BAG: Untersagung einer Nebentätigkeit gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L
Das BAG hat mit Urteil vom 19.12.2019 – 6 AZR 23/19 – wie folgt entschieden:
1. Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit umfasst auch die Ausübung einer Nebentätigkeit. Will der Arbeitgeber diese untersagen, sind das Interesse des Arbeitnehmers an der Ausübung der Nebentätigkeit und das Interesse des Arbeitgebers an ihrer Unterlassung gegeneinander abzuwägen und soweit wie möglich zum Ausgleich zu bringen (Rn. 21 f.).
2. Die Regelung des Nebentätigkeitsrechts in § 3 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 TV-L verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 TV-L haben die Beschäftigten eine beabsichtigte entgeltliche Nebentätigkeit lediglich rechtzeitig schriftlich anzuzeigen. § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L berechtigt den Arbeitgeber, diese Nebentätigkeit ausnahmsweise zu untersagen oder mit Auflagen zu versehen, wenn diese geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten der Beschäftigten oder berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen. Die Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L sind im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG auszulegen. Bei der Rechtsanwendung sind die Interessen beider Vertragsparteien unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls verfassungskonform zu berücksichtigen (Rn. 23).
3. § 3 Abs. 4 TV-L verweist anders als § 11 Satz 1 BAT nicht auf beamtenrechtliche Regelungen. Solche dürfen für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Nebentätigkeit auch nicht als Orientierungsmaßstab herangezogen werden (Rn. 27).
4. § 3 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 TV-L verlangt kein hohes Maß der Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung berechtigter Interessen des Arbeitgebers. Es genügt, wenn die nicht fernliegende Gefahr einer Beeinträchtigung besteht. Hierfür trägt der Arbeitgeber im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast (Rn. 25).
5. Der öffentliche Arbeitgeber hat grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, dass sein öffentliches Erscheinungsbild und seine Integrität durch die entgeltliche Nebentätigkeit eines Arbeitnehmers nicht beschädigt werden (Rn. 29).