BAG: Tarifliche Altersfreizeit - Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter
Das BAG hat mit Urteil vom 23.7.2019 – 9 AZR 372/18 – wie folgt entschieden:
1. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG regelt kein absolutes Benachteiligungsverbot. Eine Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigten kann nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG sachlich gerechtfertigt sein, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Allein das unterschiedliche Arbeitspensum berechtigt allerdings nicht zu einer unterschiedlichen Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitkräften (Rn. 23).
2. Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich darin frei, den Zweck einer tariflichen Leistung zu bestimmen. Sie verfügen im Rahmen ihrer Normsetzungskompetenz aus Art. 9 Abs. 3 GG über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung sowie über eine Einschätzungsprärogative bezüglich der Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen, die eine differenzierende Regelung sachlich rechtfertigen können. Der grundrechtlich geschützte Gestaltungsspielraum berechtigt die Tarifvertragsparteien allerdings nicht, das in § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG geregelte Verbot der Diskriminierung in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer auszuhöhlen (Rn. 24).
3. Die nach § 2a Ziffer 1 Abs. 1 Satz 1 MTV iVm. § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV vorgesehene Beschränkung des Anspruchs auf eine ab Vollendung des 57. Lebensjahrs zu gewährende bezahlte tarifliche Altersfreizeit auf Arbeitnehmer, deren wöchentliche Arbeitszeit mehr als 35 Stunden beträgt, verstößt auch unter Berücksichtigung des den Tarifvertragsparteien zustehenden Gestaltungsspielraums gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG (Rn. 25, 28).
4. Als Rechtsfolge des Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmern, die das 57. Lebensjahr vollendet haben, durch eine „Anpassung nach oben“ bezahlte Altersfreizeit nach § 2a Ziffer 1 Abs. 1 Satz 1 MTV in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht (Rn. 29).