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Arbeitsrecht
14.09.2011
Arbeitsrecht
BAG: Verfall von tariflichem Mehrurlaub bei Arbeitsunfähigkeit

Das BAG entschied in seinem Urteil vom 12.4.2011 – 9 AZR 80/10 – wie folgt: Der Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub erlischt nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. Das gilt auch für den tariflichen Mehrurlaub, wenn die tarifliche Regelung nicht erkennen lässt, dass die Tarifvertragsparteien vom Grundsatz des Gleichlaufs der Übertragungs- und Verfallsbestimmungen von gesetzlichem Mindestund tariflichem Mehrurlaub abweichen wollen. Die Tarifvertragsparteien können Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen (tariflicher Mehrurlaub), frei regeln. Sie dürfen deshalb auch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit den Verfall von tariflichen Mehrurlaubsansprüchen am Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums vorsehen. Ob ein Tarifvertrag diesen Gleichlauf von gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub aufgehoben hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dies ist in folgenden Fällen anzunehmen: Der Tarifvertrag unterscheidet zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub und es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte im Tarifvertrag, die es rechtfertigen, die richtlinienkonforme Fortbildung von Vorschriften des BUrlG auch auf den tariflichen Mehrurlaub anzuwenden. Der Tarifvertrag unterscheidet zwar nicht zwischen gesetzlichem Urlaub und tariflichem Mehrurlaub. Die Auslegung ergibt aber einen eigenständigen vom BUrlG abweichenden Regelungswillen. Dieser ist z. B. anzunehmen, wenn der Tarifvertrag von § 7 Abs. 3 BUrlG wesentlich abweichende Übertragungs- und Verfallsregeln bestimmt. Zwar kann die eigenständige Sonderregelung für den unionsrechtlich verbürgten Mindesturlaub im Hinblick auf § 13 Abs. 1 S. 1, § 1 BUrlG i. V. m. § 134 BGB unwirksam sein. Für den von den Tarifvertragsparteien frei regelbaren Mehrurlaub bleibt sie jedoch gemäß § 139 BGB wirksam.

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