BAG: Tarifvertrag mit sozialplanähnlichem Inhalt; Differenzierung zwischen Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern; Stichtagsregelung, negative Koalitionsfreiheit; arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz; betriebsverfassungsrechtlicher Gleichbehandlungsgrun
BAG, Urteil vom 15.4.2015 – 4 AZR 796/13
1. Bei einer Stichtagsregelung in einem Tarifvertrag, die zwischen verschiedenen Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern differenziert, handelt es sich nicht um eine sog. einfache Differenzierungsklausel, mit der zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und sog. Außenseitern unterschieden wird, sondern um eine „Binnendifferenzierung“ zwischen tarifgebundenen Arbeitnehmern, also denjenigen, für die ein Tarifvertrag ohnehin nur Rechtsnormen nach § 1 Abs. 1 TVG treffen kann.
2. Die Tarifparteien können die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft zu einem bestimmten Stichtag als Anspruchsvoraussetzung formulieren. Dieser kann ein zulässiges Differenzierungskriterium sein, wenn er nicht willkürlich gewählt wurde, sondern es für ihn einen sachlichen Grund gibt.
3. Die negative Koalitionsfreiheit eines nicht tarifgebundenen Arbeitnehmers wird durch eine tarifliche Differenzierung zwischen verschiedenen Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern nicht verletzt. Zum einen ist die Tarifmacht der Tarifvertragsparteien auf ihre Mitglieder beschränkt. Zum anderen wird durch eine solche Tarifregelung die Handlungs- und insbesondere die Vertragsfreiheit der sog. Außenseiter und des Arbeitgebers nicht eingeschränkt.
4. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist auf tarifliche Regelungen nicht anzuwenden, weil durch diese die Rechte und Pflichten für ein Arbeitsverhältnis zwar privatautonom, aber unter den Bedingungen eines strukturellen Gleichgewichts vereinbart werden. Werden in arbeitsvertraglichen Regelungen allein die tarifvertraglichen Vorgaben umgesetzt, ist der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes regelmäßig nicht eröffnet.