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Arbeitsrecht
20.08.2012
Arbeitsrecht
BAG: Ordentliche betriebsbedingte Kündigung - Sozialauswahl - Herausnahme von sog. Leistungsträgern aus der Sozialauswahl - Altersgruppenbildung - Eignung zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur

Das BAG entschied in seiner Entscheidung vom 22.3.2012 - 2 AZR 167/11 - wie folgt: Bei der Sozialauswahl sind die sozialen Gesichtspunkte gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG „ausreichend“ zu berücksichtigen. Dem Arbeitgeber kommt damit bei der Gewichtung der Sozialkriterien ein Wertungsspielraum zu. Die Auswahlentscheidung muss lediglich sozial vertretbar sein. Dies führt dazu, dass nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg die Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl rügen können. Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG sind in die soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ua. diejenigen Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Die vom Arbeitgeber mit der Herausnahme verfolgten Interessen müssen dabei auch im Kontext der Sozialauswahl berechtigt sein. Das Interesse des sozial schwächeren Arbeitnehmers ist im Rahmen des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG gegen das betriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Herausnahme des sog. Leistungsträgers abzuwägen. Je schwerer dabei das soziale Interesse wiegt, desto gewichtiger müssen die Gründe für die Ausklammerung des Leistungsträgers sein. An dieser Ansicht, die er zu § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG in seiner vom 1. Oktober 1996 bis 31. Dezember 1998 geltenden Fassung vertreten hat, hält der Senat für die seit dem 1. Januar 2004 geltende - identische - Fassung der Bestimmung fest. Zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs iSv. § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG kann eine Sozialauswahl nach Altersgruppen zulässig sein. Jedenfalls dann, wenn die Anzahl der Entlassungen innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer im Verhältnis zur Anzahl aller Arbeitnehmer des Betriebs die Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht, ist ein berechtigtes betriebliches Interesse an der Beibehaltung der Altersstruktur - widerlegbar - indiziert. Der Senat hat offengelassen, ob für den Fall, dass sich die Massenkündigungen auf mehrere Gruppen vergleichbarer Arbeitnehmer verteilen, die Erleichterung bei der Darlegung des berechtigten betrieblichen Interesses auch dann berechtigt ist, wenn zwar die Anzahl der insgesamt zu entlassenden Arbeitnehmer die Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht, nicht aber die der Entlassungen innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer. Die konkrete Altersgruppenbildung muss zur Sicherung der bestehenden Altersstruktur der Belegschaft geeignet sein. Sind mehrere Gruppen vergleichbarer Arbeitnehmer von den Entlassungen betroffen, muss auch innerhalb der jeweiligen Vergleichsgruppe eine proportionale Berücksichtigung der Altersgruppen an den Entlassungen möglich sein. Die betriebsweite Sicherung der bestehenden Altersstruktur muss die Folge der proportionalen Beteiligung der Altersgruppen an den Entlassungen innerhalb der einzelnen Vergleichsgruppen sein.

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