BAG: Provisionsvorschüsse - Rückzahlung - Bruttoforderung - Stornokonto - AGB-Kontrolle
Das BAG hat mit Urteil vom 21.1.2015 — 10 AZR 84/14 – wie folgt entschieden:
1. Verlangt der Arbeitgeber die Rückzahlung geleisteter Bruttovergütung, schließt dies die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ein. Insoweit hat er gegen den Arbeitnehmer aber nur einen Anspruch auf Abtretung des gegen den Sozialversicherungsträger bestehenden Erstattungsanspruchs.
2. Ist zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Zahlung eines Vorschusses vereinbart, ergibt sich daraus regelmäßig zugleich die Verpflichtung des Vorschussempfängers, den Vorschuss wieder zurückzuzahlen, wenn und soweit die bevorschusste Forderung nicht entsteht. Anspruchsgrundlage für die Rückforderung ist die Vorschussvereinbarung selbst, nicht § 812 BGB.
3. Nach §§ 65, 92 Abs. 4 HGB hat ein Versicherungsvertreter - abweichend von § 87a Abs. 1 HGB - nicht bereits Anspruch auf Provisionen oder Superprovisionen, wenn der Versicherer das Geschäft ausführt, sondern erst, wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich diese nach dem Vertragsverhältnis berechnen. Es begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken, wenn im Hinblick auf solche Provisionsansprüche arbeitsvertraglich eine Vorschussvereinbarung getroffen wird. Eine Abweichung von Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB liegt nicht vor.
4. Auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann in einem solchen Fall vereinbart werden, dass ein Stornokonto bei dem Arbeitgeber eingerichtet wird, auf das ein 10%tiger Anteil der zu erwartenden und ins Verdienen zu bringenden Provision gebucht wird. Werden auf diesem Konto Bruttowerte gutgeschrieben, über die der Arbeitnehmer nicht verfügen kann und die diesem auch steuer- und sozialversicherungsrechtlich nicht zufließen, handelt es sich weder um die Erfüllung fälliger Vergütungsansprüche iSv. § 362 BGB noch um einen Vorschuss an den Arbeitnehmer.
5. Eine Vertragsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nicht näher benannte Provisions- und Stornohaftungsbedingungen in Bezug nimmt und den Provisionsanspruch daran knüpft, dass der Arbeitnehmer diese Bedingungen „anerkennt und als vertragsgemäß akzeptiert“, hält einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB nicht stand.
6. Eine schlüssige Klage auf Rückforderung von Provisionsvorschüssen erfordert die Darlegung, für welchen Vertrag Superprovision/Provision in welcher Höhe als Vorschuss gezahlt wurde, für welche Prämie der Provisionsanspruch entsteht, inwieweit es ganz oder teilweise nicht zur Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer gekommen ist und welche Auswirkungen dies nach welchen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien auf den Provisionsanspruch des Vermittlers hat. Dies gilt auch hinsichtlich kleiner Rückforderungsbeträge (sog. Kleinstorni). Darüber hinaus hat der Arbeitgeber nach § 87a Abs. 3 HGB die ordnungsgemäße Nachbearbeitung des einzelnen notleidenden Versicherungsvertrags darzulegen, für den er eine Rückforderung geltend macht.