BAG: Vorabentscheidungsersuchen - dynamische Bezugnahmeklausel - Betriebsübergang
Das BAG hat mit Urteil vom 17.6.2015 – 4 AZR 61/14 (A) – wie folgt entschieden:
1. Eine arbeitsvertraglich vereinbarte Bezugnahmeklausel begründet nach deutschem Recht nicht die normative Wirkung der in Bezug genommenen Tarifverträge. Sie macht die von den Kollektivparteien ausgehandelten Normen eines Tarifvertrags vielmehr zum Inhalt ihrer individualvertraglichen Einigung und somit des Arbeitsvertrags.
2. Im Fall eines Betriebsübergangs gehen die im Wege einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme begründeten Rechte und Pflichten nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert auf den Erwerber über. Der Erwerber wird so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und damit die Tarifregelungen zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht.
3. Eine mit einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber vereinbarte dynamische Bezugnahmeklausel wirkt auch nach dem Beriebsübergang im Arbeitsverhältnis mit dem Betriebserwerber dynamisch fort. Es kommt nicht darauf an, ob der Betriebserwerber selbst - normativ - tarifgebunden ist und damit durch eine Beteiligung an den Tarifverhandlungen Einfluss auf den künftigen Inhalt der Tarifverträge nehmen kann.
4. Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) wird die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob diese Auslegung von § 613a Abs. 1 BGB mit Art. 3 RL 2001/23/EG und Art. 16 GRC vereinbar ist.