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Arbeitsrecht
26.01.2017
Arbeitsrecht
BAG: Weisungsrecht - Arbeitsunfähigkeit - Teilnahme an einem Personalgespräch – dringender betrieblicher Anlass

Das BAG hat mit Urteil vom 2.11.2016 – 10 AZR 596/15 – wie folgt entschieden:

1. Während der Dauer einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitgeber kein Weisungsrecht gemäß § 106 GewO in Bezug auf die Arbeitspflicht als Hauptleistungspflicht sowie die unmittelbar damit zusammenhängenden Nebenleistungspflichten, die der Arbeitspflicht nahekommen oder sogar Bestandteil der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht sind und ausschließlich den Interessen des Arbeitgebers dienen.

2. Das in Bezug auf die sog. leistungssichernden Neben- oder Verhaltenspflichten aus § 241 Abs. 1 BGB, auf die gemäß § 241 Abs. 2 BGB bestehenden Rücksichtnahmepflichten sowie auf Unterlassungspflichten des Arbeitnehmers bestehende Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO bleibt von der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich unberührt. Es wird allerdings gemäß § 241 Abs. 2 BGB begrenzt durch die den Arbeitgeber treffende Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte und Rechtsgüter des Arbeitnehmers. Diese gebietet dem Arbeitgeber, die Erteilung von Weisungen an einen arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer auf dringende betriebliche Anlässe zu beschränken.

3. Ein dringender betrieblicher Anlass für die Weisung an einen arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer, mit dem Arbeitgeber ein kurzes Personalgespräch zu führen, kann gegeben sein, wenn der Arbeitnehmer über Informationen zu wichtigen betrieblichen Abläufen oder Vorgängen verfügt, ohne deren Weitergabe dem Arbeitgeber die Fortführung der Geschäfte erheblich erschwert oder gar unmöglich würde.

Voraussetzung für eine solche Weisung ist allerdings stets, dass das Personalgespräch nicht auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit aufschiebbar und dem Arbeitnehmer zumutbar ist. Der Arbeitgeber darf den arbeitsunfähigen Arbeitnehmer nur dann anweisen, zu dem Personalgespräch im Betrieb zu erscheinen, wenn die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb dringend erforderlich ist und ihm zugemutet werden kann.

4. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Weisung im Rahmen der gesetzlichen, arbeitsvertraglichen und kollektiv-rechtlichen Grenzen erfolgt ist, trägt der Arbeitgeber.

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