BAG: Verzugszinsen auf Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft - Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 16. Mai 2017 (SokaSiG)
Das BAG hat mit Urteil vom 18.12.2019 – 10 AZR 322/17 – wie folgt entschieden:
1. Der tarifliche Zinssatz der Verfahrenstarifverträge im Baugewerbe in Höhe von 1 % der Beitragsforderung für jeden angefangenen Monat des Verzugs verletzt weder Grundrechte noch § 138 BGB. Die monatsweise Staffelung ist als typisierende Regelung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Die Höhe des Zinssatzes verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Rn. 23 ff.).
2. Die rückwirkende Geltungserstreckung der Verfahrenstarifverträge im Baugewerbe auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber durch § 7 SokaSiG begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (Rn. 32 ff.).
3. Die Erstreckung der Verfahrenstarifverträge im Baugewerbe auf nicht originär tarifgebundene im Inland ansässige Arbeitgeber durch § 7 SokaSiG ist nicht am Maßstab der GRC zu messen. Die gesetzliche Geltungserstreckung dient nicht der Durchführung von Unionsrecht im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC (Rn. 45 ff.).
4. Das SokaSiG verletzt nicht das Beihilfeverbot aus Art. 107 Abs. 1 AEUV. Sozialkassenbeiträge sind keine „Beihilfen“ im Sinn von Art. 107 Abs. 1 AEUV, weil sie nicht unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden (Rn. 50).
5. Die Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft verletzt die betroffenen Arbeitgeber weder in ihren Rechten auf Vereinigungsfreiheit nach Art. 11 EMRK noch in ihren Rechten auf Schutz des Eigentums nach Art. 1 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK (Rn. 51).