BAG: „Überflüssige“ Änderungskündigung - (kein) leitender Mitarbeiter - Beteiligung der Mitarbeitervertretung - (kein) vorzeitiger Eintritt der Zustimmungsfiktion
Das BAG hat mit Urteil vom 22.10.2015 – 2 AZR 124/14 – wie folgt entschieden:
1. Die formale Stellung als Chefarzt und die Bezeichnung als „leitender Angestellter“ genügen nicht, um einen Beschäftigten als Mitarbeiter iSv. § 44 MVG-EKiR ansehen zu können. § 44 Abs. 2 Satz 2, § 4 Abs. 2 Satz 3 MVG-EKiR besagen auch nicht, dass es allein auf die Vertragsgestaltung ankäme. Der Arbeitgeber, der sich auf den Status des Arbeitnehmers als leitender Mitarbeiter beruft, muss deshalb regelmäßig zur konkreten Durchführung des Arbeitsverhältnisses vortragen.
2. In Verfahren der eingeschränkten Mitbestimmung gilt die Zustimmung gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 MVG-EKiR als erteilt, wenn die Mitarbeitervertretung nicht innerhalb von zwei Wochen die Zustimmung aus einem der in § 41 Abs. 2 MVG-EKiR angeführten Gründe schriftlich verweigert oder eine mündliche Erörterung beantragt.
3. Das MVG-EKiR lässt aufgrund des dort normierten positiven Konsensprinzips eine Abkürzung der Äußerungsfrist und einen darauf beruhenden vorzeitigen Eintritt der Zustimmungsfiktion nicht zu. Der Dienstgeber darf deshalb selbst dann nicht vor Ablauf der Zweiwochenfrist des § 38 Abs. 3 Satz 1 MVG-EKiR kündigen, wenn die Mitarbeitervertretung zwar eine abschließende, aber keine zustimmende Erklärung abgegeben hat.
4. Ein Arbeitnehmer, der das Angebot auf Änderung seiner Arbeitsbedingungen gemäß § 2 Satz 1 KSchG unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen hat, kann sich im Prozess regelmäßig darauf berufen, die Änderung der Vertragsbedingungen scheide schon aus einem anderen Grund aus, der zur Unwirksamkeit der Kündigungserklärung führte. Das gilt auch dann, wenn die Kündigung (möglicherweise) „überflüssig“ war. Die Urteilsformel sollte dann entsprechend § 4 Satz 2 Alt. 2 KSchG lauten: „Es wird festgestellt, dass die Änderungskündigung (des Arbeitgebers) vom (…) rechtsunwirksam ist.“