folgenden Antrag:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 03.12.2019 - 17 Ca 737/19 - wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178.921,52 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2018 zu zahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

Die Berufung des Klägers wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt in der Berufung vor:

Das Erstgericht habe zutreffend entschieden.

Der Kläger unterfalle nicht dem persönlichen Geltungsbereich des K-SP vom 26.06.2018. Es sei Sache der Betriebspartner, darüber zu entscheiden, welche Nachteile den Mitarbeitern entstehen durch eine Betriebsänderung und welcher wirtschaftliche Ausgleich dafür geschaffen wird. Der K-SP vom 26.06.2018 bestimme ausschließlich Ausgleichsansprüche für Mitarbeiter, die von Maßnahmen im Rahmen von „Accelerate!“ ab einschließlich dem 3. Teilinteressenausgleich betroffen seien. Der Termin 31.08.2017 sei nur deshalb gewählt worden, weil der Belegschaft erstmals in dem Town Hall Meeting am 01.09.2017 die neue Struktur des Unternehmens vorgestellt worden sei. Dabei seien die Ausführungen der Geschäftsleitung sehr allgemein gewesen und hätten sich nicht auf den Bereich bezogen, in dem der Kläger beschäftigt gewesen sei.

Der Arbeitsplatz des Klägers sei von dem Betriebsübergang auf die Fa. I… GmbH betroffen gewesen. Dabei habe es sich um eine Maßnahme nach dem 6. Teilinteressenausgleich zu „Accelerate!“ vom 28.08.2018 gehandelt. In Ziffer 9. des 6. Teilinteressenausgleiches vom 28.08.2018 sei ausdrücklich geregelt worden, dass der K-SPL vom 26.06.2018 nicht gelte für Maßnahmen nach dem 6. Teilinteressenausgleich.

Jedenfalls sei die Eigenkündigung durch den Kläger nicht durch die Beklagte veranlasst gewesen. Nach der Rechtsprechung des BAG genüge der bloße Hinweis auf eine unsichere Lage des Unternehmens, auf notwendig werdende Betriebsänderungen und die nicht auszuschließende Möglichkeit des Arbeitsplatzverlustes nicht, um damit eine Veranlassung einer Eigenkündigung anzunehmen. Es sei auch tatsächlich keine einzige Beendigungskündigung im Rahmen der Teilinteressenausgleiche ausgesprochen worden.

Der Kläger könne auch in der Berufung nicht darlegen, auf Grund welcher objektiver Tatsachen er davon habe ausgehen dürfen, dass er mit dem Ausspruch einer Eigenkündigung einer betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber zuvorkommt.

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Aus den Gründen

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1 und 2 c) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 ArbGG.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abfindung gegen die Beklagte nach Ziffer II. 1. der KBV vom 22.06.2018 oder nach Ziffer III. 1. a. Abs. 3, Satz 1 K-SP vom 26.06.2018.

Der Abfindungsanspruch nach Ziffer II. 1. der KBV vom 22.06.2018 setzt schon seiner Überschrift nach den Abschluss eines Aufhebungsvertrages voraus, der unstreitig nicht vorliegt. Der Abfindungsanspruch nach Ziffer III. 1. a. Abs. 3, Satz 1 K-SP vom 26.06.2018 setzt voraus, dass die Eigenkündigung im Hinblick auf die geplante Betriebsänderung von G… veranlasst wurde. Dies ist nicht der Fall.

Das Erstgericht ist insoweit mit zutreffender Begründung zum zutreffenden Ergebnis gelangt. Das Gericht nimmt daher Bezug auf die sorgfältigen und richtigen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Erstgerichtes und macht sich diese nach § 69 Abs. 2 ArbGG zu eigen.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen führt das Gericht noch aus:

1. Nach Ziffer III. 1.a. Abs. 1 K-SP vom 26.06.2018 gilt, dass Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich dieses Sozialplanes fallen und in Umsetzung von Maßnahmen aus Accelerate! ab einschließlich dem 3. Teilinteressenausgleich eine betriebsbedingte (Änderungs-)Kündigung erhalten, einen betriebsbedingten Aufhebungsvertrag/3-Parteien-Vertrag abschließen oder deren befristetes Arbeitsverhältnis auf Grund von Maßnahmen im Rahmen von Accelerate! ab dem 3. Teilinteressenausgleich vorzeitig beendet wird, eine Abfindung erhalten.

Nach allgemeinen Grundsätzen der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist es Sache des Klägers, die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches vorzutragen und im Falle des Bestreitens durch die Beklagte zu beweisen.

Hier hat der Kläger nichts dazu vorgetragen, dass sein Arbeitsplatz von einer Maßnahme betroffen war, die im 3. Teilinteressenausgleich oder einem nachfolgenden Interessenausgleich von den Betriebspartnern beschrieben wurde. Er leitet auch selbst seinen Anspruch auf Abfindung nicht aus Ziffer III. 1.a. Abs. 1 K-SP vom 26.06.2018 ab.

2. Nach Ziffer III. 1.a. Abs. 3 K-SP vom 26.06.2018 gilt, dass Arbeitnehmer ebenfalls eine Abfindung erhalten, die das Arbeitsverhältnis selbst kündigen oder nach dem 31.08.2017 gekündigt haben, sofern die Eigenkündigung des Arbeitnehmers im Hinblick auf die geplante Betriebsänderung von G… veranlasst wurde.

Nach allgemeinen Grundsätzen der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist es auch hier Sache des Klägers, die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches vorzutragen und im Falle des Bestreitens durch die Beklagte zu beweisen.

Der Kläger hat nicht hinreichend konkret dazu vorgetragen, auf Grund welcher Darstellungen der Beklagten bei ihm die berechtigte Annahme hervorgerufen wurde, ihm drohe eine betriebsbedingte Kündigung. Dies ist Voraussetzung dafür, bei der Eigenkündigung des Klägers von einer Veranlassung derselben durch die Beklagte auszugehen.

Dabei kann für die Entscheidungsfindung dahingestellt bleiben, ob im Falle der Ziffer III. 1.a. Abs. 3 K-SP vom 26.06.2018 für die Frage der Veranlassung auf deren Definition in Ziffer III. 1.a. Abs. 3 Satz 2 und 3 K-SP vom 26.06.2018 abzustellen ist oder nicht.

Nach Ziffer III. 1.a. Abs. 3 Satz 2 und 3 K-SP vom 26.06.2018 ist die Eigenkündigung durch die Beklagte veranlasst, „wenn G… im Hinblick auf Accelerate! beim Arbeitnehmer die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, er komme mit der eigenen Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer sonst notwendig werdenden betriebsbedingten Kündigung von G… nur zuvor“.

Geht man nun mit dem Kläger davon aus, dass es für in der Vergangenheit vor Abschluss des K-SP vom 26.06.2018 liegende Eigenkündigungen nicht um diese Definition der Betriebspartner gehen könne, so wäre für die Veranlassung der Eigenkündigung auf die Definition der „Veranlassung“ des BAG abzustellen, zuletzt und in ständiger Rechtsprechung mit BAG, Urteil vom 15.05.2007 - 1 AZR 370/06 -, Rn. 15, zitiert nach juris: „Nach der ständigen Senatsrechtsprechung sind Arbeitnehmer, die auf Grund eines vom Arbeitgeber veranlassten Aufhebungsvertrags oder einer von ihm veranlassten Eigenkündigung ausscheiden, mit denjenigen gleich zu behandeln, deren Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber gekündigt wird. Ursache für das Ausscheiden muss die vom Arbeitgeber vorgenommene Betriebsänderung sein. Dies ist sie auch dann, wenn der Arbeitgeber bei dem Arbeitnehmer im Hinblick auf eine konkret geplante Betriebsänderung die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, mit der eigenen Initiative komme er einer sonst notwendig werdenden betriebsbedingten Kündigung seitens des Arbeitgebers nur zuvor.“

Hier hat der Kläger nicht dazu vorgetragen, welche konkreten Maßnahmen im Rahmen der Umstrukturierungsmaßnahme „Accelerate!“ wann von welchen Führungskräften, leitenden Angestellten oder der Geschäftsführung allgemein oder nur dem Kläger konkret bekanntgegeben wurden, aus denen er den berechtigten Schluss hätte ziehen können, dass ihm eine betriebsbedingte Kündigung drohe. Im Town Hall Meeting vom 01.09.2017 wurde schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers keine Stilllegung des Standortes N…, keine Teilstilllegung des Standortes N…, keine Abwicklung der Division Shopper, keine Abwicklung der von ihm geleiteten Abteilung zu den generellen Studien für das Bank- und Versicherungsgewerbe oder auch nur die Streichung seines Arbeitsplatzes oder der Arbeitsplätze von Abteilungsleitern bekanntgegeben. Er trägt also selbst keine Tatsachen dazu vor, dass im Rahmen des Town Hall Meetings konkrete Tatsachen zur geplanten Umstrukturierung verkündet wurden, aus denen er hätte schließen können, sein Arbeitsplatz bei der Beklagten sei konkret von Wegfall bedroht.

Soweit in diesem Town Hall Meeting durch den Geschäftsführer gesagt wurde, „die Consumer Panels sind als Spielball zu sehen“, ergibt sich daraus nichts anderes. Die Verwendung dieses Wortes ist offensichtlich nicht wörtlich gemeint. Im übertragenen Sinn bezeichnet der „Spielball“ nach dem Duden eine Sache oder eine Person, die jemandem oder einer Sache machtlos ausgeliefert ist. Das Gericht kann nicht erkennen, dass in einer solchen Zustandsbeschreibung eine dem Kläger erkennbare Betriebsänderung liegen könnte, die mit dem konkreten Verlust des Arbeitsplatzes des Klägers verbunden ist. Darin liegt allenfalls die Ankündigung unsicherer Zeiten nicht für das Unternehmen der Beklagten an sich, aber für die Abteilungen, die den Consumer Panels zuzuordnen sind. Abgesehen davon hat der Kläger nicht dazu vorgetragen, dass seine Abteilung und sein Arbeitsplatz den Consumer Panels zuzuordnen wäre.

Soweit der Geschäftsführer in dem Town Hall Meeting vom 01.09.2017 ferner auch eine Aussage gemacht hat, wie „wie Braut für einen potenziellen Verkauf hübsch machen“, erschließt sich dem Gericht auch hier nicht, wie der Kläger diese Äußerung in einen konkreten Zusammenhang stellen will mit einem konkret angekündigten Verlust seines Arbeitsplatzes.

Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung dazu befragt, was in ihm die Entscheidung zur Eigenkündigung auslöste. Er hat dazu vorgetragen, dass es sich dabei um einen Prozess gehandelt habe. Er habe die wachsende Kluft gesehen zwischen dem, was im Betrieb gesagt worden sei, und dem, was tatsächlich gemacht worden wäre. Seine Vorgesetzte sei binnen sieben Tagen aus dem Betrieb entfernt worden. Sein neuer Vorgesetzter sei nicht mehr vor Ort gewesen, sondern in H…, und habe sich nur eine halbe Stunde für ein Vorstellungsgespräch mit ihm genommen. Ihm sei die Unterschriftsbefugnis genommen worden. Es seien Margen vorgegeben worden, die nicht erreichbar gewesen seien. Da habe er für sich die Notbremse gezogen.

Dieser Tatsachenvortrag - von der Beklagten bestritten, seitens des Gerichtes für die Entscheidungsfindung als wahr unterstellt - liefert ebenfalls keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme, es sei eine Betriebsänderung seitens der Beklagten geplant, in deren Zuge der Arbeitsplatz des Klägers in Wegfall gerate. Er zeigt nur, wie Veränderungsprozesse im Unternehmen Unsicherheit bei den Mitarbeitern auslösen und bei dem einen oder anderen, der nicht Spielball oder Teil eines Spielballes im bereits ausgeführten Sinn sein möchte - wie beim Kläger -, zur Eigeninitiative führen.

Damit sind im Ergebnis keine Tatsachen seitens des Klägers vorgetragen, aus denen er in berechtigter Weise auf eine Betriebsänderung und eine damit in Zusammenhang stehende drohende betriebsbedingte Kündigung schließen durfte. Dies deckt sich auch mit dem weiteren Verlauf. Der Arbeitsplatz des Klägers wurde unstreitig nach seinem Ausscheiden neu besetzt. Die ganze früher vom Kläger geleitete Abteilung ging mit dem Verkauf an die Fa. I… GmbH im Wege des Betriebsüberganges auf diese Firma über.

Die Berufung des Klägers hat daher insgesamt keinen Erfolg.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels, § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen. Es besteht dafür kein gesetzlich begründeter Anlass nach § 72 Abs. 1 und 2 ArbGG.

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