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Arbeitsrecht
08.01.2019
Arbeitsrecht
BAG: Insolvenzverwalterhaftung - Urlaubsabgeltung

Das BAG hat mit Urteil vom 6.9.2018 – 6 AZR 367/17 – wie folgt entschieden:

1. Nach § 61 Satz 1 InsO ist der Insolvenzverwalter einem Massegläubiger zum Schadenersatz verpflichtet, wenn eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann. Dies betrifft auch den sog. „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter, der zur Begründung von Verbindlichkeiten berechtigt ist, die gemäß § 55 Abs. 2 InsO nach Verfahrenseröffnung als Masseverbindlichkeiten gelten (Rn. 16).

2. Durch Rechtshandlungen begründete Verbindlichkeiten iSd. § 61 Satz 1 InsO sind grundsätzlich alle von dem Insolvenzverwalter gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO mit dem Ziel der Massemehrung durch Rechtsgeschäft begründete Masseverbindlichkeiten. Nicht erfasst werden jedoch Rechtsgeschäfte, die lediglich zur Abwicklung der bereits für den Schuldner begründeten Verpflichtungen erforderlich sind (Rn. 17 f.).

3. Der Begründung einer neuen Verbindlichkeit steht es gleich, wenn der Verwalter die mögliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses unterlässt. Eine Haftung kommt dann für nicht erfüllte Verbindlichkeiten in Betracht, die nach dem Zeitpunkt entstehen, zu dem der Arbeitsvertrag frühestmöglich geendet hätte. Bezüglich der Bestimmung des frühestmöglichen Kündigungstermins gelten dieselben Grundsätze, wie sie bei § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO zur Anwendung kommen (Rn. 17 f.).

4. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unterfällt als Teil des arbeitsvertraglichen Synallagmas dem Schutzbereich des § 61 InsO, obwohl der Arbeitnehmer insoweit keine Gegenleistung zu Gunsten der Masse erbracht hat (Rn. 21).

5. Die Verhängung einer sog. Urlaubssperre ist keine Rechtshandlung iSd. § 61 Satz 1 InsO. Mit einer Urlaubssperre bestimmt der Arbeitgeber Zeiträume, in denen er Arbeitnehmern keinen Urlaub gewähren will. Mit einer solchen Erklärung werden keine Masseverbindlichkeiten begründet (Rn. 23).

6. Die mit einer Urlaubsgewährung verbundene Freistellung eines Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist ist ebenfalls keine haftungsbegründende Rechtshandlung. Durch die Kombination von Freistellung und Urlaubsgewährung wird ohne Begründung von Masseverbindlichkeiten nur die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses betrieben (Rn. 27).

7. Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG befasst sich nicht mit einem urlaubsbezogenen Forderungsausfall wegen mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers. Ein solcher Ausfall fällt vielmehr ausschließlich in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/94/EG. Deren Vorgaben hat der deutsche Gesetzgeber durch das Vorsehen von Insolvenzgeld gemäß §§ 165 ff. SGB III umgesetzt (Rn. 31).

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