BAG: Streikmobilisierung auf Firmenparkplatz
Das BAG hat mit Urteil vom 20.11.2018 – 1 AZR 189/17 – wie folgt entschieden:
1. Nach § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB kann der Besitzer im Fall einer Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht deren Unterlassung verlangen, wenn weitere Störungen zu besorgen sind. Verbotene Eigenmacht liegt nach § 858 Abs. 1 BGB vor, wenn die Störung des Besitzes ohne den Willen des Besitzers erfolgt und nicht durch das Gesetz gestattet ist (Rn. 16 bis 18).
2. Die Grundsätze des richterrechtlichen Arbeitskampfrechts können eine gesetzliche Gestattung iSv. § 858 Abs. 1 BGB darstellen (Rn. 20).
3. Beeinträchtigen gewerkschaftliche Streikmaßnahmen den Besitz des Arbeitgebers, kollidieren seine ua. durch §§ 858, 862 BGB ausgeformten grundrechtlichen Gewährleistungen mit Grundrechtspositionen auf Gewerkschaftsseite (Rn. 20).
4. Ein bestreikter Arbeitgeber, auf dessen Firmenparkplatz - welcher zur Nutzung für die überwiegend mit dem Pkw zur Arbeit kommenden Arbeitnehmer vorgehalten wird - die streikführende Gewerkschaft streikmobilisierende Maßnahmen durchführt, ist dadurch in seinem auf Art. 14 GG gründenden Hausrecht und in seiner beruflichen und wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG betroffen (Rn. 23 und 24).
5. Demgegenüber steht das aus Art. 9 Abs. 3 GG folgende Recht der streikführenden Gewerkschaft, ihre Mitglieder - aber auch Nichtorganisierte - zur Arbeitsniederlegung aufzurufen, um den Arbeitgeber zu Verhandlungen und zum Abschluss eines Tarifvertrags zu bewegen. Das schließt das Recht ein, arbeitswillige Arbeitnehmer anzusprechen und zu versuchen, sie im Gespräch für eine Streikteilnahme zu motivieren (Rn. 27 bis 29).
6. Das danach auf den schonenden Ausgleich widerstreitender verfassungsrechtlicher Gewährleistungen bezogene Konkordanzgebot kann ergeben, dass ein Arbeitgeber eine solche Mobilisierungsaktion der streikführenden Gewerkschaft hinzunehmen hat. Das gilt jedenfalls dann, wenn angesichts der konkreten örtlichen Verhältnisse ein kommunikatives Einwirken auf die zur Arbeit erscheinenden, arbeitswilligen Arbeitnehmer ausschließlich im Bereich des zentralen Personaleingangs unter Inanspruchnahme des Mitarbeiterparkplatzes möglich ist (Rn. 30 bis 39).