BAG: Restitutionsklage nach EGMR-Entscheidung
Das BAG entschied in seinem Urteil vom 22.11.2012 – 2 AZR 570/11 – wie folgt: Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte über die Zulässigkeit der Restitutionsklage eines Kirchenmusikers zu entscheiden, der die Wiederaufnahme eines Kündigungsschutzverfahrens vor dem Landesarbeitsgericht begehrte. Die beklagte katholische Kirchengemeinde hatte die Kündigung aus dem Jahr 1997 im Wesentlichen damit begründet, der Kläger habe Ehebruch begangen und dadurch seine besonderen Loyalitätspflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat mit Urteil vom 23.9.2010 festgestellt, dass die Entscheidung des LAG aus dem Jahr 2000, mit der die Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen wurde, das Recht des Klägers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens aus Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verletzt. Das Urteil des LAG lasse nicht erkennen, dass auch dieses Recht bei der Abwägung berücksichtigt worden sei. Mit Urteil vom 28.6.2012 hat der EGMR dem Kläger gemäß Art. 41 EMRK eine Entschädigung zugesprochen. Die Revision des Klägers gegen die Entscheidung des LAG, das die im Oktober 2010 erhobene Restitutionsklage für unzulässig erklärt hat, blieb ohne Erfolg. Nach § 580 Nr. 8 ZPO findet zwar die Restitutionsklage statt, wenn der EGMR eine Verletzung der EMRK oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf der Verletzung beruht. Dieser Restitutionsgrund ist abergemäß § 35 EGZPOnicht auf Verfahren anzuwenden, die vor dem 31.12.2006 rechtskräftig abgeschlossen wurden. § 35 EGZPO knüpft dabei an die Rechtskraft des Ausgangsverfahrens und nicht an den Zeitpunkt an, zudemein endgültiges Urteil des EGMR i. S. d. Art. 44 EMRK vorliegt. Das ergibt die Auslegung der Übergangsregelung. Ein anderes Normverständnis ist methodengerecht nicht möglich. § 35 EGZPO ist mit diesem Inhalt nicht konventions- oder verfassungswidrig.
(PM BAG vom 22.11.2012)