BAG: Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 AGG - Frist des § 15 Abs. 4 AGG - Anwendbarkeit des § 167 ZPO - Erkrankung an multipler Sklerose (MS)
Das BAG hat mit Urteil vom 22.5.2014 - 8 AZR 662/13 - entschieden:
Der Senat schließt sich für den Anspruch nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Regel-/Ausnahmeverhältnis der Anwendung des § 167 ZPO bei der außergerichtlichen fristgebundenen Geltendmachung dieses Anspruchs an. Danach ist § 167 ZPO anwendbar, da durch die Zustellung der Klage die Frist gewahrt werden soll, die auch durch außergerichtliche Geltendmachung eingehalten werden könnte. In Sonderfällen kommt die Rückwirkungsregelung nicht zur Anwendung.
Die nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG erforderliche Schriftform zur Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen in § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) kann auch durch eine Klage gewahrt werden. § 167 ZPO findet Anwendung. Es genügt danach der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage „demnächst" zugestellt wird. Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Diskriminierungsgrundes ist nach § 8 Abs. 1 AGG iVm. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG (des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf) zulässig, wenn ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Nur unter sehr begrenzten Bedingungen kann eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt sein. § 8 Abs. 1 AGG ist iVm. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, soweit überhaupt eine Abweichung vom Diskriminierungsverbot ermöglicht ist, eng auszulegen. Ein Arbeitgeber, der eine Nichteinstellung darauf stützt, dass der Arbeitneh-mer wegen seiner Behinderung nicht eingesetzt werden könne, kann sich nur dann auf § 8 Abs. 1 AGG berufen, wenn auch angemessene Vorkehrungen iSv. Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG iVm. Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i, Art. 2 Unterabs. 4 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ergriffen werden. Unterlässt der Arbeitgeber notwendige Vorkehrungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen, ist das in die gerichtliche Beurteilung mit einzubeziehen. Im Zusammenhang mit der Richtlinie 2000/78/EG ist der Begriff „angemessene Vorkehrungen" dahin gehend zu verstehen, dass er die Beseitigung der verschiedenen Barrieren umfasst, die die volle und wirksame Teilhabe der Menschen mit Behinderung am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, behindern.
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