BAG: Wartezeitkündigung - Frage nach eingestellten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren an den Stellenbewerber
Das BAG entschied in seinem Urteil vom 15.11.2012 - 6 AZR 339/11 - wie folgt: Das Maßregelungsverbot des § 612a BGB erfasst nur Arbeitnehmer und findet damit auf Stellenbewerber keine Anwendung. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsausübung noch im Anbahnungsverhältnis, die nachteilige Maßnahme aber erst im später geschlossenen Arbeitsverhältnis erfolgt. Die zivilrechtliche Generalklausel des § 138 BGB ist am Maßstab der Wertvorstellungen des Grundgesetzes zu konkretisieren. Dazu gehört auch das informationelle Selbstbestimmungsrecht als Ausprägung des durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die gesetzlichen Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung im DSG NRW konkretisieren und aktualisieren den Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts und regeln, in welchem Umfang Eingriffe in dieses Recht zulässig sind. Fehlt es an der danach erforderlichen Ermächtigungsgrundlage oder liegen deren Voraussetzungen nicht vor, ist die Erhebung, Verarbeitung und/oder Nutzung personenbezogener Daten verboten. Fragen nach personenbezogenen Daten vor der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses sind nur dann iSv. § 29 Abs. 1 Satz 1 DSG NRW erforderlich, wenn der künftige Arbeitgeber ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage bzw. der Informationsbeschaffung im Hinblick auf die Begründung des Arbeitsverhältnisses hat und das Interesse des Arbeitnehmers an der Geheimhaltung seiner Daten das Interesse des Arbeitgebers an der Erhebung dieser Daten nicht überwiegt. Die unspezifizierte Frage nach eingestellten Ermittlungsverfahren an den Stellenbewerber ist im Regelfall nicht erforderlich iSv. § 29 Abs. 1 Satz 1 DSG NRW, weil an einer solchen Informationsbeschaffung grundsätzlich kein berechtigtes Interesse des potenziellen Arbeitgebers besteht. Das ergibt sich aus den Wertentscheidungen des § 53 BZRG. Hat der öffentliche Arbeitgeber auf andere Weise als durch die Frage nach eingestellten Ermittlungsverfahren Kenntnis von solchen Verfahren erlangt, ist es ihm von § 29 DSG NRW iVm. §§ 51, 53 BZRG grundsätzlich nicht verwehrt, im Hinblick auf die bekannt gewordenen Ermittlungsverfahren weitere Nachforschungen anzustellen und gegebenenfalls aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse eine mangelnde Eignung des Arbeitnehmers für die ausgeübte Tätigkeit anzunehmen.