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Arbeitsrecht
05.06.2012
Arbeitsrecht
BAG: Störung der Geschäftsgrundlage

Das BAG entschied in seinem Urteil vom 17.1.2012 - 3 AZR 555/09 - wie folgt: Eine Befugnis zur Anpassung eines Versorgungswerks wegen Störung der Geschäftsgrundlage kann sich dann ergeben, wenn sich die zugrunde gelegte Rechtslage nach Schaffung des Versorgungswerks wesentlich und unerwartet geändert und dies beim Arbeitgeber zu erheblichen Mehrbelastungen geführt hat (Äquivalenzstörung). Daneben oder im Zusammenhang damit kann es auch dadurch zu einer Störung der Geschäftsgrundlage kommen, dass aufgrund von Gesetzesänderungen der für den Arbeitnehmer bei Erteilung der Versorgungszusage erkennbar verfolgte Versorgungszweck nunmehr verfehlt wird (Zweckverfehlung), weil die unveränderte Anwendung der Versorgungszusage zu einer gegenüber dem ursprünglichen Versorgungsziel planwidrig eintretenden Überversorgung führen würde. Ob eine planwidrige Überversorgung vorliegt, hängt von dem in der jeweiligen Versorgungsordnung angestrebten Versorgungszweck ab. Dabei kann sich der Umfang der angestrebten Versorgung nicht nur aus einer Nettogesamtversorgungsobergrenze ergeben. Bruttoentgelt- und nettoentgeltbezogene Gesamtversorgungsobergrenzen dienen dem gleichen Ziel. Sie legen fest, in welchem Umfang der bisherige Lebensstandard abgesichert werden soll. Beruht die Versorgungszusage nicht auf einer individuellen Vereinbarung, sondern auf einer allgemeinen Versorgungsordnung, kommt es für die Feststellung des Versorgungsziels auf den Zeitpunkt an, in dem das Versorgungswerk geschaffen wurde. Ist das ursprünglich angestrebte Versorgungsziel im späteren Verlauf erheblich überschritten, ist die Geschäftsgrundlage gestört. Eine die Anpassungsbefugnis begründende „Überversorgung“ kann damit auch insoweit vorliegen, als die Versorgungsordnung nur einen unterhalb der letzten Nettoeinkünfte liegenden Versorgungsgrad angestrebt hat und dieser Versorgungsgrad nunmehr aufgrund von Änderungen im Abgabenrecht planwidrig erheblich überschritten wird. Die Störung der Geschäftsgrundlage wegen planwidriger Überversorgung löst ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers aus, das dieser nach billigem Ermessen auszuüben hat. Durch das Anpassungsrecht darf in die geltende Vereinbarung nicht stärker eingegriffen werden, als es durch die Grundlagen der ursprünglichen Vereinbarung geboten ist. Die Anpassung hat sich deshalb an den Bestimmungen der Versorgungsordnung zu orientieren, in die eingegriffen wird. Zulässig ist es also grundsätzlich lediglich, das ursprüngliche Versorgungsziel wieder zu erreichen, nicht aber, die Versorgung auf ein (noch) geringeres Maß zurückzuführen. War die Versorgungsordnung nicht auf eine Versorgung iHv. 100 % des maßgeblichen Nettoeinkommens, sondern auf eine geringere Versorgung ausgelegt, so ist grundsätzlich dieser ursprünglich beabsichtigte Versorgungsgrad für den Umfang der zulässigen Absenkung maßgeblich. Lagen die Folgen von Gesetzesänderungen im Steuerrecht bereits nach der ursprünglichen Versorgungsregelung im alleinigen Risikobereich der Betriebsrentner, so muss der Arbeitgeber bei einem Wechsel von einer Bruttogesamtversorgungsobergrenze zu einer Nettogesamtversorgungsobergrenze im Rahmen seiner Ermessensausübung nicht berücksichtigen, dass Steuern, die vom Betriebsrentner auf die anzurechnende gesetzliche Rente und die Betriebsrente zu entrichten sind, die verfügbaren Bezüge der Leistungsempfänger deutlich schmälern. Unterlagen zum Zeitpunkt der Schaffung der ursprünglichen Versorgungsregelung weder die anzurechnende Sozialversicherungsrente noch die Betriebsrente der Beitragspflicht zur Kranken- und/oder Pflegeversicherung, so spricht viel dafür, dass sich der Arbeitgeber in Ausübung seines Anpassungsermessens bei einem Wechsel von einer Bruttogesamtversorgungsobergrenze zu einer Nettogesamtversorgungsobergrenze an dem Risiko, dass sich die effektiven Versorgungsbezüge der Versorgungsberechtigten infolge der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und/oder Pflegeversicherung mindern, angemessen zu beteiligen hat.

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