BAG: Verdachtskündigung - Berufsausbildungsverhältnis
Das BAG hat mit Urteil vom 12.2. 2015 — 6 AZR 845/13 – wie folgt entschieden:
1. Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden kann einen wichtigen Grund zur Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG darstellen, wenn der Verdacht auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dem Ausbildenden die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar macht.
2. Der Ausbildende hat erst dann alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts getan, wenn er dem Auszubildenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Es ist dabei grundsätzlich nicht erforderlich, den Auszubildenden vor Durchführung einer Anhörung über den beabsichtigten Gesprächsinhalt zu unterrichten.
3. Die Anhörung kann den Auszubildenden unter Umständen allerdings erkennbar überfordern, sei es in psychischer Hinsicht oder wegen der Komplexität des Sachverhalts. Es entspricht dann der Rücksichtnahmepflicht des Ausbildenden, das Gespräch abzubrechen und eine erneute Anhörung anzuberaumen, wenn der Auszubildende grundsätzlich zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Verdachtsmomenten bereit ist.
4. Die Unterbrechung der Anhörung ist auch geboten, falls der Auszubildende die Beratung mit einem Rechtsanwalt oder einer sonstigen Vertrauensperson verlangt. Der Ausbildende ist jedoch nicht verpflichtet, den Auszubildenden auf diese Möglichkeit hinzuweisen.
5. Bei der Anhörung handelt es sich um eine Datenerhebung iSv. § 32 BDSG. Sie ist aber keine Überwachungs- oder Kontrollmaßnahme und unterfällt deshalb nicht § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG.